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Die 6 großen Epochen des Hinduismus und deren kleinere Phasen


Vorläufer des Hinduismus entstanden weit vor 1750 v. Chr. auf dem indischen Subkontinent. Über die folgenden Jahrhunderte entwickelten sich mehrere hinduistische Strömungen, die in jüngerer Vergangenheit stark durch den Islam und das Christentum beeinflusst wurden.

Epochen des Hinduismus

Die Geschichte des Hinduismus lässt sich in sechs Epochen unterteilen. Einige davon können noch weiter unterteilt werden. Dabei ändert sich die Religion aber nur so wenig, dass diese Unterteilungen keine eigene Epoche, sondern eher Phasen bilden.

1. Epoche: Vorvedische Religionen

Die erste Epoche des Hinduismus umfasst seine Entstehung. Sie endet um 1750 v. Chr. Über das religiöse Leben der Menschen der Frühsteinzeit ist kaum etwas bekannt. Überliefert sind Waffen, bemalte Tongefäße und Kupfer- sowie Bronzestücke.

Allgemein nimmt man an, dass die Mundas, Dracidas, Harappa und Mohenjo-Daro, wie die indischen Urvölker heißen, eine Muttergottheit verehrten. Diese könnte die Urform der späteren Durga oder Shakti aus dem Hinduismus sein. Hinzu kommt ein männlicher Gegenpart, der wohl später zu Pashupati und noch später zu Shiva wurde. Ob er aber tatsächlich jetzt schon verehrt wurde, ist fraglich.

Sehr wahrscheinlich führten die Menschen dieser Zeit rituelle Waschungen durch. Solche Waschungen sind bis heute ein wichtiger Teil des Hinduismus.

Diese drei Aspekte, die Muttergottheit, der männliche Gott und die rituelle Waschung, sind für einige Forscher eindeutige Zeichen für die Entstehung des heute bekannten Hinduismus.

In den weit entwickelten Stadtkulturen dieser Völker lebten bis zu 40.000 Menschen in Häusern aus gebrannten Ziegeln. Sie verfügten über Straßen, Bewässerungssysteme und ernährten sich über den Ackerbau und die Haltung von Rindern, Schafen und Ziegen. Letzteres wurde nur dadurch möglich, dass der Ackerbau reichlich Überschüsse lieferte. Das zeigt sich auch in großen Kornspeichern.

Vermutlich pflegten die Städte Handelsbeziehungen in den Mittleren Osten. Gehandelt wurden beispielsweise Vasen und andere Gefäße aus Terrakotta und Ton. Diese waren teilweise mit Göttern bemalt. Es ist allerdings nicht bewiesen, dass es sich bei den Bildern tatsächlich um Götter handelt. Wenn es so ist, verehrten die Menschen der Frühsteinzeit um den Indus allerdings auch schwangere Gottheiten. Das verstärkt die Annahme, dass es zu dieser Zeit bereits Fruchtbarkeitskulte im heutigen Indien gab. Zudem erhöht es die Wahrscheinlichkeit, dass der männliche Gott als Gegenpart zur Muttergottheit verehrt wurde.

Insgesamt spielten wohl Muttergottheiten, Fruchtbarkeitskulte, Animismus (Glaube an die lebendige Seele), Dämonenkulte und die Verehrung von Naturgewalten große Rollen in dieser Zeit. Sie alle würden die Religion später prägen.

2. Epoche: Vedische Religion

Die zweite Epoche wird in drei Phasen unterteilt. Insgesamt umfasst sie den Zeitraum von 1750 bis 500 v. Chr.

Vor 1750 v. Chr. brach die Indus-Kultur zusammen. Anschließend entstanden vier religiöse Schriften, die sogenannten Veden. Diese Veden heißen Rigveda, Samaveda, Yajurveda und Atharvaveda. Sie werden bis heute im Hinduismus als unantastbar akzeptiert. Dem Glauben nach existieren sie seit Anbeginn der Zeit und sind nicht von Menschen geschrieben. Je nach Glaubensrichtung werden weitere Schriften hinzugefügt. Die vier Veden sind aber Teil jeder Richtung.

Der Rigveda besteht aus Hymnen, die Götter wie Agni, Indra, Soma und Vischnu preisen. Insgesamt herrscht jedoch eine pessimistische Grundstimmung. Das Leben auf der Erde wird als leidvoll beschrieben. Naturkräfte und die Elemente sind göttlich. Schon hier tritt die Reinkarnation als wichtiger Bestandteil hervor. Außerdem setzt sich der Text mit der hohen Anzahl der verehrten Götter auseinander. Es wird die Frage nach dem Grund hierfür gestellt.

Der Samaveda übernimmt die Hymnen der Rigveda größtenteils. In ihr entwickelt sich zudem das Kastenwesen.
Der Yajurveda enthält Opfersprüche, die während eines Opfers vom Priester gesprochen werden. Zusätzlich beschreibt sie Rituale und gibt Hinweise, wie diese korrekt durchzuführen sind.

Der Atharvaveda besteht aus magischen Texten, die das Wetter beeinflussen, Dämonen besänftigen und Feinde abwehren sollen.

2. Epoche: Vedische Religion: Frühvedische Phas

Die Frühvedische Phase umfasst den Zeitraum von 1750 bis 1200 v. Chr. Sehr wahrscheinlich drangen zu Beginn dieser Phase indoiranische Viehnomaden unterschiedlicher Stämme nach Indien. Bewiesen ist diese Einwanderung nicht. Aber es ist auffällig, dass sich archäologische Funde aus dieser Zeit stark von den älteren unterscheiden. Vermutlich kam es also irgendwie zu einer Einwanderung fremder Menschen, die ihre eigene Kultur mitbrachten.

Diese Einwanderer brachten die Veden mit, auf die sich auch der Großteil des Wissens über diese Zeit stützt. Sie lebten zunächst nomadisch und halbnomadisch. Erst mit der Zeit wurden sie sesshaft. Aus der Zeit als Nomaden ist so gut wie nichts überliefert.

In dem Rigveda schrieben die Einwanderer, die sich selbst als Arier bezeichneten, ihre Vergangenheit und Merkmale ihrer Kultur nieder. So verehrten die Arier einen Göttervater namens Dyaus Pita und eine Göttermutter namens Aditi. Diese beiden hatten mehrere Kinder, die zusammengefasst als „Aditas“ (übersetzt „Söhne der Aditi“) oder „Devas“ (übersetzt „Himmlische“) bezeichnet wurden.

Besonders wichtig waren Nahrungsopfer. Diese sollten die Götter stärken, was die kosmische Ordnung schützte. Diese Opfer fanden unter freiem Himmel oder in einfachen Hütten statt. Richtige Tempel gab es in der Frühvedischen Phase nicht.
Ein Bestandteil der Opfer war der Rauschtrank Soma. Wie genau dieser zusammengesetzt ist, ist bis heute nicht geklärt. Er ist wohl pflanzlichen Ursprungs. Welche Pflanzen darin enthalten sind und ob es tatsächlich mehrere sind, ist nicht bekannt.

2. Epoche: Vedische Religion: Mittelvedische Phase

Die Mittelvedische Phase reicht von 1200 bis 850 v. Chr. Zu dieser Zeit waren die Arier bereits bis ins obere Gangestal vorgedrungen. Dort wurden sie teilweise sesshaft, bildeten Staaten mit Stammesoberhäuptern und Priestern.

Das Opferwesen, das bereits in der Frühvedischen Phase wichtig war, wurde noch bedeutender. Die wichtigste Änderung dabei ist, dass die Priester die Götter nun nicht mehr um Hilfe baten, sondern darum verlangten. Das Opfer, das sie ihnen darbrachten, sollte die Götter zwingen, den Priestern zu gehorchen. Dadurch erhielten diese eine unvorstellbare, gesellschaftliche Macht.

Die Priester der Mittelvedischen Phase nannten sich Brahmanen. Diese Bezeichnung geht auf einen Mythos aus dem Rigveda zurück.
Im 10. Buch geht es um die Entstehung der Kasten. Dabei bringt der göttliche Urriese Purusha ein Opfer dar, wodurch aus ihm die Kasten entsprangen: Die Brahmanen aus seinem Mund, die Kshatriya aus seinen Armen. Die Vaishya entsprangen seinen Schenkeln und die Shudra seinen Füßen.

Die Brahmanen sind die Priester, die Kshatriya die Fürsten, Vaishya sind Händler und Bauern, Shudra sind Handwerker und Diener. In dieser Reihenfolge nimmt auch ihr Ansehen ab.

Indem die Priester sich selbst als Brahmanen bezeichneten, erhoben sie sich also in die oberste Kaste. Während der Mittelvedischen Phase wuchs ihr Einfluss immer weiter.

2. Epoche: Vedische Religion: Spätvedische Phase

Die Spätvedische Phase umfasst den Zeitraum zwischen 850 und 500 v. Chr. In dieser Zeit festigte sich das Kastensystem und zentralisierte Königtümer entstanden.

Der Veda wurden rituelle Anweisungen hinzugefügt. Die Texte heißen Brahmanas. Direkt danach folgen die Aranyakas, die „Waldtexte“, die von Ritualen handeln, die Brahmanen in der Waldeinsamkeit durchführen. Auf diese Texte stützen sich die Upanishaden, später entstandene Deutungen, die eigentlich nur für Religionsschüler gedacht gewesen waren.

Die Spätvedische Phase brachte zwei Veränderungen für den entstehenden Hinduismus mit sich: Die Lehre von Brahma und Atman und die Wiedergeburtslehre.

Brahma ist die Schöpfung von allem, was existiert. Er ist zu Beginn dieser Phase kein personifizierter Gott. Atman bezeichnet das individuelle Selbst. Beide sind untrennbar miteinander verbunden. Das Ziel des Lebens sollte sein, diese Verbindung, bzw. Einheit von Brahma und Atman, zu erkennen.

Dafür sollen die Menschen meditieren und Yoga studieren. Yoga umfasst im Hinduismus viel mehr als Stärkungsübungen für den Körper. Es handelt sich um eine eigene philosophische Richtung.

Indem Brahma so hoch gehoben wurde, vollzog sich ein Systemwechsel im Hinduismus: Die anderen Götter mussten sich Brahma und Atman unterordnen.

Mit der Wiedergeburtslehre verbunden ist die Lehre der Tatenfolgen, dem Karma. Karma bedeutet, dass jeder Mensch sein Schicksal durch seine Taten selbst bestimmt. Verhält er sich rechtschaffend, wird sein nächstes Leben glücklich sein. In einem kranken Körper wiedergeboren zu werden, ist ebenfalls eine Folge von schlechten Handlungen im vorherigen Leben.

Beim Karma gibt es keinen Gott, der Gerechtigkeit übt. Jeder Mensch hat sein Schicksal selbst in der Hand.
Mit der Zeit entwickelten die Menschen einen Wunsch nach einem Schöpfergott. Dafür bot sich Brahma an. Da dieser aber über die religiösen Texte nicht belegt werden konnte, entschied man sich für einen bisher namenlosen Gott. Dieser trug den Titel „Herr der Geschöpfe“.

Dieser Schöpfergott wird in den Veda später auch Prajāpati, Purusha, Bhagavān oder Īshvara genannt.

3. Epoche: Asketischer Reformismus

Der Asketische Reformismus umfasst die drei Jahrhunderte von 500 bis 200 v. Chr. In den vergangenen Jahrhunderten hatten sich unterschiedliche Bewegungen gebildet, die sich zum Ziel gesetzt hatten, die vedische Opferreligion zu schwächen. Die Brahmanen genossen noch immer enorm hohes Ansehen. Aber der Individualismus trat immer mehr in den Vordergrund.

Die Menschen wünschten sich einen Weg, aus dem Kreislauf der Geburten auszubrechen. Dafür entwarfen sie Lebensformen, in denen man in völliger Askese abgekehrt von der Welt lebte.

Zwei solcher Bewegungen setzten sich dauerhaft durch: Buddhismus und Jainismus. Sie übernahmen die Wiedergeburts- und Karmalehre und entledigten sich des Rests.

Als Alexander der Große 327 v. Chr. ins Industal kam, waren viele nordindische Könige gezwungen, griechische und skythische Herren anzuerkennen. Dadurch bildeten sich synkretische Kulturen. Das bedeutet, dass die Religionen beider Kulturen miteinander verschmolzen. Dadurch konnte der Hinduismus in Indien fortbestehen.

4. Epoche: Klassischer Hinduismus

Der Klassische Hinduismus war geprägt durch unruhige Zeiten. Dabei ging die Vedische Religion zu großen Teilen verloren, während Indien gleichzeitig in andere Kulturen vordrang.

Über enge Handelsbeziehungen hat sich der Hinduismus im Römischen Reich, Zentralasien und Südostasien ausgebreitet oder ließ sich von dort beeinflussen.

Dabei verbreitete sich der Hinduismus deutlich weiter, jedoch ohne Kriege oder militärische Eroberungen, was außergewöhnlich ist.
Der Klassische Hinduismus lässt sich in drei Phasen unterteilen. Insgesamt erstreckte er sich über den Zeitraum zwischen 200 v. Chr. bis 1100 n. Chr.

4. Epoche: Klassischer Hinduismus: Vorklassischer Hinduismus

Zu Beginn des Vorklassischen Hinduismus steht der Zusammenbruch des Maurya-Reichs in Indien. Abgelöst wurde sie durch die Shunga-Dynastie. Die Phase dauerte von 200 v. Chr. bis 300 n. Chr. an.

Diese Umbrüche führten zu einem Besinnen auf die Tradition. Möglicherweise fehlte den Menschen eine Zeit lang ein Herrscher, der sie führte, sodass sie sich ihrer Religion stärker zuwandten.

Dabei entstanden lokale Gottheiten, die von Priestern einfach ins hinduistische Pantheon aufgenommen wurden. Gleichzeitig gerieten vedische Götter in Vergessenheit. Shiva und Vishnu, die im Veda kaum oder gar nicht erwähnt wurden, entstammen dieser Phase.

4. Epoche: Klassischer Hinduismus: Blütezeit

Die Blütezeit des Klassischen Hinduismus umfasst die Zeit zwischen 300 und 650 n. Chr. An ihrem Beginn steht die Übernahme durch die Gupta-Dynastie. Während die Brahmanen Macht und Wohlstand gewinnen, leidet die vierte Kaste. Auch Frauen werden abgewertet.

So kam es zu dieser Zeit vermehrt zu Witwenverbrennungen. Dabei wird die Frau eines verstorbenen Mannes lebendig mit seiner Leiche auf einem Scheiterhaufen verbrannt. Teilweise entschieden sich die Frauen wohl freiwillig dazu, weil dieser Tod mit hohen Ehren, sogar göttlicher Verehrung, verbunden war. Wiederverheiratung nach dem Tod des Ehemannes war verboten. Außerdem wurden Kinderhochzeiten üblich.

In der Blütezeit setzte sich langsam das Verbot der Rinderschlachtung durch. Die ersten Hindutempel entstanden. Einer davon ist der Durga-Tempel in Aihole. Diese Tempel zogen Pilger aus dem ganzen Land an.

Die Puja entstand. Die Puja ist so etwas wie der hinduistische Götterdienst. Er wird idealerweise täglich verrichtet und gehört somit zum religiösen Alltag. In der Regel wurden hoch angesehene Gäste mit einer Puja begrüßt.
Mit dem Zusammenbruch des Harsha-Reichs um 650 n. Chr. endet die Blütezeit des Klassischen Hinduismus.

4. Epoche: Klassischer Hinduismus: Spätzeit

Die Spätzeit des Klassischen Hinduismus reichte von 650 bis 1100 n. Chr. Sie war geprägt von Kleinkönigtümern, die ständig Kriege führten, sich gegeneinander verbündeten oder den Schutz großer Königreiche suchten.

Diese Spaltungen schlugen sich auch in der Religion nieder: Regionale Unterschiede und Rivalitäten entstanden dadurch.
Lokale Gottheiten waren beliebter. Diese wurden dafür einfach zu Erscheinungsformen Vishnus oder Shivas erklärt. Dadurch entwickelten sich die bis heute bekannten hinduistischen Richtungen Shivaismus, Vishnuismus, Bhakti und der Tantrismus.

Ein einzelner Mann, der den Hinduismus in dieser Zeit prägte, war der Wanderasket Shankara. Er lebte etwa von 788 bis 820 und predigte ein monistisches System. Monismus in eine philosophische Sichtweise auf die Welt. Dabei vertritt der Philosoph die These, dass als Phänomene der Welt auf ein Grundprinzip zurückzuführen sind.

Damit standen seine Lehren im Widerspruch mit dem brahmanischen Ritualismus und dem weiterhin in Indien verbreiteten Buddhismus. Bis heute existiert der Shankaracharya-Orden, der auf seine vier wichtigsten Schüler zurückgeht.

5. Epoche: Sekten-Hinduismus und islamisch-hinduistischer Synkretismus

In dieser Epoche wurde der Hinduismus stark durch den Islam, später auch durch das Christentum, geprägt. Andersherum fand dieser Eingriff weniger statt. Vermutlich hängt das mit dem Aufbau der Religionen zusammen. Sowohl Christentum als auch Islam sind streng monotheistische Religionen.

Insgesamt vermischten sich die Religionen in Indien weniger stark als in der Vergangenheit. Die Fremdreligionen nahmen das Kastensystem nicht an und waren schon allein deswegen uninteressant für die Hindus.

Die fünfte Epoche des Hinduismus reicht von 1100 bis 1850 n. Chr. Im Jahr 711 drang der Islam bis in den Sindh, eine pakistanische Provinz. Ab diesem Zeitpunkt war der Islam auf dem indischen Subkontinent allgegenwärtig. Die folgenden Jahrhunderte beschränkte sich der Einfluss auf diesen Bereich. Erst gegen Ende des 11. Jahrhunderts drang der Islam bis in den Punjab, eine frühere Provinz, die 1947 zwischen Pakistan und Indien aufgeteilt wurde.

Hindus und Moslems sind, laut Quellenlage, zu dieser Zeit tief verfeindet gewesen. Man muss jedoch bedenken, dass Geschichtsschreiber ihren Herren verpflichtet waren. Diese verfolgten ganz andere Interessen als die allgemeine Bevölkerung.
Fakt ist, dass sich beide Völker immer wieder angriffen und gegenseitig plünderten.

Muslimische Heere raubten dabei auch hinduistische Tempel aus und zerstörten diese. Dabei ging es sicherlich einerseits um religiöse Unterdrückung. Gleichzeitig gingen damit aber auch Orte verloren, die die hinduistischen Könige stärkten. Es ging also nicht nur um religiöse Unterschiede bei den Kriegen, sondern auch allgemein um Machtausübung.

Den größten religiösen Einfluss übte der Sufismus aus. Der Sufismus ist eine muslimische Strömung mit asketischen Tendenzen und spiritueller Orientierung. Der Sufismus verschmolz in großen Teilen mit Strömungen des Hinduismus. Ein von den Briten durchgeführter Zensus kam 1911 auf 200.000 „muslimische Hindus“. Diese Zahl bezieht sich allein auf die Region Gujarat im Westen des Landes.

In dieser Zeit, etwa im 15. Jahrhundert, bildete sich außerdem der Sikhismus. Dabei handelt es sich um eine monotheistische Religion, die eindeutig vom Islam und Hinduismus geprägt ist. Es wird ein Schöpfergott verehrt, religiöse Riten, wie sie im Hinduismus wichtig sind, werden abgelehnt. Das Kastensystem wird geduldet, weil es zum indischen Alltag gehört. Ihr Ziel ist es, religiöse Weisheit für den Menschen praktisch nutzbar zu machen.

Im 16. und 17. Jahrhundert verstärkte sich der islamische Einfluss weiter. Grund hierfür war die Herrschaft der Moguln auf dem indischen Subkontinent. Großteils erfolgte das Zusammenleben zwischen Hindus und Moslems wohl friedlich. Es kam aber auch immer wieder zu Gewalt gegen Hindutempel.

Der Islam hatte eindeutig eine Vormacht ausgearbeitet. Das führte zu zwei Neuerungen im Hinduismus: Sektenbildung und Historisierung. Die Sektenführer waren charismatisch und schrieben emotionale Texte über ihre Religion. Oftmals wurde sich darin auf die Vergangenheit berufen und diese verherrlicht. Das könnte eine Reaktion auf die Bedrängung durch den Islam sein.

Selbst die Brahmanen schrieben immer mehr historisierende Werke, die ihre Religion so umfangreich wie möglich zusammenfassen sollte.

Als das Mogulreich zusammenfiel, traf die East India Company in Indien ein. Dadurch nahm der islamische Einfluss ab, während der christliche deutlich wuchs.

6. Epoche: Moderner Hinduismus

Der Moderne Hinduismus beginnt um 1850 n. Chr. Ausschlaggebend waren religiös-soziale Reformbewegungen durch europäische Einflüsse in Indien.

Der Moderne Hinduismus lässt sich in zwei Phasen unterteilen: den Neohinduismus und den Missionarischen Hinduismus.

6. Epoche: Moderner Hinduismus: Neohinduismus

Die Reformbewegungen werden als Neohinduismus bezeichnet. Zwei Bewegungen sind dabei besonders hervorzuheben: eine, die Unabhängigkeit von Priestern, Kastensystem und weiteren eigentlich im Hinduismus tief verankerten Punkten verlangt; die zweite Bewegung strebt einen bereinigten Hinduismus an, der frei von westlichen und islamischen Einflüssen ist.

Diese Bewegungen entstanden wohl durch Konflikte mit den britischen Kolonialherren. Zunächst hielten sich die Briten aus dem Hinduismus heraus. Doch als Geschichten über die fortbestehenden Witwenverbrennungen und die immer noch üblichen Kinderehen London erreichten, sahen sie sich zum Handeln gezwungen.

Die Spannungen entluden sich im indischen Aufstand von 1857. Ausgelöst wurde dieser durch ein Gewehr, das mit Papierpatronen geladen wurde. Die Patronen des Enfield-Gewehres sollen mit Rindertalg und Schweineschmalz eingerieben gewesen sein. Vor der Benutzung mussten diese von den Soldaten aufgebissen werden. Dadurch kollidierte der Dienst sowohl mit dem Islam als auch dem Hinduismus. Ob dieses Gerücht der Wahrheit entspricht, ist nicht bekannt.

6. Epoche: Moderner Hinduismus: Missionarischer Hinduismus

Der Hinduismus verbreitete sich zwar während seiner gesamten Entstehungszeit immer weiter. Aber aktive Missionsarbeit war dabei die Ausnahme. Das änderte sich erst mit der britischen Herrschaft und zuletzt mit der Globalisierung.

Nun migrierten massenhaft Hindus aus Indien in die ganze Welt. Dabei verbreiteten sie gleichzeitig ihre Religion. Gurus tun dies seit etwa 1950 aktiv und mit dem Ziel, Anhänger für den Hinduismus zu finden.

Ein berühmtes Beispiel für einen hinduistischen Missionar ist Mahatma Gandhi. Er verfolgte gleichzeitig die Unabhängigkeitsbestrebungen des Neohinduismus.

Zusammenfassung

  • Der Hinduismus entwickelte sich durch sechs Epochen.
  • Der Vorläufer des Hinduismus entwickelte sich in der Frühsteinzeit auf dem indischen Subkontinent.
  • Die erste Epoche des Hinduismu endete um 1750 v. Chr. und umfasst die Vorvedischen Religionen.
  • Die Vorvedischen Religionen verehrten eine Muttergottheit, die möglicherweise eine Urform der späteren Hindugottheiten Durga oder Shakti war.
  • Möglicherweise existierte zusätzlich ein männlicher Gott.
  • Rituelle Waschungen waren ein wichtiger Aspekt der Vorvedischen Religionen.
  • Bemalte Gefäße zeigen vermutlich Bilder von Gottheiten, darunter auch schwangere Göttinnen.
  • Fruchtbarkeitskulte, Animismus, Dämonenkulte, Muttergottheiten und die Verehrung von Naturgewalten waren die wichtigsten Bereiche der Vorvedischen Religionen.
  • Die zweite Epoche ist die Vedische Religion, die in drei Phasen unterteilt wird und insgesamt von 1750 bis 500 v. Chr. andauerte.
  • Die Vedische Religion hat ihren Namen von den vier heiligen Schriften, die Veden genannt werden.
  • Die vier Veden heißen Rigveda, Samaveda, Yajurveda und Atharvaveda und sind im Hinduismus bis heute unantastbar.
  • Der Rigveda erwähnt die Reinkarnation und verbreitet eine pessimistische Grundstimmung.
  • Der Samaveda enthält das Kastensystem.
  • Der Yajurveda beinhaltet Opfersprüche und Ritualvorgaben.
  • Der Atharvaveda enthält magische Texte zur Beeinflussung des Wetters, um Dämonen zu besänftigen und Feinde abzuwehren.
  • Die Frühvedische Phase dauerte von 1750 bis 1200 v. Chr. an und wird mit der Einwanderung indoiranischer Viehnomaden (Arier) nach Indien eingeleitet.
  • Die Einwanderer brachten die Veden mit, in denen steht, dass sie einen Göttervater, eine Göttermutter und ihre Kinder verehrten.
  • Die Arier nutzten Nahrungsopfer, um ihre Götter zu stärken.
  • Die Mittelvedische Phase umfasst den Zeitraum von 1200 bis 850 v. Chr., während der die Arier sesshaft wurden.
  • Das Kastensystem entwickelte sich.
  • Das Kastensystem umfasst vier Kasten: die Brahmanen (Priester), die Kshatriya (Fürsten), die Vaishya (Händler und Bauern) und die Shudra (Handwerker und Diener)
  • Priester erhielten eine enorme gesellschaftliche Macht und genossen hohes Ansehen.
  • Die Spätvedische Phase dauerte von 850 bis 500 v. Chr. und erweiterte die Veden mit Texten zu Ritualen.
  • In der Spätvedischen Phase entwickelte sich der Glaube an Brahma, die Schöpfung, und Atman, das individuelle Selbst.
  • Die Wiedergeburtslehre zog das Karma nach sich.
  • Durch das Karma hat jeder Mensch sein Schicksal in der eigenen Hand, da gute Taten dafür sorgen, dass er im nächsten Leben mehr Glück erfahren wird.
  • Es entwickelte sich ein Schöpfergott.
  • Die dritte Epoche des Hinduismus ist der Asketische Reformismus und dauerte von 500 bis 200 v. Chr. an.
  • Der Wunsch, aus dem Kreislauf der Geburten auszubrechen, führte zu neuen Strömungen, die einen asketischen Lebensweg vorschrieben.
  • Aus dem asketischen Lebensweg formten sich zwei dauerhafte Bewegungen: Buddhismus und Jainismus.
  • Das Eindringen Alexanders des Großen 327 v. Chr. zwang den Hinduismus zum Synkretismus.
  • Synkretismus heißt in diesem Fall, dass der Hinduismus mit Teilen der griechischen Religion verschmolz.
  • Die vierte Epoche ist der Klassische Hinduismus, der in drei Phasen unterteilt wird und von 200 v. Chr. bis1100 n. Chr. andauerte.
  • Der Klassische Hinduismus war durch Umbrüche und Schwierigkeiten geprägt.
  • Die erste Phase ist der Vorklassische Hinduismus, der mit dem Zusammenbruch des Maurya-Reichs beginnt.
  • Die Hindus hielten an ihren Traditionen fest, um durch die unruhigen Zeiten zu kommen.
  • Dabei entstehende lokale Gottheiten, darunter Shiva und Vishnu, nahmen Priester einfach zu den bestehenden Göttern mit auf, obwohl diese in den Veden kaum oder gar nicht vorkamen.
  • Die Blütezeit des Klassischen Hinduismus währte von 300 bis 650 n. Chr. und wird durch die Gupta-Dynastie in Indien eingeleitet.
  • Priester gewannen weiter an Ansehen, während die vierte Kaste und Frauen im Allgemeinen litten.
  • Witwenverbrennungen und Kinderhochzeiten wurden vermehrt durchgeführt, während Rinderschlachtung verboten wurde.
  • Die ersten Hindutempel und der hinduistische Götterdienst, die Puja, entstanden.
  • Die Spätzeit des Hinduismus dauerte von 650 bis 1100 n. Chr. an und zeichnet sich durch zahlreiche Kleinkönigtümer aus, die zu regionalen Unterschieden und Rivalitäten im Hinduismus führten.
  • Lokale Gottheiten erklärte man einfach zu Erscheinungsformen von Vishnu oder Shiva, wodurch die bis heute existierenden hinduistischen Richtungen Shivaismus und Vishnuismus sowie Bhakti und Tantrismus entstanden.
  • Shankara war ein Wanderasket dieser Zeit, der ein monistisches System predigte.
  • Der Monismus geht davon aus, dass alle Phänomene der Welt auf ein Grundprinzip zurückführbar sind.
  • Der Monismus stand im Widerspruch mit dem brahmanischen Ritualismus und dem Buddhismus.
  • Die fünfte Epoche waren der Sekten-Hinduismus und der islamisch-hinduistische Synkretismus und sie dauerte von 1100 bis 1850 n. Chr. an.
  • In der fünften Epoche beeinflussten Islam und Christentum den Hinduismus stark.
  • Gegen Ende des 11. Jahrhunderts verbreitete sich der Islam auf dem indischen Subkontinent.
  • Hindus und Moslems waren wohl tief verfeindet, was aber nicht allein auf ihre unterschiedlichen Religionen zurückzuführen ist.
  • Der Sufismus ist eine Strömung aus dem Islam mit asketischen Tendenzen und spiritueller Orientierung, weswegen er den Hinduismus am stärksten beeinflusste.
  • 1911 zählten die Briten 200.000 „muslimische Hindus“, also durch den Sufismus beeinflusste Hindus, in der Region Gujarat.
  • Im 15. Jahrhundert entstand der Sikhismus, der wohl Einflüsse aus Hinduismus und Islam aufnahm.
  • Durch die im 16. und 17. Jahrhundert herrschen Vormachtstellung des Islams in Indien bildeten sich Sekten innerhalb des Hinduismus.
  • Die Hindus beschäftigten sich stärker mit der Geschichte ihrer Religion und stellten diese verherrlicht dar, was wohl beides eine Reaktion auf die Bedrängung durch den Islam war.
  • Die sechste Epoche ist der Moderne Hinduismus, der um 1850 n. Chr. beginnt und in zwei Phasen unterteilbar ist.
  • Die erste Phase des Modernen Hinduismus ist der Neohinduismus.
  • Der Neohinduismus strebt Unabhängigkeit und/oder einen von westlichen und islamischen Einflüssen bereinigten Hinduismus an.
  • Die zweite Phase ist der Missionarische Hinduismus, der durch die britische Herrschaft in Indien und die Globalisierung ausgelöst wurde.
  • Ein berühmter Missionar des Hinduismus ist Mahatma Ghandi.
  • Seit 1950 sind Gurus auf der ganzen Welt als Missionare für den Hinduismus aktiv.

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