Boreale Zone: Klima, Boden, Vegetation, Niederschlag, Nutzung, Tiere und Ressourcen
Die boreale Zone ist, nach dem Ökozonen-Modell von J. Schultz, eine Ökozone auf der nördlichen Erdhalbkugel. Sie umfasst mit einer Fläche von 19,5 Millionen km² circa 13,1 % der Landoberfläche auf der Erde. Das Klima entspricht der kaltgemäßigten Klimazone.
Inhalt
- 1 Boreale Zone: Merkmale und Kennzeichen
- 2 Boreale Zone: Wortherkunft und Bedeutung
- 3 Verbreitung der borealen Zone
- 4 Klima in der borealen Zone
- 5 Boden der borealen Zone
- 6 Vegetation der Borealen Zone
- 7 Tierwelt in der borealen Zone
- 8 Bodenschätze, Ressourcen und Landschaftsnutzung der borealen Zone
- 9 Quellen
Boreale Zone: Merkmale und Kennzeichen
Ausbreitung: |
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angrenzende Ökozonen: |
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Breite: | zwischen 700 und 2000 km |
Klimazone: | kaltgemäßigte Klimazone |
Temperaturen: | zwischen −70°C und +30°C |
Niederschlagsmenge: | zwischen 250 und 500 mm |
Längste Sonnenzeit: | zwischen 16 und 24 Stunden |
Besonderheiten: |
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Boreale Zone: Wortherkunft und Bedeutung
Der Begriff „boreal“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet Norden (griech: boreas). Namensgeber dieser ökologischen Zone ist der griechische Gott „Boreas“, welcher als winterlicher Gott des Nordwindes verehrt wurde.
Nach J. Schultz wird die Erde in 9 verschiedene Ökozonen aufgeteilt.
- polare und subpolare Zone
- boreale Zone
- feuchte Mittelbreiten
- trockene Mittelbreiten
- winterfeuchte Subtropen
- immerfeuchte Subtropen
- tropisch und subtropische Trockengebiete
- sommerfeuchte Tropen
- immerfeuchte Tropen
Wie bei allen Landschaftszonen-Modellen (Klimazone, Vegetationszone) orientiert sich das Ökozonen-Modell ebenfalls hauptsächlich am Klima. Neben dem Klima werden aber auch die Vegetation, die sichtbaren Landformen, Ökosysteme und Bodentypen für die Einteilung der Ökozonen verwendet.
Verbreitung der borealen Zone
Die boreale Zone ist die einzige Ökozone, welche nur auf der Nordhalbkugel vorkommt. Auf der südlichen Halbkugel kommt diese Ökozone somit nicht vor. Zwar herrscht auch dort ein ähnliches Klima und ruft eine ähnliche Vegetation vor, aber vergleichbare Landschaftsformen und Bodentypen sind dort nicht vertreten.
Klimatisch vergleichbare Gebiete auf der südlichen Halbkugel liegen ausschließlich im Meer. So gibt es durchaus Ähnlichkeiten mit dem äußersten Süden Südamerikas oder Neuseeland, sowie den subantarktischen Inseln. Jedoch sind dort die Unterschiede hinsichtlich Vegetation und Bodenökologie derart groß, dass man diese Gebiete nicht mit der nördlichen Borealzone zusammenfassen kann. Denn typisch für diese Zone sind die borealen Nadelwälder und die nördlichen Gebiete der Waldtundra, welche auf der Südhalbkugel so nicht vorkommen.
In der Nordhemisphäre umspannt die Borealzone eine Art Band oder Gürtel, welcher etwa zwischen 700 bis 2000 km breit ist. Sie beginnt im Norden Euroasiens. Dort erstreckt sie sich von Norwegen ausgehend, durch Sibirien hindurch bis nach Kamtschatka. In Nordamerika beginnt die boreale Zone in Alaska, durchläuft Teile Kanadas bis nach Neufundland.
An den Westseiten der Kontinente Europa (Norwegen) und Nordamerika (Pazifikküste) beginnt sie etwas weiter nördlich. Im jeweiligen Kontinentalinneren verbreitert sich der Gürtel zunehmend. Die westlichen Anfänge sind deshalb schmaler, da warme Meeresströme in Norwegen und der Pazifikküste die jeweiligen Punkte erwärmen und so den borealen Gürtel etwas nördlich (in Richtung subpolare Zone) verschieben.
Dadurch beginnt die boreale Zone in den östlichen Kontinentalbereiche bereits bei 50°N und in den westlichen erst bei 60°N. Von dort ausgehend erstreckt sie sich Richtung Norden bis zur polaren Baumgrenze. Diese bildet dann gleichzeitig die Grenze zur polaren/ subpolaren Ökozone, welche bei 70°N beginnt.
Allerdings verläuft die Grenze eher schwammig. Denn die Bäume und Waldgebiete werden ab 70°N lediglich immer lichter. Das bedeutet, dass sich Waldgebiete und waldlose Tundra stetig abwechseln. Es handelt sich somit um ein Übergangsgebiet, welches man in der Ökologie als Ökoton bezeichnet. Den dort vorrangigen Landschaftstyp der borealen Grenze bezeichnet man als Waldtundra.
Im Süden (unter 50°N bzw. 60°N) grenzt sich die boreale Zone zur den Feuchten Mittelbreiten ab. Dort fällt die Abgrenzung etwas stärker aus, da in den feuchten Mittelbreiten vor allem Mischwälder auftreten, anstelle des borealen Nadelwaldes.
Natürlich gibt es auch Unterschiede in den Regionen. So kommt es, dass auf der Taimyrhalbinsel in Russland – dem nördlichsten kontinentalen Festland der Erde – die boreale Zone bis 70° N reicht. An der Hudson Bay, dem nördlichsten Teil Kanadas, geht sie schon bei 55° N in die Tundra über.
Subzonen der borealen Zone sind :
- Ozeanische Subzone
- Kontinentale Subzone
- Hochkontinentale Subzone
Die Einteilung in Subzonen wird hauptsächlich durch das Klima bestimmt. Denn in der kontinentalen Subzone fallen die Sommer kürzer, aber wärmer aus. In der Ozeanischen Subzone sind die Sommer zwar länger, aber fallen deutlich mäßiger aus. Dies liegt an den wärmeren Luftströmen, welche vom Atlantik und Pazifik kommen und von dort aus ins Landesinnere ziehen.
Klima in der borealen Zone
Charakteristisch für diese Zone ist, dass der Winter länger als der Sommer andauert. Weiterhin kommt es zu deutlicheren Temperaturschwanken als in der nördlicher gelegenen Polaren/subpolaren Zone. Die Klimazone der Borealen Zone entspricht der Kaltgemäßigten Klimazone. Demnach sind die Winter lang und kalt. Die Sommer hingegen sind kurz und mäßig warm.
Im Winter erreichen die Temperaturen Minimalwerte bis −40 °C. Im kontinentalen Sibirien können sogar kurzzeitige Werte bis −70 °C auftreten. Da die Sommer recht kurz und mäßig warm ausfallen, werden lediglich mittlere Höchstwerte bis 10 °C über die ganze Zone erreicht.
Im folgenden Beispiel wird das Klimadiagramm von Kenai betrachtet. Der Ort liegt in Alaska, inmitten der borealen Zone. Die Jahrestiefwerte liegen hier bei −10,8 °C und werden im Januar erreicht. Jahreshöchstwerte liegen bei 12,6 °C im Juli. Die Temperaturschwankungen liegen demnach bei 23,4 °C.
Die Niederschlagsmenge ist mit 86 mm im September am höchsten und mit 19 mm im April am niedrigsten. Demnach kommt es zu einer Differenz von 67 mm.
Das Klima wird wesentlich von der arktischen Kaltluft bestimmt. Denn im Winter liegt die sogenannte Artikfront an der Südgrenze der polaren Zone und bildet demnach die direkte nördliche Grenze der borealen Zone. Im Sommer strömen wiederum wärmere Lüfte vom Pazifik oder Atlantik ein, wodurch es zu den mäßig warmen Temperaturen kommt.
In den meisten Gegenden bewegen sich die Niederschläge im Mittel zwischen 250 und 500 Millimeter. Dadurch, dass das niederschlagende Wasser allerdings wenig verdunstet, herrscht kaum Wassermangel. Sobald die Niederschlagsmenge größer als die Verdunstungsmenge ist, spricht man von einem humiden Klima. Innerhalb der boreale Zone herrscht dieser Klimatyp vor.
Dies wiederum bedeutet auch, dass in der Borealen Zone ein immerfeuchtes Jahresklima vorherrscht, welches durch verschiedene Faktoren bestimmt wird:
- 1. subpolare Tiefdruckrinne: Durch das Zusammentreffen von zwei verschiedenen Luftdruckgebieten entsteht eine höhere Wahrscheinlichkeit für Niederschlag.
- 2. Westwinde: Die wärmeren Westwinde vom Atlantik und Pazifik herkommend, bringen feuchtere Luft und sorgen für entsprechende Luftdruckunterschiede.
- 3. Zyklonendurchzug: Dieser Durchzug im Sommer sorgt dafür, dass die Wolkenschicht dicker wird und gleichzeitig die Wolkendecke sinkt. Dies wirkt sich wiederum vorteilhaft auf die Niederschlagswahrscheinlichkeit aus.
- 4. Unterschiede in den Subzonen: In der Hochkontinentalen Subzone liegt die Temperaturamplitude (Differenz zwischen wärmsten und kältesten Monat) bei bis zu 40 °C und in der ozeanischen bei etwa 15 °C.
Die Vegetationsperiode, also die Phase in den Pflanzen wachsen, liegt in den meisten Gebieten bei vier bis fünf Monaten. Erreicht die Durchschnittstemperatur eine Phase unter 0 °C, bildet sich Permafrost. Dieser Dauerfrost speichert Kohlenstoff und entnimmt es somit der Atmosphäre. Durch den Klimawandel könnten diese Permafrostböden tauen, wodurch der gespeicherte Kohlenstoff freigesetzt wird. Das dadurch entstehende Kohlendioxid würde als Treibhausgas die Erderwärmung weiterhin beschleunigen.
Winter- und Sommertage in der borealen Zone
Gleichzeitig ist der Permafrostboden ebenfalls wichtig, da tauendes Wasser nicht im Boden versickert und somit abfließt, um Pflanzen zu bewässern. Denn durch die Polnähe herrschen auch in der borealen Zone Langtags- bis Dauertagsbedingungen.
Zur Zeit des Sommersolstitiums (Sommersonnenwende = längster Tag des Jahres) werden Tageslängen an der Südgrenze bis 16 Stunden und an der Nordgrenze bis 24 Stunden erreicht. Durch die Permafrostböden wird verhindert, dass sich die Luft stärker erwärmt, da sämtliche Sonnenenergie durch die Aufschmelzung bereits aufgebraucht werden würde.
Temperaturunterschiede in der borealen Zone
Es kommt in der Borealen Zone auch zu erheblichen Temperaturunterschieden zwischen den einzelnen Regionen. Dies hat folgende Ursachen:
- Arktische Front im nördlichsten Teil sorgt für tiefere Temperaturen in dieser Region
- Die Permafrostböden im Norden sorgen dafür, dass die einstrahlenden Sonnenenergie für das Abschmelzen verbraucht wird, wodurch diese Energie nicht gänzlich für die Lufterwärmung zur Verfügung steht.
- Aufgrund der Kontinentalität (Subzone) und Ozeanität (Subzone) ergeben sich ebenfalls klimatische Veränderungen, wie bereits oben beschrieben.
Diese Faktoren begünstigen deutliche Temperaturunterschiede innerhalb der borealen Zone. Und so können in der sibirischen Taiga, welche für außerordentlich kalte Wintermonate bekannt ist, die Temperaturen bis – 70 °C absinken. Und zur selben Zeit können in Alaska mildere Temperaturen bis -10 °C auftreten.
Ähnlich können die Sommermonate unterschiedlich verlaufen. Denn, wie oben bereits dargestellt, ist der Sommer in Alaska relativ mäßig und erreicht eine Höchsttemperatur von +12,6 °C. Im Sibirischen Teil, mit eisigen Wintern, können die Sommertemperaturen allerdings bis zu +30 °C steigen.
Am Beispiel der russischen Stadt Irkutsk lassen sich diese Schwankungen gut zeigen.
Die rote Linie zeigt die Temperaturamplitude an. Es handelt sich somit um einen Mittelwert für den jeweiligen Monat. Die Streupunkte darum, welche wie ein rosa Schlauch aussehen, sind die tatsächlichen Werte. Der kälteste Monat ist demnach der Januar mit einer Durchschnittstemperatur von -19,3 °C. Am kühlsten Tag im Januar wurden Minimaltemperaturen von -24,1 °C erreicht.
Der wärmste Monat ist der Juli mit einer Durchschnittstemperatur von +17,8 °C. Die höchste Temperatur in diesem Juli-Monat lag bei +24,1°C.
Die Stadt Irkutsk liegt im Inneren des Kontinents. Sie liegt somit in der hochkontinentale Subzone der Borealen Zone. Und dort kann es zu diesen enormen Temperaturdifferenzen innerhalb eines Jahres kommen. Im südlichen Alaska oder auch in Norwegen, welche zur ozeanischen Subzone gehören, sind die Sommer kühler, dafür kürzer. Allerdings sind die Winter auch milder.
Boden der borealen Zone
Die Landschaften der borealen Zone sind flach und eben. Hügellandstriche kommen vereinzelt vor. Die Landschaften sind zudem sehr alt und unverändert. Dadurch bildeten sich sogenannte Kontinentalschilde, welche die Landschaft abdecken und nun eine starre Erdkruste bilden. Dies verhindert die Herausbildung von Gebirgslandschaften.
Durch Winde und Niederschlag werden Gesteinsmengen abgetragen. Ist diese Erosion andauernd, sinkt somit der Höhenunterschied einer Region. Man spricht hier von Reliefenergie (Höhenunterschied zwischen Gebirgen), welche in der borealen Zone sehr gering ist.
In den kontinentalen Gebieten, wie etwa in Mittel und Ostsibirien, kommt es zu einer Bildung von Permafrost. Der Dauerfrost schützt den Unterboden, wodurch wenig bis kein Wasser einsickern kann. Zwar taut der Oberboden in den Sommermonaten bis zu einer bestimmten Tiefe auf, jedoch wird der Unterboden durch die tiefsitzende Eisschicht versiegelt. Das Tauwasser sickert hindurch und staut sich lediglich an den oberen Bodenschichten.
Sobald der Winter einbricht, gefriert dieses Tauwasser und dehnt sich dementsprechend aus. Dadurch bilden sich Senken und Wälle. Durch das ständige Tauen und Gefrieren bleibt der Boden in Bewegung. Und durch diese andauernden Bodenbewegungen, welche man Kryoturbation nennt, bilden sich sogenannte Frostmusterböden. Diese Bodenart kennzeichnet sich durch verschiedene Muster an ihrer Oberfläche aus, welche durch den anhaltenden Gefrier-Tau-Vorgang entstanden sind.
Dabei wird die Bodenbildung vor allem durch die Vegetation bestimmt. Denn in einem Wald kommt immer weniger Wärme auf dem Boden an, als auf einer Rodungsfläche, einer Wiese oder einem Moor. Die Baumkronen fangen somit die meiste Sonnenenergie bereits ab, was dazu führt, dass vereiste Böden auch im Sommer kaum auftauen.
In der borealen Zone, welche sich durch kalte Temperaturen und viel Nadelwald auszeichnet, besteht somit in weiten Teilen dieser Permafrostboden. Dies führt auch zu Staunässe in tiefen Bodenschichten. Deshalb kommt es in den feuchteren Gebieten der ozeanischen Subzonen zu sogenannten Podsolen. Es handelt sich dabei um Bleicherde oder Grauerde, welche kaum Mineralien bereitstellt.
Der geringe Nährstoffgehalt des Bodens kommt dadurch zustande, da der Dauerfrost das Einsickern oder Zersetzen verhindert. Sobald organische Materie auf den Boden fällt, wird sie üblicherweise von Zersetzern (Bakterien, Pilze) zersetzt. Die zersetzten Überreste werden dann als Mineralien auf den Boden abgegeben, verbinden sich mit Regenwasser und versickern demnach. Da der Dauerfrost dieses Versickern in die tieferen Schichten verhindert, fehlen dem Boden gewisse Nährstoffe.
Auf der Oberfläche so eines Bodens bildet sich dann ein Rohhumus, aufgrund der Zersetzung und dem fehlenden Abtransport. Die freigesetzten organischen Säuren, welche bei der Zersetzung entstehen – können nicht in die tiefere Bodenschichten eindringen, wodurch der Oberboden säuert.
Der Boden in einigen Gebieten der borealen Zone ist somit übersäuert, ausgehärtet, wasserundurchlässig und nährstoffarm. Durch die tiefsitzenden Eisschichten ist er zudem noch wasserarm. Außerdem ist es für längere Pflanzenwurzeln schwierig, tief in den Boden einzudringen, da auch hier die Eisschicht stört.
In einigen Regionen ist das Untergesteins des Bodens aber derart basenhaltig, dass sich die Übersäuerung ausgleicht. Demnach kommt es nicht zur Podsolierung (Bleicherde). Dennoch sickern die zersetzten Mineralien nicht ab und es bildet sich eine mäßige Streuauflage. Diesen Bodentyp nennt man Cambisol.
Falls das Tauwasser, aufgrund der Dauereisversiegelung, nicht abfließt und das zurückgestaute Grundwasser eine gewisse Höhe erreicht hat, kommt es zur Ausbildung von Stauseen. Diese nennt man in diesen Gebieten Alass und Thermokarst.
Bilden sich keine Stauseen, da der Wassergehalt noch nicht groß genug ist, bildet sich an der Oberfläche des Bodens Torf. Dieser Torfboden besteht aus abgestorbenen Pflanzenteilen, welche sich stapeln. Ab einer Höhe von 30 cm nennt man diesen Torfboden dann Moor.
Typische Bodenschichten der borealen Zone sind:
- Palsa (Mehrzahl Palsas): Diese ovalen Bodenerhebungen entstehen durch den Permafrost und der wiederkehrenden Ausdehnung des Unterbodens.
- Podsol: Die Bleicherde bzw. graue Erde, welche besonders nährstoffarm ist. Dieser Bodentyp entsteht, wenn zersetzte Mineralien nicht absinken können und der Boden dadurch übersäuert.
- Cambisol: Ist das Grundgestein des Bodens sehr basenhaltig, wird der Übersäuerung entgegengewirkt. Es bildet sich dennoch ein nährstoffarmer Boden, aufgrund des fehlenden Absickerns.
- Frostmusterböden oder als Thufure bezeichnet
- Aapamoore und Strangmoore
- Thermokarst und Alass: Stauseen aufgrund des unterirdischen Dauerfrostes
Vegetation der Borealen Zone
Nördlich der borealen Zone verläuft die sogenannte Baumgrenze. Das bedeutet, dass weiter nördlich keine Bäume mehr wachsen. Weiter südlich beginnt dann die Waldtundra als erstes Gebiet der borealen Vegetation. Insgesamt kann man die Vegetation der borealen Zone in 5 Ebenen gliedern:
- Nördliche Taiga bzw. Waldtundra: Übergang von Wald in waldloses Gebiet
- Mittlere Taiga: Boreale Nadelwälder, da diese weniger Nährstoffe brauchen
- Südliche Taiga: Boreale Mischwälder, mit wenig Laubholzanteil
- Gebirgstaiga mit hauptsächlich Nadelwäldern
- Kalttemperierte Regenwälder, welche viel Biomasse produzieren – die allerdings durch den Dauerfrost nur schwer einsickert. Diese Form findet man hauptsächlich in Westkanada und Südost-Alaska.
Die Baumdichte nimmt von Norden nach Süden zu. Stehen unmittelbar hinter der Baumgrenze kaum Bäume, finden sich in der südlichen Taiga bereits Mischwälder aus Laub- und Nadelgehölzen. In der Waldtundra findet man vor allem noch lichte Flechtenwälder, da diese robuster gegenüber der Kälte sind. Die Phytomasse, welche diese produzieren, liegt unter 100 t/ha.
Als Phytomasse wird die Biomasse bezeichnet, welche Pflanzen oder auch abgestorbene Pflanzen produzieren. Diese Phytomasse sinkt auf den Erdboden wird durch Bakterien zersetzt und dadurch gelangen neue Mineralien in den Boden und reichern diesen an.
Ist die Phytomasse dementsprechend gering, wirkt sich dies nachteilig auf die Pflanzen eines Waldes aus. Die bestehenden Pflanzen können somit kaum oder nur sehr schlecht gedeihen. Weiter südlich nimmt die Phytomasse je Hektar deutlich zu. Hier beträgt diese 300 t/ha.
Erschwerend kommt hinzu, dass die Vegetationsperiode der borealen Zone in vielen Regionen nur 3 bis 5 Monate beträgt. In dieser kurzen Zeit muss die Pflanze wachsen und sich entfalten. Danach fällt sie in eine Vegetationsruhe, ähnlich wie der Winterschlaf bei manchen Tierarten.
Dieser Umstand setzt Pflanzen unter Druck. Denn in der kurzen Phase des Wachstums müssen sie ihre Wurzelsysteme in einem durch Eis verengten Boden ausbilden. Dieser territoriale Kampf hat für die Pflanzen in diesem Jahr und in den nächsten Jahren gewisse Folgen. Denn sie benötigt möglichst viele Mineralien aus dem Boden, um in der nächsten Vegetationsphase zu gedeihen. Demnach muss jede Pflanze möglichst viel Boden beanspruchen und ihre Wurzeln in die Tiefe graben.
In der Borealen Zone bilden Nadelwälder und Moore die häufigste Flora. Beides hat seinen Grund im Permafrostboden. Denn die Moorlandschaften bilden nur Gräser aus, welche nicht so tief in den Boden eindringen müssen – um an Mineralien zu gelangen.
Laubbäume müssen ebenfalls tiefere Wurzeln ausbilden als Nadelbäume. Denn die Blätter, deren Wasserkreislauf und die jährliche Neubildung kostet dem Laubbaum enorm viel Energie. Dadurch entsteht ein Konkurrenzkampf vor allem im unterirdischen Wurzelsystem. Die Bäume müssen tief ins Erdreich eindringen, um an möglichst viele Mineralien zu gelangen.
Die Nadelbäume besitzen ein viel geringeren Energiehaushalt und müssen demnach auch keine so tiefen Wurzelsysteme ausbilden. Deshalb können Nadelbäume auch an kälteren Stellen wachsen, an denen Laubbäume keine Überlebenschancen hätten.
Die Nadelbäume der borealen Zone sind meistens monodominant und beschränken sich demnach nur auf ein paar Gattungen: Fichte, Tanne, Lärche und Kiefer bilden hier die Hauptgattung. Die Bäume werden durch den Wind bestäubt
Mit 20 Metern erreichen die Pflanzen vergleichsweise niedrige Wuchshöhen. Denn der eigentliche Konkurrenzkampf findet nicht um Lichtenergie, sondern um Mineralien statt. Und deshalb überleben vor allem die Baumarten, deren Wurzelsysteme für diesen nährstoffarmen Boden geeignet sind.
In der borealen Zone findet man den charakteristischen Stoffwerksaufbau der Wälder vor. Von oben nach unten wären dies:
- Baumschicht
- Strauchschicht
- Krautschicht
- Moosschicht
In Asien dominiert die Dahurische Lärche (Larix gmelinii) weite Teile Sibiriens und deren Baumschicht. Diese Lärchenart pflanzt sich hauptsächlich durch Windbestäubung fort. Die Bestäubung erfolgt im Mai bis Juni und Samenreife im September. Dadurch ist sie optimal auf die klimatischen Verhältnisse der borealen Zone angepasst.
In der tiefersitzenden Strauchschicht gibt es zudem einige Laubholzgewächse. Hauptsächlich sind dort Birken, Weiden oder Erlen zu finden. Einige Strauchgewächse dieser Schicht sind die Mehlbeere, Schneeball oder das Heidekraut. Diese verbreiten sich auch durch Tiere, welche die Früchte fressen und den Samen anderswo wieder ausscheiden.
Typisch für die boreale Zone sind auch Moose und Flechte, welche am Boden wachsen. Pilze, welche mit den herumstehenden Bäumen eine Symbiose eingehen (Mykorrhiza) gehören ebenfalls zur Krautschicht. Dabei heften sich die Myzel (Wurzelgeflecht der Pilze) an die Wurzeln der Bäume. Das feine Myzelsystem des Pilzes kann in entlegenen Erdschichten eindringen und dort Mineralien beziehen. Diese gibt der Pilz dann an den Baum weiter und erhält im Gegenzug organische Materie zurück, welche er für seinen eigenen Stoffwechsel benötigt.
Mit 20 % bis 30% gehören Moore und deren Vegetation zu weit verbreitenden Landtypen der borealen Zone. Denn durch den stark ansteigenden Wasseranteil, aufgrund des Dauerfrostes, können abgestorbene Pflanzenteile nur schwer abtransportiert werden. An den Erhebungen der Moore, auch Bulten genannt, wachsen Kräuter und kleinere Holzpflanzen. Größere Bäume können hier aufgrund ihres tiefgehenden Wurzelsystems nicht gedeihen.
Bedeutung von Waldbränden in der borealen Zone
Durch Naturkatastrophen, wie Brände oder Stürme, sterben sehr viele Pflanzen schlagartig. Dadurch erreichen nur wenige Pflanzen ihr biologisches Höchstalter. Dies hat allerdings Vorteile.
- Der Boden ist dadurch frei und die Sonnenenergie kann den Waldboden auch in tieferen Schichten auftauen.
- Die toten Pflanzen oder auch deren Asche bieten enorm viel Mineralien für kommende Generationen
Diese Katastrophen sind somit ein Verjüngungsprozess für den Wald, welcher in regelmäßigen Abständen stattfinden muss. Gerade in den nördlichen Regionen der borealen Zone ist dies wichtig, da hier kaum Phytomasse produziert wird.
Hier bilden sich, nach einem Brand, zuerst Laubhölzer und Sträucher zurück. Im ersten Regenerationsstadium entstehen so Pappeln oder Birken. In späteren Entwicklungsstadien entstehen immer mehr Nadelhölzer, welche mit dem Permafrostboden besser klarkommen und Laubhölzer verdrängen.
Die Baumdichte der borealen Zone steigt irgendwann derart an, dass es zu keinem neuen Wuchs kommen kann. Die Naturkatastrophen, wie Brand oder Sturm setzen wieder ein und der Kreislauf beginnt erneut.
Tierwelt in der borealen Zone
Der Bestand an Tieren ist äußerst gering. Denn die Nadelwälder und Moorlandschaften bieten keine ausreichenden Nahrungsquellen. Weiter südlich kommt es dann zu sporadisch auftretenden Laub- und Mischwäldern. Diese bieten für Elche und Schneehasen ein geeignetes Territorium.
Durch die Ansiedlung dieser beiden Pflanzenfresser kommen auch Raubtiere in diesem Gebiet vor. Und so findet man vereinzelte Braunbären, Luchse, Marder und Vielfraße vor. Viele der hier ansässigen Säugetiere halten Winterschlaf und können so den rauen Lebensbedingungen entgehen.
Lurche und Kriechtiere fehlen weitestgehend, wodurch auch die entsprechenden Vögel fehlen, welche diese jagen würden. Einige Vogelarten haben sich dennoch angesiedelt, ziehen allerdings im Winter in wärmere Regionen um.
Tote Biomasse wird meistens durch Pilze zersetzt, da Bodentiere – aufgrund der Bodenkälte und Moorlandschaft, ebenfalls fehlen.
Bodenschätze, Ressourcen und Landschaftsnutzung der borealen Zone
90 % des weltweiten Bedarfs an Papier- und Schnittholz werden aus dieser Ressource gedeckt. Daneben finden auch Honiggewinnung und Harzabbau statt. Pelztierjagd und Abbau von Torf finden ebenfalls vereinzelt statt, bilden aber keine lukrativen Ressourcen.
Die schwierigen Rahmenbedingungen machen allerdings kommerzielle Nutzung weitestgehend kostspielig, so dass die größte Ressource der Region das Holz bleibt.
Aber auch die Forstwirtschaft hat hier Probleme. Denn die Wuchsleistung der Bäume fällt unter den klimatischen Bedingungen äußerst gering aus. Weiterhin sind die Größe und Ausdehnung der borealen Wälder ein Problem, da sich Transportwege nicht verringern lassen. Dies wiederum kostet Zeit und Geld.
Gerade im Norden sorgen die lichten Baummassen, der nährstoffarme Boden und die hohen Schneedecken für eine geringe Baumqualität. Diese Holzqualität ist dann nicht robust genug zum Bauen. Somit eignet sich dieses Holz lediglich zur Papierherstellung oder zum Verbrennen.
Der gesamte boreale Raum ist angefüllt mit Bodenschätzen. In Sibirien existieren circa 100 Billionen m³ Erdgas, was die Region zum größten Erdgasspeicher der Erde macht. Dieser Bodenschatz ist eines der wichtigsten Exportgüter Russlands und sorgt dafür, dass einige Transitgeschäfte mit Europa aufrechterhalten werden. Eisenerz und Steinkohle zählen ebenfalls zu Sibirien lukrativen Exportgütern.
Kanada besitzt die weltgrößten Uran- und Pottaschevorkommen der Welt. Neben diese beiden Bodenschätzen gehört Kanada auch bei der Nickel-, Gold-, Diamanten-, Kupfer und Zinkexport zur Weltspitze.
Quellen
- Jürgen Schultz: Die Ökozonen der Erde, ISBN 978-3825215149*
- G. Grabherr: Farbatlas Ökosysteme der Erde, ISBN 3-8001-3489-6*
- J. Schultz: Handbuch der Ökozonen, ISBN 3-8252-8200-7*
- M. Richter: Vegetationszonen der Erde, ISBN 3-623-00859-1*
- U. Treter: Die Borealen Waldländer, ISBN 314160312X*