Skip to main content

Die Bedeutung des Akkumulationsregime in der Regulationstheorie


Der Begriff „Akkumulationsregime“ stammt aus der sogenannten Regulationstheorie. Mithilfe der Regulationstheorie wird beschrieben, dass der Kapitalismus als Wirtschaftsordnung die Anhäufung von Kapital und Produktionsmitteln (Akkumulation) erzwingt. Als Akkumulationsregime wird in diesem Zusammenhang die Organisation der Produktion und deren Kapitalflüsse bezeichnet. Das schließt die Mehrwerterzeugung, Entlohnung, Verteilung, die Staatsquote und deren Flexibilität mit ein.

Rückwirkend kann die Akkumulation einem bestimmten Typus zugeordnet werden. Im Laufe der letzten Jahrhunderte und Jahrzehnte haben sich unterschiedliche Arten von Akkumulationsregimen herausgebildet. Darunter zählt die handwerkliche Einzelfertigung vorindustrieller Zeitrechnung (bis 1850), die kleinindustrielle Sonderfertigung (bis 1923), die großindustrielle Massenproduktion (bis 1975) auch als fordistisches Akkumulationsregime bekannt sowie das postfordistische Regime (ab 2006) nach den Grundsätzen des Neoliberalismus.

Was beschreibt die Regulationstheorie?

Die Regulationstheorie ist ein politisch-ökonomischer Ansatz, der versucht Stabilitätsphasen innerhalb unserer kapitalistischen Wirtschaftsordnung zu erklären. Der zuvor viel herangezogene strukturelle Marxismus war nicht in der Lage zu erläutern, warum sich stabile Strukturen im Kapitalismus herausbilden und über lange Zeit halten, aber diese anschließend regelhaft durch tiefgreifende Krisen zusammenbrechen. Dabei werden drei große Kernbereiche betrachtet: die staatliche Herrschaft (hegemoniale Struktur), die materielle Produktion (das Akkumulationsregime) und die Ideologie (der Regulationsmodus).

Die drei Achsen der Akkumulationsregime

Nach Joachim Becker lassen sich Akkumulationsregime anhand von drei Achsen charakterisieren:

  1. die extensive oder die intensive Akkumulation,
  2. die extrovertierte oder die introvertierte Akkumulation und
  3. der Fokus auf das industrielle Kapital oder auf das Finanzkapital

Die extensive und die intensive Akkumulation

Die extensive Akkumulation beruht auf der Generierung eines Mehrwertes durch die Ausweitung der Lohnarbeiterzahl, ihrer Arbeitszeit oder mithilfe einer Reallohnsenkung. Dem gegenüber steht die Intensive Akkumulation. Sie basiert auf der Herstellung eines relativen Mehrwerts durch Erhöhung der Arbeitsproduktivität und der Lebensqualität der Angestellten. Verbessern sich die Lebensverhältnisse steigt die Kaufkraft der Lohnempfänger, die daraufhin mehr konsumieren.

Die extensive Akkumulation ist stets durch das auf dem Markt verfügbare Arbeitskräftepotenzial, die maximalen Arbeitszeitgrenzen und das Mindestmaß an Bezahlung zur Erhaltung eines Existenzminimums der Arbeitskräfte begrenzt.

Im Gegenzug ist die Beschränkung der intensiven Akkumulation nicht ganz so offensichtlich. Ihr Potenzial ist wesentlich größer. Intensive Akkumulation hängt von der Maximierung der Arbeitsproduktivität ab. Diese wird durch neue Technologien oder durch eine innovative Arbeitsorganisation erreicht. Außerdem müssen die Reallöhne der Arbeitskräfte linear zur Arbeitsproduktivität wachsen. Steigt die Produktivität schneller an als die Löhne, ist die Gefahr einer Überproduktion gegeben. Wachsen die Löhne der Arbeiter schneller als die Produktivität, verringert sich der Profit.

Die extrovertierte und die introvertierte Akkumulation

Das Akkumulationsregime eines Staates kann extrovertiert (nach außen) oder introvertiert (innerstaatlich) ausgerichtet sein. Während Deutschland als Global Player derzeit extrovertiert ausgerichtet ist und als große Exportnation gilt, gibt es auch Staaten wie zum Beispiel Nordkorea, die ihr Akkumulationsregime auf den Binnenmarkt ausrichten.

Der Fokus auf das industrielle Kapital oder das Finanzkapital

In dem Kreislauf des industriellen Kapitals nimmt das Kapital nach der Reihe die Gestalt des Geldkapitals, Produktivitätskapitals und des Warenkapitals an. Zunächst wird das Geldkapital von Investoren geliefert, damit Arbeitskräfte und Produktionsmittel gekauft werden können.

Anschließend wird der Produktionsprozess in Gang gesetzt. Hierdurch wird das Geldkapital in produktives Kapital umgewandelt. Es werden Waren produziert und damit Warenkapital hergestellt. Die Waren müssen daraufhin auf dem Weltmarkt verkauft werden, wodurch ein Mehrwert generiert wird. Das Warenkapital wird in Geldkapital transformiert und schlussendlich reinvestiert. Der Prozess beginnt von Neuem.

In dem Kreislauf des Finanzkapitals verleihen Kapitalisten ihr Geldkapital oder investieren es in Wertpapiere, um einen Mehrwert in der Form Dividenden, Zinsen oder Kursgewinnen zu erzielen. Damit beschreibt dieser Kreislauf eine eigenständige Zirkulationsfigur. Dennoch sind beide Kreisläufe voneinander abhängig.

Das fordistische Akkumulationsregime

In der Rückschau ist insbesondere das fordistische Akkumulationsregime von herausragender Bedeutung für die kapitalistische Gesellschaftsordnung gewesen. Mit diesem Regime wurden standardisierte Produkte wie beispielsweise das „T5-Automodell“ in Massen produziert und es konnte die Vollbeschäftigung sowie ein hohes Lohnniveau erreicht werden.

Die gute Entlohnung der arbeitenden Bevölkerung steigerte die Kaufkraft. Angestellte bei Ford konnten sich durch ihr gutes Gehalt die Güter ihres Arbeitsgebers leisten. Durch ihre Käufe wurde die Produktion weiter angekurbelt (positive Rückkopplung). Im Laufe der 1970er kam das fordistische Akkumulatiosregime nach Expertenmeinung in eine tiefgreifende Krise, was für einen Regimewechsel spricht.

Das postfordistische Akkumulationsregime als Novum

Heutzutage sind die warenmäßigen Bedürfnisse der Gesellschaft größtenteils gedeckt. Die Menschen verfügen über Autos, Kühlschränke, Fernseher und Telefone. Einige Wissenschaftler sprechen daher von einem nunmehr postfordistischen Akkumulationsregime.

Die Charakterisierung dieses neuen Regimes ist höchst umstritten und nicht abschließend geklärt. Auf der einen Seite sprechen Experten von der prägenden Rolle der Informations- und Kommunikationstechnologien sowie der Biotechnologie, auf der anderen Seite von den Veränderungen im Finanzsektor.

Engelbert Stockhammer beschreibt in seinem Aufsatz die Charakteristika eines finanz-dominierten Akkulumationsregimes in Europa, das durch die Deregulierung des Finanzsektors in Folge des Neoliberalismus entstanden ist. Unsere heutige Gesellschaft zeichnet sich durch angehäufte Schulden privater Haushalte aus, die durch den Zugang zu beträchtlichen Krediten ermöglicht worden sind.

Die Kredite steigern zwar zunächst die Konsumausgaben und kurbeln die Produktion an. Da die Kredite aber auch getilgt werden müssen, besteht eine erhöhte Insolvenzgefahr, sodass Finanzkrisen wahrscheinlich sind. Andererseits steigen die Investitionsausgaben der Unternehmen in Anbetracht der Share-Value-Orientierung sowie einer allgemeinen Unsicherheit nur verhalten.

Insgesamt hat die Deregulierung des Finanzmarktes zu einer Erhöhung von Kapitalströmen geführt. Das hat zur Folge, dass die Volatilität der Wechselkurse – der Schwankungsbereich – zunimmt, was schwere Wechselkurskrisen fördert. Nichtsdestotrotz bleiben die Staatsquoten hoch. Damit wird die Wirtschaft wiederum stabilisiert.

Schlussendlich zeichnet sich das finanz-dominierte Akkumulationsregime durch niedrige Wachstumsraten und häufige Wechselkurskrisen aus. Die negativen Auswirkungen der Deregulierung des Finanzmarktes sind damit klar spürbar. Es ist mithin wünschenswert, wenn bald ein Regimewechsel zur Veränderung führt.


Über den Autor

wissen
Folge Sciodoo und bleibe stets auf dem Laufenden. Schließ dich uns an und abonniere unseren Instagram-Kanal ein. Wir stellen täglich neue Artikel für dich rein.
Weiter zum Kanal>>>