Die 4 Phasen der Trauer und die 5 Stadien der Trauerbewältigung
Trauer wird, je nach Modell, in unterschiedlich viele Phasen eingeteilt. Wie lang diese Phasen dauern, kommt auf verschiedene Faktoren an. Zusätzlich zu den Phasenmodellen existiert außerdem ein Wellenmodell, das Trauer nicht in Phasen mit Schwerpunkten gliedert.
Inhalt
Die vier Trauerphasen nach Yorick Spiegel
Yorick Spiegel wurde am 13. April 1935 in Düsseldorf geboren und starb am 23. September 2010 in Langen. Er veröffentliche 1973 seine Habilitationsschrift mit dem Titel „Der Prozess des Trauerns“, in dem er seine vier Trauerphasen vorstellt.
Beruflich war er evangelischer Theologe, wobei er die praktische Theologie bevorzugte. Er verband politische Kirchenkritik mit der kirchlichen Lehre und der Seelsorge.
Sein Phasenmodell der Trauer bezieht sich hauptsächlich auf die Trauer, die durch den Verlust eines geliebten Menschen entsteht. Er gliedert diese Trauer in vier Phasen, die aufeinander folgen: Schockphase, kontrollierte Phase, Phase der Regression und Phase der Anpassung.
Wie lange sie jeweils dauern, ist individuell und von Trauerfall zu Trauerfall verschieden. Spiegel vertrat jedoch die Ansicht, dass die Trauer nach etwa einem Jahr abgeschlossen sein sollte.
1. Phase: Schockphase
Die erste Phase beginnt direkt nach der Nachricht über den Tod der geliebten Person. Der Trauernde fällt in eine betäubende Starre, kann nicht glauben, dass das gerade wirklich passiert. Die Schockphase dauert normalerweise einige Stunden bis zwei Tage.
Die erste Phase ist nach Spiegel geprägt von Emotionslosigkeit. Der Trauernde ist in seinem Schockzustand nicht in der Lage, Emotionen auszudrücken und verhält sich für Außenstehende entsprechend merkwürdig. Diese erwarten offene Traurigkeit, finden aber einen kühlen, distanzierten Trauernden vor.
2. Phase: Kontrollierte Phase
Auf den Schock folgt die kontrollierte Phase. In dieser Phase unterdrückt der Trauernde bewusst seine Gefühle. Unterbewusst tut er das, weil er denkt oder hofft: „Solange ich nicht tatsächlich trauere, ist die verstorbene Person nicht wirklich tot.“
In diese Phase fallen Beerdigung und Besuche von Freunden und Verwandten, die kondolieren. Der Trauernde nimmt die Aufgaben, die Beerdigung, Trauerfeier und Bewirtung seiner Gäste mitbringen, gerne entgegen. Sie lenken ihn ab und geben ihm Aufgaben, um seinen Tag zu füllen. Dadurch muss er sich nicht mit seinen Gefühlen beschäftigen und kann in der kontrollierten Phase verbleiben.
Gleichzeitig führt das jedoch dazu, dass die Beerdigung, die Verabschiedung von dem geliebten Menschen, recht passiv wahrgenommen wird. Trauernde beschreiben diese Phase später so, als wären sie gar nicht wirklich da gewesen, oder als wäre die Beerdigung wie ein Film abgelaufen, während sie nur Zuschauer waren.
Diese Phase ist nach etwa zwei Wochen abgeschlossen.
3. Phase: Phase der Regression
Nach der Beerdigung und Aufgaben, die ein Todesfall mitbringt, ist der Trauernde meist eine Zeit lang für sich allein. Er kann seine Gefühle nicht länger unterdrücken und zieht sich zurück, um sie für sich zu verarbeiten.
Dabei ist es normal, dass die verstorbene Person zunächst idealisiert erinnert wird. Negative Ereignisse blendet der Trauernde aus. Das erschwert jedoch das Verarbeiten des Todesfalls. Es ist schwieriger, einen perfekten Menschen gehen zu lassen, als einen fehlerhaften.
Mit der Zeit bezieht der Trauernde auch negative Erinnerungen in seine Trauerarbeit mit ein. Da die Phase der Regression mehrere Monate dauern kann, nimmt die Trauerarbeit entsprechend Zeit in Anspruch. Es ist dabei individuell verschieden, wie schnell und wie viele negative Erinnerungen vom Trauernden zugelassen werden.
4. Phase: Phase der Anpassung
In dieser Phase tritt der Trauernde langsam ins Leben zurück. Er nimmt seinen Alltag wieder aktiver wahr, trifft sich mit Freunden und schließt neue Bekanntschaften. Nach dem Tod des Partners sind nun auch neue Beziehungen möglich. Sie verfolgen nicht mehr den Zweck, die verstorbene Person zu ersetzen.
Die Phase der Anpassung ist von Rückfällen geprägt. In diesen trauert der Trauernde wieder aktiv und empfindet Angst vor der Zukunft. Nach etwa einem Jahr sollte sie abgeschlossen sein.
Die vier Trauerphasen nach Verena Kast
Verena Kast ist eine Psychologin aus der Schweiz. Geboren wurde sie am 24. Januar 1943 in Wolfhalden. Ihr Buch „Trauern – Phasen und Chancen des psychischen Prozesses“ erschien erst 2013 und unterteilt die Trauer in vier Phasen: Nicht-Wahrhaben-Wollen, Aufbrechende Emotionen, Suchen und Sich-Trennen und Neuer Selbst- und Weltbezug.
1. Phase: Nicht-Wahrhaben-Wollen
Diese Phase ähnelt der Phase des Schocks nach Spiegel und der des Leugnen nach Kübler-Ross. Der Trauernde erhält die Nachricht über den Tod einer geliebten Person und weigert sich, sie als wahr anzuerkennen. Dabei wirkt er gefühlsstarr und regungslos.
Diese Phase dauert wenige Stunden bis mehrere Wochen. Kast geht davon aus, dass sie länger dauert, je unerwarteter die Nachricht für den Trauernden kam. So kann man grob davon ausgehen, dass der Tod von jungen, geliebten Menschen zu einer längeren Phase des Nicht-Wahrhaben-Wollen führt als der von alten, geliebten Menschen. Auch die Todesursache spielt eine Rolle. Litt der Verstorbene an einer Krankheit, die unweigerlich zu seinem Tod führen würde, fällt diese Phase kürzer aus, als wenn er durch einen plötzlich Unfall aus dem Leben gerissen wurde.
2. Phase: Aufbrechende Emotionen
Die zweite Phase ist geprägt von vielen Emotionen, die einander abwechseln. Es kommt zu Wut, Angst und teilweise sogar Freude. Welche Emotionen dominieren, hängt von der Beziehung zu dem Verstorbenen ab.
Die vielen Gefühle führen zu Stress und Ruhelosigkeit. Der Trauernde leidet häufig unter Schlafstörungen und kann mit Langeweile nicht umgehen. Er wirkt, als wäre er auf der Suche nach etwas.
So suchen manche Trauernde nach einem Schuldigen für den Tod des geliebten Menschen. Ärzten wird dabei oft vorgeworfen, versagt zu haben. Kam es durch einen Unfall zu dem Todesfall, ist selbstverständlich der Unfallgegner der Schuldige. Viele Trauernde bringen diesem sehr offen ihren Hass entgegen.
Besonders schlimm für den Trauernden ist, wenn er sich selbst die Schuld gibt. Das kommt vor, wenn man mit dem Verstorbenen beispielsweise im Streit auseinander gegangen ist. Nach seinem Tod hat man nun keine Möglichkeit mehr, diesen Konflikt zu bereinigen. Das kann zu einem langen Aufenthalt in dieser Phase führen.
Kast sieht als Grund für die Existenz dieser Trauerphase unsere Gesellschaft. Wir sind es nicht gewohnt, heftige Emotionen zu erleben. So gehört es sich für viele Menschen nicht einmal, während der Beerdigung oder Andacht laut zu weinen. Alles geschieht leise, besser noch stumm.
Das ist für die meisten Menschen aber nicht der richtige Weg, mit ihrer Trauer umzugehen. Weil sie sich trotzdem an die Regeln der Gesellschaft halten, brauchen sie länger für die Verarbeitung des Todesfalls.
3. Phase: Suchen und Sich-Trennen
In dieser Phase richtet der Trauernde seine Suche vom Schuldigen auf den Verstorbenen selbst. Er sucht diesen an Orten, wo er ihn normalerweise angetroffen hat. Dort verweilt er und, weil er den Verstorbenen natürlich nicht trifft, beginnen innere Dialoge. Heutzutage nutzen viele Trauernde auch das Smartphone, um dem Verstorbenen weiterhin Textnachrichten zu schicken.
Diese Dialoge helfen dem Trauernden. Auf diese Weise kann er die Beziehung fortführen oder sie sogar, zumindest für sich, verändern.
So lassen Eltern verstorbener Kinder das Kinderzimmer häufig über Jahre unangetastet. Getragene Wäsche wird nicht gewaschen, Spielzeug bleibt aufgebaut. Für Angehörige des Trauernden ist dieser Zustand meist kaum zu ertragen. Für den Trauernden selbst ist diese Trauerarbeit ungemein wichtig.
Das Sich-Trennen kann dadurch langsam und Stück für Stück beginnen. Das ist nötig, um in die nächste Phase eintreten zu können.
Währenddessen kommt es gelegentlich zu Wutausbrüchen, die der Trauernde nicht unterdrücken sollte. Angehörige sollten diese Wutausbrüche ebenfalls zulassen und nicht auf sich beziehen. Die Wut ist ebenfalls wichtig für den weiteren Trauerprozess.
4. Phase: Neuer Selbst- und Weltbezug
Die inneren Dialoge und die häufigen Besuche des Zuhauses der verstorbenen Person haben im Trauernden eine ausreichende Erinnerung erschaffen. Er kann den Tod nun akzeptieren und mit dieser Erinnerung weiterleben.
Während dieser Phase wendet er sich wieder mehr der Außenwelt zu. Oftmals hat er sich durch die verfestigten Erinnerungen und die inneren Dialoge etwas verändert, was auch Außenstehenden auffällt. Er probiert sich aus, muss sich selbst neu finden. Kurzlebige Beziehungen, ein Jobwechsel oder das Rauchen anzufangen/aufzuhören ist in dieser Phase ganz normal.
Im Idealfall geht der Trauernde gestärkt aus seiner Trauererfahrung heraus. Er hat den Verlust verarbeitet. Er weiß, dass das nicht das letzte Mal gewesen sein wird, dass er einen geliebten Menschen gehen lassen muss. Dennoch geht er neue Beziehungen ein, weil er weiß, dass er auch ihren Verlust verarbeiten können wird. Außerdem überwiegen die schönen Momente, auf die er nicht verzichten möchte, weil die geliebte Person irgendwann sterben wird.
Die fünf Trauerphasen nach Kübler-Ross
Elisabeth Kübler-Ross lebte vom 8. Juli 1926 bis zum 24. August 2004. Sie wurde in Zürich geboren, siedelte aber mit 32 in die USA über. Dort war sie als Psychiaterin, Sterbeforscherin und zuletzt als esoterische Geistheilerin tätig.
Ihr 5-Phasenmodell entwickelte sich durch Gespräche mit Sterbenden und Trauernden. Sie sah in diesen Momenten keine Unterschiede in der Trauer der Personen. Daher nahm sie beide Zustände in einem Modell auf.
Ihr 5-Phasenmodell ist unterteilt in Leugnen, Zorn, Verhandeln, Depression und Akzeptanz. Kübler-Ross beobachtete während dieser Phasen deutlich unterschiedliche emotionale Beweglichkeit bei ihren Patienten. Emotionale Beweglichkeit ist die Fähigkeit, mit negativen Gefühlen umzugehen. Bei niedriger emotionaler Beweglichkeit versinkt die Person in ihrer Verzweiflung oder Angst. Bei hoher emotionaler Beweglichkeit hingegen ist in der Lage, sich selbst aus dieser Situation herauszuholen. Kübler-Ross beobachtete besonders während der ersten und vierten Phase ihres Modells eine niedrige emotionale Beweglichkeit.
Neben ihrem Modell zu den Trauerphasen liefert sie gleichzeitig Tipps für Angehörige mit, wie diese am besten mit dem Trauernden in den jeweiligen Phasen umgehen sollen.
1. Phase: Leugnen
Die Phase des Leugnens nennt Kübler-Ross auch „Denial“ (Verleugnung), „Nicht-Wahrhaben-Wollen“ oder „Isolierung“. Todkranke und Hinterbliebene eines Verstorbenen reagieren auf die Nachricht, indem sie sie nicht ernst nehmen. Todkranke tun so, als gäbe es die Befunde nicht. Hinterbliebene sind überzeugt, dass eine Verwechslung vorliegen muss.
Diese Phase ist geprägt von unterdrückten Emotionen. Solange die Betroffenen überzeugt sind, alles sei halb so schlimm, sind heftige Emotionen schließlich nicht nötig.
2. Phase: Zorn
Die unterdrückten Emotionen brechen in der zweiten Phase in Form von Wut aus den Betroffenen heraus. Die Wut kann sich gegen jeden richten. Häufig lassen sie ihre Gefühle an der Person aus, die ihnen die Nachricht überbracht hat. Für sie hat diese in dem Moment Schuld an der Misere. Die Wut kann sich aber auch auf alle Personen ausweiten, die weiterleben dürfen. So ist ein Todkranker auf jeden wütend, der gesund ist. Eine Witwe richtet ihre Wut gegen Frauen, deren Ehemann noch am Leben ist.
Diese Wut kann sehr offen kommuniziert werden. Betroffene schreien, werden ausfallend oder aggressiv oder zertrümmern Gegenstände. Sie kann sich aber auch sehr unauffällig in Form von unterschwelligen Botschaften äußern. Passive Aggressivität und Kritik, auch zu unabhängigen Themen, kommen dann vor.
Diese Phase ist für die Betroffenen und für ihr Umfeld gleichermaßen anstrengend. Angehörige müssen versuchen, diesen Zorn nicht persönlich zu nehmen. Die Beschimpfungen sind nicht gegen sie gerichtet, sondern dienen als Ventil für den Betroffenen. Gleichzeitig müssen sie sich nicht wie einen „emotionalen Mülleimer“ behandeln lassen. Auf Dauer belastet sie das selbst zu sehr.
Weil Kübler-Ross beobachtete, dass Betroffene in dieser Phase empfänglich sind für Eindrücke von außen, können Angehörige das Gespräch suchen. Die Wut muss zugelassen werden, aber nach Möglichkeit in einem Maß, das für alle Beteiligten erträglich ist.
3. Phase: Verhandeln
Diese Phase ist häufig sehr kurz und bei Sterbenden deutlicher ausgeprägt. Sie ähnelt dem Verhalten eines Kindes, das erst wütend auf ein Verbot reagiert. Anschließend versucht es, mit gutem Benehmen das Verbot doch zu umgehen. Die Sterbenden tun das, weil sie sich mehr Lebenszeit erhoffen. Gute Leistungen, Kooperation mit den Ärzten oder ein Versprechen an Gott soll ihnen diese erkaufen.
Das Verhandeln kann sich auch an Angehörige richten. In dem Fall bitten die Sterbenden meist um in ihrer Situation unrealistische Dinge. Die Angehörigen werden dadurch in eine unangenehme Lage gebracht. Sie müssten dem Sterbenden sagen, dass seine Wünsche nicht mehr erfüllbar sind oder ihn anlügen. Der Sterbende hofft auf die Lüge, weil er sich selbst dann sagen kann: „Solange dieser Wunsch nicht erfüllt wurde, kann ich noch nicht sterben“.
Die Angehörigen müssen jedoch einen Mittelweg finden. Sie sollten dem Sterbenden weder die Hoffnung nehmen, noch falsche Hoffnungen wecken.
Im Falle der Trauer ist die Phase der Verhandlung geprägt von Gedanken wie: „Hätte ich nur nicht dieses und jenes (nicht) getan“. Die Hinterbliebenen werden von Schuldgefühlen geplagt. Sie sehen nicht unbedingt ihr Handeln oder Nicht-Handeln als Grund für den Tod des geliebten Menschen. Viel mehr wünschen sie sich eine zweite Chance oder ein letztes Gespräch.
4. Phase: Depression
Erst jetzt folgt das, was man am ehesten mit Trauer in Verbindung bringen würde: Depression, tiefe Verzweiflung und Angst. Tritt ein Sterbender in diese Trauerphase, realisiert er, dass er sterben wird. Hinterbliebene nehmen nun den Verlust des geliebten Menschen wahr.
Die Gefühle können heftig und überwältigend sein. Jemand, der todkrank ist, kann in dieser Phase auch versuchen, seine Angehörigen auf sein eigenes Ableben vorzubereiten. Auch die Regelung des Nachlasses und der zukünftigen Versorgung der Familie gehören dazu. Das kann dem Betroffenen sogar durch diese Trauerphase helfen und Sicherheit bieten.
Hinterbliebene fallen in dieser Phase häufig in ein tiefes Loch aus Hoffnungslosigkeit. Sie sehen keinen Sinn mehr darin, ihr eigenes Leben weiterzuführen, weil ihnen der geliebte Mensch so sehr fehlt. Zukunftsängste und finanzielle Ängste können hinzukommen, wenn beispielsweise die Familienversorgung neu geregelt werden muss.
Beide, sowohl der Todkranke als auch der Hinterbliebene, haben in dieser Phase häufig ein hohes Redebedürfnis. Sie wollen ihre Sorgen, Ängste und ihre Verzweiflung mit jemandem teilen, hoffen möglicherweise auf Ratschläge oder direkte Hilfe.
Angehörige sollten in dieser Phase so oft es geht ein offenes Ohr haben. Zuhören ist dabei meist wichtiger als zu trösten. Das unterbricht den Trauernden. Es könnte von ihm falsch verstanden werden, als wolle der Gegenüber nichts von seinen Gefühlen hören.
5. Phase: Akzeptanz
In dieser Phase fällt die Depression vom Trauernden ab. Er findet sich mit seinem Schicksal, bzw. dem Verlust ab und ist für sich damit im Reinen. Für Angehörige ist diese Phase schwierig, da sie nicht mehr gebraucht werden. Teilweise werden sie sogar recht heftig vom Trauernden zurückgewiesen.
Sterbende erreichen diese Phase unterschiedlich schnell. So fällt es älteren Menschen oftmals leichter, ihren eigenen Tod zu akzeptieren. Sie können auf ein ganzes, gefülltes Leben zurückblicken. Muss ein junger Mensch sterben, sieht er hauptsächlich unerfüllte Wünsche und Träume. Diese halten ihn länger in der Phase der Depression.
Ähnlich verhält es sich beim Todesfall. Handelte es sich um einen alten Menschen, fällt es Angehörigen häufig leichter, seinen Tod zu akzeptieren. Zudem ist das Verhältnis des Angehörigen zum Verstorbenen wichtig und seine Rolle im Leben des Angehörigen.
Betroffene können in dieser Phase wieder lachen. Die gefühlte Schwere der letzten Zeit fällt von ihnen ab. Hinterbliebene können über den Verstorbenen reden, ohne traurig zu werden. Sie nehmen pausierte Hobbys wieder auf oder wenden sich einem neuen zu.
Reihenfolge der Trauerphasen
Spiegel und Kast sind sich recht einig, dass die Trauerphasen nacheinander ablaufen. Sie können sich leicht überlappen. Der Trauernde wacht also nicht eines Morgens auf und ist von Phase 2 in Phase 3 getreten. Der Übertritt kann einige Zeit dauern. Ein Zurück in eine vorherige Phase gibt es bei ihnen jedoch nicht.
Kübler-Ross sieht es anders. Ihrer Meinung nach verlaufen Trauerphasen für Trauernde und für Sterbende nicht linear, sondern kreuz und quer. Dabei können Phasen übersprungen, mehrmals durchlebt oder zu ihnen zurückgekehrt werden.
Wellenmodell nach George A. Bonanno
Neben den Phasenmodellen der Trauer existiert noch ein Wellenmodell von George A. Bonanno. Er ist Professor an der Columbia University für klinische Psychologie.
Laut Bonanno trauert man nicht dauerhaft, sondern wellenartig. Das bedeutet, dass die Trauer immer wieder durch positive Gefühle unterbrochen wird. Wie lang diese Wellen andauern, ist von Trauerfall zu Trauerfall sowie individuell verschieden. Sie können sich auch innerhalb eines Trauerfalls stark verschieben.
Bonanno kritisiert an den Phasenmodellen den linear wirkenden Ablauf der Trauer. Diesen gibt es nach ihm nicht. Zudem ist er der Meinung, dass nicht jeder Mensch eine Schock- oder Leugnungsphase durchleben muss, um seine Trauer erfolgreich zu verarbeiten. Auch andere Phasen sind laut ihm nicht zwingend für jeden Menschen nötig.
Zuletzt stört ihn an den Phasenmodellen, dass sie jeden trauernden Menschen emotional instabil wirken lassen. Das ist in seinem Wellenmodell nicht der Fall. Dabei wird die Trauer immer wieder unterbrochen, sodass ein normaler Alltag meist weiterhin möglich ist.
Zusammenfassung
- Yorick Spiegel teilt Trauer in die vier aufeinander folgenden Phasen Schock, Kontrollierte Phase, Regression und Anpassung.
- Die Schockphase dauert überwiegend nur wenige Stunden und ist geprägt von Emotionslosigkeit.
- In der kontrollierten Phase unterdrückt der Trauernde aufkommende Emotionen.
- In der Phase der Regression wird aktiv getrauert, wobei dafür zunächst ein Idealbild des Verstorbenen erschaffen wird.
- Während der Phase der Anpassung tritt die Trauer nach und nach in den Hintergrund und der Trauernde nimmt wieder an seiner Außenwelt teil.
- Verena Kast unterteilt Trauer in vier Phasen, die sie Nicht-Wahrhaben-Wollen, Aufbrechende Emotionen, Suchen und Sich-Trennen und Neuer Selbst- und Weltbezug nennt.
- Die erste Phase ähnelt stark der Schockphase.
- Die Phase der aufbrechenden Emotionen ist von der Suche nach einem Schuldigen geprägt.
- In der dritten Phase nach Kast besucht der Trauernde Orte, an denen sich der Verstorbene häufig aufhielt, um ihm nahe zu sein.
- In der vierten Trauerphase geht der Trauernde Veränderungen ein und traut sich, wieder Beziehungen einzugehen.
- Elisabeth Kübler-Ross teilt Trauer in die fünf Phasen Leugnen, Zorn, Verhandeln, Depression und Akzeptanz.
- Die erste Phase ähnelt den ersten Phasen von Spiegel und Kast.
- In der zweiten Phase dominiert Wut auf Personen, denen die Schuld am Tod des geliebten Menschen gegeben wird, sowie allgemein auf Personen, die weiterleben dürfen.
- In der Phase des Verhandelns sucht der Trauernde nach einem Weg, um den Tod des geliebten Menschen doch noch abzuwenden, obwohl er bereits geschehen ist.
- Die Phase der Depression geht mit heftigen Emotionen einher.
- In der fünften Phase akzeptiert der Trauernde den Tod und schafft es, leichter am Leben teilzunehmen.
- Nach Spiegel und Kast folgen die Trauerphasen aufeinander.
- Kübler-Ross ist der Meinung, dass ihre fünf Trauerphasen in keiner festen Reihenfolge ablaufen, übersprungen und erneut besucht werden können.
- Das Wellenmodell nach George A. Bonanno teilt Trauer nicht in Phasen, sondern spricht von Trauerwellen, die von Perioden unterbrochen werden, in denen positive Gefühle überwiegen.