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Katharsis Hypothese nach Freud und Breuer


Die Katharsis stammt aus dem Griechischen und bedeutet Reinigung. In der Psychologie haben die „Katharsis Hypothese“ Sigmund Freud und Josef Breuer geprägt. Demnach muss ein psychisch Leidender seine verdrängten Emotionen und Gefühle ausleben, wodurch Heilung einkehrt. Breuers Patientin Anna O. verwendete dafür den Begriff Kaminkehren.

Ursprung von Breuers und Freuds Katharsis Hypothese

Der Begriff stammt eigentlich aus der Philosophie, welche im 19. und 20. Jahrhundert noch nicht klar zur Psychologie abgegrenzt wurde. Jakob Bernays, ein Onkel von Freuds Verlobten Martha Bernays, schrieb 1857 ein Werk zur Katharsis. Bis 1880 folgten weitere Werke dazu, welche sich hauptsächlich mit Literaturwissenschaft beschäftigten.

In der Literatur sagt man, dass die Zuschauer eines Bühnenstücks, eines Filmes oder Leser eines Buches der Handlung folgen. Sie bauen Emotionen analog zur Handlung auf. Sobald dann die Handlung umschlägt, verschwinden auch die Emotionen des Beobachters. Sie werden somit gelöscht bzw. gereinigt.

Breuer und Freud griffen den Katharsis-Begriff auf und führten die kathartische Methode ein, um eine Abreaktion von verdrängten Affekten zu gewähren. Diese Methode geht ursprünglich nur auf Josef Breuer zurück, welche ab 1880/81 damit begann, seine Patientin Anna O. nach der Methode zu behandeln. Sigmund Freud, welcher mit Breuer befreundet war, stieß etwa 1890 dazu und zusammen forschten sie auf dem Gebiet weiter.

1885 veröffentlichen Breuer und Freud ihr Gemeinschaftswerk mit dem Titel „Studien über Hysterie“. In diesem stellen sie die kathartische Methode zur Heilung der Hysterie vor. Anders als Breuer sieht Freud in der Katharsis lediglich eine Übergangslösung bzw. Durchgangsmethode, welche noch zu fehleranfällig ist. Beide brechen die Zusammenarbeit nach Veröffentlichung ab, Freud entwickelt die Methode weiter und nennt diese ab 1896 Psychoanalyse.

Was ist die Katharsis Theorie nach Freud und Breuer?

Eine psychologische Hypothese ist grob gesagt, eine Vermutung über die Beschaffenheit einer Realität. Sie soll eine wissenschaftliche Theorie stützen und es lassen sich Fragen zur Forschung ableiten.

Hier ein Beispiel…
Die Theorie laut Breuer und Freud lautet, dass sich hysterische Symptome (Lähmung, Schwindelanfälle oder Sprachstörungen) heilen lassen, indem sich der Betroffene an die Erfahrung erinnert, welche zu diesem Symptom führte. Durch das einstige Trauma ist die Erinnerung ins Unbewusste verdrängt bzw. eingeklemmt wurden und verursacht nun seelische Leiden. Und durch das nochmalige Durchleben dieser Erinnerung soll der Patient geistig gereinigt bzw. entgiftet werden.

Die Katharsis-Theorie wirft laut wissenschaftlicher Vorgehensweise drei Hypothesen auf:

  • Die Nullhypothese: Erinnern und erneutes Durchleben der schmerzhaften Erfahrung bringt keine Heilung
  • Die gerichtete Alternativhypothese: Erinnern und erneutes Durchleben der schmerzhaften Erfahrung wirkt zielgerichtet, also heilend.
  • Und die ungerichtete Alternativhypothese: Erinnern bewirkt irgendetwas, was nicht zwingend Heilung sein muss.

Durch zahlreiche Studien mit Patienten konnten Breuer und Freud zeigen, dass die kathartische Methode zielgerichtet sei und den Patienten heilt, sobald dieser sich an sein Trauma erinnert. Dargestellt wurde die Versuchsreihe im Gemeinschaftswerk „Studien über Hysterie“.

Wie wurde die kathartische Methode von Breuer und Freud angewandt?

Ursprünglich stammt die Methode auch schon von Aristoteles. Bereits in der Antike glaubten Hippokratiker, dass die Ursache von Krankheit in körpereigenen Säften liegt. Durch das Abführen von Blut, Aderlass, Schweiß, Schleimlösungen, Gallensaft oder Eiter – sollte der Körper gereinigt und entgiftet werden.

Später setzte die Kirche auf geistige Austreibung und verwendete den Begriff Exorzismus. Breuer setzte bei seiner Methode anstelle von Austreibung oder Entgiftung auf neue Reinigungsmethoden, dem Abfuhr pathogener Affekte durch Wiedererleben des zugrunde liegenden Traumas bzw. des traumatischen Ereignisses.

Der eigentliche Fortschritt seiner Katharsis war der Übergang von einer physiologischen (Saftlassens) zu einer psychologischen Behandlung. Dies geschah anfangs durch Hypnose. Die Patienten wurden hypnotisiert und hatten Zugang zum unbewussten Teil ihrer Psyche. Im hypnotischen Zustand wurde die verdrängte Erinnerung gesucht, die damals gemachte Erfahrung ein weiteres Mal durchlebt und der Patient war geheilt. So die Theorie.

Fallbeispiele zur Wirksamkeit Katharsishypothese von Freud und Breuer

Das berühmteste Beispiel ist sicherlich Anna O. Die junge Frau litt an Hysterie, was sich bei ihr in Sprachstörungen, Lähmungen des Armes und Panikanfällen äußerte. Freud und Breuer glaubten, dass Annas Symptome aufgrund einer verdrängten Erinnerung hervorgerufen wurden. Denn Anna musste ihren schwer kranken Vater pflegen und hatte während dieser Zeit einen Tagtraum.

In diesem Traum bzw. Halluzination kroch eine Schlange auf des Vaters Bett. Anna wollte die Schlange wegstoßen, konnte allerdings ihren Arm nicht bewegen (Symptom). Dann wollte sie ihren Vater wecken, konnte aber nicht sprechen (Symptom 2). Freud und Adler glaubten, dass Anna an diesem Traum erkrankt ist. Anna konnte sich nicht mehr an diesen Traum erinnern, hatte nur die Symptome, weshalb sie sich im Jahr 1880/81 in Breuers Behandlung gab.

Durch Hypnosesitzungen konnte Breuer in Annas Unbewusstsein dringen. Dort erzählte sie ganz frei, was ihr durch den Kopf ging. In einer späteren Sitzung kam sie dann auf diesen Traum zu sprechen. Nach der Hypnose waren die Symptome der Armlähmung und der Sprachstörung geheilt.

Freud und Breuer schlossen aus dem Fall Anna O., dass die Katharsis wirkte. Sobald sich der Patient an die verdrängte Erinnerung erinnern konnte, tritt Heilung ein. Später kam heraus, dass viele ihrer Patienten – darunter auch Anna O. nicht geheilt wurden.

Freud-Kritiker sind deshalb der Meinung, dass die Psychoanalyse auf einer großen Lüge entstanden ist und dass die später abgeleiteten Modelle und Theorien von einem überschätzten Mann (Freud) und falschen Propheten werbewirksam eingeführt wurden.

Viele derzeitigen Psychologen machen Freud auch dafür verantwortlich, die wissenschaftliche Psychologie – ein halbes Jahrhundert lang – auf eine falsche Fährte gebracht zu haben und dass deshalb die Wissenschaftlichkeit der Psychologie von der Allgemeinbevölkerung heute noch in Frage gestellt wird.

Im Werk „Studien über Hysterie“ finden sich ähnliche Beispiele mit ähnlichen Frauen. Darunter „Frau Emmy von N.“, „Fräulein Lucy R.“ oder „Frau Cäcilie“. Alle Damen litten an ähnlichen Symptomen, weshalb diese ebenfalls Paradebeispiele der Hysterie-Forschungen waren. Gleichzeitig zeigten alle Frauengeschichten auch die krank machende Potenz von Unterwerfung, Gewalt oder Freiheitsentzug – welchem diese Frauen (und alle anderen Frauen im 19. Jahrhundert) ausgesetzt waren.

Freud schrieb dazu:

„Wir lenkten die Aufmerksamkeit des Kranken direkt auf die traumatische Szene, in welcher das Symptom entstanden war, suchten in dieser den Konflikt zu erraten und den unterdrückten Affekt frei zu machen.“

Von der Katharsis zur Psychoanalyse

Laut Freud steckten hinter den Verdrängungen immer sexuelle Motive, wobei der Begriff Trieb damals noch nicht von Freud angeführt wurde. Diesen entwickelte er erst später. Allerdings war sein Interesse geweckt, diesem Impuls weiter nachzugehen. Und so führte er in seinen Hypnosegesprächen eine Art Detektivarbeit ein, wo er Indizien für das sexuelle Motiv suchte.

Breuer, welche dem sexuellen Motiv keine Bedeutung schenkte, lehnte diese Forschung ab und so trennten sich die Wege nach 1896. Für Freud blieb das Motiv erhalten und in jeder Therapiestunden versuchte er den sexuellen Konflikt bei seinen Patienten zu sehen und diesen auszuarbeiten.

Von der Hypnose als Weg zum Unbewussten nahm Freud ab 1890, also schon vor dem Erscheinen des Gemeinschaftswerkes, Abstand. Stattdessen wurden seine Sitzungen eine Art Verhör, bei dem die Patienten von ihrem Alltag berichteten und der Analyst die unbewussten Bruchstücke zusammensetzte. Freud nannte diese Vorgehensweise freie Assoziation.

Das bedeutet…
Die Katharsis geschieht auch, wenn der Therapeut den Patienten auf eine bestimmte Erinnerung lenkt und den Patienten diese Erfahrung noch einmal komplett durchleben lässt. Einfach durch Gespräche, welche Freud zunächst als Königsweg ins Unbewusste betrachtete.


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