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Transaktionsanalyse nach Eric Berne an Beispielen erklärt


Wir tauschen bei jedem Gespräch Informationen aus. Nicht nur über Inhalte, sondern auch über unseren Gemütszustand und unsere Persönlichkeit. Diesen Austausch von Informationseinheiten definierte der Psychologe Eric Berne in den 1960er Jahren als „Transaktionen“.

Die Transaktionsanalyse beschäftigt sich mit dem Beobachten und Deuten eben dieser Transaktionen. Ein besseres Verständnis für den Ablauf von Gesprächen, das Potenzial zur Konfliktentschärfung und auch Vorteile für die eigene Persönlichkeitsentwicklung werden dieser Form der psychologischen Kommunikationsanalyse zugeschrieben.

Was ist die Transaktionsanalyse

Die Transaktionsanalyse ist ein Modell zum Verständnis von Kommunikation. Es findet in der wissenschaftlichen Psychologie Anwendung.
Eric Berne sah die Kommunikation als Grundlage des menschlichen Miteinanders an. Ende der 1960er Jahre entwickelte er mit der Transaktionsanalyse ein Modell für das Verständnis und somit die Entschärfung von Kommunikationskonflikten.

Dieses Modell lehnte Berne an die Annahmen der humanistischen Psychologie an und nahm ebenfalls Bezug auf die Theorien der Psychoanalyse nach Freud, Erikson und Adler. Konflikte in Gesprächen sollten durch die Analyse der Kommunikationseinheiten gelöst oder am besten ganz vermieden werden.

Während des Austausches dieser Einheiten werden neben sachlichen Informationen auch solche über die Einstellungen, Emotionen oder Persönlichkeit des einen Gesprächspartners an den anderen weitergegeben.

Transaktionen, Struktur-, Spiel- und Scriptanalyse

Im Prinzip geht es um Reiz und Reaktion.
Der eine Gesprächspartner gibt eine Information an den anderen weiter und dieser reagiert darauf. Dieser Austausch von Gesprächseinheiten bezeichnete Berne als Transaktion. Zu deren Analyse werden vier Ebenen herangezogen: Strukturanalyse, Transaktionen, Spielanalyse und Scriptanalyse.

Bei der Strukturanalyse spielen die verschiedenen Ich-Zustände einer Rolle. Es besteht die Annahme, dass jedes Verhalten und Erleben einem Wechsel dieser Zustände unterliegt. Je nach Situation kann ein anderer Ich-Zustand aktiviert werden, welcher die Wahrnehmung, Interpretation und Reaktion eines Gesprächspartners beeinflusst.

Ist zum Beispiel das Kind- Ich aktiv, reagiert der Gesprächspartner anders als wenn sein Erwachsenen-Ich oder das Eltern-Ich aktiviert ist. Auch die Situation wirkt sich auf das Verständnis der Kommunikation aus. Unter Stress werden Aussagen anders interpretiert als in einem entspannten Zustand. Das wiederum hat einen Einfluss auf die weitere Kommunikation.

Ich-Zustand und Situation beeinflussen die Reaktion

Unterschieden wird zwischen Kind-Ich, Erwachsenen-Ich und Eltern-Ich.
Das Kind-Ich vereint spontane Emotionen in sich. Gefühle wie Wut, Angst, Trauer oder Freude sind diesem Ich-Zustand zuzuschreiben. Aber auch kindliche Eigenschaften. Daher reagiert eine Person trotzig, verspielt oder auch albern, wenn dieser Ich-Zustand gerade dominiert.

Das Erwachsenen-Ich besteht aus kognitiven Strukturen. Hierzu zählt die objektive Wahrnehmung der derzeitigen Situation. Dieser Ich-Zustand ist erkennbar an seinen sachlichen, respektvollen und rationalen Aussagen und Handlungen. Die Aussagen des Erwachsenen-Ichs sind daher nicht emotional, sondern sachlich.

Mit dem Eltern-Ich sind alle Werte und Regeln gemeint, die wir als Kind von unseren Eltern übernommen haben. Ist dieser Ich-Zustand aktiv, äußert sich der Gesprächspartner bevormundend oder strafend.
Bei einer gesunden Persönlichkeit sind diese Ich-Zustände klar voneinander abgegrenzt und wechseln sich je nach der vorherrschenden Situation ab. Zudem dienen sie der Analyse der Transaktionen.

Die Transaktionen bilden zusammen mit den Ich-Zuständen die beiden Kern-Punkte der Transaktionsanalyse. Sie werden mithilfe von wiederkehrenden Interaktionsmustern untersucht. Diese Muster sind erlernte Reaktionen, mit denen wir immer wieder auf bestimmte Situationen reagieren. Sofern es sich um ungünstige Muster handelt, kommen so auch immer wieder dieselben Konflikte zustande. Diese erlernten Muster werden auch als Rollenspiele bezeichnet, die im Script oder auch „Lebensdrehbuch“ festgehalten sind.

Bei der Spielanalyse werden diese erlernten Rollenspiele analysiert. Diese wiederkehrenden Gesprächsmuster werden von unbewussten Motiven gesteuert. Daraus resultieren häufig negative Emotionen, Konflikte oder Beziehungsprobleme. Eine Unterkategorie zur Analyse dieser psychologischen Spiele ist das sogenannte Drama-Dreieck. Bei diesem nimmt ein Sprecher im Wechsel die Position des Opfers, des Verfolgers oder des Retters ein.

Bei der Scriptanalyse wird unser „Lebensdrehbuch“ genauer unter die Lupe genommen. Dieses Script beinhaltet sämtliche Werte, Normen und Glaubenssätze unserer Eltern, die sie uns im Laufe unserer Erziehung vermittelt haben. Berne nimmt hier Bezug auf das Konzept des „Drehbuch des Lebens“ von Alfred Adler. So lange der Mensch sich nicht über sein eigenes Drehbuch bewusst ist, lenkt dieses unbewusst dessen Denken, Fühlen und Handeln. Erst durch die Bewusstmachung kann der Mensch sein kindliches Drehbuch umschreiben und seine eigenen Entscheidungen treffen.

Der Mensch besteht nicht nur aus erlerntem Verhalten und unbewussten Trieben

Die humanistische Idee der Potenzialentfaltung findet sich auch in Bernes Theorie wieder.
Da Berne die Transaktionsanalyse unter dem Einfluss des humanistischen Menschenbilds konzipierte, wollte er in seinen Therapien den Patienten auf Augenhöhe begegnen. Statt sie zu behandeln, wollte er gemeinsam mit ihnen arbeiten, um ihre persönlichen Ressourcen zu fördern und so zur Heilung zu nutzen.

Heute wird der Ansatz der Transaktionsanalyse als Bestandteil in verschiedenen Bereichen genutzt. So kommt er teilweise immer noch in der Psychotherapie zum Einsatz. Doch auch in der Erwachsenenbildung, der Organisation oder in der Beratung findet das Vorgehen Anwendung. Obwohl die Transaktionsanalyse zum Teil gute Ergebnisse erzielt, ist die Wirksamkeit empirisch nicht ausreichend belegt.

Entstehung der Transaktionsanalyse aus dem Gedankengut der humanistischen Psychologie

Zur Entwicklung der Transaktionsanalyse bediente sich Berne sowohl der tiefenpsychologischen als auch der humanistischen Psychologie.

Die humanistische Psychologie nahm die Behandlung psychischer Störungen aus dem Fokus und stellte den Menschen in den Mittelpunkt. Ihm wurde ein freier Wille, Würde und bewusstes Handeln zugesprochen. Dadurch war das Individuum nicht mehr nur die Summe seiner unbewussten Triebe oder seiner Lernerfahrungen.

Auch Berne wob diese Ansichten in seine Theorie ein. Die Grundannahmen der Transaktionsanalyse beinhalten daher den Wert jedes einzelnen Menschen. Er wird also nicht auf seine Leistungen oder sein Verhalten beschränkt.

Therapeut und Patient begegnen sich auf Augenhöhe und die Kommunikation sollte respektvoll ablaufen. Die Aussagen sollten möglichst einfach und klar sein. Außerdem wird dem Menschen selbstständiges Denken zugeschrieben. Er ist demnach in der Lage, sein eigenes Denken zu überprüfen und nicht in den Glaubenssätzen seiner Kindheit zu verharren.

Offenheit, Klarheit und Beziehungsfähigkeit

Die Transaktionsanalyse verfolgt das Ziel des autonomen Menschen.
Jede Person sollte über eine Verbundenheit zu sich selbst und zu seiner Umwelt verfügen. Um das zu erreichen, ist eine offene und klare Kommunikation nötig. Reaktionen auf Ereignisse sollen angemessen sein.

Der Mensch soll zu tiefen Beziehungen fähig sein, jedoch nicht in Abhängigkeit abrutschen. Außerdem wird ein Wissen um die Einzigartigkeit jedes einzelnen Moments angestrebt.

Persönlichkeitsentfaltung durch Transaktionsanalyse

Die positive Entwicklung der Kommunikationsfähigkeiten kann zu besseren beruflichen und privaten Beziehungen beitragen. Denn durch das bewusste Reflektieren der eigenen Ich-Zustände können Konflikte abgewendet oder gelöst werden. Nach der Bewusstwerdung ist ein Wechsel in einen anderen Ich-Zustand möglich.

Nimm einmal folgendes an…
Du wünschst dir, dass dein Partner oder deine Partnerin dir mehr im Haushalt hilft. Allerdings hast du das nie geäußert und dementsprechend ändert sich auch nichts an der Situation. Du fühlst dich übersehen und verletzt, weil deine Wünsche scheinbar ignoriert werden. Hier wird dein Kind-Ich aktiv und konfrontiert dich mit negativen Emotionen.

Jetzt könnte ein Wechsel in dein Eltern-Ich erfolgen…
Du findest das Verhalten des anderen rücksichtslos dir gegenüber und urteilst über ihn. Dementsprechend verhältst du dich vielleicht auch abweisend oder eingeschnappt. Wenn du dir jetzt allerdings bewusst machst, in welchem Ich-Zustand du bist, kannst du die Situation auflösen. Denn du kannst einfach um Hilfe bitten und somit ein zielführendes Verhalten zeigen. Du verstrickst dich nicht weiter in negativen Gefühlen und Gedanken und die Atmosphäre hellt sich für euch beide wieder auf.

Konfliktlösung mit Rollenwechsel

Bessere Beziehungskompetenzen können auch durch die Arbeit mit dem Drama-Dreieck entstehen.
Bei den Rollen „Retter“ und „Verfolger“ handelt es sich um starke Positionen, während das „Opfer“ eine schwache Position einnimmt.

Diese Positionen können im Gesprächsverlauf mehrfach wechseln. Stell dir zum Beispiel zwei Personen vor, die einen Film im Kino anschauen wollen. Allerdings konnten sie sich noch für keinen entscheiden. Person A jammert über die Situation und fragt, was sie denn nun machen sollen. Sie befindet sich damit in der Opfer-Position.

Person B ist in der Retter-Position, indem sie Vorschläge macht und die Situation zu lösen versucht. Person A wechselt daraufhin von der Opfer- in die Verfolger-Position und beschwert sich: „Nie lässt du mich einmal entscheiden – meine Meinung interessiert dich wohl nicht“.

Person B wandert nun von der Retter- in die Opfer-Position, da sie nun die Angeklagte ist. Wird dieser Mechanismus verstanden, kann ein Konflikt aufgelöst werden. Die beiden könnten sich über die jeweiligen Wünsche austauschen und so gemeinsam einen Film auswählen.

“Sei perfekt“ – Warum wir uns nicht stressen müssen

Die Transaktionsanalyse soll bei der nach bestimmten Mustern helfen, um das große Ganze zu erkennen.
Werden Verhaltensmuster erkannt, können sie zum Besseren verändert werden. Außerdem ist es möglich Manipulationsversuche anderer zu erkennen und abwehren. Aber auch die Regulation von Stress ist mit der Transaktionsanalyse möglich, sofern die individuellen inneren Antreiber erkannt wurden.

Jeder Mensch hat irgendwann bestimmte Glaubenssätze übernommen, die sich in Form dieser inneren Antreiber wiederfinden. Dabei geht es um Glaubenssätze wie „sei perfekt“, „sei stark“, „mache es allen recht“, „streng dich an“, „beeile dich“ und weitere.

Grundsätzlich wirken diese vielleicht auf den ersten Blick positiv. Doch sie können schnell in übertriebenen Perfektionismus und eine Angst vor Fehlern gipfeln. Da wir soziale Wesen sind, fürchten wir uns vor Ablehnung. Wir knüpfen häufig unseren Selbstwert an unsere Leistungen und fühlen uns schlecht, wenn wir kein „perfektes“ Ergebnis abliefern. Immerhin könnten andere uns dann kritisieren oder uns weniger mögen. Davon sind wir zumindest oft überzeugt. Diesen Denkmustern entgegenzuwirken ist ebenfalls ein Ziel der Transaktionsanalyse.

Das Konzept der Transaktionsanalyse kommt beispielsweise in Einzel- und Gruppentherapien zum Einsatz und soll dabei helfen, sich und andere besser zu verstehen. Durch die Arbeit an den eigenen Kommunikationsfähigkeiten und ein selbstbestimmteres Leben ist ein harmonischeres und offeneres Zusammenleben im Privatbereich und im Berufsalltag möglich.


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