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Wissenschaftliche Grundhaltung in der Psychologischen Forschung


Die wissenschaftliche Forschung ist ein hervorragendes Instrument, wenn es um das Aufdecken der Wahrheit geht. Damit diese allerdings gefunden werden kann, muss die wissenschaftliche Grundhaltung stimmen. Denn auf Fakten stößt man nur dann, wenn bestimmte Komponenten der Wissenschaft eingehalten werden. Ohne diese würde der Mensch nur zu leicht an der eigenen Meinung hängen bleiben und für richtig halten, was er als Wahrheit sehen möchte.

Um das zu verhindern haben sich im Laufe der Geschichte verschiedene Hauptkomponenten in der Wissenschaft etabliert. Zu diesen zählen Neugier, Skepsis und Bescheidenheit. Doch auch das kritische Denken ist ein weiterer Baustein bei der Suche nach der Wahrheit. Diese Aspekte sind sowohl in der wissenschaftlichen Psychologie als auch in allen anderen wissenschaftlichen Disziplinen von Belang.

Neugier, Skepsis und Bescheidenheit

Wie erkennen wir oder Wissenschaftler, was die Wirklichkeit ist? Häufig möchten wir, dass etwas wahr ist. Wir möchten zum Beispiel glauben, dass Astrologen uns die Zukunft anhand unserer Sterne vorhersagen oder uns unser Leben erklären können. Weil wir an den Wahrheitsgehalt der Vorhersagen glauben möchten, suchen wir unbewusst nach Beweisen, die unsere Annahme unterstützen. Geht ein bestimmtes Sternzeichen etwa mit einer gewissen Eigenschaft einher, fallen uns direkt Momente ein, die das scheinbar bezeugen können. Nach dem Motto „Ja, mit einem Wassermann hatte ich schon häufiger Probleme – diese Menschen sind wirklich sehr stur.“

In dieses Beispiel kann man jedes Sternzeichen und jede beliebige Eigenschaft einsetzen – jeder wird irgendwann mal einen Krebs/Skorpion/Widder getroffen haben, der gutmütig/unselbstständig/willensstark war. Viele Horoskope sind schlichtweg so vage in ihrer Wortwahl gehalten, dass jeder irgendetwas davon auf sich oder andere beziehen kann.

Um solchen Prophezeiungen nicht blindlinks zu glauben, ist eine wissenschaftliche Herangehensweise gefragt. Allerdings tut ein guter Wissenschaftler auch Horoskope oder andere Dinge nicht von Vornherein als Unsinn ab. Die Einstellung eines Wissenschaftlers ist offen, aber nicht leichtgläubig. Gleichzeitig bleibt er dennoch skeptisch, ohne allerdings dabei zynisch zu werden.

Hinter seiner Skepsis steckt eine gewisse Neugier. Diese treibt Wissenschaftler an und damit auch die Forschung. Daher stellen Wissenschaftler eine Menge Fragen, um der Wahrheit auf die Spur zu kommen. Eine neugierige Skepsis beinhaltet daher vor allem die Frage „Was meinen Sie damit“ und „Woher wissen Sie das?“

Niemand ist unfehlbar

In der Bescheidenheit besteht eine weitere Komponente einer wissenschaftlichen Grundhaltung.

Selbst Wissenschaftler müssen sich eingestehen, dass sie selbst auch nicht immer richtig liegen. Nicht an seinen vorgefertigten Meinungen festzuhalten, wenn diese sich als falsch herausstellen, ist daher essentiell. Daher ist es wichtig, für neue Sichtweisen offen zu bleiben. Wie bereits erwähnt, darf man Offenheit nicht mit Leichtgläubigkeit verwechseln.

Der Wissenschaftsjournalist und -historiker Michael Shermer sagte, dass die Wissenschaft den Unterschied zwischen dem, was man gern als wahr erkennen würde und dem, was wahr ist offenlegen kann. Es geht also darum, was wir gern als Wahrheit hätten und dem, was tatsächlich wahr ist.

Das macht die Wissenschaft jedoch gleichzeitig zu etwas, das auf manche bedrohlich wirkt. Ein Beispiel hierfür sind tief religiöse Gruppen. So können dessen Vertreter glauben, dass die Wissenschaft Gott zu widerlegen versucht. Paradoxerweise wurden einige der größten wissenschaftlichen Errungenschaften in der Geschichte der Menschheit von Forschern hervorgebracht, die selbst einen starken Glauben an Gott hatten. Dazu zählten beispielsweise Isaac Newton oder Nikolaus Kopernikus.

Kritisches Denken

Auch in der Psychologie herrschen die Ideale der Wissenschaft vor. Neugier, Bescheidenheit und Skepsis sind von großer Bedeutung, wenn es darum geht, neue Modelle und Theorien zu entwickeln und zu prüfen, zu diskutieren und zu überarbeiten.

Hierzu ist ein weiterer Bestandteil im Bereich der Psychologie beziehungsweise den Wissenschaften allgemein nötig: das kritische Denken. Damit ist eine Denkart gemeint, bei der nicht einfach kritiklos alles geglaubt wird. Stattdessen werden Vorannahmen genaustens geprüft. So können Abweichungen entdeckt und Argumente auf ihre Richtigkeit hin kontrolliert werden. Aufgrund dieses Vorgehens werden letztendlich Schlussfolgerungen gezogen. Zum kritischen Denken gehört vor allem eins: Das Stellen von Fragen.

Wenn du zum Beispiel einen Bericht liest oder siehst, stelle dir beispielsweise folgende Fragen: Worauf bezieht sich das Gesagte? Welche Absichten und Ziele verfolgt der Sprecher damit? Gibt es Beweise für seine Äußerungen oder basieren sie ausschließlich auf den Gefühlen des Sprechers? Wie sind Ursache und Wirkung dieser Schlussfolgerung zu verstehen und welche Erklärungen könnte es sonst noch geben?

Kann eine Beobachtung bereits eine Theorie widerlegen?

Ein Beispiel ist die Erderwärmung. Neben der zunehmenden Anzahl von Hitzewellen kommt es trotzdem immer wieder zu starken Kälteeinbrüchen in manchen Gebieten der Erde. Sind letztere also ein Beweis dafür, dass es gar keinen Klimawandel gibt? Oder sind sie vielleicht eher ein Beweis für die klimatischen Veränderungen, weil es vermehrt solche Wetterextreme gibt?

Die Wissenschaft macht ihre Schlussfolgerungen nicht davon abhängig, wie das Wetter an einem Tag oder in einer Woche aussieht. Stattdessen wird auf langfristige Änderungen im Bereich der Temperaturen geachtet. Neben der Auswertung dieser Daten werden jedoch auch noch etliche andere Aspekte berücksichtigt. Wie wirken sich das vom Menschen verursachte Kohlendioxid, Methan und andere Gase auf die Atmosphäre aus? Wie verändert sich die Natur in Bezug auf die sich änderten klimatischen Bedingungen? Welche Pflanzen- und Tierarten sind aufgrund dessen vom Aussterben bedroht oder sind bereits von der Erde verschwunden?

Solche und andere Fragen werden mit Hilfe von wissenschaftlichen Beobachtungen und methodischer Datenauswertung untersucht und schließlich Schlussfolgerungen gezogen. Diese Schlüsse sind dann unter Umständen nicht das, was manche Menschen hören wollen, doch es handelt sich dabei um evidenzbasierte Fakten. Und diese lassen sich mit noch so viel Schönrederei nicht verändern. Auch dann nicht, wenn sie beunruhigend sind. Allerdings lassen sich aufgrund der wissenschaftlichen Forschung auch immer wieder erfreuliche oder überraschende Erkenntnisse berichten.

Auch in der Psychologie ist nicht immer alles so wie es scheint

In Bezug auf die psychologische Forschung konnten Untersuchungen in den letzten Jahrzehnten eine ganze Reihe an interessanten Erkenntnissen zu Tage fördern. So sind Menschen nach einer Verletzung des Gehirns beispielsweise in der Lage, neue Dinge zu erlernen. Interessanterweise ist ihnen allerdings nicht bewusst, dass sie etwa gelernt haben. Zudem ist das Alter entscheidend, in dem eine Hirnverletzung geschieht. Mittlerweile weiß man, dass das Gehirn in einem bestimmten Umfang sehr anpassungsfähig ist. So kann selbst ein größerer Verlust von Hirngewebe unter gewissen Umständen nur geringe Langzeiteffekte mit sich bringen. Zumindest sofern dies in einem frühen Alter der Fall ist.

Gleichermaßen konnte die kritische Forschung bisweilen auch so manche Vorannahmen entkräften. Bei Schlafwandlern ist mittlerweile klar, dass nicht die Umsetzung der Träume in die Tat hinter dem Phänomen steckt. Auch wissen wir heute, dass unsere Erfahrungen nicht alle in wörtlicher Form im Gehirn abgespeichert sind. Mithilfe von Hypnose oder durch die Stimulation des Gehirns können verdrängte Erinnerungen nicht einfach wieder abgerufen werden. Das Gehirn funktioniert weder wie ein Fotoapparat noch wie ein Tonband.

Der Volksmund beinhaltet verschiedene Sprichwörter. Diese basieren auf Beobachtungen im Alltag, treffen daher jedoch nicht zwingend zu. In der sozialpsychologischen Forschung zeigte sich beispielsweise, dass die Annahme „Gegensätze ziehen sich an“ nicht stimmt. Der entgegengesetzte Spruch „gleich und gleich gesellt sich gern“ trifft da schon eher zu. Ursache dafür ist, dass der Mensch sich von anderen verstanden fühlen möchte. Das gelingt am besten bei Menschen, die einem im Denken und Handeln ähneln. Hinzu kommt, dass Menschen Personen mehr mögen, je ähnlicher sie ihnen sind.

Zusammenfassung

  • Neugier, Skepsis und Bescheidenheit sowie das kritische Denken gehören zu einer wissenschaftlichen Grundhaltung. Diese Komponenten finden sich dementsprechend auch in der psychologischen Forschung.
  • Neugier ist der Motor der Wissenschaft und treibt weitere Forschungen voran.
  • Skepsis muss gegeben sein, damit neue Argumente nicht leichtgläubig akzeptiert werden. Dennoch soll eine Offenheit gegenüber neuen Sichtweisen gewahrt werden.
  • Bescheidenheit zwingt Wissenschaftler anzuerkennen, dass sie selbst auch nicht immer richtig liegen. So sollen sie von vorgefertigten Meinungen ablassen und sich bei der Suche nach Erkenntnissen von den Fakten leiten lassen.
  • Wissenschaftler müssen bei ihrer Arbeit Fragen stellen, um Annahmen zu belegen oder zu widerlegen. Dabei bewahren sie eine kritische Haltung im Denken.
  • Auf diese Weise kommen wir zusammen mit der methodischen Sammlung und Auswertung von Daten der Realität ein Stückchen näher und gelangen zu neuen (oft auch sehr überraschenden) Erkenntnissen.

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