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Paarungszeit am Beispiel von Rotwild erklärt


Die Paarungszeit bezeichnet die Zeitspanne innerhalb eines Jahres, in der sich bestimmte Tierarten paaren. Dabei wird die Paarungszeit vom Zyklus des weiblichen Tieres bestimmt und durch das Freisetzen von Duftstoffen ausgelöst. Zeitpunkt, Länge, Häufigkeit und die besonderen Merkmale der Paarungszeit unterscheiden sich je nach Tierart. Und je nach Tierart wird die Paarungszeit mit einem anderen Namen bezeichnet. So spricht man von Rolligkeit bei der Katze, von Balzzeit bei Vögeln oder von Brunft bei Paarhufern wie dem Rothirsch.

Was versteht man unter Rotwild?

Rotwild ist Jägersprache für Rothirsche. Nicht nur die männlichen, sondern auch die Hirschkühe. Der Name geht auf die rotbraune Farbe zurück, die das Fell dieser Tiere im Sommer annimmt.

Beim Rotwild leben weibliche und männliche Tiere die meiste Zeit des Jahres getrennt. Die weiblichen Tiere leben mit ihren Kälbern, also den Jungen desselben Jahres, sowie den Jungen des Vorjahres (Spießer für die Männchen und Schmaltiere für die Weibchen) in sog. Kahlwildrudeln. Männliche Tiere leben v.a. im Frühjahr und Sommer zusammen, in den sog. Feistrudeln. Diese heißen so nach der Feistzeit.

Die Feistzeit ist eine wichtige Vorbereitung auf die Paarungszeit und geht dieser direkt voraus. Rothirsche werfen ihr Geweih Ende Februar bis April ab. Es wächst dann wieder nach und ist im Juni vollendet. Zwischen Juni und August reiben die Hirsche ihren Bast an Bäumen und Sträuchern. Der Bast ist die Haut, welche das Geweih umgibt. Dieses Abreiben nennt man in der Fachsprache Fegen.

Gleichzeitig fressen sich die Tiere auch Fettreserven für die bevorstehende Brunft an. Diese Spanne zwischen Juni und August nennt man Feistzeit. In diesen Monaten werden sowohl das Geweih aufgebaut, als auch die Energiereserven gespeichert. Denn beide werden bei der folgenden Brunft gebraucht.

Zeit und Ort der Brunft

Im September und Oktober begeben sich die Hirschkühe mit ihren Jungen zu den traditionellen Brunftplätzen. Die Hirsche folgen ihnen in langen Wanderungen. Dort angekommen bilden sich dann sog. Brunftrudel, in denen nun männliche und weibliche Tiere zusammentreffen. Der Hirsch einer solchen Gruppe heißt Platzhirsch.

Wie läuft die Paarungszeit beim Rotwild ab?

An der Brunft beteiligen sich nur die ausgewachsenen Hirsche, also Tiere zwischen sechs und zwölf Jahren. Als Platzhirsch führen sie ein Brunftrudel an und versuchen, es gegen Rivalen zu verteidigen. Dieser Wettkampf um die Hirschkühe dauert etwa drei bis sechs Wochen und läuft nach festen Ritualen ab.

Zunächst markieren die Platzhirsche ihren Brunftplatz mit einer Flüssigkeit aus der Voraugendrüse. Der Geruch ist so stark, dass er auch von Menschen wahrgenommen wird. Den anderen Hirschen signalisiert der Duft, dass das Rudel dieses Territoriums bereits vergeben ist.

Der Platzhirsch stellt nun seine Größe und Stärke zur Schau, um andere Hirsche von dem Versuch abzuschrecken, sich an „seinem“ Rudel zu versuchen. Lautes Röhren, das Aufwühlen des Bodens mit dem Geweih oder das Schlagen des Geweihs gegen Bäume senden eine deutliche Botschaft: Jeder Eindringling bekommt es mit einem starken, kampfbereiten Hirsch zu tun. Den meisten jungen Hirschen ist dies Warnung genug und sie verzichten darauf, den Platzhirsch herauszufordern.

Wenn sich mutigere Rivalen dem Territorium des Platzhirsches nähern, demonstriert dieser seine eindrucksvolle Größe aus nächster Nähe. Seine lange Brunftmähne, die sich extra für die Paarungszeit bildet, macht ihn optisch größer und kräftiger. Im sog. Parallelmarsch, bei dem die potentiellen Gegner parallel zueinander einherschreiten, zeigt der Platzhirsch dem Rivalen die imposante Breitseite und verwehrt ihm so Zugang zum Territorium.

Röhren, das Wühlen und Schlagen mit dem Geweih sowie der Imponierschritt sind Drohgebärden. Sie zielen darauf, einen Kampf zu vermeiden.

Doch gleichstarke Gegner lassen sich nicht einschüchtern und lassen es auf einen Kampf ankommen. Dabei prallen die beiden Hirsche mit den Geweihen frontal aufeinander und schieben sich gegenseitig über den Brunftplatz. Spürt einer von beiden, dass er den Kampf nicht zu seinen Gunsten entscheiden kann, ergreift er die Flucht. Denn der Kampf zwischen Hirschen ist nicht ungefährlich. Das sog. Forkeln, bei dem der Hirsch mit seinem Geweih angreift, kann zu schweren und bisweilen tödlichen Verletzungen führen. Und nach der Paarungszeit weisen die meisten Hirsche Verletzungen am Geweih, an Augen und Gliedern auf.

Die Brunftzeit bedeutet großen Stress für die Hirsche. Der Platzhirsch befindet sich wochenlang in der Situation, sein Rudel gegen Herausforderer verteidigen zu müssen. Die Herausforderer beobachten die Platzhirsche und versuchen sich im Kräftemessen. Sie wollen testen, ob sie einen besiegbaren Gegner finden können.

Dabei kommt die Nahrungsaufnahme (das sog. Äsen) zu kurz. Dadurch verlieren die Hirsche an Gewicht. Kommt es zum Kampf, ist dieser sehr kräftezehrend. Die in der Feistzeit angefressenen Fettreserven sind schnell aufgebraucht. In dieser schweren Zeit haben nur die stärksten Hirsche eine Chance, ein Rudel zu verteidigen oder einem Platzhirsch abzugewinnen. Das ist auch Sinn und Zweck der Brunft. Denn auf diese Weise wird sichergestellt, dass nur die gesündesten und stärksten Tiere sich fortpflanzen. Die Nachkommen eines solchen Vaters haben die größten Chancen, das Erwachsenenalter zu erreichen und sich selbst wieder fortzupflanzen.

Das Ende der Brunft und die Paarung des Rotwildes

Mit der Paarung endet die Brunftzeit. Entweder hat der Platzhirsch sein Rudel erfolgreich verteidigt oder ein Herausforderer das Rudel gewonnen. Der alte oder neue Platzhirsch kann sich nun mit den Hirschkühen des Rudels fortpflanzen.

Danach trennen sich wieder die Wege von männlichen und weiblichen Tieren. War die Paarung erfolgreich, beträgt die Tragzeit (also die Schwangerschaft der Hirschkuh) etwa 8 bis 9 Monate. Ende Mai bis Anfang Juni, wenn der warme Sommer mit reichem Nahrungsangebot bevorsteht, kommt zumeist ein einzelnes Kalb zur Welt.

Das Nahrungsangebot hilft v. a. der Mutter, denn das Kalb wird bis etwa Dezember gesäugt. Zur Geburt zieht sich die Hirschkuh zurück und vertreibt das Kalb des Vorjahres. Dieses darf sich wieder der Mutter mit dem Neugeborenen anschließen. Zum Kahlrudel kehrt die Hirschkuh erst zurück, wenn das Kälbchen ihr folgen kann.

Paarungs- und Brunftzeit des Rothirsches sind ein Mittel zur Auswahl. Durch die lange Wanderung zu den Brunftplätzen sowie durch die kraftzehrenden Brunftrituale ist die Paarungszeit so gestaltet, dass nur die gesündesten und stärksten Hirsche ihre Gene weitergeben. Auf diese Weise wird eine gesunde Nachkommenschaft und damit das Überleben der Art gesichert.


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