Skip to main content

7 Gründe, warum Begriffe wichtig sind


Die Kognitionspsychologie und die Sprachwissenschaft beschäftigen sich mit verschiedenen geistigen Prozessen. Dazu zählen Aktivitäten wie das Wissen und Erinnern oder auch das Denken und Kommunizieren. Häufig greifen diese Prozesse ineinander oder stoßen sich gegenseitig an. So nutzt du beim Sprechen beziehungsweise Kommunizieren die abgespeicherten Informationen in deinem Gedächtnis.

Einerseits brauchst du die konkrete Erinnerung an das Ereignis, über welches du sprechen möchtest. Andererseits musst du dich allerdings auch an die richtigen Wörter erinnern, um das Erlebte zu beschreiben und dich deinem Gegenüber verständlich auszudrücken. Sprachliche Begriffe sind also praktische Alltagshelfer. Doch welche Funktionen übernehmen sie allgemein? Oder anders gefragt: Was sind Begriffe und wofür brauchen wir sie?

1. Viel Information bei wenig kognitivem Aufwand

Ein einzelner Begriff gibt dir bereits einem Menge Info an die Hand. Wenn dir jemand erzählt, dass er traurig war, kannst du mit dem Begriff „traurig“ viel anfangen. Du musst nicht das tränenreiche Gesicht deines Gesprächspartners gesehen zu haben oder selbst traurig sein, um diese Emotion nachvollziehen zu können. Allein der Begriff ermöglicht dir also bereits, dich in eine andere Person hineinzuversetzen oder auch mitzufühlen.

2. Mit Begriffen bilden wir mentale Gruppen

Wir weisen Ereignisse, Ideen, Personen und Gegenstände bestimmten Kategorien zu. Diese Kategorien erhalten dann einen Begriff. Die Kategorien werden mit Hilfe von Prototypen gebildet. Bei einem Prototyp handelt es sich um ein bestimmtes Bild in unserer Vorstellung. Diese Vorstellung beinhaltet ein für uns typisches Beispiel für eine Kategorie.

So denkst du bei dem Begriff „Vogel“ vielleicht eher an einen Spatzen als an einen Emu, weil ersterer eher deiner prototypischen Vorstellung eines Vogels nahekommt. Das erleichtert uns zwar einerseits die Zuordnung, doch können Prototypen uns auch in die Irre leiten. Zum Beispiel haben Menschen einen bestimmten Prototyp zum Begriff „Fisch“. Dieser umfasst etwa Merkmale wie „lebt unter Wasser“, „hat Flossen“, „guter Schwimmer“ oder ähnliches. Allerdings treffen die genannten Eigenschaften auch auf Delfine zu, bei denen es sich bekanntermaßen eben nicht um Fische handelt.

3. Begriffe machen unser Denken einfacher

Sie erlauben es uns, für eine Vielzahl an unterschiedlichen Personen, Ideen und Gegenständen eine überschaubare Anzahl von Bezeichnungen zu verwenden.

Und trotzdem verstehen andere meistens problemlos, was wir ihnen zu sagen versuchen. Wenn du einen Begriff hörst, schwebt dir meist direkt der mentale Prototyp vor. Stell dir vor, jemand bittet dich auf einem Stuhl Platz zu nehmen. Du weißt, dass der Schaukelstuhl gemeint ist, da sich sonst kein anderer Stuhl im Zimmer befindet. Diese Sitzgelegenheit ist bei dir in der mentalen Kategorie „Stuhl“ abgespeichert und so muss dein Gegenüber dir nicht erst erklären, dass explizit dieser Schaukelstuhl gemeint ist. Denn obwohl der Schaukelstuhl in seinem Aussehen vielleicht von deinem Prototyp dieser Kategorie abweicht (schließlich fehlen ihm die für einen Stuhl typischen Beine), weißt du Bescheid und setzt dich nicht etwa auf den Tisch.

Begriffe machen einiges weniger umständlich, bergen allerdings auch manchmal Gefahren. Denn mit unserem Denken in Kategorien, geht auch das Denken in Schubladen einher. Und das ist besonders im sozialen Kontext nicht unbedingt immer positiv. Stereotype und Vorurteile gegenüber bestimmten Gruppen können sich so schnell einstellen und sind leider häufig auch nicht wieder so einfach aus den Köpfen zu bekommen.

4. Begriffe sparen Zeit

Aus dem eben genannten Punkt ergibt sich diese Funktion: Wir sparen durch Begriffe Zeit. Da wir nicht für alles und jeden ein neues Wort erfinden und dieses unserem Gegenüber erst einmal umständlich erklären müssen, kommen wir schneller voran. Das trifft sowohl auf das Sprechen als auch auf das Denken an sich zu. Zwar denken wir nicht ausschließlich in Wörtern beziehungsweise Begriffen (häufig denken wir auch in Bildern). Doch wenn wir es tun, gelingt es uns eben anhand von Begriffen in einem kürzeren Zeitraum.

5. Funktion der Kommunikation

Eine wichtige Funktion wurde jetzt schon mehrfach angerissen, aber noch nicht explizit genannt. Begriffe dienen der Kommunikation. Damit diese Funktion erfüllt werden kann, müssen allerdings einige Voraussetzungen abgedeckt sein. Zum einen muss eine präzise Definition vorherrschen. Mit dem Begriff sollte also ein konkretes mentales Vorstellungsbild einhergehen. Dazu gesellt sich zum anderen die intersubjektive Übereinstimmung.

Das bedeutet, dass jeder unter diesem Begriff auch dasselbe versteht. Außerdem ist noch die zeitliche Kontinuität von Bedeutung. Begriffe sollten nicht innerhalb von kürzester Zeit ihre Bedeutung wechseln. Andernfalls wird die Kommunikation wieder erschwert. Dass Wörter ihre Bedeutung im Laufe der Geschichte verändern, kommt dennoch vor.

Die intersubjektive Übereinstimmung ist besonders in der Wissenschaft von Bedeutung. Ansonsten hätten Forscher Probleme damit, sich untereinander verständliche zu machen. Das wäre schwerwiegend, wenn sie sich gegenseitig die Erkenntnisse aus ihren Untersuchungen mitteilen. Besonders in der Psychologie gibt es in Bezug auf Begriffe allerdings ein Problem: In der Alltagssprache haben sich mittlerweile verschiedene psychologische Begriffe etabliert.

Doch umgekehrt werden auch in der psychologischen Forschung Begriffe genutzt, die aus dem Alltagsgebrauch stammen. Die Grenzen zwischen Alltags- und Wissenschaftssprache sind daher nicht immer trennscharf und das kann zu Schwierigkeiten führen. Besonders dann, wenn die Begriffe nicht eindeutig definiert worden und somit Missverständnisse vorprogrammiert sind.

7. Begriffe haben eine Ordnungsfunktion

Wir Menschen wollen die Welt um uns herum verstehen. Damit das unendliche Chaos namens Wirklichkeit ein bisschen übersichtlicher wird, benutzen wir Begriffe zur Schaffung von Strukturen. Ein schönes Beispiel dafür, ist das Vorgehen in der Biologie. Hier werden Pflanzen und Tiere in verschiedene Klassen, Gattungen und Arten eingeteilt. Die genaue hierarchische Kategorisierung ist die folgende (von groß nach klein): Domäne, Reich, Stamm, Klasse, Ordnung, Familie, Gattung, Art, Unterart und Varietät.

Am obigen Beispiel des Menschen wäre das Reich das der Tiere, der Stamm die Chordata (ein Tierstamm, zu dem unter anderem auch die Wirbeltiere gehören), die Klasse der Mammalia (Säugetiere) und die Ordnung der Primaten. Weiter unterteilt gehören wir der Familie Hominidae und der Gattung Homo an. Unsere Art nennt sich sapiens, weshalb der Mensch auch als Homo sapiens bezeichnet wird.


Ähnliche Beiträge

Was bedeutet begriffsstutzig: Definition und Bedeutung

was bedeutet begriffsstutzig definition und bedeutung

Begriffsstutzig ist ein Adjektiv, das Unverständnis beschreibt. Das Wort ist eine Kombination aus Begreifen und Stutzen. Stutzen bedeutet in dieser Zusammensetzung so viel wie Innehalten oder Stehenbleiben. Begriffsstutzig beschreibt einen Moment, indem das Verstehen und Nachvollziehen einer Situation, eines Ablaufs oder einer Aussage pausiert. Mit dem Adjektiv lassen sich Menschen, […]

Was bedeutet Begriffsschrift: Definition und Bedeutung

was bedeutet begriffsschrift

Begriffsschrift ist ein eher wenig geläufiger Ausdruck, der oft mit der Bezeichnung für andere Schriftarten erklärt oder definiert wird. Es handelt sich hierbei um Schriftarten, für die Begriffsschrift eigentlich als Oberbegriff steht oder von denen sie deutlich abzugrenzen ist. Dass der Ausdruck dennoch Bekanntheit erlangt hat, liegt am Titel einer […]

Begriffsgeschichte: Aufgaben, Funktionen, Methoden und Beispiele

begriffsgeschichte definition bedeutung beispiele

Bei der Bezeichnung handelt es sich um eine vergleichsweise junge historische Disziplin, welche heute Teil der historischen Semantik (ursprüngliche Bedeutung von Begriffen) ist. Sie hilft, die Historizität (historische Betrachtung) und somit geschichtlichen Aspekte hinter bestimmten Begriffen zu erschließen. Vorwiegend wird sie interdisziplinär (in verschiedenen Bereichen) eingesetzt. Besonders wichtig ist die […]

Unterschied zwischen Begriff und Konzeption am Beispiel erklärt

unterschied begriff konzeption

Die Konzeption ist die Wahrnehmung dessen, was später zum Begriff wird. Damit aus einer Konzeption ein Begriff werden kann, braucht es zunächst ein tieferes Verständnis des Sachverhaltes, wodurch Merkmale und Eigenschaften zu einer Definition geformt werden, deren Name dann der Begriff ist. Der Begriff ist Name des Konzepts Damit uns […]

Unterschied zwischen Begriff und Bezeichnung

unterschied bezeichnung begriff

In der deutschen Sprache verwenden wir verschiedenste Bezeichnungen, um sinnvoll kommunizieren und Objekte benennen zu können. Darunter fallen beispielsweise Namen von Medikamenten oder auch Wörter wie „Tisch“, „Stuhl“ oder „Dusche“. Damit meinen wir immer direkte Gegenstände, die auch objektiv gesehen existieren und eine physische Repräsentation haben. Gleichzeitig können zum Stuhl […]

Der Begriff und das Wort: Zusammenhänge und Unterschiede

unterschied gemeinsamkeiten begriffe worte

Im allgemeinen Sprachgebrauch verwendet man „Wort“ und „Begriff“ meist als Synonyme. Das heißt, man setzt sie in ihrer Bedeutung gleich. Doch die beiden Ausdrücke haben unterschiedliche Inhalte, was nur wenigen Menschen bekannt ist. Unterschied zwischen dem Wort und einem Begriff Ein Begriff, ist das nicht genau das Gleiche wie ein […]

3 Unterschiede zwischen Begriff und Ausdruck

unterschied begriff ausdruck

Begriff und Ausdruck werden sehr häufig in der Alltagssprache synonymisch, d.h. mit der gleichen Bedeutung oder Bedeutungsabsicht, verwendet. Schauen wir uns die Begriffe jedoch genauer an, gibt es auf etymologischer Ebene einen wesentlichen Unterschied zwischen den beiden Wörtern und ihrer Verwendung. Ein Begriff bezeichnet eine bestimmte Bedeutung oder Bedeutungseinheit und […]

Wie und warum definiert man Begriffe

wie und warum definiert man begriffe

Jedes existierende Wort lässt sich klassifizieren und damit genau definieren, auch wenn es Wörter gibt, die mehrere Bedeutungen haben. Umgekehrt müssen neue Wörter, Wortneuschöpfungen, Wortzusammensetzungen oder aus anderen Sprachen übernommene Wörter definiert oder definierbar gemacht werden, damit sie einwandfrei verwendet werden können. Schließlich sollen alle geläufigen Wörter wohldefiniert in Wörterbüchern […]

Unterschied zwischen Begriff und Begrifflichkeit

unterschied begriff begrifflichkeit

Unter einem „Begriff“ versteht man den Bedeutungsgehalt eines sprachlichen Ausdrucks. Mit Begriff wird also der gedankliche Inhalt bezeichnet, der durch ein Wort zum Ausdruck gebracht werden soll. Als „Begrifflichkeit“ hingegen wird ein ganzes System von sprachlichen Ausdrücken beschrieben, die zusammengenommen eine bestimmte Art zu reden oder sich auszudrücken ergeben. Beispielsweise […]

Unterschied zwischen Begriff und Definition

unterschied definition begriff

Ein Begriff steht für sich und kann zunächst einmal sehr vielfältig in seiner Bedeutung sein. Begrifflichkeit können durchaus auch aus wenigen, aber eben mehreren Worten bestehen und doch einen Sachverhalt beschreiben. Wer jedoch mit dem Begriff nichts anzufangen weiß, der erhält durch die Definition eine Erklärung und Erläuterung. Durch die […]

Unterschied zwischen Begriff und Benennung an Beispielen erklärt

unterschied begriff benennung

Das Wort „Benennung“ kommt in der Umgangssprache eher selten vor, das Wort „Begriff“ hingegen umso öfter, allerdings zumeist falsch, nämlich gerade im Sinn von „Benennung“ oder „Wort“. Dabei meinen diese Wörter genau genommen durchaus nicht das Gleiche, es sind keine Synonyme. Es lohnt sich daher, einen genaueren Blick auf die […]