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Organisationstheorien im Überblick


Die Arbeits- und Organisationspsychologie befasst sich (wie der Name schon sagt) neben dem Thema Arbeit auch mit Organisationen. Was genau eine Organisation ausmacht, das kann in einer Vielzahl von Definitionen nachgelesen werden.

Doch obwohl jede Definition ihre Schwerpunkte ein wenig anders setzt, dominiert dabei die folgende Perspektive: Eine Organisation stellt ein Werkzeug zur Zielerreichung dar. Im Sinne der Erwerbstätigkeit bedeutet diese instrumentelle Sichtweise nichts anderes als die Erfüllung betrieblicher Aufgaben, die einem unternehmerischen Ziel dienen.

Das System, welches um diese Ziele und Aufgaben herum existiert, folgt bestimmten Regeln und Strukturen. Und diese sind für die Realisierung der Aufgaben und Ziele nötig. Diese Systeme werden als Organisationen bezeichnet. Dabei kann es sich sowohl um Unternehmen als auch um Vereine oder Parteien handeln.

Der Begriff Organisation kann allerdings auch als Prozess verstanden werden. Auch hierbei geht es um die zielorientierte Gestaltung eines Systems. Zu den Mechanismen und Funktionsweisen von Organisationen existieren zudem verschiedene Theorien, auf welche wir im Folgenden einen Blick werfen werden.

Organisationen im Wandel der Zeit

Neben der Arbeitswelt an sich veränderten sich auch im Laufe der Zeit die Theorien rund um die Thematik.
Damit ging auch ein sich wandelndes Menschenbild einher sowie ein wechselnder Fokus des Forschungsinteresses.

So waren einmal die Optimierung der Organisationsabläufe von besonderem Interesse, dann wieder Fragen nach Leistungssteigerung bei den Mitarbeitern oder auch die Entscheidungsfindung innerhalb einer Organisation. Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts fanden durch Frederick Winslow Taylor erste Untersuchungen in metallverarbeitenden Unternehmen statt.

Scientific Management

Taylors Idee war eine Trennung von Hand- und Kopfarbeit.
So war er der Auffassung, dass Organisationen am besten funktionieren, wenn die genauen Kenntnisse über den gesamten Produktionsprozess in der Hand des Managements liegen. Die Arbeitnehmer sollten sich einzig mit ihrer jeweiligen Aufgabe befassen. Ein genaues Wissen darüber, welchen Produktionsschritt sie gerade überhaupt durchführen, hatten sie nicht.

Taylor zielte bei seinen Untersuchungen darauf ab, die passendsten Mitarbeiter für eine Aufgabe auszumachen, die optimalen Bewegungsabläufe zu identifizieren und ein ideales System, zur Entlohnung der Arbeitnehmer, zu entwickeln. Darunter fiel auch die Vorgabe eines Tagespensums sowie die Möglichkeit, beim Übertreffen des Pensums einen Bonus zu erhalten.

Aufgrund seiner Pionierarbeit im Bereich des Scientific Management bezeichnet man dieses Prinzip der Prozesssteuerung auch als Taylorismus. Aufgaben werden demnach in Teilschritte zerlegt, bestimmten Mitarbeitern zugeteilt, welche nur noch diese einzige Aufgabe verrichten. Dadurch ergeben sich sogenannte Lernkurven, da Mitarbeiter immer besser, fehlerfreier und schneller ihre zugedachten Aufgaben verrichten. Der erreichte Spezialisierungsgrad der Mitarbeiter führt dann zu Zeit-, Kosten- und Qualitätsvorteilen.

Einige Ansätze des Scientific Managements sind heutzutage zum Teil immer noch in der Arbeitswelt zu finden. Ziel- und Leistungsvorgaben sind ebenso wie Benchmarking noch in bestimmten Branchen vertreten.

Allerdings ist das Scientific Management nicht gänzlich ohne Kritik. Zum einen war Taylor selbst gegenüber den Arbeitern, die er untersuchte, teilweise sehr herablassend. Er ging davon aus, dass diese größtenteils faul und wenig kompetent waren. Außerdem basierten seine Experimente zur Optimierung der Arbeitsabläufe auf keiner theoretischen Grundlage. Stattdessen bezogen sie sich nur auf die Maximalleistungen einer kleinen Personengruppe von Arbeitnehmern.

Was allerdings noch ein weiteres Problem an diesem Ansatz darstellt, ist die Zerstückelung von Arbeitsaufgaben. Zwar kann eine strikte Zuweisung eines eng gefassten Aufgabenbereiches die Produktivität kurzzeitig steigern. Allerdings führt diese Form der Ablaufoptimierung dazu, dass eine ganzheitliche Tätigkeit aus dem Fokus gerät. Der Arbeitnehmer sieht sich selbst nur als kleine Stellschraube in einem großen System, in welches er keine Einsicht hat. Er weiß nicht, welchem Zweck seine Arbeit überhaupt dient.

Das wiederum wirkt sich hinderlich auf die eigene Persönlichkeitsentwicklung aus. Denn zum einen ist das Fehlen einer Sinnhaftigkeit sehr frustrierend und zum anderen kann der Arbeitnehmer seine eigenen Fertigkeiten auch nicht weiterentwickeln, wenn seine Tätigkeit sich stets nur auf ein und denselben Bereich beschränkt.

Bürokratieansatz

Neben dem Scientific Management entwickelte sich ein anderes Menschenbild.
Während Taylor die Arbeitnehmer in einem wenig schmeichelhaften Licht betrachtete, hatte Max Weber eine andere Sicht auf die Dinge. Aus seiner Idee der gesellschaftlichen Rationalisierung ging der Bürokratieansatz hervor.

Im Rahmen der gesellschaftlichen Rationalisierung bestand die Annahme, der Mensch sei durchaus in der Lage, sich umfassend mit seiner sozialen und natürlichen Situation auseinanderzusetzen. So könne auch ein bestimmtes Maß an Beherrschbarkeit und Berechenbarkeit dieser Umwelten entstehen.

Aufgrund dessen sah Weber in der Bürokratie ein optimales System, welches Arbeitsabläufe effektiv verwalten kann. Schließlich geht Bürokratie mit Arbeitsteilung, Aktenkundigkeit und einer Amtshierarchie einher. Diese Merkmale waren Webers Ansicht nach ein unbestechlicher Vorteil in der Organisation von Unternehmen. Schließlich liefen die Vorgänge berechenbar, eindeutig, schnell und präzise ab.

Ein Nachteil war jedoch der, dass die Mitarbeiter eines solchen Systems schnell austauschbar werden. Zudem besteht kein Spielraum bei der Bearbeitung von Aufgaben, was auch schon bei Taylors Ansatz einer persönlichkeitsförderlichen Entwicklung des einzelnen Mitarbeiters im Wege stand.

Unzufriedenheit bei Mitarbeitern ist nur eine Folge eines dermaßen strikten Systems. Zusätzlich etablierte sich zunehmend ein sehr unpersönlicher und nüchterner Umgang mit Außenstehenden.

Hawthorne-Studien

Die Ergebnisse der Hawthorne-Studien waren eher Zufall als Absicht.
Denn Hawthorne und seine Kollegen wollten Ende der 1920er Jahre eigentlich untersuchen, wie sich verschiedene Beleuchtungskonstellationen auf die Produktivität der Mitarbeiter in Unternehmen auswirken. Etwas überrascht stellten die Forscher fest, dass es bei jeder Form der Beleuchtung zu einer Verbesserung der Leistung kam.

Der sogenannte Hawthorne-Effekt beschreibt das Phänomen, dass Personen ihr Verhalten unter Beobachtung ändern. Wissen Menschen, dass sie beobachtet werden, passen sie ihre Handlungen an die vermeintlichen Absichten des Beobachters an. Die Produktionssteigerung hatte demnach weniger mit den eingesetzten Leuchtmitteln zu tun als viel mehr mit der Anwesenheit des Forscherteams.

Obwohl das Vorgehen der Forscher damals aus heutiger Sicht methodisch nicht einwandfrei war, lieferte es dennoch wertvolle Anstöße für die Erforschung verschiedener Organisationsbereiche. Soziale Interaktionen und kooperative Führung sowie eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Mitarbeitern und Führungskräften rückten bald in den Forschungsfokus.

Besonders die Beziehung zwischen Führung und Mitarbeitern entwickelte sich rasch zum Mittel der Wahl. Sie diente jedoch nicht nur der Steigerung der Produktivität, sondern wirkte sich auch auf die Arbeitszufriedenheit aus.

Verhaltenswissenschaftliche Entscheidungstheorie

Die Entscheidungsfindung innerhalb von Organisationen rückte in den Forschungsfokus.
In den Fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts widmeten sich Simon und March dieser Thematik. Sie entwickelten dazu die Verhaltenswissenschaftliche Entscheidungstheorie, bei der die begrenzte Rationalität eine Rolle spielt. Die Annahme besteht darin, dass der Mensch ganz einfach nicht dazu in der Lage ist, alle potenziellen Optionen und Konsequenzen bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen.

Hier kommt die Organisation ins Spiel. Ihre Rolle ist es, dieser Theorie nach, die Komplexität und die damit einhergehende Unsicherheit von Entscheidungen zu reduzieren. Das soll mittels Arbeitsteilung, Hierarchien und standardisierter Verfahren erreicht werden.

Des Weiteren wird angenommen, dass Mitarbeiter an untergeordneten Stellen ein Entscheidungsmonopol besitzen. Dieses zeichnet sich dadurch aus, dass sie über ein spezifisches Wissen in Bezug auf ihren jeweiligen Tätigkeitsbereich verfügen. Allerdings gehört ebenso die Unmöglichkeit dazu, dass die Führungsebene jede einzelne Entscheidung des Einzelnen kontrollieren kann.

Gerade der letzte Punkt bringt eine bestimmte Verantwortung der Organisation mit sich. Diese versucht durch Leitlinien und Zielvereinbarungen sowie durch Schulungen und eine positive Organisationskultur sicherzustellen, dass der einzelne Arbeitnehmer im Interesse des Unternehmens handelt.

Situativer Ansatz

Ein Jahrzehnt später ging es mehr um verschiedene Einflussfaktoren als um universelle Strukturen.
Anders als im Bürokratieansatz stehen beim situativen Ansatz keine „vorgefertigten Schablonen“ im Mittelpunkt, die für jede Organisation passend sein soll. Zwar geht es auch hier um formale Strukturen von Organisationen, allerdings spielen hier verschiedene Variablen in unterschiedlichen Ausprägungen eine Rolle.

Die Schwerpunkte dieses Ansatzes hinterfragen die Beschreibung und Messbarkeit von Organisationsstrukturen und die verschiedenen Einflussfaktoren, welche Unterschiede in Unternehmen erklären können. Auch die Folgen verschiedener Strukturkonstellationen auf die Mitarbeiter und Führungsebene werden beleuchtet.

Diese Herangehensweise ist zwar umfassender als die vorangegangenen Theorien, doch bringt sie auch ein praktisches Problem mit sich. Die Umsetzung ist aufgrund der Komplexität und Einzigartigkeit von verschiedenen Organisationen nur sehr schwierig umzusetzen. Hinzu kommt, dass auch die Definitionen der einzelnen Strukturmerkmale nicht ganz unstrittig sind. Daher gestaltet sich auch der Vergleich zwischen einzelnen Unternehmen nicht gerade einfach.

Agenturtheorie

Die Untersuchung von Organisationsstrukturen beschränkte sich bald nicht mehr nur auf das Innerbetriebliche.
Mit der Agenturtheorie (auch Prinzipal-Agent-Theorie genannt) verschob sich der Forschungsfokus auf die Beziehungen zwischen verschiedenen Organisationen. In diesem Ansatz wird zwischen Prinzipal und Agent unterschieden. Unter dem Prinzipal ist ein Eigentümer oder Vorgesetzter zu verstehen, welchem beispielsweise ein Unternehmen gehört. Bei einem Agenten kann es sich um eine andere Organisation, jedoch auch um einen untergebenen Mitarbeiter handeln.

Beide Parteien gehen einen Vertrag ein und wollen jeweils den für sich größtmöglichen Nutzen daraus ziehen. Im Falle von Arbeitgeber und Arbeitnehmer kommt ein Arbeitsvertrag zustande. Dieser soll in erster Linie den Prinzipal beziehungsweise Arbeitgeber vor einem potenziell opportunistischem Verhalten des Agenten beziehungsweise Arbeitnehmers schützen. Schließlich könnte der Arbeitnehmer zwar einerseits seine Bezahlung annehmen, jedoch seinerseits seine Leistungen zurückhalten. Betrug oder Täuschung wären ebenfalls denkbar. Sowohl im Vertrag festgehaltene Leistungen als auch Normen und Regeln sollen in Form einer gewissen Verhaltenssteuerung den Agenten dazu bringen, sich an die Vereinbarungen zu halten.

Die direkte Austauschbeziehung im Sinne von Geld gegen Leistung findet nach dieser Theorie demnach auf Grundlage einer vertraglichen Basis statt. Einen bitteren Beigeschmack birgt dieser Ansatz allerdings ebenfalls: Es besteht die Gefahr, den Agenten unter Generalverdacht zu stellen.

Spiele-Konzept

Am Ende der 1970er Jahre entstand zusätzlich das Spiele-Konzept.
Formale Strukturen sind vor dem Hintergrund dieses Ansatzes nie vollkommen dazu in der Lage, das Verhalten der Organisationsmitglieder uneingeschränkt zu bestimmen oder zu kontrollieren. Das bietet einen gewissen Handlungsspielraum.

Jedes Mitglied eines Unternehmens hat demnach eine eigene Machtposition inne, welche es durch diesen Spielraum stärken kann. Die Quellen dieser Macht beziehen sich nach Crozier und Friedberg auf die Kontrolle der Kommunikationskanäle, das eigene Expertentum und eine Nahtstelle zur Umwelt.

Die gesamte Strukturierung der Macht wird in diesem Ansatz als Spiel verstanden: Jeder Mitspieler verfügt über ein eigenes Maß an Macht, womit er seine Ziele verfolgen kann. Allerdings hat ein allzu rücksichtsloses Verhalten der eigenen Ziele negative Folgen für die anderen Mitspieler (Kollegen und Vorgesetzten). Daher müssen beim Zusammenwirken innerhalb und zwischen Organisationen Kompromisse geschlossen werden, welche auf eine faire Zielverfolgung für alle Beteiligten hinarbeitet.

Zusammenfassung

  • Es gibt verschiedene Theorien, welche sich mit variierenden Schwerpunkten der Erforschung von Organisationen befassen. Damit einher gehen auch verschiedene Sichtweisen auf den Menschen.
  • Während Mitarbeiter im frühen 20. Jahrhundert noch als bloße ausführende Kraft eng vorgegebener Aufgaben angesehen wurde, schrieb die Forschung ihnen später zunehmend Autonomie und Macht zu.
  • Auch die Vorstellungen von den optimalen Strukturen eines Unternehmens wandelten sich im Laufe der Zeit. So lag das Forschungsinteresse sowohl auf der Optimierung der Abläufe einzelner Arbeitsschritte sowie auf der Frage danach, wie das perfekte Verwaltungssystem abläuft.
  • Doch flossen später auch Einflussfaktoren in die Theoriebildung mit ein, welche sich auf Organisationsstrukturen auswirken.
  • Nicht zuletzt stellt sich auch die Frage, wie Verträge zur Sicherheit auf Seiten von Arbeitnehmern und Arbeitgebern gestaltet werden können und weshalb Kompromisse innerhalb einer Organisation bei der Zielverfolgung der einzelnen Beteiligten von Belang sind.

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