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Was ist Marxismus: Definition, Bedeutung & Kritik


Marxismus ist eine Gesellschaftslehre, welche von Karl Marx und Friedrich Engels im 19. Jahrhundert entworfen wurde. Als Lehre von einer besseren Gesellschaft übt sie Kritik an den bestehenden Verhältnissen im 19. Jahrhundert und gibt eine Theorie zur Besserung dieser Gegebenheiten aus.

Marxismus verfolgt das Ziel einer klassenlosen Gesellschaft

Das oberste Ziel des Marxismus besteht darin, eine klassenlose Gesellschaft ohne gesellschaftliche Stufen zu formen. Im Grunde genommen bedeutet dies, dass jeder Mensch gleich ist. Die erwirtschafteten Güter des Menschen werden zu gleichen Teilen aufgeteilt und es gibt niemanden, welcher über den anderen herrscht.

Laut Marx war die Urgesellschaft der Steinzeit völlig klassenlos. Alle Menschen haben die gleiche Tätigkeit ausgeübt und haben die Vorzüge der Gemeinschaft im selben Ausmaß genossen. Somit gab es keine Unterschiede bei der gesellschaftliche Anerkennung durch die Berufswahl und es gab auch keine Lohnunterschiede bei der Nahrungszuteilung.

Durch Ackerbau und Viehzucht entstand eine Gesellschaft der Arbeitsteilung und Überproduktion, was zu einer Ungleichverteilung der Lebensmittel führte. Weiterhin führte Arbeitsteilung zu unterschiedlich Anerkennung der Arbeit, was wiederum zu unterschiedlichen Löhnen führte. Denn Lohn ist ein lediglich ein Mittel für Anerkennung. Berufe, welche eine hohe Anerkennung bzw. gesellschaftlichen Nutzen haben, wurden ursprünglich besser entlohnt – als jene mit minderwertigen Nutzen. Heute ist dies zum Teil anders, was allerdings mit Druck durch dominante Interessengruppen zu tun hat. Dazu gleich mehr.

Doch zuvor…
Um eine klassenlose Gesellschaft aufbauen zu können, müssen verschiedene Aspekte erfüllt sein:

  • Menschliche Reife: Der Mensch muss die eigenen Vorteile hintenanstellen und das Gemeinwohl vor dem Individualwohl stellen. Dazu sollte er selbst und dauerhaft erkennen, dass Gemeinschaftswohl mehr Vorteile bietet, als das Eigenwohl.
  • Menschliche Enthaltsamkeit: Aufgrund dessen, dass niemand mehr auf seinen Vorteil bedacht ist, werden Überproduktionen gleichmäßig verteilt oder angespart, um diese später gleichmäßig zu verteilen. Dies führt dazu, dass Niemand mehr besitzt, als er wirklich braucht.
  • individuelle Emanzipation: Dadurch, dass niemand mehr besitzt als der Andere, fehlt das Druckmittel um Macht auf einen anderen auszuüben. Der Mensch befreit sich aus dem Zustand der Abhängigkeit.
  • Gesellschaftliche Emanzipation: Dadurch dass Niemand ein Eigeninteresse verfolgt, muss es auch Niemanden geben, welcher Interessengruppen, Eigentum oder Besitz schützt. Dadurch können Regierungen und deren Organe abgeschafft und selbstbestimmende, klassenlose Gesellschaften gegründet werden.

Um diese klassenlose Gesellschaft aufzubauen, bedarf es allerdings des Menschen und seiner Reife. Solange es Menschen gibt, welche Überproduktion – sei es Lebensmittel, Geld – in Wohlstand anhäufen wollen, wird es keine klassenlose Gesellschaft geben.

Deshalb gibt es in der marxistischen Lehre drei Bausteine, welche miteinander verflochten sind:

  • Philosophie- und Ideologiekritik
  • Gesellschaftskritik
  • Kapitalismuskritik

Philosophie, Ideologie-, Gesellschafts- und Kapitalismuskritik im Marxismus

Laut Marx ist Ideologie eine Weltanschauung, welche von machthabenden Interessengruppen bestimmt wird. Diese sorgen dafür, dass sich das Weltbild des Einzelnen nicht ändert und bestehen bleibt, so dass die dominante Gruppe weiterhin ihre Macht ausüben kann.

Die jeweilige Weltanschauung wird zudem von der Entwicklungsstufe einer Gesellschaft geprägt. In einer armen Gesellschaft, ohne Nahrung, gilt das Streben dem Nahrungserwerb. Die dominante Gruppe wird demnach versuchen Nahrungsmittel zu beschaffen, den Überfluss für sich zu behalten und nur einen Teil verteilen, um so Dominanz auszuüben.

In einer modernen Gesellschaft erfolgt die Verteilung durch Geld. Denn auf einem psychologischen Standpunkt verfolgt der Einzelne nun nicht mehr sein Bedürfnis nach Sicherheit und Nahrung. Dinge, wie ausreichend Lebensmittel oder eine Wohnung gelten als gegeben und können demnach nicht mehr als Druckmittel eingesetzt werden.

Die dominante Gruppe muss das Weltbild bedienen, in dem sie Güter – wie Anerkennung, Status, individuellen Wohlstand oder Selbstverwirklichung verteilt. Das Geld bzw. Kapital dient demnach als Symbol für diese Werte und kann beliebig getauscht werden.

Aber die dominante Gruppe kann nur solange Macht auf die abhängige Gruppe ausüben, solange das Weltbild erhalten bleibt. Deshalb gilt ihr Streben, dem Erhalt der Ideologie und dem Verteilen von Ressourcen, um die Abhängigen abhängig zu halten. Der Kapitalismus ist demnach ein Instrument der Ideologie, welches den Dominanten ermöglicht, Macht auf Abhängige auszuüben.

Diese Machtausübung bzw. die Unterdrückung erfolgt auf mehreren Ebenen. Zum Beispiel:

  • abhängige Lohnarbeit
  • unterschiedliche Schulformen und Bildungsniveau
  • soziale Unterschiede und gesellschaftlicher Ausschluss

Die Vorhersagen des Marxismus

Weiterhin ging Marx davon aus, dass sich der Kapitalismus überall ausbreiten und sich dann selbst vernichten wird. Denn dadurch, dass die dominante Gruppe durch ihr Verhalten immer dominanter werden wird, muss im Umkehrschluss die abhängige Gruppe größer werden. Denn Bevölkerungsgruppen (zur Zeit von Marx: Bürgertum), welche damals noch unabhängig sind, werden durch die Dominanten so sehr unter Druck gesetzt, dass diese ebenfalls in Abhängigkeit verfallen.

Denn das Streben des Dominanten gilt weitere Abhängige zu schaffen, um so selbst dominanter zu werden.
Synonyme für diese Gruppe:

  • Die Gruppe, welche Ansehen genießt – wird mehr Ansehen erlangen wollen bzw. müssen – wodurch andere Gruppen an Ansehen verlieren.
  • Die Gruppe, welche Geld und Kapital bereitstellen kann, wird mehr anhäufen wollen bzw. müssen – wodurch andere Gruppen dieses verlieren werden.
  • Die Gruppe, welche Macht ausübt, wird mehr Macht erlangen wollen bzw. müssen, wodurch anderen weniger Macht zusteht.

Dies wird die Kluft zwischen Arm und Reich bzw. zwischen unabhängig und abhängig weiter spalten und so verschwindet laut Marx eine Mittelschicht. Am einen Rand bilden sich dann ein paar dominante Gruppe und am anderen Rand die weitaus größeren abhängigen Gruppen.

Da die dominanten Gruppenmitglieder allerdings weiterhin auch Druck auf andere dominante Gruppenmitglieder ausüben, wird einer der beiden abgestuft werden. Denn – laut Marx – sieht der Kapitalismus als Gesellschaftsform vor, dass Statuserhalt gleichbedeutend ist mit Statusausbau. Wer nicht ausbaut, wird überholt und demnach besteht immer die Gefahr in die Gruppe der Abhängigen zu rutschen.

Dies zwingt die dominante Gruppe dann dazu, sich selbst zu verkleinern. Die abgestuften Mitglieder wandern dann in die Mittelschicht, wo sie ebenfalls den Druck erfahren und schließlich in die abhängige Gruppe geraten, welche dadurch weiter anwächst.

Da die dominante Gruppe die entsprechenden Mittel bereit hält, um ihre Dominanz auch über Landesgrenzen hinweg auszudehnen, wird sie gezwungen sein, dies zu verwirklichen. Denn die Machtkämpfe innerhalb der vorherrschenden Gruppe sind, im eigenen Land, zu kostspielig. Dominanz kann allerdings auch errungen werden, indem man Macht auf andere Gruppen außerhalb der nationalen Gesellschaft ausübt, diese abhängig macht und sich dadurch für den Machtkampf innerhalb der Gruppe stärkt.

Marx sah diese Verlagerung im Kolonialismus bzw. der heutigen Globalisierung. Fischerdörfer, deren Einwohner seit Jahrtausenden vom Fischfang lebten, wurden zu Lohnarbeitern in Fabriken gemacht, umso die Gruppe der Abhängigen weiter zu vergrößern. Die Ideologie bzw. Weltanschauung, welche genährt wird – besagt: dass diese doch froh sein könnten, dass sie endlich Arbeit und Geld haben. Doch laut Marxismus waren diese ursprünglich unabhängig, damit zufrieden und sind jetzt abhängig.

Ihre Unabhängigkeit können sie vorerst nicht wieder erlangen, da neben der Gesellschaftsform auch die Weltanschauung verändert wurde. Diese lässt die abhängigen ausländischen Gruppenmitglieder nun auch glauben, dass die Abhängigkeit unausweichlich ist. Sie sind somit auf Geld und Ressourcen angewiesen, genauso wie die ursprünglich nationalen Abhängigen.

Die dominante Gruppe wird im Ausland weitere abhängige finden müssen, um seine eigene Vormachtstellung im Inland zu bewahren. Deshalb wird – laut Marx – der Kapitalismus bzw. dessen Ideologie sich über Landesgrenzen ausdehnen müssen und jedes Gebiet, jede Ressource der Erde erschließen.

Am Ende kommt es nur noch zu Machtkämpfen innerhalb der dominanten Gruppe. Es wird darum gehen, die Abhängigen des Einen von dem anderen zu bekommen. Dies führt dann unweigerlich dazu, dass sämtlichen Dominanten zu Abhängigen werden und nur ein einziger Dominanter übrigbleiben wird.

An diesem Punkt der Zuspitzung wird laut marxistischer Lehre eine Umwälzung beginnen, um Ressourcen neu zu verteilen.

Kritik am Marxismus

Zur Zeit als die marxistische Lehre entstand, war die Arbeiterbewegung die abhängigste Gruppe. Marx sah hier den Hebel, um den Kapitalismus, deren Ideologie und die bestehende Gesellschaftsform zu überwinden. Der Arbeiter sollte sich demnach befreien, indem er zum Klassenkampf gegen die dominante Gesellschaft (Fabrikbesitzer und Bourgeoisie) aufruft.

Da dieser Kampf zwar ansatzweise geschah, der Kapitalismus allerdings nicht überwunden wurde- sehen viele Kritiker den Marxismus als unvollkommen. Laut vorherrschender Meinung fehlt der Beweis, ähnlich wie bei der Evolutionslehre. Die Theorie besteht allerdings nicht darin, dass der Kapitalismus bekämpft, sondern dass er sich selbst abschaffen wird. Und dies geschah ebenfalls nicht. Auch Sozialismus und Kommunismus funktionierten nicht, weshalb weitere Kritik laut wird.

Kritiker des Marxismus äußern zudem, dass der Drang nach Wohlstand überhaupt erst Fortschrift möglich macht. Denn die Urgesellschaft wurde deshalb überwunden, da Ackerbau und Viehzucht – aufgrund der Überproduktion – eine Form von Sicherheit boten. Aus dieser Sicherheit entstand dann der Wunsch nach Wohlstand, welcher gleichbedeutend mit zeitloser Sicherheit ist.

Laut marxistischer Lehre sollte der Mensch dieses Sicherheitsbedürfnis zugunsten seiner persönlichen und auch gesamtgesellschaftlichen Freiheit aufgeben. Und da liegt das Problem des Marxismus. Denn jeder Mensch strebt nach persönlichen Vorteilen. Selbst altruistischen Menschen kann man vorwerfen, dass sie selbstloses Handeln nur aufgrund von Anerkennung tun.

Solange der Mensch seine Ideologie von seinem persönlich bedachten Vorteil nicht überwindet, wird er den größeren eigenen Vorteil nicht im gesellschaftlichen Vorteil sehen können. Oder anders gesagt…

Der Gesamtnutzen einer marxistischen Gesellschaft ohne persönliche Vorteilsabsicht- muss quantitativ größer sein, als die Summe aller Eigennutzen einer kapitalistischen Gesellschaft.

Erst in diesem Moment macht eine Betrachtung des Marxismus als Gesellschaftsform Sinn. Denn solange der Gesamtnutzen des Kapitalismus für die Gesellschaft größer ist, wird es nicht zu Umbrüchen oder Klassenkämpfen kommen. Diese finden zwar immer mal statt, sind aber nicht gesellschaftlich getragen, wodurch solche Systeme langfristig (wahrscheinlich) immer scheitern werden.

Und als Gesellschaftsform kann der Marxismus nur als Ganzes existieren. Denn sobald der Gegenentwurf einen kurzfristigen Vorteil verspricht, wird es immer Menschen geben, welche diese nutzen wollen. Dies führt dazu, dass andere sich vom Nutzenvorteil anstecken lassen, weshalb dieses System wahrscheinlich scheitern wird.


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