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Unterschied zwischen Quellenanalyse und Quellenkritik


Die Quellenanalyse ist ein Teil der Quellenkritik. Der Unterschied zwischen Quellenanalyse und Quellenkritik ist der zwischen einem Teil und dem Ganzen. Die Quellenanalyse erfüllt dabei eine bestimmte Funktion im Rahmen der Quellenkritik. Diese Funktion ist es, die das Verhältnis und den Unterschied zwischen Quellenanalyse und Quellenkritik bestimmt.

Um dieses Verhältnis zu verstehen, muss man die Begriffe Geschichtsquelle, Quellenkritik und Quellenanalyse genau verstehen.

Was ist eine historische Quelle?

Eine historische Quelle ist etwas, das vom Historiker über die Vergangenheit befragt werden kann. Ein Historiker versucht, die Vergangenheit zu rekonstruieren. Er fragt: Was ist passiert? Wie hat es sich zugetragen? Warum ist es so und nicht anders abgelaufen? Welche Bedeutung hat das Ereignis für alles, was danach passiert ist?

Diese Fragen richtet er an Dinge, die aus der zu untersuchenden Zeit stammen (Primärquellen). Oder an solche, die über diese Dinge berichten (Sekundärquellen). Quellen sind oft Texte wie Urkunden, Akten, Briefe, Tagebücher. Aber auch jede materielle Hinterlassenschaft kann eine Quelle sein, etwa Kunstwerke, Gebäude und Gebrauchsgegenstände.

Was eine Quelle also zur Quelle macht ist die Absicht des Historikers, ihr Informationen über die Vergangenheit zu entnehmen. Bevor er dies tut, muss er zwei Dinge entscheiden. Erstens, ob die Quelle ihm die gewünschten Informationen liefert. Und zweitens, ob diese glaubwürdig sind. Hier kommt die Quellenkritik ins Spiel.

Was ist Quellenkritik?

Quellenkritik ist ein Verfahren, mit dem sich der Historiker ein Urteil über seine Quelle erarbeitet. Erst muss er sich über den Wert seiner Quelle im Klaren sein. Dann kann er sie für den Sachverhalt, den er erforschen möchte, richtig auswerten.

Die Fragen, die die Quellenkritik letztlich beantworten soll, sind:

  • Welche Informationen liefert die Quelle?
  • Wie nützlich sind diese Informationen für meine Fragestellung?
  • Wie glaubwürdig sind diese Informationen?

Die erste Frage nach dem Informationsgehalt der Quelle beantwortet die Quellenanalyse.
Die beiden anderen Fragen nach dem Informationswert beantwortet die Quelleninterpretation.
Beide, Quellenanalyse und Quelleninterpretation, sind also Teile der Quellenkritik.

Was ist Quellenanalyse?

Die Quellenanalyse beantwortet also die Frage danach, welche Informationen eine Quelle liefert. Für ein umfassendes Verstehen ist es wichtig, dass man der Entstehung der Quelle auf den Grund geht. Die Quellenanalyse soll dabei helfen. Sie fragt: Warum ist die Quelle so wie sie ist?

Um die Antwort zu finden, richtet der Historiker seinen Blick auf sechs Aspekte der Quelle:

  • den Informationsgehalt
  • die Herkunft
  • die Perspektive
  • den Kontext
  • das Publikum
  • das Motiv

Der Informationsgehalt teilt sich in explizite und implizite Bedeutung. Explizit ist das, was offen gesagt wird. Implizit sind versteckte Botschaften. Ein Beispiel. „Zieht in den Krieg!“, verfolgt dasselbe Ziel wie „Alle sind gefragt, ihre Heimat zu verteidigen.“ Ersteres explizit, letzteres implizit. Diese Unterscheidung ist wesentlich, um über Nützlichkeit und Glaubwürdigkeit der Quelle zu urteilen.

Die Information kann richtig oder falsch sein. Um den Wahrheitsgehalt der Quelle zu beurteilen, muss der Historiker weitere Quellen hinzuziehen. Durch Vergleichen kann er entscheiden, ob seine Quelle die Dinge richtig und vollständig erzählt oder nicht. Ob die Quelle von anderen Zeugnissen bestätigt oder widerlegt wird, entscheidet über ihren Wert. Eine widerlegte Quelle ist allerdings nicht automatisch wertlos. Der Widerspruch kann so manches über Perspektive, Kontext, Publikum und Motiv des Autors enthüllen.

Auf den Autor zielt die Frage nach der Herkunft der Quelle. Der Historiker muss über den Autor als Person möglichst viel herausfinden. Wer hat den Text geschrieben? Wann? Unter welchen Umständen? Zu welcher Zeit und wie hat der Autor gelebt? Was hat er erlebt? Wen hat er gekannt? Was für einen Text hat er uns hinterlassen – ein Tagebuch, einen Brief, eine Urkunde? All diese Fragen sind wichtig, um die Perspektive, den Kontext, die Wahl des Publikums und das Motiv zu verstehen.

Die Perspektive ist die Sichtweise des Autors auf die erzählten Ereignisse. Es macht einen großen Unterschied, ob ein Sklave oder sein reicher Besitzer über die Lebensverhältnisse im römischen Kaiserreich berichtet.

Der Kontext meint die Umstände, unter denen der Text entstanden ist. Vieles davon wird schon durch die Recherche zum Autor beantwortet. Aber auch Ereignisse und Strömungen, die über dessen Lebensbereich hinausgehen, können ihn und seinen Text beeinflusst haben. Durch Wissen über die Entstehungszeit verstehen wir den Autor und seinen Text besser. Wir gelangen auch zu Kenntnissen über den Autor und seinen Text, die ihm selbst verborgen blieben. Außerdem vermeiden wir, Vorstellungen verschiedener Zeiten zu vermischen. Wenn wir heute von Sklaverei im alten Griechenland lesen, verurteilen wir diese. Für den Autor und seine Zeitgenossen war die Sklaverei ein normaler Bestandteil ihrer Gesellschaft.

Gedanken über das Publikum, an das sich der Autor richtete, sind ebenfalls wichtig. Selbstbetrachtungen in einem Tagebuch sind vermutlich ehrlicher und kritischer als eine Lobeshymne auf den Herrscher. Sie unterscheiden sich in ihrem Aussagewert für den Historiker.

Das führt zum Motiv der Quelle: Warum hat der Autor seinen Text geschrieben? Was wollte er damit erreichen? Das Motiv des Autors kann sich mit der Frage decken, die der Historiker an den Text hat. Das macht die Quelle für ihn ziemlich wertvoll. Sie ist sozusagen eine direkte Antwort auf seine Frage. Vielleicht weichen Motiv des Autors und Fragestellung des Historikers aber von einander ab. Das sagt dem Historiker, dass er die Informationen aus dem Text filtern muss. Er tut dies vor dem Hintergrund von Informationsgehalt, Herkunft, Perspektive, Kontext, Publikum und Motiv.

Unterschied zwischen Quellenanalyse und Quellenkritik

Der Unterschied zwischen Quellenanalyse und Quellenkritik besteht in Umfang und Reichweite. Die Quellenanalyse stellt fest, dass und warum die Quelle ist wie sie ist. Sie trägt damit zu einem umfassenden und kritischen Verständnis der Quelle bei. Die Quellenanalyse ist der erste von zwei Schritten der Quellenkritik. Auf ihr baut der zweite Schritt auf, die Quelleninterpretation. Diese beantwortet die eigentliche Frage der Quellenkritik nach Nützlichkeit und Verlässlichkeit der Quelle. Erst nach Beantwortung dieser Frage kann der Historiker die Quelle benutzen, um Antworten auf seine Fragen zur Vergangenheit zu finden.


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