Die Rückkehr der Wölfe: Vor- & Nachteile, Gefahren & Chancen
„Wolfsansiedlung“ bezeichnet die Rückkehr des Wolfes seit etwa 30 Jahren durch Einwanderung aus Nachbarländern nach Deutschland. Wölfe regulieren Bestände ihrer Beutetieren, gefährden aber gleichzeitig Nutztiere auf der Weide und könnten dem Menschen gefährlich werden.
Inhalt
- 1 Was versteht man unter „Wolfsansiedlung“
- 2 Vorteile der Wolfsansiedlung
- 3 Nachteile der Wolfsansiedlung
- 3.1 Jäger verlieren Einnahmequelle
- 3.2 Für den Menschen potenziell gefährliches Raubtier
- 3.3 Verliert die Scheu vor dem Menschen
- 3.4 Autounfälle sind nicht unbedingt von der Versicherung gedeckt
- 3.5 Abschuss nur vereinzelt möglich
- 3.6 Wolfsansiedlung kostet den Staat Geld
- 3.7 Hohe Entschädigungsleistungen
- 3.8 Annäherung an menschliche Siedlungsgebiete
- 3.9 Verharmlosung und Überhöhung erhöhen das Gefahrenpotenzial
- 4 Die Rückkehr der Wölfe ist ein demographisches Problem
- 5 Zusammenfassung
Was versteht man unter „Wolfsansiedlung“
Der Begriff „Wolfsansiedlung“ lässt vermuten, dass der Wolf gezielt durch den Menschen angesiedelt wird. Das stimmt so aber nicht. Tatsächlich bezeichnet er nur die Entwicklung, dass Wölfe seit einigen Jahren zurück nach Deutschland kommen. Zuvor waren sie etwa 150 Jahre lang ausgerottet.
Seit ungefähr 30 Jahren wandern vereinzelt wieder Wölfe nach Deutschland. Im Jahr 2000 wurde erstmals ein Rudel mit Welpen in Sachsen beobachtet. Das Rudel hatte sich auf einem Truppenübungsplatz angesiedelt.
Die Anzahl der Wölfe in Deutschland nimmt seitdem stetig zu. Überwacht wird die Entwicklung über die Beratungsstelle des Bundes für den Wolf (kurz DBBW). Diese zählt via Wolfsmonitoring Rudel, Paare und Einzeltiere. Für die Zeit von Mai 2022 bis April 2023 wurden 184 Rudel, 47 Paare und 22 Einzeltiere gezählt. Insgesamt erfasste man so 1.339 einzelne Wölfe.
Der Wolf siedelte sich in den letzten 30 Jahren also selbst in Deutschland an. Seitdem hat er sich über das ganze Land ausgebreitet. Ausgenommen Saarland ist er in allen Bundesländern bereits gesichtet worden. Beobachtete Welpen gab es 2022/23 in zehn.
Die meisten Wolfsrudel ziehen sich wie ein Gürtel vom Nord-Sachsen und Süd-Brandenburg nach Nordwesten durch Sachsen-Anhalt und Niedersachsen. Viele Rudel zählt man außerdem in Mecklenburg-Vorpommern. Vereinzelte Sichtungen und Rudel mit Nachwuchs beobachtete man eher südlich davon. In Schleswig-Holstein und Berlin kommt es aber auch immer wieder zu Sichtungen von Tieren, ihren Spuren oder Hinterlassenschaften.
Was kann der Wolf besonders gut
Wölfe besitzen ausgezeichnete Sinne. Ähnlich wie Hunde können Wölfe sehr gut hören und riechen. Sie sind in der Lage, Beutetiere über Kilometer zu wittern und erfolgreich zu verfolgen.
Zusätzlich haben Wölfe sehr gute Augen. Besonders hilfreich bei der Jagd ist ihre hervorragende Nachtsicht. Außerdem ist ihre enorme Ausdauer hervorzuheben. Der Wolf ist ein Hetzjäger. Er verfolgt seine Beute also so lange, bis diese völlig erschöpft ist und leichter zu überwältigen ist. Er arbeitet damit ganz anders als Großkatzen es tun. Diese überraschen ihre Beutetiere. Die Jagd ist nach wenigen 100 m beendet.
Der Wolf legt hingegen jede Nacht bis zu 60 km zurück. Auf dieser Strecke sucht er seine Beute nicht nur, sondern verfolgt sie auch in höherem Tempo.
Wölfe kommen im Rudel
Wölfe erlegen Beutetieren, die teilweise deutlich größer sind als sie selbst und ein Vielfaches wiegen. In kälteren Regionen stehen Elche und Bisons auf ihrer Speiseliste, die sie einzeln niemals überwältigen könnten.
Außerdem erleichtert das Zusammenleben die Aufzucht der Welpen. Normalerweise besteht ein Wolfsrudel aus einem Elternpaar und ihren Welpen der letzten ein oder zwei Jahre. Mit dem Einsetzen der Geschlechtsreife verlassen die Jungwölfe das Rudel, um ein eigenes zu gründen. Das ist meist mit knapp zwei Jahren der Fall, kann aber auch schon mit 10 Monaten soweit sein. Dadurch leben Geschwister mehrerer Würfe zusammen, die bei der Aufzucht der kleinsten helfen.
Gleichzeitig müssen sie sich gegen andere Rudel oder Eindringlinge in ihr Territorium behaupten. Das gelingt eher, wenn man gemeinsam gegen die (oftmals) Einzelgänger vorgeht.
Außerdem sind Wölfe sehr soziale Tiere, die die Interaktion mit Artgenossen brauchen.
Kaum Feinde
Bären können den Wolf überwältigen und töten. In einigen deutschen Zoos und Tiergärten, werden allerdings Braunbären mit Eurasischen Wölfen in einem Gehege zusammen gehalten. Diese sind zusammen aufgewachsen und dementsprechend sozialisiert worden. Zwar könnten Bären einen Wolf töten, tun es aber normalerweise nicht. Denn Wölfe und Bären gehen sich aus dem Weg, bilden unterschiedliche ökologische Nischen (z.B. Allesfresser vs. Fleischfresser).
Zudem sind Wölfe immer Spitzenprädatoren in ihrem Gebiet. Braunbären sind keine spezialisierten Jäger und fressen daher eher kleinere Wirbeltiere und nur gelegentlich größere Säugetiere.
Jungtiere der Wölfe sind da schon eher gefährdet. Denn diese fallen eher großen Raubvögeln wie Eulen und Adlern zum Opfer. Neben dem Menschen ist der größte Feind des Wolfes er selbst. Bei Revierkämpfen kommt es zu blutigen Auseinandersetzungen, bei denen einzelne Tiere auch versterben können.
Was passiert, wenn es keine Wölfe mehr gibt
Ohne den Wolf vermehren sich pflanzenfressende Tiere uneingeschränkt. Sie ernähren sich vor allem von jungen Bäumen und schaden damit dem Wald. Im Extremfall könnten sie ihre eigene Nahrungsquelle dadurch so stark verknappen, dass einzelne Arten aussterben oder abwandern müssen.
Etwas ähnliches kann man immer wieder beobachten. Beispielsweise wanderten Elche im Winter übers Eis auf eine Insel. Auf dieser Insel gab es keine Fressfeinde des Elches, aber Pflanzen, von denen sie sich ernähren.
Innerhalb kurzer Zeit, bis zum Sommer, hatten die Elche die gesamte Insel kahlgefressen. Da die Insel zu weit vom Festland entfernt war, konnten die Elche nicht zurückschwimmen und verhungerten.
Auf Samothraki, einer griechischen Insel, sind es Ziegen, die sich unkontrolliert vermehren und seit einigen Jahren der Vegetation schaden. Die Bodenerosion ist dadurch so verstärkt, dass es immer wieder zu Erdrutschen kommt. Bäume, die die Lawinen aufhalten könnten, fehlen, ebenso kleinere Büsche oder auch nur Gräser.
Seit einigen Jahren nimmt die Population der Ziegen ab, weil kaum noch Weideflächen übrig sind.
Wie viele Wolfsangriffe gibt es in Deutschland
In Deutschland wurden seit der Wiederansiedlung keine Wolfsangriffe gezählt. Es ist kein einziger Fall bekannt, in dem ein Mensch durch einen Wolf verletzt wurde. Haustiere, auch Katzen und Hunde, fallen dem Wolf aber immer wieder zum Opfer.
Vorteile der Wolfsansiedlung
Dass es wieder Wölfe in Deutschland gibt, bringt fünf große Vorteile mit sich. Sie alle hängen direkt miteinander zusammen.
Der Wolf bringt das natürliche Gleichgewicht ins Ökosystem zurück, was letztendlich sogar seinen Beutetieren nützt.
Natürliches Gleichgewicht im Ökosystem
Große Raubtiere gehören ins Ökosystem, um die Bestände der Pflanzenfresser zu kontrollieren. Rehe und Hirsche hatten bis vor wenigen Jahren in Deutschland keine natürlichen Feinde mehr. Sie vermehren sich daher unkontrolliert. Der Wolf dämmt ihren Bestand ein und hält ihn gesund.
Das hat mehrere positive Auswirkungen auf die Natur, die in den nächsten Unterpunkten erläutert werden.
Weniger Verbissschäden an Jungwäldern
Rehe und Hirsche ernähren sich von jungen Pflanzen. Auch junge Bäume stehen auf ihrem Speiseplan. Sie fressen die Triebe, Knospen und Rinde ab, sodass die Bäume oftmals absterben. Das nennt man „Verbissschaden“. Auf lange Sicht überaltert der Wald dadurch.
Es kommt sogar vor, dass das Rehwild dadurch ganze Baumarten in seiner Heimat ausrottet. Rehe fressen gern abwechslungsreich, sodass Bäume, von denen es ohnehin schon wenig gibt, mit Vorliebe abgefressen werden.
Gesündere Populationen von Pflanzenfressern
Wölfe sind zwar erfolgreiche Jäger, bevorzugen aber dennoch schwache oder kranke Beutetiere. Diese sind viel einfacher zu erlegen, sodass der Wolf weniger Kraft aufwenden muss. Zusätzlich sind große Beutetiere in der Lage, den Wolf zu verletzen. Indem er sich auf schwache Individuen konzentriert, verringert er die Gefahr, Rudelmitglieder zu verlieren.
Das führt dazu, dass die Populationen von Reh und Hirsch gesünder werden. Kranke Tiere werden aussortiert und stecken gesunde Artgenossen nicht an. Schwache Individuen, die den Winter nicht überstehen würden, fallen ihm direkt zum Opfer.
Auch genetisch schlecht angepasste Tiere haben weniger Möglichkeiten, sich fortzupflanzen. Dazu gehören auch krankheitsanfällige Tiere Die folgenden Generationen sind daher voraussichtlich stärker und gesünder.
Besseres Grundwasser
Ohne Wölfe würden Kadaver von verstorbenen Beutetieren im Wald liegen bleiben. Diese werden zwar auch von Greifvögeln und kleineren Raubtieren gefressen. Sie gehen dabei aber langsamer vor.
Liegen die Kadaver in der Nähe von Gewässern, senken sie die Wasserqualität. Davon können auch Trinkwasserquellen für den Menschen betroffen sein. Es ist außerdem möglich, dass die Flüssigkeiten aus den Kadavern bis ins Grundwasser gelangen und dieses ebenfalls vergiften.
Mit dem Wolf passiert das nicht. Er frisst täglich zwei bis drei Kilogramm Fleisch. Ein Rehkadaver enthält etwa acht Kilogramm, wobei die Innereien noch dazukommen. Dennoch ist ein Reh kaum genug, um ein ganzes Wolfsrudel für einen Tag zu ernähren. Der Kadaver würde also noch am selben Tag fast restlos verwertet werden.
Weniger Eindämmen durch Jagd von Wild durch den Menschen nötig
Ohne natürliche Feinde war das größte Problem der Rehe und Hirsche in Deutschland jahrelang das Auto. Etwa 200.000 Rehe sterben allein durch Wildunfälle jedes Jahr. Dennoch vermehren sich die Tiere weiterhin unkontrolliert. Die Bestände müssen trotzdem zusätzlich durch den Menschen eingedämmt werden.
Der Wolf löst dieses Problem und hält gleichzeitig die Reh- und Hirschpopulationen gesund.
Nachteile der Wolfsansiedlung
Obwohl es bisher (Stand 2023) keine Angriffe in Deutschland gab, bringt die Wolfsansiedlung auch Nachteile mit sich. Insgesamt gibt es sechs, die ganz unterschiedliche Aspekte behandeln.
Dass in diesem Artikel mehr Nachteile als Vorteile für die Wolfsansiedlung aufgezählt werden, ist nicht wertend zu verstehen. Einzelne Vorteile können deutlich mehr wiegen als die Nachteile. Beispielsweise ist die Tatsache, dass Wölfe den Bestand ihrer Beutetiere regulieren ein stärkeres Argument als ausbleibende Einnahmen für Hobbyjäger. Natürlich sollen sie aber dennoch alle aufgezählt und beleuchtet werden.
Jäger verlieren Einnahmequelle
Hobbyjäger verdienen pro erlegtem Tier Geld. Sie verkaufen das Fleisch des Wilds an Restaurants oder Privatpersonen und finanzieren sich dadurch ihr Hobby.
Wie viel Wild ein Jäger in einem Revier schießen darf, wird immer wieder neu berechnet. Dafür betrachtet man den Verbiss im Wald, der durch die Wölfe natürlich weniger wird.
Das bedeutet, dass mit einer wachsenden Wolfspopulation weniger Wild für Jäger übrigbleibt.
Für den Menschen potenziell gefährliches Raubtier
Männliche Wölfe werden bis zu 80 kg schwer. Ihre Schulterhöhe beträgt 80 bis 85 cm. Damit entsprechen sie in Größe und Gewicht einem ausgewachsenen Bernhardiner.
Ihre Beißkraft ermittelt man durch Betrachtung der Größe ihres Kiefers und ihrer Kiefermuskulatur. Diese Berechnung erstellte die Universität von Sydney. Für den Wolf kamen die Forscher auf eine Beißkraft, die etwa der des Nebelparders entspricht. Den Leopard übertrifft der Wolf sogar um etwa 1/5. Speziell in Indien kommt es gehäuft zu Angriffen durch die Großkatzen, die auch immer wieder tödlich enden.
In Deutschland kam es seit der Wiederansiedlung weder zu tödlichen Angriffen noch zu Verletzungen durch den Wolf. Das Potenzial ist allerdings da.
Verliert die Scheu vor dem Menschen
Wölfe wurden lange verharmlost und teilweise auch glorifiziert. Deshalb verhalten sich viele Menschen falsch, wenn sie einem Wolf begegnen. Teilweise versuchen sie die Tiere sogar zu füttern. Wölfe lernen daraus, dass es in der Nähe des Menschen Nahrung gibt.
Gleichzeitig kommt es zwangsläufig zu mehr Begegnungen zwischen Mensch und Wolf. Auch wenn diese Tiere dabei nicht gefüttert werden, verlieren sie durch den wiederholten Kontakt die Scheu vor dem Menschen. Gepaart mit dem fehlenden Wissen, wie man sich einem Raubtier gegenüber richtig verhält, kann das sehr gefährlich werden.
Autounfälle sind nicht unbedingt von der Versicherung gedeckt
Versicherungen geben oft genau an, welche Wildunfälle von ihnen getragen werden und welche nicht. Das ist sinnvoll, da es auf deutschen Straßen sehr unwahrscheinlich ist, etwa einem Bären oder Känguru zu begegnen. Gegen diese Schäden muss der Versicherte sich also nicht absichern.
Stellt die Versicherung eine Auflistung der übernommenen Tierarten auf, fehlt dort möglicherweise der Wolf. Es kann also gut sein, dass man in einem Gebiet lebt, in dem der Wolf mittlerweile wieder heimisch ist. Kommt es zu einem Unfall, bleibt man dennoch auf den Kosten sitzen.
Abschuss nur vereinzelt möglich
Wölfe sind zwar nicht vom Aussterben bedroht, genießen aber einen strengen Schutzstatus. Das bedeutet, dass sie nicht wie andere Wildtiere in Deutschland einfach zum Abschuss freigegeben werden können. Privatpersonen dürfen ebenfalls keine Fallen aufstellen oder Gift auslegen, die darauf abziehen, Wölfen zu schaden.
Selbst für Problemtiere müssen individuelle Anträge gestellt werden. Reißt ein Wolf wiederholt Nutzvieh oder kam es zu bedrohlichen Begegnungen mit Menschen, kann er zum Abschuss freigegeben werden. Das ist aber immer eine Einzelfallentscheidung. Das bedeutet, dass Bauern möglicherweise viele Verluste verkraften müssen, bis der Problemwolf endlich abgeschossen werden darf.
Das führt auch dazu, dass die Zahl der illegalen Tötungen weiter ansteigt. In den letzten 20 Jahren waren es mindestens 66 Wölfe, die so verstarben. Die illegale Tötung ist dabei für den Wolf sicher schmerzhafter und mit mehr Leid verbunden. Die Menschen, die sich für diesen Schritt entscheiden, machen sich strafbar und riskieren Geld- oder sogar Haftstrafen.
Wolfsansiedlung kostet den Staat Geld
Seit es in Deutschland wieder Wölfe gibt, steigen die Kosten für Herdenschutzmaßnahmen gewaltig. Diese werden in vielen Fällen vom jeweiligen Bundesland getragen, um den Landwirten zu helfen. Sie stellen Material für Schutzzäune und unterstützen finanziell bei der Ausbildung von Herdenschutzhunden.
2020 waren das 9,5 Millionen Euro. Ohne Wölfe bräuchte es weder spezielle Schutzzäune noch Herdenschutzhunde. Eingezäunt sind die Weiden ohnehin. Andere Raubtiere als Wölfe, die auf der Weide gehaltenen Nutztieren gefährlich werden können, gibt es in Deutschland nicht. Knappe 10 Millionen Euro wären daher übrig, wenn der Wolf wieder verschwindet.
Hohe Entschädigungsleistungen
Dieses Argument stimmt. Der finanzielle Schaden, den Landwirte durch von Wölfen gerissene Nutztiere erleiden, wird erstattet, beispielsweise über Versicherungen. Allerdings erhalten sie dafür Festpreise, die nicht unbedingt dem tatsächlichen Wert ihres Tieres entsprechen. Zusätzlich müssen sie sich davon ein neues Tier anschaffen, zahlen also möglicherweise doch drauf.
Hinzu kommt, dass die finanzielle Entschädigung den Landwirten nicht die Angst und Anspannung nimmt. Schließlich könnten jeden Tag neue Tiere von ihnen durch den Wolf sterben.
Gleichzeitig muss man aber auch sagen, dass der Staat Bauern Material stellt, um Schutzzäune zu bauen. Außerdem werden die Kosten für die Ausbildung von Herdenschutzhunden übernommen.
Diese Möglichkeiten sind von Bundesland zu Bundesland verschieden.
Annäherung an menschliche Siedlungsgebiete
Man kann davon ausgehen, dass der Wolf näher an den Menschen kommen wird. Schließlich verliert er vielerorts bereits die Scheu vor ihm, was sehr gefährlich werden kann. Allerdings würde es nicht zu einer unkontrollierten Ausbreitung und Vermehrung kommen. Die Anzahl der Wölfe ist direkt an das Beuteangebot gekoppelt.
Leben zu viele Rudel in einem Gebiet, schrumpft die Population der bevorzugten Beute. Entsprechend würden in den darauffolgenden Jahren weniger Wölfe überleben, was den Beutetieren Zeit zur Erholung gibt.
Solche Aufs und Abs gibt es in jeder Räuber-Beute-Konstellation. Wichtig dabei ist nur, dass der Mensch wieder lernt, neben dem Wolf zu leben. Ist das Leben in seiner Nähe angenehm, gibt es keinen Grund für den Wolf, sich wieder weiter zurückzuziehen.
Verharmlosung und Überhöhung erhöhen das Gefahrenpotenzial
Vor wenigen 100 Jahren wurde Wölfe als blutrünstige Raubtiere, die Menschen angreifen, verteufelt. Das ist einer der Hauptgründe für ihre Jagd bis zur Ausrottung in Deutschland. Auch andere große Raubtiere, die dem Menschen gefährlich werden können, gibt es hier nicht mehr. Lediglich Wildschweine, speziell Bachen mit Frischlingen, würden in deutschen Wäldern auf Menschen losgehen. Auch hier kommt es normalerweise nur zu gefährlichen Begegnungen, wenn die Menschen die Wege verlassen.
Wie wir uns verhalten, wenn wir einem Wolf gegenüberstehen, wissen wir nicht mehr. Wohl auch, um die Wiederansiedlung zu rechtfertigen, wurden Wölfe viele Jahre stark verharmlost. Sie würden vor dem Menschen flüchten und ihn niemals angreifen. Stünde man doch einem Wolf gegenüber, bräuchte man nur in die Hände klatschen oder schreien, um ihn zu vertreiben.
Das stimmt so nicht. Gerade weil Wölfe in Deutschland immer öfter auf Menschen treffen, verlieren sie die Angst vor uns. Das bedeutet nicht, dass jede Begegnung mit einem Wolf in einem Angriff endet. Allerdings erhöht das definitiv das Gefahrenpotenzial.
Ein Argument gegen den Wolf ist das dennoch kaum. In vielen Ländern der Erde teilen sich Menschen ihren Lebensraum mit sehr bedrohlichen Tierarten. Sie wissen, wie sie damit umzugehen haben. Entsprechend wäre es viel besser, der deutschen Bevölkerung wieder beizubringen, wie sie sich gegenüber Wölfen verhalten müssen. Ein erneutes Vertreiben ist dank seines Schutzstatus ohnehin nicht möglich.
Beispielsweise leben in vielen Staaten der USA Pumas. Die Raubkatzen sind groß genug, um dem Menschen gefährlich zu werden. Dennoch werden kaum Angriffe verzeichnet. In Washington waren es in den letzten 100 Jahren nur 20, von denen lediglich zwei tödlich endeten. In Colorado starben drei Personen in den letzten 30 Jahren durch Pumaangriffe.
Natürlich gäbe es diese Toten nicht zu beklagen, wenn man die Raubtiere in den Bundesstaaten ausrotten würde. Es kann aber nicht die Lösung sein, jedes Tier, das eine potenzielle Gefahr darstellt, bis zum Letzten zu jagen.
Die Rückkehr der Wölfe ist ein demographisches Problem
Stadtmenschen haben kaum Berührung mit dem Wolf. Dennoch sprechen sich viele Stadtbewohner dafür aus, dass die Tiere geschützt werden sollten.
Menschen auf dem Land kommen in Berührung mit dem Wolf, deren Reviere direkt am Ort liegen. Demnach entsteht auf dem Land eine viel größere Skepsis gegenüber der Wolfsansiedlung. Dadurch tendiert die Landbevölkerung auch eher dazu, dass es Abschussquoten für Wölfe geben muss, dass Bestände reguliert werden.
Wer vom Land kommt und gesehen hat, dass Wölfe einen Bullen gerissen haben – kann sich gedanklich ausmalen, was die Raubtiere einem selbst antun können.
Demnach repräsentiert die Debatte, ob Wölfe zu den heimischen Tieren gehören oder nicht, auch eine Kluft zwischen Land- und Stadtbevölkerung.
Zusammenfassung
- „Wolfansiedlung“ bezeichnet die natürliche Entwicklung der Rückkehr des Wolfes aus Nachbarländern nach Deutschland, nicht seine künstliche Ansiedlung durch den Menschen.
- In Deutschland leben (Stand 2022/23) mindestens 1.339 Wölfe, die sich hauptsächlich im Osten und Nordosten aufhalten.
- Wölfe haben einen sehr guten Geruchs- und Gehörsinn und außerdem eine hervorragende Nachtsicht.
- Im Rudel sind Wölfe in der Lage, Beutetiere, die deutlich größer sind als sie selbst, zu erlegen.
- In Deutschland gab es (Stand 2023) keinen Wolfsangriff.
- Es gibt fünf Vorteile der Wolfsansiedlung.
- Der Wolf stellt das natürliche Gleichgewicht wieder her, indem er Bestände seiner Beutetiere kontrolliert.
- Die Kontrolle verringert Verbissschäden an Jungwäldern, wodurch diese sich erholen können.
- Der Wolf jagt hauptsächlich kranke und schwache Tiere, sodass die Bestände gesünder werden.
- Kadaver werden vom Wolf fast vollständig verwertet, sodass sie nicht liegen bleiben und das Grundwasser verschmutzen können.
- Der Wolf übernimmt die Aufgabe des Jägers, sodass dieser weniger Wild schießen muss.
- Die Wolfsansiedlung bringt sechs Nachteile mit sich.
- Die Anzahl der Vor- und Nachteile lässt keine Wertung darüber zu, ob die Ausbreitung des Wolfes in Deutschland positiv oder negativ ist.
- Die Wölfe nehmen Hobbyjägern ihre Einnahmequelle, da diese das Fleisch geschossener Tiere verkaufen würden.
- Die Beißkraft des Wolfes reicht problemlos aus, um dem Menschen gefährlich zu werden.
- Wölfe in Deutschland sind weniger scheu, sodass es leichter zu gefährlichen Begegnungen kommt.
- Bei Wildunfällen mit Wölfen haftet nicht jede Versicherung, sodass der Fahrzeughalter seine Kosten möglicherweise allein tragen muss.
- Der Schutzstatus des Wolfes macht den Abschuss selbst für gefährliche Problemtiere aktuell kompliziert.
- Der Staat gibt jährlich etwa 10 Millionen Euro für Schutzmaßnahmen gegen den Wolf aus.
- Die finanzielle Entschädigung, wenn Nutzvieh gerissen wird, spiegelt nicht unbedingt den tatsächlichen Wert des Tieres wider.
- Eine unkontrollierte Ausbreitung des Wolfes ist unmöglich, da er von seinen Beutetieren abhängig ist.
- Damit der Wolf für den Menschen weniger gefährlich wird, müssen wir wieder lernen, bei Begegnungen richtig zu handeln.