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Cocktailparty Effekt: Entstehung, Beispiele, Hintergründe, Nachweise


Der Cocktailparty Effekt bzw. das Cocktailparty Phänomen wird auch als intelligentes oder selektives Hören bezeichnet. Das Phänomen beschreibt die Fähigkeit eines Menschen, aus bestimmten Schallwellen gewisse Anteile zu wählen (selektieren) und diese dann gesondert zu extrahieren.

Etwas umgangssprachlicher gesprochen, kann man sagen – dass der menschliche Gehörsinn in der Lage ist, bestimmte Worte, Stimmen oder Geräusche aus der Umgebung herauszufiltern und dafür andere Geräusche in den Hintergrund zu schieben. In der wissenschaftlichen Psychologie, speziell der Wahrnehmungspsychologie, wurde der Cocktail-Effekt untersucht und nachgewiesen.

Was ist der Cocktailparty Effekt

Auf einer Cocktailparty ist es gewöhnlich laut. Die Umgebungsgeräusche sind gewöhnlich so enorm, dass man kaum ein Gespräch zu einer anderen Person aufbauen kann. Dennoch werden diese Geräusche so weit unterdrückt, dass ein Gespräch zwischen zwei Personen stattfindet.

Die selektive Aufmerksamkeit ruht demnach auf dem Gesprächspartner. Nicht zum Gespräch gehörende und somit irrelevante Merkmale der Umgebung werden unbewusst ausgeblendet und der Fokus liegt auf der Stimme des Partners.

Die Stimme des Gesprächspartners bildet somit den Reiz, welcher durch das eigene Gehör geschickt und meistens unbewusst herausgefiltert wird. Die Fokussierung liegt dabei auf der Stimmlage des Partners. Hintergrundgeräusche werden ebenfalls unbewusst unterdrückt bzw. erreichen nicht die Bewusstseinsschranke.

Sobald ein neuer Reiz auftritt, kann die selektive Wahrnehmung schnell wechseln. So kann es auf der Cocktailparty auch vorkommen, dass der eigene Name aus irgendeinem Grund fällt. Sobald eine Person ihren eigenen Namen hört, wechselt die Aufmerksamkeit in Richtung des Namenssprechers. Nun ist es mitunter sogar möglich weitere Worte desjenigen zu hören, welcher den Namen aussprach und dies obwohl derjenige weit weg sitzen bzw. stehen könnte.

Der neue Reiz ist demnach der eigene Name, welcher die Aufmerksamkeit umlenkte. Der Gehörssinn fokussiert sich dann auf die Stimmlage des Namensrufers, wodurch das selektive Hören in diese Richtung stattfindet.

Entstehung und Hintergründe

Das menschliche Gehör ist in der Lage, Umgebungsgeräusche zu unterdrücken. Dabei kann der Schall zwischen 9 bis 15dB betragen, um gezielt zurückgedrängt zu werden. Dadurch können die lokalisierten Schallwellen zwei- bis dreimal lauter wahrgenommen werden als die unterdrückten Störgeräusche.

In einer störbehafteten Umgebung ist der Mensch somit in der Lage, einen bestimmten Ton, Stimme oder Geräusch wahrzunehmen und diesen gezielt zu selektieren.

Durch Richtungshören, was durch zwei Ohren möglich ist, kann dann die Richtung der Geräuschquelle bestimmt werden. Dies ist möglich, da Schallwellen beide Ohren zu unterschiedlichen Zeitpunkten erreichen. Dieser minimale Unterschied reicht aus, um dann das Ohr zu bestimmen – welches zuerst empfing. Dadurch kann die Richtung bestimmt werden aus der das Geräusch kam.

Durch die Richtung ergibt sich dann die Lokalisierung der Quelle. Ist die Richtung bekannt, kann der Gehörsinn gezielt Schallanteile extrahieren bzw. herauszufiltern und andere unbeachtet zu lassen.

Dennoch ist der menschliche Gehörsinn weitestgehend ungerichtet. Schließlich werden Schallwellen überlagert und gebündelt und treffen zusammen auf das Ohr. Aber dennoch ist das menschliche Gehör so konzipiert, dass bestimmte Bereiche zugordnet werden können. In einem Konzert können bestimmte Musikinstrumente herausgehört werden. Im Gespräch können Stimmen den Personen zugordnet werden und Vogelkundige hören die Vogelstimmen aus einem Gesamtgezwitscher im Wald gezielt heraus.

Dies ist möglich, da das Gehirn die eigentliche Tonübersetzung vollzieht. Denn die Schallwellen werden lediglich ans Trommelfell geschickt und setzen dies in Schwingung. Nervenzellen übersetzen die Reizung und leiten diese ans Gehirn weiter, wo dann der Ton entsteht und dessen Bedeutung zugeordnet wird.

Durch das retikuläre Aktivierungssystem im Gehirn, welches auch für Orientierung und Richtungsbestimmung zuständig ist, werden relevante Ergebnisse sofort aktiviert.

Warum kann man seinen eigenen Namen oft hören, obwohl es ringsherum laut ist

Der eigene Name hat eine hohe individuelle Bedeutung. Diese Bedeutung wird allerdings auch vom Gehirn gesteuert. Menschen, welche ihre Namen nicht kennen bzw. vergessen haben, geben diesem auch keine Bedeutung. Für diese Menschen ist das Hören des eigenen Namens lediglich ein Begriff unter vielen.

Wer seinen Namen allerdings kennt, wird hellhörig, sobald er ihn hört. Denn dabei wird das retikuläre Aktivierungssystem im Gehirn angesprochen, welches aus allen einprasselnden Reizen die wichtigsten bestimmt und diese ins Bewusstsein überführt. Würde es diese Schranke nicht geben, würde eine Reizüberflutung an Seh-, Riech- und Hörreizen stattfinden.

Die Überflutung würde dann dafür sorgen, dass alle Reize eine Bedeutung hätten – wodurch keiner bedeutender wäre als der andere. Dies wiederum würde bedeuten, dass alle Reize gleichbedeutend oder gleich unbedeutend sind. Das retikuläre Aktivierungssystem stimmt also ab, welche Reize eine Bedeutung bekommen und welche nicht.

Man kann sich dies, wie eine Schalt- und Meldezentrale vorstellen. Die Masse der Geräusche werden nicht bewusst wahrgenommen. Im Unbewussten dringen diese zwar ins Ohr ein, werden vom schwingenden Trommelfell auch in Reize weitergeleitet. Doch das Gehirn vollzieht nicht die Reaktion, dass die Bewusstseinsschwelle erreicht wird. Falls aber ein besonderes Wort, wie der eigene Name fällt, wird sofort das Bewusstsein eingeschalten.

Dale Carnegie beschrieb in seinem Buch „Wie man Freunde gewinnt „( ISBN 3596190533* ) bereits dieses Phänomen. Der Mensch liebt seinen Namen und fühlt sich besonders geehrt, seinen Namen sehr oft im Gespräch zu hören. Deshalb empfiehlt Carnegie, dass der Name des Gesprächspartners – während eines Gespräches – oft wiederholt wird, um seinen Partner immer wieder zu gewinnen.

Gleichzeitig würde diese Wiederholung auch dazu beitragen, dass das retikuläre Aktivierungssystem häufig angesprochen und immer wieder aktiviert wird. Die Aufmerksamkeit des Zuhörers würde dadurch länger erhalten bleiben. Und gerade in langen Monologphasen ergeben Zwischenaktivierungen durchaus Sinn.

Ohren Augen Konstellation beim Cocktail Effekt

Neuere Forschungsreihen zeigten, dass die Augen ebenfalls beim Hören mitwirken. Blicken wir jemand an, während wir ihm zuhören, verstehen wir das Gesagte oft besser. Dies liegt zum einen daran, dass wir den Lippenbewegungen folgen. Aber bei einem Livekonzert können wir dem Klang eines Instruments auch besser folgen, wenn unser Blick auf den Musiker ausgerichtet ist.

Ebenfalls können wir Menschen am Nachbartisch besser belauschen, wenn wir zu ihnen hinüber schauen – anstatt wegzuschauen.

Forscher fanden dazu heraus, dass Augen und Trommelfell sich zweitweise synchronisieren. Bewegen wir unsere Augen in eine gewisse Richtung, zieht sich das Trommelfell im Gehörgang automatisch nach innen. Das Gegenüberliegende Ohr drückt das Trommelfell nach außen. Die Koordination beider Sinnesorgane vollzieht sich dabei im Gehirn.

Cocktailparty Effekt und Konzentrationsspanne

Versuche haben gezeigt, dass Kinder beim selektiven Hören schlechter abschneiden als Erwachsene. Setzt man diese einer Cocktailparty-Umgebung aus und versucht mit ihnen, ein Gespräch aufzubauen, stoßen sie schnell an Grenzen. Die Konzentrationsspanne kann demnach nicht lange gehalten werden.

Vermutlich liegt dies daran, dass das retikuläre Aktivierungssystem nicht oft genug angesprochen wird. Demnach sind noch nicht allzu viele Begriffe angelegt, welche eine Bewusstseinsaktivierung einfordern. Dieses System entwickelt sich durch Erfahrungen und Lernen. Und wird ein Begriff über eine gewisse Zeitspanne hinweg oft verwendet, gewinnt dieser an Bedeutung. Diese Begriffsdeutung führt dann dazu, dass dieser im Meldesystem landet. Und wahrscheinlich ist dies ähnlich bei Stimmlagen und Tönen.

Bei Kindern ist dieses System demnach noch nicht ausgereift und man geht davon aus, dass erst im Teenageralter eine dauerhafte selektive Hörleistung möglich ist.

Bei Erwachsenen verhält sich dies ähnlich. Nimmt ein Mensch einen langen Monolog über ein Thema wahr, welches für ihn nicht relevant oder spannend ist, wechselt die Hörwahrnehmung schnell ins Unbewusste. Man schweift gedanklich ab, da die Aktivierung über das retikuläre System aussetzt.

Auch bei Gesprächen mit relevantem Inhalt, welche allerdings mit zu vielen unbekannten Fremdwörtern ausgestattet sind – würde das Gehirn förmlich abschalten und die Hörleistung im Unbewussten stattfinden.

Experimentelle Nachweise zum Cocktailparty Effekt

Ein Forscherteam an der Columbia Universität in New York haben im Jahr 2013 in Experimenten nachgewiesen, wie das menschliche Gehirn das Cocktailparty-Phänomen löst. Das Team um Dr. Charles Schroeder und Dr. Elana Zion Golumbic ließen Epilepsiepatienten Tonaufnahmen vorspielen und untersuchten dabei deren Gehirnleistung.

In der Nähe des auditiven Kortex erzeugen ignorierte und bewusste Signale einen Effekt, welchen man mittels EEG messen kann. Die Forschen fanden heraus, dass die bewussten Signale dabei höhere Signalamplituden erzeugten, als die ignorierten. Gewisse Geräuschanteile erzeugten auch überhaupt keine Amplituden bei der Messung. Dadurch wurde nachgewiesen, dass Hörsignale, welche vom Sprecher (Tonbandsprecher) ausgingen in diesen Hirnregionen stattfinden (messbar waren) und andere wiederum nicht.

Alltagsphänomene, welche den Cocktaileffekt nachweisen

Neben dem bereits beschriebenen Phänomen, dass wir unseren Namen deutlich wahrnehmen können, obwohl Hintergrundgeräusche laut sind – gibt es weitere Beispiele. Es ist möglich, Telefonate und Tischgespräche in einem überfüllten Restaurant zu belauschen. Gleichzeitig können wir mit unserem eigentlichen Gesprächspartner ein Gespräch führen und dessen Worte einfach ausblenden.

Ein weiteres Beispiel für Ausblendungen sind Uhren und deren Geräusche. Das Tick-Tack einer Stubenuhr nimmt man nicht wahr, obwohl dieses permanent vorhanden ist. Wenn man allerdings beschließt, dieses Geräusch wieder zu hören, wird es wahrnehmbar.

Zusammenfassung

  • Der Cocktailparty Effekt beruht auf der Fähigkeit der selektiven Wahrnehmung, speziell dem selektiven Hörens.
  • Dieser beschreibt, wie gewisse Geräusche automatisch unterdrückt und nur unbewusst wahrgenommen werden. Andere Geräusche rücken in den Vordergrund und werden vom Hörenden bewusst empfangen.
  • Der Cocktailpartyeffekt entsteht durch Richtungshören und ist ohne zwei Hörorgane nicht möglich.
  • Durch eine zuverlässige Augen-Ohren-Synchronisation wird das Cocktailparty Phänomen weiter verstärkt, indem sich die Ohren und Augen auf das Geräusch ausrichten.
  • Das berühmteste Beispiel eines Cocktailpartyphänomens lässt sich am eigenen Namen festmachen. Denn es ist uns möglich, diesen deutlich aus einem Stimmenwirrwarr zu extrahieren. Weitere Beispiele sind das Lauschen von fremden Gesprächsinhalten auf weite Entfernungen oder diverse Ausblendungen von Hintergrundgeräuschen (Ticken einer Uhr).

Literatur

  • Herbert Hagendorf, Joseph Krummenacher, Hermann-Joseph Müller, Torsten Schubert: Allgemeine Psychologie für Bachelor: Wahrnehmung und Aufmerksamkeit, ISBN 3642127096*
  • Der Cocktailparty-Effekt: Wie psychologische Phänomene unseren Alltag bestimmen, ISBN 3577091142*

Über den Autor

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