Allgemeinwissen vs. Allgemeinbildung: Unterschied & Zusammenhang
Allgemeinbildung und Allgemeinwissen werden oftmals gleichgesetzt. Und in der normalen Alltagssprache – welche der Otto-Normalverbraucher spricht, spielt der Unterschied zwischen beiden Begriffen auch keine sonderliche Rolle. Dennoch besteht ein Unterschied – wie auch eine Abgrenzung zwischen Wissen und Bildung besteht.
Inhalt
Allgemeinwissen bedeutet Mitreden können
Wenn jemand überall seinen Senf dazugeben kann und auf jedem Gebiet über eine bestimmte Grundlagenkenntnis verfügt- sagt man diesem Menschen nach, dass dieser ein gutes Allgemeinwissen hat.
Dieser Mensch kennt die meisten Staaten der Erde, weiß wo diese liegen und kennt sogar die Hauptstädte. Auch Zusammenhänge in Geschichte, Biologie, Physik und Chemie sind ihm vertraut. Doch verfügt dieser Mensch auch über eine Allgemeinbildung oder bleibt es beim Allgemeinwissen?
Allgemeinwissen ist etwas subjektives
Allgemeinwissen ist jenes Wissen, über welches die Allgemeinheit verfügt. Und jetzt wird’s kompliziert. Denn sobald der Durchschnittsbürger mit durchschnittlichen Bildungsniveau weiß, wie man ein Auto repariert – wird dieses Wissen zum Standard und in den Kanon des Allgemeinwissens aufgenommen.
Im Umkehrschluss bedeutet dies: Wenn in deinem Freundeskreis nur Autofreaks sind, welche ihre Autos selbst reparieren und tunen können – zählt dies zum Allgemeinwissen in dieser sozialen Gruppe.
Soziale Gruppen sind aber nicht nur der Freundeskreis, sondern auch Arbeitskollegen und Schulkameraden usw. Und in jeder dieser Gruppen existiert ein anderes Standardwissen. In einem Reisebüro zählt es zum Allgemeinwissen, dass man die Flughäfen, Hauptstädte und Sehenswürdigkeiten der verschiedenen Reiseländer kennt. Bei den Autofreaks ist dieses Wissen kein Allgemeinwissen mehr. Du erkennst den Unterschied oder?
Neben der sozialen Gruppe ist auch die Zeit entscheidend. So zählte es früher zum Allgemeinwissen, dass man wusste – dass Gott die Erde und seine Lebewesen an sechs Tagen erschaffen hat. Heute ist dieses Wissen überholt, also kein Allgemeinwissen mehr und wird lediglich im Religionsunterricht behandelt. Der Standard an Allgemeinwissen hat somit auch etwas damit zu tun, in welcher Zeit wir leben – welches Weltbild die Allgemeinheit hat usw.
Allgemeinwissen ordnet sich immer einer Wertvorstellung unter
Das Allgemeinwissen ist demnach jener Wissensschatz, welchen die Allgemeinheit als wissenswert festgelegt hat. Außerdem muss dieses Wissen ins Weltbild dieser Allgemeinheit passen. Und das Weltbild ist die Vorstellung davon, wie die Welt funktioniert, welche Werte wichtig sind und wie sich daraus eine Wirklichkeit ergibt.
Nun, da das Allgemeinwissen sich in einer gewissen Wertvorstellung einordnen muss, wird diese von der Gesellschaft vorgegeben. Hier ein Beispiel. In Deutschland ist die Evolutionslehre ein Bindeglied in der Biologie, welche zwischen Genetik, Ökologie, Zoologie, Botanik usw. einen Zusammenhang herstellt. Denn durch ökologische Veränderungen in der Umwelt passten sich die Lebewesen an, veränderten ihre Gene und es entstanden neue Arten, welche in der Botanik und Zoologie beschrieben werden.
In fundamentalistischen Gesellschaften, welche auf Religion beruhen und in denen der Wissensstandard ins religiöse Weltbild passen muss, wird die Evolutionslehre abgelehnt und zählt demnach nicht zum Allgemeinwissen. Stattdessen zählen Bibeltexte usw. zum Allgemeinwissen.
Auch die Menschheitsgeschichte muss in die Wertvorstellung eines Volkes passen. Denn durch Geschichte entsteht ein gemeinsames Geschichtsbewusstsein einer Nation, welche an Werten und Moralvorstellung ausgerichtet wird. Und deshalb wird in einem Land wohlmöglich eine andere Geschichtsdarstellung gelehrt als in einem anderen Staat.
Dies führt mitunter dazu, dass gegenwärtige Ereignisse in den einzelnen Ländern ganz unterschiedlich bewertet werden. Ein Beispiel dafür, weshalb man in der westlichen Welt eine andere Bewertung von gegenwärtigen Ereignissen vornimmt als im Nahen Osten, in Asien oder in Afrika. Es existiert eine andere Wertvorstellung, ein anderes Geschichtsbewusstsein und somit auch ein anderes Allgemeinwissen im Bereich Geschichte. Dies lässt sich auf Kultur, Kunst und Musik ausdehnen.
Verfügen diese Menschen über weniger geschichtliches Allgemeinwissen als der Westen? Wohl kaum. Denn was zum geschichtlichen Allgemeinwissen gehört – definieren die Gesellschaften selbst.
Vom Allgemeinwissen zur Allgemeinbildung
Da Allgemeinwissen etwas höchst Subjektives sein kann und von jedem Menschen anders ausgelegt werden kann – braucht es einen Begriff – unter welchem man das Wissen der Allgemeinheit einordnen kann. Dies ist die Allgemeinbildung.
Allgemeinbildung ist demnach die Gesamtheit von Allgemeinwissen in einer Gesellschaft, welche zur Wertvorstellung der Allgemeinheit passt. Dabei ist Bildung immer mit Persönlichkeitsbildung verknüpft. Wer also über ausreichend Allgemeinwissen verfügt, damit allerdings nicht verantwortungsbewusst umgeht – hat keine Allgemeinbildung.
Allgemeinwissen ohne Allgemeinbildung
Falls jemand sein Allgemeinwissen dazu nutzt, um andere Menschen zu erniedrigen, sich über diese zu stellen oder diese dumm dastehen zu lassen – verfügt dieser Mensch zwar über Wissen, kann dieses allerdings nicht in einen vernünftigen Wertekanon einordnen und gilt deshalb als nicht gebildet.
Also falls dir jemand irgendwann mal erklärt, wie dumm du bist – weil du bestimmte Dinge nicht weißt – dann verfügt dieser Oberlehrer über keinerlei Bildung. Denn Wissen ist, neben dem Denken und Kommunizieren, nur ein kleiner Teil der Bildung. Wer nicht Denken, im Sinne von Problemlösen, kann – ist ungebildet. Und jemanden dumm dastehen zu lassen, schafft Probleme – aber löst keine.
Nur wer Probleme lösen kann, ist imstande zu denken. Gepaart mit vernünftiger Kommunikation (gewaltfrei) und dem Wissen, welches die Allgemeinheit als wissenswert festgelegt hat, entsteht so Allgemeinbildung.
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