Süßwasserlinse: Bedeutung, Entstehung, Nutzung und Schutz
Eine Süßwasserlinse ist eine Ansammlung von Süßwasser. Sie dient auf Inseln als Trinkwasserquelle und kann durch Überflutungen leicht zerstört werden.
Inhalt
Was ist eine Süßwasserlinse
Die Süßwasserlinse, auch Ghyben-Herzberg-Linse genannt, ist eine natürliche, unterirdische Süßwasserquelle. Sie bildet sich ausschließlich auf Meeresinseln.
Auf der Insel muss ein humides, also feuchtes, Klima herrschen. Die Linse entsteht aus Niederschlag, daher muss mehr Regen fallen, als Wasser in derselben Zeit verdunsten kann. Außerdem muss der Boden der Insel in ausreichender Größe wasserdurchlässig sein. Nur so kann der Regen versickern und fließt nicht einfach ins Meer.
Entstehung einer Süßwasserlinse
Fällt auf einer Insel Regen, sickert dieser in ihren Boden und trifft dort auf irgendwann auf Meerwasser. Dieses sich in Erde und Sand befindende Meerwasser vermischt sich nur schlecht mit dem freien Meerwasser. Mit der Zeit reichert sich daher das süße Regenwasser unterhalb der Insel an.
Da Süßwasser eine geringere Dichte als Salzwasser hat, bleibt es an der Oberfläche. Seitlich und in der Tiefe trennt eine Brackwasserzone das Süßwasser vom Meerwasser. Wie breit diese Brackwasserzone ist, hängt von der Größe der Insel und der Süßwasserlinse ab. Mehrere Meter sind nicht ungewöhnlich.
Die Süßwasserlinse erhält dabei eine Uhrglasform. Das bedeutet, dass sie in der Mitte der Insel am weitesten in die Tiefe reicht. Am Rand ist sie deutlich flacher.
Nutzung
Süßwasserlinsen sind auf vielen Inseln auf der ganzen Welt wichtige Süßwasserquellen. Manche sind nicht an das Trinkwassernetz des Festlandes angeschlossen und damit stetig auf ihre Linse angewiesen.
Um das Süßwasser zu fördern, werden Brunnen genutzt. Diese Brunnen müssen über die Linse verteilt werden. Würde ein einzelner Brunnen dauerhaft Wasser ansaugen und aus der Linse entnehmen, käme es zu Salzwasserintrusion.
Fehlt zu viel Süßwasser an einer Stelle der Süßwasserlinse, saugt der Brunnen stattdessen Wasser aus der Brackwasserzone an. Diese künstliche Verwirbelung der einzelnen Zonen zerstört ihre auf natürlichem Weg entstandenen Grenzen. Das nennt man Salzwasserintrusion. Ohne Einfluss des Menschen kommt es bei Sturmfluten dazu. Im schlimmsten Fall geht dabei die gesamte Süßwasserlinse verloren.
Um die Vermischung von Salz- und Süßwasser zu verhindern, darf aus einer Süßwasserlinse nur so viel Wasser gefördert werden, wie sich regelmäßig wieder neu bildet. Das führt im Sommer häufig zu Problemen. In den heißen Monaten steigt der Wasserverbrauch enorm, während Niederschläge deutlich geringer ausfallen. Daher ist auf Inseln, die von ihrer Süßwasserlinse abhängig sind, Wasser sehr kostbar.
Deutsche Inseln, die ihre Trinkwasserversorgung über Süßwasserlinsen sicherstellen, sind beispielsweise Norderney, Langeoog und Sylt. Darüber hinaus sind die meisten Atolle (Korallenriffe) im Pazifischen und Indischen Ozean auf die Linsen angewiesen.
Gefährdung und Schutz
Neben einer zu hohen Nutzung durch den Menschen gefährden außerdem Fluten die Süßwasserlinsen. Flutet das Meer bei einem Sturm die Insel, sickert das Salzwasser anschließend durch den Boden. Dort trifft es auf die Süßwasserlinse und versalzt sie. Geschieht dies zu häufig, verschwimmen die Grenzen zwischen der Süßwasserlinse und dem sie umgebenden Brackwasser. Die Süßwasserlinse geht in dem Fall verloren. Wann sie sich neu bildet, lässt sich nur schwer voraussagen.
Aus diesem Grund rüsten Inseln, die auf diese Süßwasserquelle angewiesen sind, an ihren Stränden auf. Dünen und Deiche halten Fluten auf und dienen damit auch als Schutz der Süßwasserlinse.
Auch der Klimawandel und der ansteigende Meeresspiegel spielen eine Rolle bei der Gefährdung der Süßwasserlinsen. Fluten werden wahrscheinlicher und verheerender. Gerade Atolle, die sich nur wenige Meter aus dem Meer erheben sind davon betroffen. Ein Beispiel sind die Malediven. Der Inselstaat befindet sich im Indischen Ozean und besteht ausschließlich aus Atollen. Die höchste Erhebung misst gerade mal 2,4 m. Gleichzeitig sind alle Menschen dort auf die Süßwasserlinsen unter ihren Inseln angewiesen.
Forscher halten es für möglich, dass viele dieser niedrigen Atolle schon in wenigen Jahren, bereits vor der Mitte dieses Jahrhunderts, unbewohnbar sind. Schon jetzt fliehen viele Inselbewohner als Folge des Klimawandels aus ihrer Heimat.