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Gemeinsamkeiten und Unterschiede bei Zwillingen


Wie du vielleicht bereits weißt, hängen die Gene und die Psyche eines Menschen zusammen. Persönlichkeitsmerkmale wie zum Beispiel die Ausprägung der Extraversion sind an bestimmte Gruppen von Genen geknüpft. Deine Vorfahren können also ihre Geselligkeit über ihre Gene an dich weitergeben. Das gilt allerdings nicht nur für Persönlichkeitseigenschaften. Wie auch körperliche können psychische Erkrankungen vererbt werden und in manchen Familien daher häufiger auftreten als andere.

Sofern du Geschwister hast, ist dir sicher schon einmal die ein oder andere Ähnlichkeit zwischen euch aufgefallen. Allerdings auch Unterschiede. Da ihr euch dieselben Eltern teilt, sind die Ähnlichkeiten ja noch nachvollziehbar. Doch die Unterschiede gehen nicht nur auf Umweltfaktoren zurück, sondern eben auch auf den Anteil der Gene, die ihr nicht miteinander teilt.

Doch wie ist das bei biologischen Zwillingen?
Eineiige Zwillinge sind genetisch immerhin nahezu identisch. Ob sie sich deshalb auch in ihrer Persönlichkeit und ihrem Denken ähneln, schauen wir uns nun einmal an.

Sind Zwillinge identisch?

Zunächst einmal wollen wir zwischen eineiigen und zweieiigen Zwillingen unterscheiden.

Eineiige Zwillinge

Eineiige Zwillinge sind aus einer einzigen befruchteten Eizelle entstanden. Da eine Eizelle auch als Zygote bezeichnet wird, spricht man auch von monozygotischen Zwillingen. Aufgrund dessen haben sie nahezu identisches Erbmaterial. Dieses unterscheidet sich höchstens in der Anzahl der Kopien einzelner Gene. Das ist eine Ursache dafür, dass ein Zwilling anfälliger für eine bestimmte Krankheit sein kann als der andere. Daneben können auch Umwelteinflüsse Auswirkungen auf das ungeborene Zwillingspaar haben. In den meisten Schwangerschaften werden eineiige Zwillinge über eine gemeinsame Plazenta versorgt.

Die Plazenta wird auch Mutterkuchen genannt und kann als Bindeglied zwischen Mutter und Kind verstanden werden. Durch die Nabelschnur gelangen die lebenswichtigen Nährstoffe von der Plazenta zum Baby. Bei ungefähr einem Drittel der Zwillingsschwangerschaften teilen sich eineiige Zwillinge die Plazenta nicht, sondern werden jeweils über eine eigene versorgt. Auf diese Weise bekommen die Zwillinge Nährstoffe, die sich in der Menge und der Zusammensetzung unterscheiden. Das kann zu einer unterschiedlichen Entwicklung beider Föten führen.

Zweieiige Zwillinge

Zweieiige oder dizygotische Zwillinge entwickeln sich aus zwei Eizellen, die jeweils von einer Samenzelle befruchtet werden. Es findet bei beiden Verschmelzungen ein Mix aus jeweils anderen Genen von Mutter und Vater statt. Daher sehen sich zweieiige Zwillinge auch nicht so ähnlich wie eineiige. Sie werden übrigens auch jeweils von einer eigenen Plazenta versorgt.

Mit den unterschiedlichen Genen der zweieiigen Zwillinge hängt auch die Tatsache zusammen, dass sie nicht gleichgeschlechtlich sein müssen. Bei eineiigen Zwillingen sind es also immer zwei Jungen oder zwei Mädchen, während zweieiige Zwillingspaare auch aus einem Mädchen und einem Jungen zusammengesetzt sein können.

Zweieiige Zwillinge haben daher genetisch gesehen nicht mehr gemeinsam als „normale“ Geschwister. Sie teilen sich zwar dieselbe Gebärmutter und dasselbe Geburtsdatum. Doch in ihrem Erbgut sind sie nicht identisch.

Gene beeinflussen die Gesundheit

Der Zusammenhang zwischen Genen und Gesundheit wird in Zwillingsstudien sehr deutlich. Ein Beispiel ist Alzheimer. Wenn ein zweieiiger Zwilling daran erkrankt, besteht beim anderen ein Risiko von rund dreißig Prozent ebenfalls daran zu erkranken. Bei eineiigen Zwillingen ist dieses Risiko mit sechzig Prozent doppelt so hoch. Ähnlich verhält es sich bei Alkoholproblemen.

Der Schlaf hat erhebliche Auswirkung auf unsere Gesundheit. Daher ist es interessant zu wissen, dass eineiige Zwillinge sich auch in ihrem Schlafmuster und der Schlafdauer stärker ähneln als zweieiige Zwillinge. Im Schnitt schlafen Menschen zwischen sechs und neun Stunden pro Nacht. Wie viel Schlaf jemand braucht, hängt nicht nur vom Alter ab, sondern auch von seiner individuellen Genetik. Selbst das Schlafwandeln und das Sprechen im Schlaf sind Phänomene, die sich eineiige Zwillinge häufiger teilen als zweieiige.

Letztere schlafwandeln mit einer Wahrscheinlichkeit von dreißig Prozent, sofern ihr Zwilling das tut. Bei eineiigen Zwillingen liegt diese Wahrscheinlichkeit hingegen bei fünfzig Prozent. Beim Sprechen im Schlaf verhält es sich sehr ähnlich.

Eineiige Zwillinge ähneln sich nicht nur im Aussehen

Zwillinge weisen allgemein eine recht hohe Ähnlichkeit in ihren Persönlichkeitsmerkmalen auf. Allerdings ist auch hier bei eineiigen Zwillingen die Gemeinsamkeit höher als bei zweieiigen. Einerseits ist diese Ähnlichkeit auf dieselben Umweltbedingungen zurückzuführen: Zwillinge wachsen im selben familiären Umfeld auf, gehen in denselben Kindergarten, in dieselbe Schule und haben häufig denselben Freundeskreis. Das ändert sich meist erst nach der Schule, wenn sie jeweils andere Berufe ergreifen oder selbst Familien gründen.

Jedoch erklärt die Umwelt nur einen Teil der Gemeinsamkeiten. Die Gene spielen nun einmal auch eine entscheidende Rolle. Das zeigt sich zum Beispiel deutlich bei eineiigen Zwillingen, die nach der Geburt getrennt wurden und in jeweils anderen Umwelten aufwuchsen. Es gibt Anekdoten darüber, wie überrascht wiedervereinte Zwillingspaare über ihre erstaunlichen Gemeinsamkeiten waren. Das gilt nicht nur für die äußere Erscheinung, sondern auch für Verhaltensmuster.

Die Ähnlichkeiten im Verhalten besteht auch dann, wenn Eltern eineiige Zwillinge unterschiedlich behandeln. Studien zufolge unterscheiden sich eineiige Zwillinge, die von ihren Eltern auf die gleiche Weise erzogen wurden, nicht von denen, die unterschiedlich behandelt wurden.

Auf demselben Intelligenzlevel

Doch auch bei der Intelligenz weisen eineiige Zwillinge eine hohe Ähnlichkeit auf. Sofern diese zusammen aufwuchsen, lässt sich kaum ein Unterschied zwischen den von ihnen ausgefüllten Intelligenztests ausmachen. Die Hirnforschung zeigte sogar, dass ihre Gehirne ähnlich strukturiert sind und auch sehr ähnlich funktionieren. So stimmen die Gehirnareale für räumliche und sprachliche Intelligenz bei ihnen fast genau überein, während das bei zweieiigen Zwillingen nicht der Fall ist.

Adoption und Verhalten

Nicht nur Zwillingsstudien liefern Erkenntnisse über den Einfluss der Gene auf das Denken und Handeln. Auch Adoptionsstudien liefern einige Hinweise auf die Frage, was uns stärker beeinflusst: Umwelt oder Gene. Adoptierte Kinder ähneln in ihrer Persönlichkeit eher ihren leiblichen Eltern als ihren Adoptiveltern.

Doch haben die Menschen, bei denen die Kinder aufwachsen, dann gar keinen Einfluss auf deren Entwicklung? Doch, den haben sie trotzdem. Kinder übernehmen viele Denkmuster und Ansichten von ihren Eltern und ihrem familiären Umfeld. Dabei ist es unerheblich, ob sie mit ihnen genetisch verwandt sind oder nicht.

Adoption als Entwicklungsvorteil?

So kann es zum Beispiel sein, dass die Adoptiveltern eines emotional instabilen Kindes selbst emotional sehr gefestigt sind. Das Persönlichkeitsmerkmal der emotionalen Instabilität wird auch als Neurotizismus bezeichnet. Diese Eigenschaft kann das Kind von seinen leiblichen Eltern geerbt haben. Dennoch können seine Adoptiveltern es dahingehend unterstützen, dass es mit seinen Gefühlen auf eine gesunde Art und Weise umzugehen lernt. Diese Möglichkeit hätte es bei seinen leiblichen Eltern vielleicht nicht gehabt. Je nachdem, ob diese selbst über angemessene Strategien im Umgang mit negativen Gefühlen verfügen oder nicht. Die Adoptiveltern haben also durchaus einen Einfluss auf die Kinder.

Sogar einige Studien weisen darauf hin, dass adoptierte Kinder emotional stabilere und intelligentere Erwachsene werden als es ihre leiblichen Eltern sind. Das könnte an den strengen Auswahlkriterien liegen, mit denen potenzielle Adoptiveltern ausgesucht werden. Leibliche Eltern werden schließlich nicht erst überprüft, bevor sie Kinder bekommen dürfen.

Zusammenfassung

  • Eineiige Zwillinge entstehen aus einer durch eine Samenzelle befruchteten Eizelle und sind genetisch nahezu identisch. Sie werden meist (jedoch nicht immer) über eine gemeinsame Plazenta versorgt. Aufgrund dessen kann es zu einer unterschiedlichen Versorgung mit Nährstoffen und damit zu kleinen Unterschieden zwischen den Zwillingen kommen.
  • Zweieiige Zwillinge sind genetisch nicht identisch. Sie teilen sich so viel Erbmaterial wie andere Geschwister auch und werden jeweils von einer eigenen Plazenta versorgt. Anders als eineiige Zwillinge können zweieiige Zwillingspaare auch unterschiedliche Geschlechter haben.
  • Die genetische Ähnlichkeit von eineiigen Zwillingen zeigt sich auch in der Gesundheit. Zum Beispiel bei der Anfälligkeit für bestimmte Krankheiten oder in Schlafverhalten.
  • Die Ähnlichkeit im Verhalten von Zwillingen kann sowohl auf die genetischen als auch die sozialen Umstände zurückgeführt werden. Denn nicht nur die Gene sind bei eineiigen Zwillingen identisch, sondern (zumindest in der Kindheit) auch das familiäre Umfeld.
  • Auch die Intelligenz eineiiger Zwillinge ist auf einem nahezu identischen Level. Selbst die Entwicklung der Areale des Gehirns stimmt an vielen Stellen genau überein.
  • Adoptionsstudien zeigen ebenfalls einen Zusammenhang zwischen Genen und Psyche auf. So haben adoptierte Kinder auf der einen Seite zwar mehr Persönlichkeitseigenschaften mit ihren leiblichen Eltern gemein als mit ihren Adoptiveltern. Doch auf der anderen Seite übernehmen sie Werte, Normen und Glaubenssätze ihrer Adoptiveltern.
  • Adoptierte Kinder werden unter Umständen dadurch sogar emotional stabiler und intelligenter als ihre leiblichen Eltern.

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