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Nilschwemme


Die Nilschwemme bzw. auch Nilhochwasser oder Nilüberschwemmung genannt, ist ein jährlich auftretende Überflutung des Nils – welche im Staatsgebiet Ägyptens zu Hochwasser führt. Der daraus entstehende Nilschlamm bildete schon im Alten Ägypten das Fundament der Landwirtschaft.

Was bedeutete die Nilschwemme für das Alte Ägypten

Die Nilschwemme hat eine beachtliche Stellung in der Kultur und der Geschichte Ägyptens eingenommen, deren Einfluss bis in die Gegenwart reicht. Dank des fruchtbaren Schlamms der wasserreichen Fluten unterzog die Schwemme den sonst so trockenen, toten Boden einer Frischzellenkur. Pflanzen gediehen, die Landwirtschaft blühte auf und sorgt so für einen kurzfristigen Überfluss an Lebensmitteln und Wohlstand – Sicherheiten in der von Dürre und Hitze geplagten Region, die für das Leben in der Wüste unverzichtbar sind.

Monsun machte die Wüste fruchtbar

Während heutzutage die Flut der Nilschwemme den Assuan-Staudamm passieren muss, fehlte ein solch gigantisches Auffangbecken im Ägypten der Pharaonen. Dadurch entzog das jährliche Naturereignis sich zumindest teilweise der Kontrolle der dort lebenden Menschen und gab auch so manchem Rätsel über dessen Herkunft auf. Kalender mit gezielter Einteilung nach Dürreperiode, Aussaat und Erntezeit lieferten den damaligen Bauern jedoch klare Orientierungspunkte.

Immerhin trat der für die Nilschwemme verantwortliche Monsunregen auch immer zur gleichen Jahreszeit in der Region Äthiopiens auf. Abhängig von dessen Intensität bahnten sich die natürlichen Zuläufe des Nils mit immer mächtigeren Wassermassen ihren Weg. Auf der Reise ins trockene Tal Ägyptens rissen diese mineralienhaltigen Schlick aus den Hochlanden Äthiopiens mit. Der wiederum bildet die Grundlage als Superdünger für die sonst so lebensfeindlichen Zonen am Flussverlauf des Nils. Für viele Ägypter war dies ein Geschenk des Himmels und führte zur Verehrung verschiedener Gottheiten.

Als die Schwemme neue Götter gebar

Gottheiten gab es im Alten Ägypten zuhauf. Wie viele essenzielle Dinge im Leben hatte auch der Nil mit seiner alljährlichen Schwemme einen kulturell einprägsamen Einfluss auf die damalige Gesellschaft. Der Zusammenhang und Ursprung mit dem Monsun war den Menschen nicht klar. Vielmehr schrieben sie der lebensförderlichen Flut einen göttlichen Ursprung zu.

So war die Nilschwemme auch unter der Bezeichnung der Gottheit Hapi, der sie somit direkt verkörperte, landläufig bekannt. Dieser wurde nach ägyptischer Mythologie jedes Jahr aufs Neue von dem Fruchtbarkeitsgott Amun geboren. Doch die Nilflut trug nicht nur diesen einen Namen. Im laufenden Zeitalter der Dynastien und Reiche änderten oder erweiterten sich die Begrifflichkeiten permanent.

So verkündete anfangs die Himmels- und Neujahrsgöttin Sopdet die Nilschwemme. Im späteren Verlauf galt sie als jährlich gebärende Mutter der Nilschwemme. Abgelöst wurde dies erneut von der Vorstellung, es handle sich bei der Flut um den Schweiß des Urozeans selbst – ein elementarer Bestandteil und Ursprungsort der ägyptischen Schöpfungsgeschichte.

Der Nil als Taktgeber für das Leben

Während der Zyklus der Nilflut sich auch heute noch von ungefähr Juni bis Ende des Septembers erstreckt, ist die Stärke der heranbrausenden Flut durchaus schwankender Natur. So brachen ohne den Schutz eines modernen Damms teils kurze und äußerst große Flutwellen über die Uferregion des Nils herein. Manchmal stieg der Pegel im Gegenzug nur langsam und dafür kontinuierlich an – mit unterschiedlichen Folgen für die Menschen vor Ort. Nur kurze und intensive Schwemmen sorgten häufig für Verwüstung an nahegelegenen Ortschaften und Feldern.

Verhältnismäßig niedrige Wasserstände über die Saison hinweg hemmten die Erträge der Landwirtschaft. Die Vorräte der Bauern gingen zur Neige und Hungersnöte plagten das Land. Die Lebensqualität wurde von den Launen des Nils maßgeblich beeinflusst. Manche Jahre waren ertragreich, andere brachten nur wenig Wasser und läuteten somit eine schwere Zeit für Mensch und Vieh gleichermaßen ein.

Typischerweise führte der Nil im Mai den niedrigsten Wasserstand. Im Lauf der folgenden drei bis vier Monate wuchs der wiederum an. Gegen Ende September handelten Bauern daher neue Pachtverträge für die Aussaat aus. Zu diesem Zeitpunkt überschwemmte das fruchtbare Schlammgemisch weite Teile des Flussufers und des Nildeltas, einer breit gefächerten Mündungsregion ins südöstliche Mittelmeer.

Erweiterte Landwirtschaft über Bewässerungssysteme

Bereits 3000 v. Chr. erkannten die Ägypter die Vorzüge der ungelenkt eindringenden Wassermassen. Schon bald entwickelten sie ein Bewässerungssystem, welches die Fluten mithilfe von kleinen Dämmen und Kanälen gezielt auf die Acker beförderte. Ausgeklügelte Bauten ermöglichten sogar die Bewirtschaftung von Arealen außerhalb der ufernahen Region. So gestatteten Auffangbereiche mit Holzschleusen die Kontrolle über den Wasserfluss auf direkt angrenzende Felder.

Notwendig für einen effektiven Anbau je nach Wasservorrat war die genaue Beobachtung des Nils. Anhand verschiedener Messpunkte, die Nilometer, konnten die Menschen den Wasserstand des Nils genauer bestimmen und dessen Einfluss einschätzen. Nilometer waren auf Felsblöcken oder Säulen eingravierte Messeinheiten, die hinab in das Nilgewässer führten.

Meist fand sich eine Treppe aus Stein an der Messtation, damit Arbeiter jederzeit Zugang zum aktuellen Pegel hatten. Derartige Messstationen gab es in verschiedenen Ausführungen. Die ersten Varianten waren als Treppe am Nilufer mit seitlich angebrachten Markierungen für den Wasserstand. Später wurden kleinere Brunnenanlagen mit Schächten zur Messung des Nils verwendet.

Diese waren über Röhren mit dem Fluss stets in Verbindung, sodass über den Brunnen direkte Rückschlüsse auf die Wasserhöhe möglich waren. Auch hier bedienten sich die Ägypter einer Treppe mit eingemeißelten Markierungen. Die verwendete Maßeinheit Ellen verriet das Potenzial der kommenden Ernte. Ab etwa 16 Ellen (ca. 8 Meter) stand ein guter Ertrag in Aussicht. Bei Unterschreitung dieser kritischen Marke drohten Ernteausfälle bis hin zu einer Hungersnot.

Höchstwerte füllten die Staatskassen auf

Nilometer waren nicht nur praktische Messgeräte, sondern standen im direkten Zusammenhang mit den Steuereinnahmen des Landes. Bauern waren konnten nur ihrer Steuerpflicht nachkommen, wenn sie entsprechende Erträge erwirtschafteten. Diese mussten in Form von Getreidesäcken entrichtet werden. Dementsprechend koppelte der altägyptische Pharao Sesostris I. die Flutmessung mit den erhobenen Abgaben.

Höchststände versprachen eine umfangreiche Ernte und einen steigenden Gewinn der Bauern. Bei niedrigem Pegel sank hingegen die Steuerlast, um die Untertanen nicht über Gebühr zu belasten. Das Nilometer diente daher gleichermaßen als Prognosewerkzeug für die ausstehende Ernte sowie die darauf folgenden Steuereinnahmen im Königreich.

Wechselhafte Flut forderte die Verwaltung

Historischer Rekordhalter nach Aufzeichnungen war die Nilschwemme in Assuan und der Flussinsel Elephantine. Sie belief sich auf 16 Ellen über dem niedrigsten Stand im Juni – was normalerweise erst den Anfang einer noch kommenden Flut markierte. Allgemein verringerten sich die Flutmassen in Richtung des Meeres zunehmend. Am Nildelta, der weitläufigen Meeresmündung des Nils, sank der Wert um zwei Ellen. Im Durchschnitt schwankte der Pegelstand über die Jahre hinweg um etwa vier Ellen, was grob zwei Metern entspricht.

Abhängig davon änderten sich die Bewässerungseinheiten in den zuvor zugeteilten Feldern. Über Sammelbecken wurden diese gezielt bewässert. Bei Wassermangel unterlag der Vorrat einer strengeren Ausgabereglung. Diese richteten sich unter anderem auch nach Lage und Größe des Ackers. So galten je nach Saisonverlauf der Schwemme andere Vorschriften. Zudem zogen Bauern ihre Grenzmarkierungen jedes Jahr neu. Die Neuvermessung war aufgrund der Überflutung mit Schlamm zu wahren des individuellen Besitzes unvermeidlich.

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