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Massaker, Blutbad, Gemetzel: 8 Fragen und Antworten


Massaker

Ein Massaker bzw. auch als Gemetzel oder Blutbad bezeichnet, ist die gezielte Tötung einer großen Menschenzahl in einem bestimmten Gebiet zu einem bestimmten Zeitpunkt bzw. innerhalb eines gewissen Zeitraums. Man spricht auch von systematischem Massenmord, welcher von einem Regime oder von politischen, religiösen oder ideologischen Fanatikern verübt wird.

Der Begriff „Massaker“ ist abgeleitet aus dem Französischen (maçacre) und bedeutet Metzgerei oder Schlachterei. Alle Massaker werden von einer kleineren Bevölkerungsgruppe, welche allerdings gut bewaffnet und organisiert ist, an einer weitaus größeren Bevölkerungsgruppe begangen, welche entweder unbewaffnet oder viel schlechter bewaffnet ist. Bei Massakern können die Straftäter die Macht über Leben und Tod, eine Dominanz, den Blutrausch, Rache oder Selbstjustiz ausleben.

Was sind Massaker im Völkerrecht

Das Massaker ist, im Völkerstrafrecht, nicht definiert. Denn das Wort ist zu unscharf bzw. unpräzise, da keine genauen Opferzahlen mit dem Begriff verknüpft sind und so jeder Massenmord an einem bestimmten Ort als Massaker gesehen werden kann. Deshalb werden Amokläufe an Schulen umgangssprachlich ebenfalls als Schulmassaker bezeichnet, obwohl diesen Straftaten oftmals der ideologische, rassistische oder religiöse Bezug fehlt und dieser Massenmord von einem Einzeltäter und nicht von einem Militär, Staat oder Terrorregime ausgeht.

Außerdem ist der Begriff so stark negativ besetzt, dass Kriegsparteien und Journalisten diesen als Propaganda nutzen, um einen politischen oder militärischen Gegner zu verunglimpfen. Deshalb werden Massaker, im Völkerstrafrecht nicht geahndet oder verurteilt, aber dessen Motivation und Methodik.

Das Völkerstrafrecht und das Kriegsrecht kennen drei Straftatbestände, welche sich gezielt gegen die Menschheit richten und gegen das Völkerrecht verstoßen. Somit existieren drei verschiedene Formen von Massakern, welche genaustens definiert sind und dadurch verurteilt werden. Diese sind: Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und der Völkermord. Alle drei können ein Massaker sein, wenn sehr viele Menschen in kurzer Zeit an einem bestimmten Schauplatz sterben.

Was sind Kriegsmassaker

In einem Krieg ist die gezielte Tötung von Kriegsgefangenen und Zivilisten ein Verbrechen gegen das Völkerrecht und wird als Kriegsverbrechen verurteilt. Falls ein Dorf oder eine Stadt durch eine Kriegspartei besetzt wird und dort dann massenhafte Hinrichtungen an Gefangenen und Zivilisten vollzogen werden, spricht man von einem Massaker.

Die Motive für Kriegsmassaker sind oftmals Neid, Habgier, Hass oder Rache gegenüber dem gegnerischen Militär oder dem Volk, welche die Soldaten dann an der Zivilbevölkerung ausleben. Aber auch Abschreckung oder Verängstigung der Zivilbevölkerung können ein Motiv sein, wodurch Gewalt als strategisches Instrument eingesetzt wird, um den Rückhalt der Zivilbevölkerung für ihre Armee zu schwächen.

Warum ist ein Massaker immer ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Massaker richten sich immer gegen die Menschlichkeit, also den Moral- und Wertvorstellungen, welche den Menschen vom Tier abheben, ein Zusammenleben in Frieden und Zivilisation möglich machen.

Töten Kriegsteilnehmer oder staatliche Institutionen (Polizei, Gerichte) willkürlich Menschen oder nehmen in Kauf, dass Menschen willkürlich getötet werden – machen sich deren Vertreter als Verbrecher gegen die Menschenrechte und gegen das Völkerrecht schuldig. Finden massenhafte Hinrichtungen statt, handelt es sich zudem um ein Massaker – welches auch als Verbrechen gegen die Menschlichkeit gewertet werden kann.

Im Dritten Reich wurden Oppositionelle, Juden, Andersdenkende oder Ausländer durch Vertreter des Deutschen Reichs verfolgt, verhaftet und gezielt getötet. In Konzentrationslagern kam es dann zu den Massenvernichtungen an Inhaftierten, welches jeweils ein Massaker darstellt und zugleich als Verbrechen gegen die Menschlichkeit, nach Völkerstrafrecht, verurteilt und verfolgt wurde.

Was ist der Unterschied zwischen Pogrome und Massaker

Ein Pogrom ist die gezielte Hetze, Zerstörung von Eigentum und der gewaltsame Übergriff durch Vertreter des Staates an einen Teil der Zivilbevölkerung. Dieser richtet sich gegen ethnische Minderheiten oder Oppositionelle, wobei Rassismus, Nationalismus oder Religion das Tatmotiv bilden.

Sobald die Anzahl der Tötungsopfer während eines Pogroms zunimmt, spricht man in der Öffentlichkeit auch von einem Massaker. Dabei sind nicht alle staatlich organisierte Gewalttaten immer von einem Pogrom abzugrenzen, da das Motiv ausgearbeitet werden muss. Je höher der Organisations- und Bewaffnungsgrad der Staatsakteure bei einem Pogrom ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass sich die Gewalt in einem Massaker entlädt.

Was bedeutet fanatisches Massaker

Fanatiker neigen zur Aggression, da sie eine bestimmte Bevölkerungsgruppe für die eigene Misere verantwortlich machen und glauben, ihre eigene Perspektivlosigkeit nur durch Gewalt überwinden zu können. Die Gewalt wird somit zur Legitimation.

Ein gewisses Maß an Eigenverantwortung am derzeitigen Lebenszustand räumen Fanatiker nicht ein. Stattdessen liegt die Verantwortung allein bei anderen Personen. Aber durch das Töten der Verantwortlichen kann der Fanatiker seine Eigenverantwortung wieder herstellen bzw. ausleben. Denn Töten bzw. das gezielte Auslöschen eines anderen Lebens stellt Macht dar. Somit wird die Macht zur Selbstbestimmung wieder hergestellt, die Fremdbestimmung überwunden und die Machthaber werden entmachtet. Motive sind oftmals das fehlende Ausleben von Dominanz.

Für Fanatiker ist die Gewalt somit ein Recht zur Selbstverteidigung, um bestimmte Verantwortliche zu bestrafen, welche sie für ihre persönlichen Schwächen verantwortlich machen können. Es kommt somit zu einer Verschiebung der Verantwortung, aber auch der Täter und Opferdarstellung. Fanatiker sehen sich selbst als Opfer eines Staates, einer übermächtigen Bevölkerungsgruppe oder Justiz, welche ihre Belange nicht bewertet bzw. nicht ausreichend nachkommt.

Zu den verantwortlichen Bevölkerungsgruppen eines Fanatikers können ethische Minderheit, aber auch die politische Elite eines Landes, zählen. In beiden Fällen wird die Verantwortung für die eigene Isolation und Perspektivlosigkeit, nicht bei sich selbst gesehen, sondern bei der anderen Gruppe – wodurch Ideen entstehen, diese Menschen zu verurteilen und zu richten. Da der Staat diese Bevölkerungsgruppen nicht verurteilt bzw. richtet und wohlmöglich selbst als Teil des Problems wahrgenommen wird, rückt der Fanatiker in die Verantwortung des Richters. Diese Form der Selbstjustiz drückt sich dann in einer Gewalttat aus, wo möglichst viele Schuldige getötet werden sollen.

In der Öffentlichkeit werden die Menschenopfer eines fanatisch motivierten Massakers als Unschuldige bezeichnet. Aber für den Fanatiker und dessen Anhänger sind diese Personen schuldig, da diese für den unzureichenden Zustand der eigenen Lebenswelt verantwortlich sind bzw. nichts unternommen haben, um diesen abzuwenden.

Fanatismus, Amokläufe (z.B. Schulmassaker) oder Terrorismus haben oftmals ihren Ursprung in einer Perspektivlosigkeit, sozialen Isolation, fehlenden Eigenwahrnehmung, falscher Fremdwahrnehmung und dem Wunsch nach Dominanz. Als Schuldige für diese Misere werden dann andere Bevölkerungsgruppen ausgemacht (Staat, Schulmobber, Übermächtige), welche durch die Bluttat entmachtet werden sollen und zugleich soll eine Form von Rache ausgelebt werden.

Wie kommt es zu Massakern

Dem Massaker geht oftmals ein Motiv voraus. So verüben Soldaten im Krieg gezielt Racheakte an der Zivilbevölkerung, um sich und ihre gefallenen Kameraden zu rächen. Rachelust und eine selbst auferlegte Racheverpflichtung sind Antreiber für die Gräueltaten am Feind, aber auch dessen Bevölkerung.

Oftmals entsteht unter den Soldaten eine Art von Gruppenzwang, wodurch die Gewaltspirale zunimmt. Außerdem müssen einzelne Mitglieder ihre Loyalität und Härte beweisen, wodurch diese ebenfalls an der Teilnahme zum Massaker gedrängt werden. Denn wenn sich alle Beteiligten strafbar machen, kann sich später niemand als moralischer Richter oder als Erpresser herausstellen. Außerdem sinkt die Wahrscheinlichkeit für spätere Bestrafungen, da sich alle Beteiligten strafbar machten und so niemand eine Anzeige zur Strafverfolgung aufgeben kann.

Fanatismus und Amokläufe entstehen oftmals als Folge von sozialer Isolation und Perspektivlosigkeit. Aus diesem entstehen ebenfalls Rachemotive, weshalb die Täter sich selbst als Opfer sehen und glauben, dass sie diesen Opferstatus nur durch ein Blutbad überwinden können. Diese Täter-Opfer-Umkehr wird zum Fundament des eigenen Glaubens, weshalb Fundamentalismus und Fanatismus eng verzwickt sind.

Warum werden Massaker verübt

Bei allen verübten Massakern findet im Denken der Täter ein Kosten-Nutzen-Abgleich statt. Die Kosten, welche die Täter für das Blutbad heranziehen müssen, sind der eigene Tod – welcher durchaus möglich wäre oder eine andere Form der Bestrafung. Im Krieg glauben Straftäter daran, dass das Kriegsrecht nicht gilt und die Erwartung an Straflosigkeit setzt ein, wodurch Rachenutzen bzw. das Ausleben eines Blutrausches überwiegen.

Amokläufer und Selbstmordattentäter rechnen mit dem eigenen Tod, was Abschiedsbriefe beweisen. Allerdings entsteht der Glauben, dass der eigene Tod nicht sinnlos ist, sondern als Martyrium gewertet oder durch die Anhängerschaft als Heldentat gewertet wird – weshalb der Nutzen ebenfalls überwiegt. Schulamokläufer, welche oftmals Einzeltäter darstellen, neigen zur Rache und zum Wunsch nach Aufmerksamkeit, welches durch das Blutbad ebenfalls hergestellt werden.

Terrorismus ist die systematische Verbreitung von Angst und Schrecken, wodurch ein Staat als Beschützer einer Bevölkerung mittelfristig seine Substanz verlieren soll. Die Aufrechthaltung von Angst benötigt Aufmerksamkeit. Deshalb zielen Terroristen, welche Massaker verüben, darauf ab – dass ihnen Aufmerksamkeit geschenkt wird.

Was ist der Unterschied zwischen Massaker und Genozid

Falls ein Massaker rassistisch, religiös oder ethnisch motiviert ist, handelt es sich um einen Genozid bzw. Völkermord. Ein Amoklauf oder sonstiges Attentat zielt nicht auf Völkermord ab und die Täter verfolgen oft andere Motive. (siehe Hauptartikel: Unterschied zwischen Massaker und Genozid)

Literatur

  • Jacques Sémelin (Autor), Säubern und Vernichten. Die politische Dimension von Massakern und Völkermorden, ISBN: 3936096821*
  • Christine Vogel (Herausgeber), Fabrice d’Almeida (Mitwirkende), Wolfgang Cilleßen (Mitwirkende), David El Kenz (Mitwirkende), José Eduardo Franco (Mitwirkende), Katrin Hirt (Mitwirkende), Thomas Kailer (Mitwirkende), Mathias Mertens (Mitwirkende), Kristl Philippi (Mitwirkende), Rowena Sandner (Mitwirkende), Martin Steinseifer (Mitwirkende), Matthias Vollet (Mitwirkende), Bilder des Schreckens: Die mediale Inszenierung von Massakern seit dem 16. Jahrhundert, ISBN: 3593379538*

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