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Partnerwahl: Wie stark beeinflussen Gene das Paarungsverhalten


Unter Partnerwahl versteht man, das Vorgehen eines Individuums bei der Suche nach Beziehungs- und Sexualpartnern. Dieser Prozess findet keineswegs willkürlich oder zufällig statt. Denn sowohl genetische, evolutionär biologische und psychologische Faktoren beeinflussen die Partnerwahl.

Wieso?
Die Aufzucht von Kindern ist ohne Frage sehr aufwändig. Daher war es in der frühen Menschheitsgeschichte wichtig, dass unsere männlichen Vorfahren Nahrung beschafften und Schutz boten, während die Frau mit Schwangerschaft und Kinderbetreuung beschäftigt war.

Gesundheit spielte bei beiden Geschlechtern eine wichtige Rolle. Die Frau musste gesund sein, um die Schwangerschaft zu überstehen und sich um die Nachkommen kümmern zu können. Um seine Familie zu beschützen, Ressourcen zu erwerben und seinen Status in der Gruppe zu wahren, musste auch der Mann gesund und stark sein. Diese Umstände führten zu der Entwicklung geschlechtsspezifischer Präferenzen, die bei der Partnerwahl aktiv werden.

Bei der Wahl unserer Beziehungspartner werden verschiedene Faktoren abgewogen. Bestimmte Partner kommen allerdings gar nicht zur Fortpflanzung in Frage. Geschwister zum Beispiel. Weiter unten im Text findest du Informationen darüber, wie sich die Präferenzen der Geschlechter unterscheiden, wie das Inzesttabu erklärt werden kann und wie das Verhältnis von Großeltern zu ihren Enkeln vom Geschlecht des eigenen Kindes beeinflusst wird.

Das Geschlecht entscheidet über die Präferenzen bei der Partnerwahl

Die evolutionären Programmpunkte sind auch heute noch vorhanden.
Bei der Analyse von Partnerschaftsanzeigen in deutschen Zeitungen wurde deutlich, dass Frauen es eher auf gut situierte Männer anlegen. Dieses Phänomen besteht allerdings nicht nur hierzulande, sondern kann kulturübergreifend beobachtet werden. Sogar dann, wenn eine Frau selbst sehr gut verdient, sucht sie häufig nach einem Mann, dessen Einkommen das ihre noch übertrifft.

Auch über Intelligenz sollte der Partner verfügen, da diese sich positiv auf die Beschaffung von Ressourcen und den sozialen Status auswirkt. Bei Männern hingegen spielt die Intelligenz der Partnerin nur bedingt eine Rolle. Zwar wünschen sie sich für eine langfristige Beziehung eine intelligente Partnerin, doch bei einem One-Nights-Stand ist ihnen dieser Aspekt nicht besonders wichtig.

Was gilt als psychologisch attraktiv?

Die Präferenzen der Männer liegen auf der körperlichen Attraktivität der Frau sowie auf deren Jugend.
Denn in Bezug auf die Fortpflanzung wird die physische Attraktivität als ein Indikator für Gesundheit wahrgenommen.

Was als attraktiv empfunden wird, ist zwar kulturell geprägt. Doch in einigen Punkten gibt es auch zwischen den Kulturen große Gemeinsamkeiten. Generell gelten durchschnittliche und symmetrische Gesichter als attraktiv. Auch weibliche Merkmale, die mit dem Einfluss des Hormons Östrogen assoziiert werden, werden bevorzugt. Dazu gehören beispielsweise eine kleine untere Gesichtspartie, große Augen, volle Lippen und hohe Wangenknochen.

Da eine Schwangerschaft dem weiblichen Körper viel abverlangt, ist der Punkt Gesundheit hinsichtlich der Genweitergabe des Mannes von Belang. Will der Mann seine Gene an die nächste Generation weitergeben, braucht es eine gesunde Frau, welche die Nachkommen austragen und aufziehen kann.

Und ein junges Alter wird bevorzugt, weil hier die Chancen auf eine Schwangerschaft noch höher sind. Denn Frauen jenseits der Menopause können keine Kinder mehr bekommen. Während Männer bis ins höhere Alter reproduktionsfähig bleiben, weisen Frauen eine kürzere Reproduktionsphase auf. Die sprichwörtliche „biologische Uhr“ tickt also.

Frauen sind bei der Partnerwahl vorsichtiger als Männer

Was die Suche nach einem Sexualpartner angeht, sind Männer aufgrund der eben genannten Punkte auch weniger zurückhaltend als Frauen.

Mit einer Schwangerschaft gehen viele gesundheitliche Risiken einher, von denen Männer nicht betroffen sind. Um ihre Gene weiterzugeben, könnten sie daher theoretisch mit unendlich vielen Frauen Nachkommen zeugen, während Frauen „nur“ ein paar Mal in ihrem Leben Kinder bekommen können. Ihre Genweitergabe ist begrenzter als die der Männer.

Das zeichnet sich auch in dem jeweiligen Verhalten der Geschlechter ab. Eine Studie vom Clark und Hatfield am Ende der 1980er Jahre zeigt, dass auch die Pille als Verhütungsmaßnahme nicht viel am Sexualverhalten der Frauen in Bezug auf die Partnerwahl änderte. In ihrer Untersuchung ließen sie eine attraktive Frau und einen attraktiven Mann jeweils Personen des anderen Geschlechts fragen, ob diese mit ihr beziehungsweise ihm Essen gehen würden, mit nach Hause kommen oder mit ihm beziehungsweise ihr schlafen würden.

Während die Antworten auf die Essenseinladung bei beiden Geschlechtern noch gleich ausfiel (sowohl die Hälfte der Männer als auch die Hälfte der Frauen nahmen die Einladung zum Essen an), lehnten wesentlich mehr Frauen als Männer die Einladung ab, mit dem/der Fragenden nach Hause zu kommen (69 Prozent der Männer wären mit zu der Frau nach Hause gegangen, jedoch nur sechs Prozent der vom fremden Mann eingeladenen Frauen).

Der größte Unterschied zwischen Männern und Frauen zeigte sich in der Antwort auf die Frage, ob sie mit der fremden Frau beziehungsweise dem fremden Mann schlafen würden. Während 75 Prozent der befragten Männer mit „ja“ antworteten, ging keine der Frauen auf diesen Vorschlag ein.

Rein biologisch und in Bezug auf die Fortpflanzung betrachtet sollten Frauen bei einmaligen sexuellen Kontakten eher vorsichtig sein, während Männer hinsichtlich der Verbreitung ihrer Gene jede Chance zur Reproduktion nutzen sollten. Ob letztendlich ein Kind bei diesen Kontakten entsteht oder überhaupt beabsichtigt ist, hat somit keinen besonders großen Einfluss auf das Sexualverhalten.

Warum existiert ein Inzesttabu?

Man könnte sich fragen, ob unsere Gene unsere Partnerwahl beeinflussen oder eher der soziobiologische Kontext.
Mit unseren Geschwistern teilen wir die Hälfte unseres Erbguts. Daher wäre es rein biologisch betrachtet bereits unklug, mit ihnen Nachkommen zu zeugen. Denn durch den hohen gemeinsamen Genanteil steigt auch die Wahrscheinlichkeit, Erbkrankheiten an die Kinder zu übertragen. Doch auch Herzfehler oder geistige Behinderungen sind potenzielle Folgen von Inzest bei den Nachkommen.

Die Tabuisierung oder auch das Verbot von Inzest kann sowohl kulturell als auch soziobiologisch erklärt werden. Gesellschaftliche Verbote von Inzest gehen auf negative Erfahrungen mit diesem Thema in der Vergangenheit einher. Traten vermehrt bestimmte Erkrankungen bei Nachkommen aus beispielsweise Adelsfamilien auf, bei denen die „edle Blutlinie“ reingehalten werden sollte und außerfamiliäre Ehepartner nicht in Frage kamen, könnte dieser Umstand zur kulturellen Ablehnung von Inzest geführt haben.

Doch da auch im Tierreicht ein Inzesttabu beobachtet werden kann, ist die kulturelle Erklärung nicht ganz haltbar. Es scheint ein biologisch begründetes Tabu zu existieren, was bei den Menschen kulturellen Schwankungen unterliegt.

Wer sich seit Kindheitstagen kennt, schläft nicht miteinander

In Tierstudien zeigte sich beispielsweise an Mäusen, dass diese ihre Geschwister nur als Sexualpartner ausschlossen, wenn sie mit ihnen zusammen aufgewachsen waren.

Die bloße genetische Verwandtschaft scheint daher kein Garant dafür zu sein, dass Geschwister keine sexuellen Beziehungen eingehen. Denn es zeigte sich auch, dass die Mäuse sich auch nicht mit den Artgenossen paarten, welche nicht mit ihnen verwandt waren. Und zwar dann, wenn sie zusammen mit ihnen aufwuchsen.

Dieses Phänomen lässt sich auch beim Menschen feststellen. Ein Beispiel dafür ist ein früheres soziales Entwicklungs- und Sozialisationsmodell in Israel. Nicht miteinander verwandte Kinder wachsen in Gruppen gemeinsam aus und die Eltern kümmern sich zusammen um die Kinder. Die Gruppengemeinschaft bleibt so lange bestehen bis die Kinder später in den Militärdienst eintreten. Anschließend trennen sich die Wege. Obwohl hier ein recht liberales Verhältnis zur Sexualität besteht, pflegen diese nicht miteinander verwandten Kinder im Jugend- und Erwachsenenalter keine Liebesbeziehungen zueinander.

Die soziobiologische Inzesthypothese scheint sich außerdem auch in der Sim Pua Heirat zu bestätigen. Im alten China wurden die Nachkommen bereits als Babys miteinander verheiratet, wobei eine teure Zeremonie entfällt. Außerdem muss die Familie der späteren Braut so ein Kind weniger aufziehen und auch kein Brautgeld in die Hand nehmen. Die Mädchen wachsen in der Familie ihres späteren Mannes und zusammen mit diesem auf. Nach der Pubertät werden die beiden offiziell verheiratet. Doch die Ehen werden überdurchschnittlich häufig geschieden und es gehen auch kaum Kinder aus diesen Verbindungen hervor. Stattdessen kommt es zu mehr außerehelichen Affären.

Großeltern schenken den Nachkommen ihrer Töchter mehr Aufmerksamkeit

Eine Frau kann sich ihrer Mutterschaft sicher sein – bei den Männern sieht es anders aus.
Männer können sich (zumindest ohne einen Vaterschaftstest) niemals zu hundert Prozent sicher sein, dass ein Kind wirklich ihr eigenes ist. Frauen hingegen durchstehen eine Geburt und halten im Anschluss ein Baby im Arm, von dem sie ganz sicher sein können, dass es ihr eigenes ist.

Die Hälfte ihrer eigenen Gene befindet sich definitiv in diesem neuen Menschen. Ein Mann kann sich da nicht sicher sein. Es könnte eins seiner Spermien gewesen sein, das zur Entstehung des Babys beigetragen hat. Vielleicht ist der Vater jedoch auch ein anderer Mann. Diese Unsicherheit beziehungsweise Sicherheit des eigenen genetischen Anteils an dem Kind zeigt sich auch im Verhalten der Großeltern.

Mütter können sich sicher sein, dass das Kind ihrer Tochter wirklich ihr Enkelkind ist. Beim Kind ihres Sohnes sieht es schon wieder anders aus. Wenn dieser sich nicht einmal sicher darüber sein kann, dass er der biologische Vater seines Kindes ist, kann die Großmutter sich auch nicht über die eigene Verwandtschaft zu ihren Enkeln gewiss sein. Das führt unbewusst dazu, dass Großmütter weniger in die Kinder ihrer Söhne als in die ihrer Töchter investieren.

Dies betrifft sowohl den zeitlichen Aufwand bei der Unterstützung zur Kindeserziehung als auch die materielle Zuwendung. Je größer die Unsicherheit der Verwandtschaft, desto weniger wird auch in Geschenke investiert. Diese Erkenntnis kann allerdings nicht vorbehaltlos stehen gelassen werden.

Es ist nicht allein die Genetik entscheidend

Denn es spielen noch weitere Faktoren eine Rolle dabei, wie sich das Verhältnis zwischen den Großeltern und den Enkeln entwickelt – unabhängig vom Geschlecht.

Zum Beispiel ist die räumliche Nähe ein Aspekt, der zu dieser Beziehung einen großen Beitrag leistet. Wohnt eine Frau mit ihren Kindern und dem Ehemann in direkter Nähe zu ihren Schwiegereltern und hat kaum Kontakt zu den eigenen Eltern, dann sehen ihre Schwiegereltern die Enkel natürlich häufiger. Das wirkt sich in der Regel auch positiv auf die Bindung zwischen Oma/Opa und Enkelkind aus. Damit gehen dann auch Investitionen von Ressourcen wie Zeit und Geld einher, jedoch auch in Sachen Zuneigung und Fürsorge.

Zusammenfassung

  • Da sich die Fortpflanzungsstrategien von Männern und Frauen unterscheiden, haben sich im Laufe der Evolution auch verschiedene Präferenzen bei der Partnerwahl herausgebildet. Während Frauen einen höheren Wert auf Ressourcen und Status legen, sind Männer mehr an Schönheit, Jugend und der damit zusammenhängenden Fruchtbarkeit interessiert.
  • Männer haben in Bezug auf die Fortpflanzung geringere biologische Kosten zu tragen als Frauen. Sie können ohne großen Aufwand viele Nachkommen mit verschiedenen Frauen zeugen.
  • Frauen hingegen gehen bei der Partnerwahl mit mehr Bedacht vor, um die bestmöglichen Gene für ihre Nachkommen zu finden und gleichzeitig jemanden, der mit Ressourcen und Schutz dienen kann.
  • Dies ist der Grund, weshalb Männer eine Einladung zu einem One-Night-Stand mit einer wesentlich größeren Wahrscheinlichkeit annehmen als Frauen.
  • Die soziobiologische Inzesthypothese liefert einen Grund dafür, warum kein Nachwuchs mit Geschwistern gezeugt wird. Denn um Krankheiten beim Nachwuchs zu verhindern, findet keine Reproduktion unter Individuen statt, die miteinander aufgewachsen sind.
  • Die Inzesthypothese gilt sowohl für Mäuse als auch für Menschen (sowie für andere Spezies) und greift auch dann, wenn die Individuen nicht miteinander verwandt sind.
  • Männer können sich nicht sicher sein, ob ihre Kinder wirklich die eigenen Nachkommen sind. Daher ist auch die Verwandtschaft zwischen den Eltern und ihren Enkeln nicht gesichert. Das kann zur Folge haben, dass Großeltern mehr in die Kinder ihrer Töchter investieren als in die ihrer Söhne. Das Verhalten hängt allerdings zusätzlich von anderen Faktoren ab, die nichts mit der Genetik oder dem Geschlecht zu tun haben.

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