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Wertigkeit (Valenz)


Die Wertigkeit oder Valenz (lateinisch: valentia = Stärke) beschreibt die Bindungsstärke zwischen zwei Merkmalen oder Ereignissen. Der Begriff wird in der Alltagssprache, in der Biologie, Physiologie, Psychologie, Linguistik, Chemie und Mathematik (Graphentheorie) verwendet. Außerdem findet der Begriff auch Anwendung in einigen Sozialwissenschaften (zB. Wirtschaft), welche durch Graphen wissenschaftliche Zusammenhänge darstellen.

Umgangssprachliche Wertigkeit

Die Wertigkeit beschreibt, innerhalb der Umgangssprache, die Bindungsstärke an ein bestimmtes Merkmal, einen Gegenstand oder eine Person. Daraus ergibt sich eine interne Wertung bzw. Bewertung, welche die Bindungsstärke in der Dimension Wichtigkeit („wichtig“ oder „unwichtig“) abbildet.

Im Alltag werden gewisse Merkmalsausprägungen und ihre Wichtigkeit bzw. ihr Einfluss auf einen anderen Sachverhalt nicht genau gemessen, weshalb die Wertigkeit bzw. ob etwas wichtig oder unwichtig ist – rein subjektiv erfolgt und von jedem Individuum anders bewertet werden kann. Demnach ist ein wertiges Merkmal, Gegenstand, Sache oder Person sehr stark an das Individuum gebunden und wird als wichtig empfunden.

Die Bindungsstärke eines Merkmals, welche durch dessen Wichtigkeit bestimmt wird, ergibt sich durch eine Abhängigkeit von diesem Merkmal bzw. von einer ganz bestimmten Merkmalsausprägung. Dabei ist es egal, ob die Abhängigkeit bewusst oder unbewusst empfunden wird. Weiterhin kann das Merkmal oder die Sache auch Auswirkungen auf andere Merkmale ausüben, von denen dann eine Abhängigkeit ausgehen könnte und wodurch die ursprünglich Merkmalsausprägung als wichtig empfunden wird.

Chemische Wertigkeit (Valenz)

Die chemische Wertigkeit eines Atoms beschreibt dessen Bindungseigenschaft. Diese wird in dem Zahlenverhältnis ausgedrückt, wie sich Atome, Ione oder Radikale mit anderen vereinigen. Von der chemischen Wertigkeit lässt sich der Begriff Valenzelektron ableiten. Diese Elektronen befinden sich auf der äußeren Elektronenschale eines Atoms, weshalb diese auch als Außenelektron bezeichnet werden.

Da jedes Atom danach strebt, diese Außenschale voll zu besetzen, die Atome allerdings selbst nicht genug eigene Elektronen bereitstellen können – streben die Atome danach, sich mit anderen Atomen zu verbinden. Dadurch werden die Außenschalen mit fremden Elektronen besetzt, wodurch chemische Verbindungen entstehen. Das Zahlenverhältnis innerhalb der Bindung drückt sich in der Wertigkeit aus.

Je nach Kontext existieren verschiedene chemische Wertigkeitsbegriffe, wie: Ionenwertigkeit bzw. Ionenladung, Bindewertigkeit bzw. Bindefähigkeit, Koordinationswertigkeit bzw. Koordinationszahl oder die Oxidationszahl.

Psychologische Valenz

Psychologische Valenz ist eine emotionale Verknüpfung zu einem Merkmal, einer Sache oder eines Reizes. Demnach kann man den Begriff auch als individuelle Bedeutung, welcher einer Sache zugeschrieben wird, betrachten. Dies kommt der umgangssprachlichen Verwendung sehr nahe, grenzt sich allerdings dahingehend ab – dass die Valenz in einer empirischen Psychologie als Mess- und Bewertungskriterium (mit Zahlen) abgebildet wird.

Soziale Valenzen

In einem sozialen Netzwerk wird die Valenz dazu genutzt, um die Anzahl der zwischenmenschlichen Abhängigkeiten abzubilden. Diese Abhängigkeit ist ebenfalls als eine Art von bewertbarer Bindungsstärke zu sehen. Falls diese Abhängigkeit von beiden Seiten ausgeht, spricht man von Interdependenz.

In einer Interdependenz, an welcher zwei Personen beteiligt sind, existieren demnach zwei Valenzen (Person A zu Person B und umgedreht). Da in dieser kleinsten 2-Personen-Konstellation bereits zwei Valenzen existieren, wird die Bezeichnung in der Soziologie ausschließlich im Plural genutzt.

Beide Beziehungsverflechtungen können, trotz gleicher Teilnehmer, unterschiedliche Ausprägungen annehmen. So kann Person A, innerhalb dieser Wirkungsbeziehung, durchaus abhängiger von Person B sein oder umgedreht. Die entsprechenden Valenzen, welche eine Person zu seiner sozialen Gruppe unterhält, haben mitunter Auswirkungen auf dessen Verhalten. So kann beispielsweise die abhängige Person von ihrem sozialen Umfeld dominiert werden oder sie selbst kann sozial Abhängige dominieren.

Physiologische Valenz

In der Physiologie, insbesondere bei der Wahrnehmung, werden Valenzen als Wirkungskenngrößen bezeichnet, welche einen gewissen Reiz auf Organe des menschlichen Körpers ausüben und diesen zu einer Reiz-Reaktion veranlassen. Die Farbvalenz ist eine messbare Größe, welche die Auswirkung eines Lichtstrahls auf das Auge ausdrückt und somit als Indikator für die Farbwahrnehmung dient.

Biologische Wertigkeit

Die biologische Wertigkeit ist die Eigenschaft eines körperfremden Stoffes, welche beschreibt – wie effizient sich dieser in körpereigene Substanzen umwandeln lässt. Es handelt sich demnach um eine Kennzahl, welche angibt – wie gut sich der Ursprungstoff in den Energiestoffwechsel eines Lebewesens einbringt bzw. wie schnell dieser sich an den Körper binden lässt.

Sind die aufgenommene Stoffe den körpereigenen Proteinen sehr ähnlich, ist die Umwandlung durch wenig Aufwand möglich und gilt als effizient.

Sprachwissenschaftliche Valenz

Die linguistische Valenz ist ein Zahlenverhältnis, welches aus dem chemischen Wertigkeitsbegriff abgeleitet wurde und die Bindungsstärke einer bestimmten Wortart ausdrückt.

In der Linguistik existieren Wortarten, welche – in einem Satz oder einer Wortgruppe – andere Wörter an sich binden oder das Aufkommen bestimmter Wörter provozieren. Als zentrale Wortart und Ausgangspunkt dieser Überlegung gilt das Verb, welches in einer Satzstruktur das Einfügen weitere Worte erzwingt.

Die gebeugte Verbform (Prädikat) erzwingt beispielsweise ein Subjekt (Substantiv oder Pronom) und ein Objekt, auf welches sich das Verb bezieht. Am Beispiel des Satzes „Ich sitze auf der Bank“ wird dies deutlich. Das Verb sitzen bzw. das Prädikat „sitze“ ist das zentrale Element des Satzes, welches diesem Struktur verleiht, die anderen Wörter miteinander verbindet und dem Satz dadurch Sinn verleiht. Jede Frage, welche zu dieser Aussage gestellt werden kann – bezieht das Verb mit ein.

  • Wo sitze ich?
  • Wer sitzt?
  • Worauf sitze ich?

Demnach geht vom Verb die stärkste Bindungsstärke aus, welche in einem Zahlenverhältnis (Valenz) ausgedrückt werden kann.

Valenz (Graphentheorie)

Die Graphentheorie ist ein Teilgebiet der beschreibenden Mathematik und der theoretischen Informatik, welche durch die Darstellung von graphischen Netzen einen Zusammenhang zwischen zwei Ereignissen (Graphen) beschreiben.

Dies findet auch Anwendung in der Betriebswirtschaft, um beispielsweise zwei Vorgänge in den Kriterien Zeit oder Mittel zu dimensionieren, Risikozuflüsse oder -abflüsse zu beschreiben, Entscheidungsbäume oder Wahrscheinlichkeiten mittels Einflussfaktoren darzustellen.

Die Valenz ist die Anzahl der Verbindungen an einem Knotenpunkt im Netz. Ein Arbeitsschritt, welcher Verbindungen zu zwei anderen Arbeitsvorgängen unterhält, erhält demnach die Valenz 2. Dadurch wird außerdem gekennzeichnet, dass er entweder von zwei anderen Vorgängen abhängig ist oder zwei andere Vorgänge von diesem Arbeitsschritt abhängig sein konnten.


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