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Psychologie: Ablauf von naturwissenschaftliche Untersuchungen

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In der wissenschaftlichen Psychologie bedient man sich naturwissenschaftlicher Forschung, Untersuchungen und Methoden.

Denn…
Hast du dich schon einmal gefragt, wie neue Forschungsfragen zustande kommen? Oder wie ein wissenschaftlicher Forschungsprozess abläuft? Wenn du an psychologische Untersuchungen denkst, hast du vielleicht nur ein bestimmtes Experiment vor Augen. Auf die Testung allein lässt sich das Ganze jedoch nicht beschränken.

Vor dem Test oder einer anderen Form der Datenerhebung findet eine ausgiebige Planung statt. Auch die Daten eines Tests allein sagen noch nicht viel aus. Es müssen noch mehrere Schritte der statischen Auswertung und Interpretation unternommen werden, bevor die Daten überhaupt einen Nutzen für die anfängliche Forschungsfrage haben. Diese kann durch Beobachtungen im Alltag, Erlebnisse oder auch das Hinterfragen von Allgemeinwissen angestoßen werden und wird anschließend in einem umfassenden Prozedere geprüft.

Warum ist die Vorgehensweise bei der naturwissenschaftlichen Untersuchung in der Psychologie wichtig?

Ohne ein strukturiertes Vorgehen fehlt die wissenschaftlich fundierte Basis.
Der psychologische Forschungsprozess bezieht sich auf ein naturwissenschaftliches Vorgehen. Es werden verschiedene Schritte durchlaufen, um eine Frage möglichst gut beantworten zu können. In der Psychologie beziehen sich diese Fragen auf das Verhalten und das Erleben von Menschen.

Anders als in der Alltagspsychologie werden hier empirische Methoden genutzt, um gültige Aussagen über beispielsweise die Wirkung einer Behandlung auf eine psychische Störung treffen zu können.

Eine alltagspsychologische Schlussfolgerung beschränkt sich auf die subjektive und vielleicht nur einmalige Beobachtung in der Umwelt. Die individuellen Erfahrungen jeder einzelnen Person färben auch deren Interpretation von einem bestimmten Erlebnis.

Andere Beispiele für Alltagspsychologie finden sich häufig in Sprichwörtern. Du kennst sicherlich den Spruch „Gegensätze ziehen sich an“. Daraus könntest du schließen, dass du bei der Partnerwahl nach jemandem Ausschau halten solltest, der sich in seiner Persönlichkeit möglichst stark von dir unterscheidet. Allerdings gibt es auch den Spruch „Gleich und gleich gesellt sich gern“. Schon sieht die Sache anders aus. Solltest du also lieber jemanden suchen, der dir sehr ähnlich ist? Solche alltagspsychologischen Aussagen sind wie Horoskope: Sie lassen sich in bestimmten Situationen irgendwie so interpretieren, dass sie einen Wahrheitsgehalt zu haben scheinen. Sie sind nicht nur zum Teil widersprüchlich, sondern auch zu vage formuliert und gleichzeitig vielfältig interpretierbar.

Um eindeutigere Schlussfolgerungen aus Beobachtungen ziehen zu können, bedient sich die Wissenschaft – und auch die Psychologie – mehrerer Forschungsmethoden. Diese sollen dabei helfen, die wirklichen Zusammenhänge oder Auswirkungen von verschiedenen Beobachtungen zu machen.

Schritt 1: Formulierung der wissenschaftlichen Fragestellung

Hinter jedem Forschungsvorgang steckt eine Theorie.
Wenn bestimmte Beobachtungen wissenschaftlich untersucht werden sollen, besteht schon einmal ein Forschungsthema.

Mit Hilfe dieses Themas können dann Forschungsfragen beziehungsweise Forschungshypothesen abgeleitet werden. Neue Studien knüpfen an den bestehenden Stand der Forschung an. Daher wird zunächst eine Theorie gesucht, auf deren Grundlage das Forschungsthema untersucht werden soll.

Die Recherche nach einer geeigneten kann online in verschiedenen wissenschaftlichen Datenbanken oder in der Fachliteratur erfolgen. Sofern sich keine passende Theorie finden lässt, kann auch eine neue aufgestellt werden. Theorien lassen sich allerdings nicht direkt testen. Also müssen nun eine oder mehrere Hypothesen abgeleitet werden, mit denen weitergeforscht werden kann.

Schritt 2: Bildung der Hypothese

„Kräht der Hahn auf dem Mist, ändert sich das Wetter oder es bleibt wie es ist“.
Bei dieser Aussage handelt es sich um eine Hypothese, die weder belegt noch widerlegt werden kann. Denn egal, wie das Wetter wird: Die Hypothese scheint zuzutreffen. Wissenschaftliche Hypothesen hingegen müssen so formuliert sein, dass die falsifizierbar (also widerlegbar) sind.

Hypothesen werden deshalb komplementär formuliert. Das bedeutet, dass sie sich gegenseitig ausschließen: Stimmt die eine, kann die andere nur falsch sein. Hierbei handelt es sich um die sogenannte Nullhypothese und die Alternativhypothese. Soll zum Beispiel die Wirkung eines Medikamentes gegen Depressionen untersucht werden, könnten diese beiden Hypothesen so lauten:

  • Nullhypothese: Das Medikament wirkt nicht. Behandelte Personen unterscheiden sich in ihrer Symptomatik nicht von Unbehandelten.
  • Alternativhypothese: Das Medikament wirkt. Behandelte Personen unterscheiden sich in ihrer Symptomatik von Unbehandelten.

Bei diesem Beispiel einer Alternativhypothese handelt es sich um eine ungerichtete Hypothese. Es wird keine Angabe gemacht, inwiefern das Medikament wirkt. Die Richtung wird also nicht angenommen. Eine gerichtete Alternativhypothese könnte lauten:

  • Das Medikament wirkt – Behandelte zeigen weniger Symptome einer Depression als Unbehandelte.

Das obige Beispiel stellt eine Unterschiedshypothese dar. Damit soll untersucht werden, ob zum Beispiel eine bestimmte Behandlung zu einem Unterschied zwischen Experimental- und Kontrollgruppe führt. Die Experimentalgruppe ist in diesem Fall die Personengruppe, die das Medikament erhalten hat. Die Personengruppe ohne medikamentöse Behandlung ist die Kontrollgruppe.

Neben Unterschiedshypothesen gibt es noch Zusammenhangshypothesen. Damit kann beispielsweise überprüft werden, ob ein hoher Wert auf dem Persönlichkeitsmerkmal Gewissenhaftigkeit mit einer besseren Leistung in der Schule zusammenhängt. Die Hypothesen könnten in diesem Beispiel folgendermaßen lauten:

  • Nullhypothese: Es gibt keinen Zusammenhang zwischen Gewissenhaftigkeit und schulischer Leistung.
  • Ungerichtete Alternativhypothese: Es besteht ein Zusammenhang zwischen Gewissenhaftigkeit und schulischer Leistung.
  • Gerichtete Alternativhypothese: Je höher das Persönlichkeitsmerkmal Gewissenhaftigkeit ausgeprägt ist, desto besser fallen die schulischen Leistungen aus.

Schritt 3: Konkretisierung der zentralen Begriffe

Um die Hypothesen testen zu können, ist eine Operationalisierung nötig.

Das bedeutet….
Bevor eine Testung beginnen kann, müssen die zentralen Begriffe der Forschungsfrage definiert werden.

  • Welche Merkmale sollen gemessen werden?
  • Wie sollen diese erfasst werden und welches Skalenniveau erreichen die Variablen?

Das Skalenniveau ist abhängig von der Erhebungsweise und lässt sich in Nominal-, Ordinal-, Intervall- und Verhältnisskala unterteilen. Das Skalenniveau legt den Informationsgehalt der Daten fest und ebenso die statistische Möglichkeit zu deren Auswertung.

Bei Daten auf Nominalskalenniveau können nur Gleichheit oder Unterschiede festgestellt werden. Dazu zählen zum Beispiel Merkmale wie Blutgruppen oder Haarfarben. Mathematische Berechnungen können damit nicht angestellt werden.

Die Ordinalskala erlaubt relative Unterschiede zwischen den Daten. Es ist also möglich, eine Rangfolge festzulegen. Es kann zum Beispiel im Sport zwischen dem ersten, zweiten und dritten Gewinner unterschieden werden. Doch es lässt sich nicht sagen, um wie viel genau der eine besser ist als der andere.

Intervallskalen werden vor allem in der Psychologie verwendet. Auf ihnen können die genauen Abstände zwischen den Daten (also die Intervalle) erfasst werden. Ein Beispiel ist die Messung von Intelligenz. Es kann genau gesagt werden, wie viele IQ-Punkte zwischen einem Intelligenzquotienten von 95 und 120 liegen. Allerdings kann diese Skala keine Verhältnisse ausdrücken. Es wäre also falsch zu sagen, dass eine Person mit einem IQ von 160 doppelt so intelligent ist wie eine Person mit einem Wert von 80. Das liegt daran, dass es keinen natürlichen Nullpunkt gibt. Denn wie auch bei der Temperatur in Grad Celsius ist der Nullpunkt hier willkürlich gesetzt.

Über einen natürlichen Nullpunkt verfügt die Verhältnisskala. Die Messung von Reaktionszeiten fällt etwa in diese Kategorie. Aber auch das Alter oder das Gewicht.

Schritt 4: Ausschalten von verfälschten Merkmalen und Daten

Bei der Planung des Experimentes sind die äußeren Umstände zu beachten.
Denn damit die Datenerhebung möglichst frei von Messfehlern ist, muss auf verschiedene Dinge geachtet werden. Sofern ein Interview als Befragungsform verwendet werden soll, muss der Interviewer einen Leitfaden vorliegen haben und für diese Aufgabe geschult sein.

Außerdem sollt er keine eigenen Interpretationen in das Gesagte der Testperson einbringen und muss sich an dem Leitfaden orientieren. Denn nur so läuft die Befragung aller Versuchsteilnehmer gleich ab und die Daten sind miteinander vergleichbar.

Bei der Durchführung eines Tests sollte darauf geachtet werden, dass die Teilnehmer alle das gleiche Material vorliegen haben und sich in geeigneten Räumlichkeiten befinden. Lärm, eine unangenehme Raumtemperatur (zu heiß oder zu kalt) oder auch ungünstige Lichtverhältnisse können das Testergebnis beeinflussen und somit verfälschen.

Schritt 5: Bestimmung der Stichprobe

Die Stichprobe kann prognostischen Zwecken dienen.
Bei der Stichprobe handelt es sich um eine Gruppe von Menschen, die an einer Studie teilnimmt. Diese Personengruppe sollte möglichst repräsentativ für die Population sein, die untersucht werden soll.

So ist es etwa bei der Erstellung von Wahlprognosen wichtig, dass eine möglichst breite Bevölkerung befragt wird und nicht nur die Personen eines bestimmten sozialen Hintergrundes.

Ein berühmtes Beispiel dafür ist das sogenannte Literary Digest Desaster. Die Zeitschrift „The Literary Digest“ veröffentlichte eine Prognose zum Ausgang der Präsidentschaftswahl 1936. Hierzu wurden rund zehn Millionen Personen befragt. Allgemein gilt, dass eine größere Stichprobe auch bessere Vorhersagen in Bezug auf die Population erlaubt. Laut der Wahlprognose der Zeitschrift würde der Präsidentschaftskandidat Alf Landon 60 Prozent der Stimmen erhalten. Tatsächlich erhielt dieser allerdings nur 1,5 Prozent der Stimmen und Franklin D. Roosevelt ging als Sieger hervor.

Wie konnte die Prognose so sehr daneben liegen?
Obwohl die Stichprobe recht groß war, war sie nicht repräsentativ genug. Das lag vor allem daran, dass nur ein bestimmter Teil der Bevölkerung an der Befragung teilnahm. Es wurden hauptsächlich Teilnehmer über das KFZ-Register oder das Telefonbuch kontaktiert. Auch die Abonnenten der Zeitschrift wurden befragt. Allerdings hatten nur gut situierte Menschen zu dieser Zeit ein Telefon, ein Auto oder konnten sich ein Zeitschriften-Abonnement leisten. So blieb die weniger wohlhabende Bevölkerungsgruppe (die vor allem für den Demokraten Roosevelt wählten) komplett unberücksichtigt.

Schritt 6: Durchführung der Untersuchung

Die Wahl des Untersuchungsdesigns ist von der Fragestellung abhängig.
In der psychologischen Forschung werden viele verschiedene Methoden zur Datenerhebung genutzt. Es gibt strukturierte Beobachtungen, mündliche Befragungen (Interview) und schriftliche (Fragebögen). Daneben können auch psychologische Tests und Messungen genutzt werden oder auch quantitative Dokumentenanalysen.

Zur Datenerhebung ist eine standardisierte Vorgehensweise notwendig. Es existiert bereits ein breites Angebot an standardisierten Erhebungsinstrumenten. Dazu zählen etwa Beobachtungspläne, Fragebögen oder Interviewleitfäden. Um die Daten möglichst objektiv zu erheben, muss die testende Person entsprechend geschult sein und darf nicht von den Vorgaben der Instrumente abweichen. Ansonsten würden die Ergebnisse je nach testender Person beziehungsweise Testleiter unterschiedlich ausfallen. Das Gütekriterium der Objektivität wäre dann nicht mehr gegeben und die Daten nicht mehr verwendbar.

Schritt 7: Auswertung und Interpretation der gesammelten Daten

Die gesammelten Daten werden mit statistischen Mitteln ausgewertet.
Nach der Erhebung der Daten liegen zunächst sogenannte Rohdaten vor. Diese werden nun in der Datenaufbereitung weiterverwertet.

Dazu müssen sie sortiert und anonymisiert werden. Auch Fehler werden in dieser Phase bereinigt. So werden etwa Fragebögen ausgeschlossen, die von den Testpersonen nur unvollständig ausgefüllt wurden. Sobald die Daten bereinigt sind, folgt ihre Analyse.

Hierzu werden spezielle Statistik-Software-Programme genutzt. Dabei werden zum Beispiel statistische Signifikanztests durchgeführt oder Effektstärken berechnet. Je nach Skalenniveau und Forschungsfrage unterscheiden sich auch die Methoden der Auswertung und Analyse der Daten.

Schritt 8: Formulierung von allgemeingültigen Aussagen

Im letzten Schritt werden die Forschungsergebnisse präsentiert.
Doch zuvor findet noch eine Interpretation der Daten statt. Die Ergebnisse der statistischen Berechnungen werden zur Beantwortung der Forschungsfragen beziehungsweise -hypothesen genutzt.

Sofern die Hypothesen durch die Ergebnisse bestätigt werden, wird auch die Theorie untermauert. Aufgrund dessen können Schlussfolgerungen für zukünftige Forschungsprojekte und für die Praxis gezogen werden. Doch auch Vorhersagen auf bestimmte Verhaltensweisen oder Aussagen über gewisse Zusammenhänge sind möglich.

Anschließend wird die Studie präsentiert und veröffentlicht. Das kann über Konferenzvorträge, Artikel in Fachzeitschriften, Bücher oder wissenschaftliche Poster geschehen. Die veröffentlichte Studie durchläuft noch mehrere Peer-Reviews. Dabei handelt es sich um die Begutachtung der Forschungsarbeit durch Fachkollegen. Um ein breiteres Publikum als die Fachkollegen zu erreichen, werden Presseinterviews gegeben oder populärwissenschaftliche Beiträge verfasst. Das Internet spielt bei der Veröffentlichung heutzutage ebenfalls eine sehr große Rolle.

Zusammenfassung:

  • Um neue Forschungsfragen zu definieren, nutzt man innerhalb der wissenschaftlichen Psychologie naturwissenschaftliche Untersuchungen.
  • Diese Untersuchungen durchlaufen insgesamt 8 Schritte.
  • Zuerst wird die wissenschaftliche Fragestellung definiert. Dazu können bestehende Theorien weiterentwickelt werden oder es können komplett neue aufgestellt werden.
  • Dann werden aus der wissenschaftlichen Fragestellung passende Hypothesen abgeleitet. Diese müssen widerlegbar sein. Man unterscheidet dabei die Nullhypothese und die Alternativhypothese, welche gerichtet oder ungerichtet sein kann.
  • Im dritten Schritt wird festgelegt, welches Merkmal – unter Berücksichtigung des richtigen Skalenniveaus – genau untersucht werden soll.
  • Dann werden im Schritt 4 falsche Daten und Störgrößen entfernt.
  • Im Schritt 5 muss eine geeignete Stichprobe gefunden werden, welche dazu noch repräsentativ genutzt werden kann. Diese muss die breite Masse einer Population abbilden.
  • Schritt 6: Durchführung
  • Schritt 7: Auswertung und Interpretation der Daten
  • Zu guter Letzt werden allgemeingültige Aussagen formuliert und verbreitet.

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