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Atomenergie, Kernkraft: Fragen & Antworten, Vor- + Nachteile


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Atomenergie ist eine durch Kernspaltung erzeugte Energie. Sie wird seit Jahren diskutiert, da sie günstigen Strom liefert und kaum Emissionen verursacht. Bei einer Fehlfunktion kann es hingegen zu verheerenden Folgen kommen.

Was bedeutet Atomenergie

Unter Atomenergie versteht man die Technologie, Energie durch Kernspaltung zu erzeugen. Sie wird auch als Kernenergie, Kernkraft, Atomkraft oder Nuklearenergie bezeichnet.

Um Energie zu erzeugen, wird eine Kernspaltung eines Atomkerns eines Uran- oder Plutonium-Isotops induziert. Dabei wird kinetische Energie sowie Gammastrahlung freigesetzt.

Atomenergie zur Stromerzeugung existiert seit den 1950er Jahren. Im März 2023 waren insgesamt 422 Reaktorblöcke in 32 Ländern der Erde aktiv. Allein in den USA wurden zu diesem Zeitpunkt 92 Reaktorblöcke betrieben. In Deutschland waren es drei. Insgesamt verfügen diese Reaktoren über eine Leistung von 377,891 GW. Das reicht aus, um mehr als 74.000 Einfamilienhäuser mit vier Personen ein Jahr mit Strom zu versorgen.

Welche Vorteile bietet Atomenergie

Atomenergie ist eine sehr kontrovers diskutierte Energiequelle. Sie bringt sowohl Vorteile als auch Nachteile mit sich. Insgesamt werden im Folgenden sechs Vorteile näher beleuchtet. Das sind: der geringe Preis des Stroms aus Atomenergie, die niedrigen Emissionen, der geringe Platzbedarf, die hohe Leistungsfähigkeit, die Sicherheit für die Zukunft sowie die Zuverlässigkeit unabhängig vom Wetter und im Allgemeinen.

Günstige Energie

Strom aus Atomenergie ist in der Regel etwas günstiger als der aus fossilen Brennstoffen. Das hat mehrere Gründe. So unterliegt Atomenergie normalerweise keinen Preisschwankungen, da kaum Rohstoffe eingekauft werden. Ihr Preis lässt sich also sehr sicher vorhersagen.

Hinzu kommt, dass der Betrieb eines Atomkraftwerks und seine Wartung günstiger sind als es bei Kohle- und Gaskraftwerken der Fall ist.

So gut wie keine Emissionen

Bei jeder Energieerzeugung entstehen CO₂-Emissionen. Wenn nicht direkt während der Energieerzeugung, dann zumindest bei der Herstellung der Bauteile. Atomenergie ist dabei allerdings sehr sparsam. Sie stößt mit etwa 20 g CO₂ pro Kilowattstunde Strom so gut wie keine CO₂-Emissionen aus.

Zum Vergleich: Bei der Verbrennung von Braunkohle werden etwa 1100 g CO₂ pro Kilowattstunde Strom frei. Selbst Fotovoltaikanlagen erzeugen in ihrer Herstellung deutlich höhere Emissionen von etwa 80 bis 160 g CO₂ pro Kilowattstunde Strom.
Betrachtet man nur die CO₂-Emissionen, könnte man Atomenergie als umweltfreundliche Energiequelle bezeichnen.

Wenig Platzbedarf

Um Atomenergie zu erzeugen, benötigt man Platz. Allerdings ist der Platzbedarf von Atomkraftwerken deutlich geringer, speziell im Vergleich zu grünen Energiequellen wie Solar- und Windkraftanlagen. So benötigen Solarparks bis zu 75-mal so viel Platz, um dieselbe Menge Strom zu erzeugen wie ein Atomkraftwerk. Bei Windparks ist es noch mal deutlich mehr. Sie brauchen bis zu 360-mal mehr Landfläche.

Um eine Stadt mit Strom zu versorgen, die aus Atomenergie gewonnen wird, bedarf es also nur sehr wenig Platz. Für Solarenergie oder Windenergie müssen möglicherweise landwirtschaftlich genutzte Flächen beansprucht oder Wälder gerodet werden. Ein Atomkraftwerk hebt sich in seiner Größe kaum von anderen größeren Anlagen in einer Stadt ab.

Leistungsfähige Energiequelle

Kernkraftwerke sind enorm leistungsfähig. Sie erzeugen mehr Strom als alle anderen Energielieferanten im Vergleich. Daher eignet sich Atomenergie als Grundlaststromlieferant. Die Grundlast ist die konstant benötigte Leistung an Strom in einem Versorgungsgebiet. Wird diese durch Atomenergie gestellt, gehen Emissionen zurück, die etwa durch die Verbrennung von Kohle erzeugt werden würden.

Sichere Energiequelle für die Zukunft

Ihre Leistungsfähigkeit macht die Atomenergie auch zu einer sicheren Energiequelle für die Zukunft. Möchten wir auf Öl- und Gasheizungen verzichten, steht beispielsweise eine Wärmepumpe zur Auswahl. Diese benötigt jedoch viel Strom, der selten allein durch Fotovoltaikanlagen auf dem Dach geliefert werden kann. In Zukunft wird unser Stromverbrauch daher eher steigen als absinken.

Hinzu kommt, dass diese Anlagen dann nicht mehr für den weiteren Stromverbrauch des Hauses zur Verfügung stehen. Es muss demnach vermehrt Strom von außen eingekauft werden. Atomenergie liefert dabei preisstabilen und emissionsarmen Strom.

Zuverlässigkeit

Atomenergie ist nicht vom Wetter abhängig. Während Solaranlagen nur am Tag und Windkraftwerke nur bei Wind Strom erzeugen, tut das ein Atomkraftwerk ständig. Zusätzlich wird es nicht beispielsweise durch schattenwerfende oder windabfangende Gebäude oder Landschaften beeinträchtigt.

Atomenergie ist demnach immer in gleicher Menge verfügbar. Engpässe sind damit nicht zu befürchten.
Ein weiterer Punkt ist Zuverlässigkeit durch Sicherheit. In Atomkraftwerken kommt es nur äußerst selten zu Ausfällen oder Störungen. Wenn diese jedoch auftreten, können sie verheerend sein. Dazu mehr in den Nachteilen.

Welche Nachteile hat Atomenergie

In den Medien hört man normalerweise deutlich mehr über die Nachteile der Atomenergie als über ihre Vorteile. Das hat sicherlich mit einzelnen Unglücken in der Vergangenheit, aber auch mit der bereits vorher gestarteten Antiatombewegung zu tun.
Im Folgenden werden sechs Nachteile der Atomenergie näher beschrieben. Dies sind: der teure Bau, Atommüll, nicht erneuerbares Uran, der hohe Wasserverbrauch und die schwerwiegenden Folgen bei einer Fehlfunktion.

Atomkraftwerkbau ist teuer

Im Unterhalt und der Wartung sind Atomkraftwerke zwar günstig. Dafür ist ihr Bau deutlich teurer als der alternativer Kraftwerke. Für ein Atomkraftwerk, das 0,3 GW erzeugen soll, muss man mit Kosten in Höhe von etwa einer Milliarde Euro rechnen. Zum Vergleich, die drei aktiven Reaktoren in Deutschland produzieren etwa 4,05 GW Strom.

Um ein neues Atomkraftwerk zu bauen, verschuldet sich der Staat daher möglicherweise enorm. Deswegen wurden in der Vergangenheit auch immer wieder Bauvorhaben abgesagt.

Atommüll

Nach der Kernspaltung bleibt Atommüll übrig. Dieser ist hochgefährlich, giftig und strahlt noch nach vielen Jahren. Seine Entsorgung ist daher kompliziert, dauert lange und ist äußerst kostenintensiv.

Jährlich kommen etwa 34.000 m³ Atommüll hinzu. Weil dieser auch nach 1.000 Jahren noch fünfmal stärker strahlt als das Uranerz, braucht es ein sicheres Endlager. Daran wird weiterhin geforscht.

Auf Uran angewiesen

Windenergie und Fotovoltaik sind zwar nicht so zuverlässig wie Atomenergie. Dafür sind sie unendlich verfügbar und nicht auf einen Rohstoff angewiesen. Atomenergie hingegen benötigt Uran. Dieses Schwermetall ist allerdings nur in begrenzter Menge in der Erdkruste verfügbar. Ebenso wie Erdgas, -öl und Kohle wird uns auch Uran irgendwann als Brennstoff ausgehen.

Dabei steigen zunächst die Kosten, um das Uran an die Erdoberfläche zu befördern. Dies wird auch die Kosten für die Atomenergie in die Höhe treiben. Atomenergie ist also keine Energiequelle für die Ewigkeit.

Hoher Wasserverbrauch

Neben CO₂-Emissionen ist auch der Wasserverbrauch wichtig, um die Nachhaltigkeit einer Energiequelle zu berechnen. Atomenergie benötigt Unmengen davon. Um die Brennstäbe zu kühlen, ist enorm viel Wasser nötig. Atomkraftwerke müssen daher in der Nähe von großen Gewässern stehen, um aus diesen ihr Wasser zu beziehen.

Aufgrund des Klimawandels ist Wasser in vielen Teilen der Erde bereits knapp geworden. Moralisch ist es daher fragwürdig, ob man Atomenergie fördern sollte, wenn selbst Kohlekraftwerke einen viel geringeren Wasserverbrauch haben.

Umwelteinfluss

Das für die Atomkraftwerke benötigte Wasser wird nicht in derselben Qualität wieder in das Gewässer zurückgegeben. Weil es zum Kühlen genutzt wird, ist es meist deutlich wärmer. Insgesamt erhöht sich damit die Temperatur des Gewässers. Zumindest werden dadurch die Bereiche in der Nähe des Atomkraftwerks unbewohnbar für Wasserlebewesen. Es ist außerdem nicht auszuschließen, dass das Wasser durch Schadstoffe, Gifte oder Strahlung belastet ist.

Beim Abbau von Uran werden zudem Radon und Arsen frei. Radon ist ein radioaktives, chemisches Element, das teilweise medizinisch genutzt wird. Allerdings gibt es für seine positiven Effekte (angeblich stärkt es das Immunsystem) keine wissenschaftlichen Beweise. Viel mehr ist seine Radioaktivität schädlich.

Arsen ist ein Halbmetall, das für den Menschen giftig ist. Eine Arsenvergiftung zeigt sich in Krämpfen, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. Bei ausreichender Dosis kommen innere Blutungen und Nierenversagen hinzu. Vergiftete fallen möglicherweise in ein Koma. Der Zustand ist lebensbedrohlich.

Die für den Menschen tödliche Dosis Arsen liegt bei 60 bis 170 mg. Menschen, die in der Nähe von Uranminen leben, haben vermehrt mit Krankheiten und Vergiftungserscheinungen zu kämpfen. Es ist nicht auszuschließen, dass die erhöhte Strahlenbelastung auch für Krebsfälle verantwortlich ist.

Folgen einer Fehlfunktion

Atomkraftwerke sind eigentlich eine sichere Energiequelle. Kommt es jedoch zu einer Fehlfunktion, sind die Folgen dramatisch.
In der Vergangenheit gab es fünf große Kernschmelzen, die noch Jahre, teilweise Jahrzehnte, später zu Problemen führen.

Eine davon ist der Reaktorunfall im Kernkraftwerk Three Mile Island in Pennsylvania am 28. März 1979. Dabei schloss sich bei Wartungsarbeiten ein Ventil, wodurch die Kühlung ausfiel. Die Schnellabschaltung verringerte zwar die Wärmeleistung, brachte sie aber nicht auf null. Daher wurde die Notkühlung aktiviert. Die Pumpen sprangen an, konnten aber kein Wasser ziehen.

Keine zwei Tage vorher wurde das Notfall-Speisewassersystem getestet. Dabei waren die Ventile geschlossen worden und man hatte vergessen, sie wieder zu öffnen. Durch diesen Fehler kam es zur Kernschmelze.

Unmittelbar danach wurden schätzungsweise zwischen 140.000 und 200.000 Menschen aus der Umgebung evakuiert oder flohen auf eigene Faust. Sechs Jahre nach dem Unfall kam eine Studie zu dem Ergebnis, dass es auf der vom Wind abgewandten Seite des Kernkraftwerks zu deutlich mehr Krebsfällen unter der Bevölkerung gekommen war. Teilweise stellte man einen Zuwachs von mehr als 150 % fest.

Die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl ist wohl die bekannteste Kernschmelze. Sie fand am 26. April 1986 im Reaktor-Block 4 in der Nähe der ukrainischen Stadt Prypjat statt.

Eigentlich wollte man den Ausfall der externen Stromversorgung simulieren. Während des Versuchs kam es jedoch zu mehreren Problemen, die nicht entsprechend dem Sicherheitsprotokoll behoben wurden. Zusätzlich begünstigten Bauart und Mängel die darauf folgende Kernschmelze.

Der Reaktor explodierte und setzte strahlende Materie frei. In kurzer Zeit kam es in ganz Europa zu radioaktivem Niederschlag.
Direkt nach dem Vorfall wurden 116.000 Menschen evakuiert. In den Folgejahren kamen weitere 210.000 hinzu. Bis heute ist die unmittelbare Umgebung des Reaktors stark belastet.

An der Strahlenkrankheit starben direkt nach dem Unfall knapp 50 Menschen. Besonders auffällig ist ein Anstieg bei Schilddrüsenkrebserkrankungen. Etwa 1.800 zusätzliche Fälle sind auf die Kernschmelze zurückzuführen. Bis 2065 rechnen Experten in ganz Europa mit insgesamt über 40.000 zusätzlichen Krebserkrankungen durch das Unglück.

Die jüngste Nuklearkatastrophe ist die von Fukushima. Im Kernkraftwerk Fukushima Daiichi in Japan kam es in Folge eines Seebebens am 11. März 2011 zu Kernschmelzen. Vier der sechs Reaktoren waren beteiligt. Verantwortlich war der Ausfall der Kühlung.

Etwa 70.000 Menschen wurden direkt evakuiert. Für die Präfektur Fukushima werden in den kommenden Jahren vermehrte Krebsfälle erwartet. Außerhalb der Region soll es zu keinen gesundheitlichen Folgen durch den Vorfall kommen.

Fünf Kernschmelzen seit Beginn der Atomenergie, also seit etwa 70 Jahren, ist natürlich wenig. Die Folgen sind dafür umso verheerender. Bedenken muss man auch, dass bei einem Reaktorunfall nicht nur die direkte Umgebung betroffen ist. Gesundheitliche Probleme können auch in Nachbarländern mehrere 100 Kilometer entfernt auftreten.

Zusammenfassung

  • Atomenergie ist die Energie, die durch Kernspaltung von Atomkernen eines Uran- oder Plutonium-Isotops entsteht.
  • Im März 2023 waren weltweit 422 Reaktorblöcke in 32 Ländern aktiv.
  • Atomenergie hat sechs Vorteile.
  • Atomenergie ist eine günstige Energiequelle, die kaum Preisschwankungen unterliegt.
  • Atomenergie erzeugt keine CO₂-Emissionen, was aber nicht unbedingt bedeutet, dass sie umweltfreundlich ist.
  • Ein Atomkraftwerk benötigt, vor allem im Vergleich zu grünen Energiequellen, wenig Platz.
  • Kernkraftwerke sind leistungsfähig und versorgen ihr Einzugsgebiet sicher mit Strom.
  • Atomenergie wird in Zukunft eher mehr benötigt, weil wir mehr Strom brauchen, unter anderem, um Wärmepumpen zu betreiben.
  • Kernkraftwerke arbeiten zuverlässig und haben nur sehr selten mit Ausfällen zu kämpfen.
  • Atomenergie hat sechs Nachteile.
  • Ein Atomkraftwerk zu bauen, kostet mehrere Milliarden Euro, sodass das Vorhaben häufig in der Planung scheitert.
  • Atommüll muss über viele Jahre sicher gelagert werden, weil er noch in 1.000 Jahren strahlt.
  • Atomenergie ist auf Uran angewiesen, was, wie Kohle, Gas und Öl, nur in begrenzter Menge auf der Erde verfügbar ist.
  • Kernkraftwerke verbrauchen enorme Mengen Wasser, was mit Blick auf den Klimawandel, auch ein moralisches Problem ist.
  • Kernkraftwerke beeinflussen durch den Abbau von Uran und erhitztes sowie verunreinigtes Wasser die Umwelt negativ.
  • Kernkraftwerke sind zwar selten von Störungen betroffen, kommt es aber dazu, können die Auswirkungen verheerend sein (Beispiel Tschernobyl und Fukushima).

Literatur

  • Andreas Dripke (Autor), Hang Nguyen (Autor), Marc Ruberg (Autor), Die Rückkehr der Kernkraft: Warum Atomenergie unsere Zukunft ist, ISBN: 978-3947818952*
  • Fred Pearce (Autor), Tobias Rothenbücher (Übersetzer), Fallout: Das Atomzeitalter – Katastrophen, Lügen und was bleibt, ISBN: 978-3956143595*
  • Christian von Hirschhausen (Autor), Atomenergie: Geschichte und Zukunft einer riskanten Technologie, ISBN: 978-3406797880*

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