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4 Gründe, warum Geschichte wichtig ist


Die Kenntnis der Geschichte schult unser reflektiertes Denken und Verständnis für die Gegenwart. Der Philosoph Karl Marx leitete aus der bisherigen Geschichte sogar eine Hypothese für unsere Zukunft ab. Ganz allgemein nützt das Geschichtsverständnis sowohl uns als Individuum als auch der Gesellschaft.

Geschichte ermöglicht, die Gegenwart zu verstehen

Wer die Geschichte versteht, versteht auch die Gegenwart. In den Geschichtswissenschaften beschäftigt man sich mit politischen, soziologischen (gesellschaftlichen) und kulturellen Entwicklungen. Diese nachzuvollziehen, erleichtert es, zu begreifen, wie wir da hingekommen sind, wo wir heute stehen.

Man lernt verschiedene Gesellschaftsmodelle begreifen und wie diese sich entwickeln können. Mehr noch: Es heißt immer: „Aus Fehlern lernt man.“ Und auch wenn es wie eine Plattitüde klingen mag: Dazu muss man die Fehler nicht alle selbst machen. Wer sich in der Geschichte auskennt, kann Muster wiedererkennen und so Entwicklungen vorausahnen. Das Bewusstsein der Geschichte und die daraus gefolgerten Erkenntnisse schulen also unser Verständnis für die Gegenwart. Das bedeutet keineswegs, dass man einen Blick in die Zukunft werfen kann, denn die ist und bleibt unvorhersehbar, sondern dass man erahnen kann, wozu eine bestimmte Entwicklung führen kann. Denn es gibt Gesetzmäßigkeiten in der Geschichte.

Viele Revolutionen politischer Idealisten endeten in neuen Schreckensherrschaften. Die Französische Revolution beendete den Absolutismus in Frankreich und brachte den Großen Terror hervor, weil die Revolutionäre fürchteten, Macht abzugeben. Somit wollten sie alles kontrollieren und nach ihren Wünschen gestalten.

Die Februarrevolution beendete die Herrschaft der Zaren in Russland, mündete aber direkt in die Oktoberrevolution. Der folgte dann der Stalinismus. Etwas, was als kommunistische Revolution begonnen hatte, führte in die Diktatur. George Orwell, selbst überzeugter Sozialist, griff dies in „Farm der Tiere“ auf, eine moderne Fabel, die sich klar auf die Sowjetunion bezieht, aber im Kern auf viele Revolutionen in der Geschichte anwendbar ist. Auch Maos kommunistische Revolution in China mündete in einer Diktatur.

Folgt daraus, dass eine von politischen Idealisten geführte Revolution unweigerlich in einer Diktatur endet? Nein. Es zeigt aber die Gefahr auf, dass dies passieren kann und das sollte uns wachsam machen.

Historische Gesetzmäßigkeiten als Mahnung verstehen und entgegenwirken

Ironischerweise war es ausgerechnet Karl Marx, der aus der Erforschung der Geschichte eine genau gegenteilige Prognose für die Zukunft formulierte. Diese Theorie nennt sich Historischer Materialismus.

Nach Marx ist die Geschichte eine Geschichte der Klassenkämpfe. Die beiden Klassen jeder Gesellschaft bezeichnete Marx als These und Antithese, die immer weiter auseinanderdriften, bis das System kollabiert und These und Antithese dann durch eine Revolution zur Synthese kämen. So habe die Antike Freie und Sklaven bzw. im Römischen Reich zudem Plebejer und Patrizier als einander gegenüberstehende Klassen gekannt. Aus dieser antiken Sklavenhaltergesellschaft entstand das Lehnswesen des Mittelalters mit dem Adel, den Lehnsherren, und seinen Vasallen.

Auch dies brach durch Revolutionen zusammen und es entstand die bürgerliche Kapitalgesellschaft mit Arbeitern, dem Proletariat, und Bürgertum, der Bourgeoisie als verfeindeten Klassen. Aus dem Kapitalismus müsse sich nach Marx irgendwann eine internationale Revolution des Proletariats erheben, die erst den Sozialismus und später den Kommunismus als eine klassenlose Gesellschaft, in der alle Menschen gleich an Rechten und Pflichten wären, entstehen.

Nun führten bisherige Versuche, den Kommunismus herbeizuführen, aber wie oben beschrieben zu Diktaturen. Allerdings waren diese Regime im Sinne von Marx weder sozialistisch noch kommunistisch. Marx sprach von einer internationalen Revolution, die zu einer klassenlosen Gesellschaft führt. Man kann nun also kaum von Sozialismus oder gar Kommunismus im Sinne von Karl Marx und Friedrich Engels sprechen, wenn auf nationaler Ebene eine selbst ernannte kommunistische Partei an die Stelle der herrschenden Klasse tritt.

Hinzukommt, dass sowohl Russland als auch China sich noch im Agrarzeitalter befanden und nicht im Kapitalismus. Die Hypothese von Marx kann also nicht nur als nicht widerlegt eingestuft werden, sondern hält selbst nach Meinung vieler Kritiker von Marx sonstiger Ideenlehre bislang stand.

Geschichte hilft uns, Kultur besser zu verstehen

Unsere Kultur und Kulturgüter sind mit der Geschichte gewachsen und will man Werke der Musik, der bildenden oder erzählenden Kunst wirklich verstehen, ist häufig der historische Kontext von Nöten. Zur Interpretation und Analyse eines Kulturguts ist es wichtig, die Zeit seiner Entstehung zu verstehen.

So lässt sich etwa „Die Göttliche Komödie“ nur wirklich begreifen, wenn man etwas über die Zeit weiß, in der ihr Verfasser Dante Alighieri lebte, weil viele seiner Zeitgenossen in der Jenseitsreise Dantes vorkommen. Ein Roman wie „Die Elenden“ von Victor Hugo erschließt sich erst dann völlig, wenn man über die Geschichte Frankreichs im 19. Jahrhundert Bescheid weiß, denn aus den Wirren jener Zeit heraus entstand dieses einflussreiche literarische Werk.

Gemälde werden stets vor dem Hintergrund der Kunstepoche, in der sie entstanden, interpretiert. Um zu verstehen, warum die Künstler des Impressionismus kein Interesse mehr an Darstellungen mit hohem Ikonizitätsgrad (großer Wirklichkeitstreue) hatten, muss man wissen, dass diese Stilepoche in die Zeit fiel, in der Tubenfarbe und Fotoapparat erfunden wurden. Das trieb die Künstler aus dem Atelier ins Freie, wo sie die Flüchtigkeit des Moments in all seiner farblichen Schönheit einfangen wollten.

Gleichzeitig wirft die Kulturgeschichte stets ihren Schatten auf die Kultur der Gegenwart. Hätte William Shakespeare nicht das aristotelische Theater in der Renaissance derart wiederbelebt, hätte Lessing es nicht für die Deutschen zugänglich machen wollen. Das wiederum legte den Grundstein für Goethe und Schiller, die Kulturschaffende bis heute inspirieren.

Ohne Tolkiens Kriegstrauma gäbe es vermutlich kein „Der Herr der Ringe“ und damit wäre nie der Grundstein für die moderne Fantasy-Literatur gelegt worden. Ohne den Kalten Krieg und seine Stellvertreterkriege hätte es keine Love-Generation mit der von ihr geprägten Musik gegeben. Deshalb bedeutet Geschichte zu verstehen, auch unsere Kultur zu verstehen.

Geschichtliches Bewusstsein trägt zur Identitätsbildung bei

Geschichte zu analysieren, schult unser Denken für das Verständnis politischer und sozialer Zusammenhänge. Das ermöglicht ein reflektierteres Denken und hilft uns etwa, gesellschaftliche und politische Prozesse der Gegenwart besser zu verstehen. Das Verständnis der Geschichte kann so Teil der Identitätsbildung sein, da es unser politisches und soziologisches Bewusstsein formt.

Wer sich mit der Weimarer Republik befasst hat, wird vielleicht hellhörig, wenn er die Aussagen mancher konservativer oder rechter Politiker hört. Manch einer wird durch die Lektüre von Marx zum überzeugten Sozialisten, während ein anderer Sozialismus und Kommunismus aufgrund der gescheiterten Versuche in Sowjetunion und China ablehnt.

Der griechische Philosoph Sokrates sah die politische und historische Bildung des Volkes als Grundvoraussetzung für das Funktionieren einer Demokratie an. Denn, so Sokrates, wäre das Volk nicht im Bilde über politische Zusammenhänge, gewinne nicht der Kandidat eine Wahl, der dem Volk die Wahrheit sage und praktikable Lösungen aufzeige, sondern der, der bequeme Lügen erzähle und simple Lösungen präsentiere. Tja, und bei einem Blick in die Geschichte neigt man wiederum dazu, Sokrates darin recht zu geben.


Literatur


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