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4 Gründe, warum man gähnt


Gähnen ohne vorgehaltene Hand gilt in der Öffentlichkeit als unhöflich. Diese kuriose Verhaltensweise wird mit Müdigkeit und Langeweile assoziiert. Jedoch tritt Gähnen auch bei Anstrengung und Stress auf. Ebenso können Hunger oder der Blick auf einen gähnenden Menschen oder ein gähnendes Tier Auslöser sein. Welchem Zweck das Gähnen gilt, ist selbst Wissenschaftlern immer noch ein Rätsel.

Was ist Gähnen?

Dieses Verhalten ist reflexartig. Beim Gähnen wird der Mund im Zuge eines tiefen Atemzuges weit geöffnet. Beim langsamen Ausatmen schließt sich der Mund wieder.

Gähnen ist wahrlich ansteckend. Nicht nur das Beobachten eines gähnenden Menschen oder Tieres kann den Gähn-Reflex ausgelöst werden. Auch durch das Geräusch und den bloßen Gedanken ans Gähnen kann das reflexartige Verhalten ausgelöst werden.

Warum gähnt man?

Bis dato gibt es keine einheitliche Erklärung für dieses Phänomen. Diese Frage bereitet Wissenschaftlern seit vielen Jahrzehnten Kopfzerbrechen. Somit ist es nicht verwunderlich, dass es eine Vielzahl an Antwortversuchen gibt und natürlich auch Mythen vorherrschen.

Während einige Wissenschaftler die Ursachen in Einfühlungsvermögen und sozialer Nähe sehen, begründen andere das reflexartige Verhalten mit der Synchronisation von Gruppen. So manche Experten sind davon überzeugt, dass das Gähnen der Stimmungsübertragung gilt.

Ganz nach dem Motto: Wenn alle Personen zur selben Zeit Müdigkeit verspüren, wird der soziale Zusammenhalt gestärkt. Bei diesem Erklärungsversuch der Ethologie ist jedoch außer Acht gelassen, dass Menschen nicht nur dann gähnen, wenn sie müde sind.

Beobachtungen zu Folge reißen Studenten und Schüler auch vor Prüfungen den Mund auf. Zudem gähnen einige Fallschirmspringer vor dem Absprung. Da in beiden Situationen nicht Müdigkeit der Auslöser für den Gähn-Reflex ist, kann auch Stress eine weitere Ursache darstellen.

Wer gähnt öfter? Psychopathen oder emphatische Menschen?

Das Phänomen lässt sich in Gruppen hervorragend beobachten.
Professor Jürgen Zulley für Biologische Psychologie hat dieses Phänomen untersucht. Das Ergebnis der Studie war eindeutig.

Wenn eine Person zu gähnen beginnt, tritt dieser Reflex beim Großteil der Anwesenden auf. Wissenschaftler vermuten, dass die ansteckende Wirkungsweise des Gähnens im Zusammenhang mit dem Einfühlungsvermögen steht. Besonders mitfühlende Menschen werden leichter durch das Gähnen angesteckt als jene, die sich schlecht in andere Personen hineinversetzen können.

Dass gähnen ansteckend ist, basiert auf den Spiegelneuronen in unserem Gehirn. Diese Art der Neuronen hilft uns dabei, Empathie zu empfinden. Spiegelneuronen sind sowohl bei simplen Handlungen aktiv, als auch beim Beobachten von Emotionen bei anderen Personen. Sie sorgen dafür, dass Du Mitleid empfinden kannst und dass Du lachst, wenn andere lachen.

Wenn Du Dich also gut in andere Personen hineinversetzen kannst, bist Du tendenziell anfälliger für ansteckendes Gähnen und Lachen.

In Studien stellten Experten nachweislich fest, dass Personen mit einer geringen Sozialkompetenz seltener gähnen. Die Ursache ist, dass die Spiegelneurone von Psychopathen weitaus unempfindlicher auf die Mitmenschen reagieren. Der Grund hierfür ist das fehlende Einfühlungsvermögen.

Du bist jedoch kein Psychopath, wenn das Gähnen anderer Dich nicht ansteckt! In der Studie der Universität von Pisa wurde nachgewiesen, dass die ansteckende Wirkung von der emotionalen Nähe zum Gähnenden geprägt wird. Das Gähnen von Verwandten, Bekannten und Freunden ist ansteckender als wenn ein Fremder gähnt.

1. Kommt Gähnen vom Sauerstoffmangel?

Viele Jahre lang war die Erklärung eine Sauerstoff-Hypothese und auch heute noch ist dieser Erklärungsansatz weit verbreitet. Wenn Du tief einatmest, wird Deinem Körper mehr Sauerstoff zugeführt. Der Sauerstoffmangel ist jedoch nicht die Ursache für das Gähnen. Die vermehrte Sauerstoffaufnahme ist jedoch ein positiver Nebeneffekt.

Allerdings wurde diese Hypothese im Jahre 1987 von US-Psychologen Provine Robert widerlegt. Provine wies in einem Experiment nach, dass die Sauerstoffversorgung keinen Einfluss auf das Gähn-Verhalten hat.

2. Steigert Gähnen den Wachheitsgrad?

Ebenso hartnäckig hält sich der Mythos, dass das Gähnen wach macht. In der Schweiz wurde eine Studie durchgeführt, die sich mit der Hirnaktivität beschäftigte. Die Wissenschaftler konnten weder vor noch nach dem Gähnen einen Unterschied auf die Hirnaktivität nachweisen.

Dennoch gehen zahlreiche Experten davon aus, dass Gähnen dabei hilft, wach zu bleiben und die Aufmerksamkeit zu steigern. Grund für diese Annahme sind Beobachtungen darüber, dass viele Menschen bei gleichbleibenden Tätigkeiten oder Langeweile vermehrt gähnen.

3. Dehnen mittels Gähnen?

Beim Gähnen werden die Muskeln gedehnt. Gähnen stellt nicht nur ein Dehnen, sondern auch ein Strecken dar. Die Muskulatur entspannt sich und es stellt sich das Gefühl der Erholung ein.

4. Kühlt Gähnen wirklich das Gehirn?

Ein weiterer Erklärungsansatz setzt darauf, dass beim Gähnen eine Thermoregulation im Gehirn stattfinden.
Im Jahre 2010 führten US-Psychologen einen Tierversuch an Ratten durch. In diesem Experiment zeigte sich, dass die Versuchstiere dann gähnten, wenn es zu einem Temperaturanstieg im Gehirn kam. Durch das Aufreißen des Mauls und das tiefe Ein- und Ausatmen fiel die Temperatur im Gehirn der Ratten.

Forscher gingen von der Hypothese aus, dass Gähnen auch bei Menschen den Temperaturanstieg im Gehirn regulieren kann. Bei Untersuchungen an Menschen zeigte sich, dass die Testkandidaten seltener bei hoher Außentemperatur gähnten.

Das Ergebnis einer anderen Studie war, dass im Sommer generell mehr gegähnt wird als im Winter.

Werden Tiere von menschlichem Gähnen angesteckt?

Du kannst Deinen Gähn-Drang sogar auf ein Tier übertragen. Wissenschaftliche Studien zeigen auf, dass Gähnen auf Hunde übertragbar ist. Der Gähn-Reflex wird eher ausgelöst, wenn die Verbindung zwischen Mensch und Hund nahe ist.

Ist Gähnen wichtig für die Gesundheit?

Gähnen ist bis dato gesundheitlich kaum relevant. Grund hierfür mag jedoch sein, dass die Ursache noch nicht ausreichend erforscht ist.

Im Juni 2010 fand in Paris der erste Gähn-Kongress statt. Experten aus aller Welt hatten die Möglichkeit, sich über ihre Forschungsergebnisse auszutauschen. Für die Wissenschaftler ist Gähnen bis heute ein ungelöstes Rätsel. Bis die wahre Ursache für das reflexartige Verhalten erforscht sein wird, werden noch viele Jahre vergehen.


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