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Psychologische Strömungen im Überblick

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Psychologische Strömungen umfassen verschiedene Sichtweisen bzw. Erklärungsansätze, welche innerhalb der wissenschaftlichen Psychologie menschliches Verhalten erklärbar machen.

Dabei verfügt die Psychologie über eine Fülle von verschiedenen Erklärungsansätzen dafür, warum der Mensch so handelt und denkt, wie er es nun einmal tut. Da die Ursachen für das Verhalten und die Einflüsse auf den Menschen so vielfältig sind, trägt jede psychologische Strömung mit ihrer speziellen Sichtweise zum Verständnis der Psyche bei.

Es gibt eine Vielzahl von Ansätzen, die neue Denkanstöße für die Forschung und Behandlung psychischer Störungen liefern. Gleichzeitig existieren zu jeder Strömung bestimmte Kritikpunkte, die zur Bildung neuer Strömungen führten.

Wozu braucht die wissenschaftliche Psychologie verschiedene Strömungen?

Um das menschliche Verhalten und Erleben zu verstehen, braucht es mehr als nur eine einzige Sichtweise.

Die Psychologie geht Fragen auf den Grund, welche sich um unsere Handlungen, unser Denken und unsere Gefühlswelt drehen.

  • Was steckt hinter unserem Verhalten?
  • Wie entstehen Emotionen, wie Angst, Freude oder Wut?

Im Laufe der Geschichte haben sich verschiedenste Ansätze entwickelt, welche die menschliche Psyche zu beschreiben und erklären versuchen. Häufig entwickelten sich neue psychologische Strömungen aufgrund mangelnder Erklärungserfolge anderer. Derzeit bestehen mehrere Strömungen nebeneinander und beeinflussen die heutige Psychologie in verschiedenen Bereichen.

Welche unterschiedlichen psychologische Strömungen kennt die Psychologie?

Es gibt fünf Hauptströmungen in der Psychologie.
Hier der Überblick.

1. Tiefenpsychologie

Das Seelenleben ist dreigeteilt.

Begründer der Tiefenpsychologie war Sigmund Freud. Für unser Handeln und denken machte er vor allem das Unbewusste verantwortlich. Das Bewusstsein spielt innerhalb der Freudschen Tiefenpsychologie eine untergeordnete Rolle.

So nahm Freud an, dass die menschliche Psyche dreigeteilt ist. Seiner Ansicht nach besteht der Geist aus dem ES, dem ICH und dem ÜBER-ICH. Das ES beinhaltet alle Wünsche, Triebe und Bedürfnisse, zum Beispiel die nach Sex, Macht, Liebe oder auch Hass. Es ist impulsiv und nicht besonders gut kontrollierbar.

Das ÜBER-ICH hingegen vereint sämtliche Regeln, unsere Moralvorstellungen und Werte in sich. All diese Dinge sind durch die Gesellschaft geprägt und von uns übernommen worden. Beide Instanzen stehen oft im Konflikt. Diese Konflikte werden durch das ICH vermittelt, welches als eine Art Streitschlichter fungiert.

Schüler Freuds waren Alfred Adler und Carl Gustav Jung. Sie kreierten ihre eigenen Theorien in Bezug auf die Tiefenpsychologie und entwickelten diese Strömung weiter. Vor allem Jung störte sich an der stark sexuell geprägten Triebtheorie von Freud.

2. Behaviorismus

Das menschliche Verhalten sollte naturwissenschaftlich erklärt werden.

Die Vertreter des Behaviorismus beschränkten sich daher allein auf das beobachtbare Verhalten. Trifft ein Reiz auf einen Organismus, antwortet dieser darauf mit einer bestimmten Reaktion. Gefühle und Gedanken waren hierfür irrelevant und wurden in der sogenannten „Black Box“ verstaut.

Der Behaviorismus wurde von John Watson begründet, welcher sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts vornehmlich mit lernpsychologischen Prozessen beschäftigte. Seiner Ansicht nach ist der Mensch eine Summe seiner individuellen Lernerfahrungen. Dem Menschen an sich kommt nur eine Rolle als rein passives Wesen zu. Die Umwelt kontrolliert das menschliche Verhalten also komplett.

Das wollte Watson durch seine Versuche mit „dem kleinen Albert“ verdeutlichen. Er konditionierte das Kleinkind darauf, sich vor weißen, flauschigen Objekten zu fürchten. Dem kleinen Albert wurden dazu weiße Ratten oder Nikolausmasken gezeigt. Gleichzeitig wurde hinter ihm auf Eisen geschlagen. Das laute Knallen erschreckte das Kind so sehr, dass es sich bald auch vor den damit kombinierten Objekten fürchtete. Hatte Albert noch zuvor neugierig auf eine weiße Ratte reagiert, zeigte er nun eine ängstliche Reaktion auf das Tier. Selbst dann, wenn kein lautes Geräusch mehr bei dessen Anblick ertönte.

Neben dem klassischen Konditionieren nach Watson entwickelte B.F. Skinner die Theorie des operanten Konditionierens. Hierbei wurde mittels Verstärker oder Bestrafungen ein Verhalten gestärkt oder gemindert. Zum Einsatz kamen sogenannte Problemkäfige. Hier hatte beispielsweise eine Ratte die Auswahl zwischen zwei Knöpfen. Drückte sie den einen, erfolgte ein Stromschlag. Das Drücken des anderen hatte die Ausgabe von Futter zur Folge. Die Ratte lernte aufgrund der jeweiligen Folge schnell, ihr Verhalten anzupassen. Verhalten wurde somit kontrollierbar gemacht.

3. Humanistische Psychologie

Zeit für ein positives Menschenbild.

Die Auffassung über den Menschen als triebgesteuertes beziehungsweise passives Wesen aus Tiefenpsychologie und Behaviorismus war recht negativ. Einen Gegenentwurf stellte die humanistische Psychologie dar.

Hier ist der Mensch ein aktives Individuum, das sich selbst und seine Umwelt bewusst erlebt. Wichtige Vertreter waren Charlotte Bühler und Abraham Maslow. Zentral ist die Frage des Selbstkonzepts und das Potenzial zur Persönlichkeitsentfaltung. Die Umwelt wirkt nicht kontrollierend auf dem Menschen, sondern soll zur Entfaltung der eigenen Potenziale und Kreativität beitragen.

Um die Selbstverwirklichung umzusetzen, müssen andere Bedürfnisse erfüllt sein. Maslow veranschaulichte dies in seiner Bedürfnispyramide. Erst wenn physische Grundbedürfnisse, die Bedürfnisse nach Sicherheit und soziale Bedürfnisse sowie das Bedürfnis nach Anerkennung und Wertschätzung erfüllt sind, kann Selbstverwirklichung stattfinden. Allerdings fragen heutzutage Kritiker an dieser Stelle danach, woran Selbstverwirklichung überhaupt erkennbar ist.

4. Kognitivismus

Die kognitive Wende rückte die Bedeutung von Wahrnehmung und Prozesse der Informationsverarbeitung in den Mittelpunkt.

Der Mensch interagiert mit seiner Umwelt. Der Kognitivismus war eine Reaktion auf den Behaviorismus. Die unbeachtete Black Box wurde nun von den Vertretern kognitivistischer Lerntheorien unter die Lupe genommen.

Lernen wird ihrer Ansicht nach genau durch die Prozesse beeinflusst, die im Behaviorismus als unwichtig abgetan wurden. Informationsverarbeitung, Gedächtnis oder Interpretation sind Prozesse, welche hier besondere Beachtung finden.

Besonders unser individuelles Vorwissen spielt hier eine wichtige Rolle. Denn alles, was wir erleben und lernen, wird mit bisherigen Erfahrungen verknüpft und aufgrund dieser auch interpretiert. Daher erleben zwei Menschen dieselbe Situation auch nie gleich.

Ein bedeutender Vertreter war Jean Piaget, welcher die kognitive Entwicklung von Kindern untersuchte. Diese läuft laut Piaget in verschiedenen Phasen ab. Ein wichtiger Meilenstein in diesen Phasen ist etwa die Objektpermanenz. Hierbei handelt es sich um das Wissen darüber, dass ein Objekt auch außerhalb unseres Sichtfeldes weiterhin existiert. Der Mensch verfügt über dieses Wissen erst ab einem Alter von etwa acht Monaten.

5. Biopsychologie

Biologische Ursachen des menschlichen Denkens und Handelns.

  • Wie beeinflussen Hormone unser Fühlen?
  • Inwieweit sind unsere Gene an unseren Einstellungen beteiligt?

Neben diesen Fragen steht das Gehirn im Mittelpunkt des biopsychologischen Interesses. Erforscht wird die Struktur des Gehirns und auch die Prozesse der Reizübertragung. Der Einfluss von Neurotransmittern und Hormonen wird ebenso untersucht, wie die Zusammenarbeit der einzelnen Hirnareale untereinander. Bildgebende Verfahren helfen hier bei der Erforschung.

Auch der Einfluss der Psyche auf unseren Körper ist Teil dieser Strömung. Daher stellen Vertreter dieser Strömung sich Fragen wie: Wieso reagiert unser Körper auf eine bestimmte Weise auf Angst oder Stress? Wie funktioniert der Placebo-Effekt?

Welche Erklärungen und Behandlungsansätze ergeben sich aus den jeweiligen psychologischen Strömungen?

Jede psychologische Strömung verfügt über eigene Sichtweisen, die die Behandlung von Problemen beeinflusst.

  • Die Tiefenpsychologie sieht den Ursprung von psychischen Problemen im Unbewussten. In der Psychoanalyse kommt daher die freie Assoziation zum Einsatz, um dem Unbewussten auf die Schliche zu kommen. Der Patient soll seinen Gedanken und Gefühlen im Gespräch mit dem Therapeuten freien Lauf lassen. Er soll also weder zensieren noch Dinge zurückhalten. Der Therapeut interpretiert anschließend die Äußerungen des Patienten und soll so einen Zugang zu dessen Unterbewusstsein herstellen. Manche Inhalte werden durch Abwehrmechanismen zurückgehalten, die unser Verhalten unbewusst bestimmen. Auch Traumdeutung war für Freud ein Weg ins Unbewusste. Er sah Träume als Vehikel für psychische Botschaften an. Daher deutete er Traumsymbole systematisch und schrieb ihnen jeweils eine bestimmte Bedeutung zu.
  • Behavioristen gehen davon aus, dass Verhalten allein durch Reiz-Reaktionsketten bestimmt werden. Sämtliche Prozesse, die innerhalb des Geistes stattfinden, finden dagegen keine Beachtung. Ein Problem soll durch Lernprozesse zu erklären sein. Da Verhalten für sie nur eine Verbindung von Reiz und Reaktion und auch nur eine erlernte Reaktion ist, kann problematisches Verhalten auch wieder verlernt werden. Ein günstiges Verhalten kann anstelle dessen erlernt werden, indem auch wieder mit Verstärkern und Bestrafung gearbeitet wird.
  • Die humanistische Psychologie geht von einem schöpferischen und positiven Menschenbild aus. Probleme können behoben werden, indem alle Grundbedürfnisse erfüllt werden. Der Mensch gelangt nach deren Erfüllung zur Möglichkeit der Selbstverwirklichung, welche ihm wiederum Zufriedenheit schenkt.
  • Die kognitivistische Sichtweise hingegen erklärt Reaktionen auf Situation mit deren individuellen Interpretation. Verbinden wir negative Erinnerungen mit einer Situation, deuten wir diese anders als jemand mit positiven Verknüpfungen. Durch Bewusstmachung dieser Zusammenhänge können Therapieformen entwickelt werden, die zur Lösung des psychischen Problems beitragen.
  • Die Biopsychologie sieht die Ursachen der Probleme vor allem im Gehirn. Durch verschiedene Untersuchungsmethoden können bestimmte Hirnareale ausgemacht werden, die eventuell nicht „ordnungsgemäß“ funktionieren und so das jeweilige Verhalten auslösen. Auch bestimmte Hormone oder Neurotransmitter sind für Gefühlslagen oder Denkweisen verantwortlich, die das Verhalten beeinflussen. Sollte ein chemisches Ungleichgewicht im Gehirn vorliegen, kann dies etwa mit Hilfe von Psychopharmaka behoben werden. Psychopharmaka sind Arzneistoffe, welche chemisch in die Prozesse des Gehirns eingreifen und sie dadurch regulieren können.

Welche psychologischen Strömungen fließen heute in eine praxisorientierte Therapie ein und wie?

Je nach Therapieform findet eine bestimmte oder auch eine Kombination aus den Einflüssen verschiedener psychologischer Strömungen Verwendung in der Praxis.

In Deutschland werden von den Krankenkassen lediglich die Kosten von drei Therapieformen übernommen. Dazu zählen die Verhaltenstherapie, die tiefenpsychologisch fundierte Therapie und die psychoanalytische Therapie.

Bei der Verhaltenstherapie kommen Erkenntnisse aus dem Behaviorismus und dem Kognitivismus zum Tragen. Es handelt sich also um eine Art Gegenbewegung zur freudschen Psychoanalyse. Hier geht es darum, bestimmte Verhaltensweisen neu zu erlernen oder negatives Verhalten abzulegen.

Ungünstige Verhaltens- und Denkmuster können also nicht nur erlernt, sondern auch wieder verlernt werden. Die aktive Mitarbeit des Patienten ist Voraussetzung. Er muss sich mit sich selbst auseinandersetzen und die erlernten Erkenntnisse nicht nur während der Sitzungen, sondern auch im Alltag anwenden. Es werden praktische Hausaufgaben erteilt, die in den nächsten Sitzungen besprochen werden. Die aktuelle Problematik wird direkt angesprochen und behandelt.

Tiefenpsychologische Strömungen befassen sich mit Ursachensuche in der Vergangenheit

Bei der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie sollen auch aktuelle Probleme gelöst werden.

Hier kommen allerdings andere Mittel zum Einsatz. Da die Wurzeln dieser Therapieform in der Tiefenpsychologie liegen, werden unbewusste Konflikte aus der Vergangenheit beleuchtet. Diese sollen die Ursache für die jetzigen Verhaltensauffälligkeiten oder negativen Denkmuster bilden.

Durch die Offenlegung dieser unbewussten Konflikte, wird ein Verständnis für die derzeitige Problemlage geschaffen und geeignete Lösungsstrategien erarbeitet. Anders als bei der klassischen Psychoanalyse liegt der Patient hier jedoch nicht auf der Couch, sondern sitzt dem Therapeuten auf Augenhöhe gegenüber. Je nach Problematik wendet der Therapeut unterschiedliche Methoden zur Ursachensuche an.

Humanistische Strömungen bedeuten heute weniger Leid durch Kreativität

Humanistische Ansätze fließen in Behandlungsformen ein, die etwa Gestalttherapie, positive Psychotherapie oder auch emotionsfokussierte Therapie einschließen.

Ziel dieser Therapieformen ist das psychische Wachstum. Das Leid des Menschen soll gelindert werden, indem er seine Persönlichkeit entfaltet und seine Ressourcen zu nutzen lernt. Der Grundgedanke ist das ressourcenorientierte und positive Menschenbild. Die Bewusstmachung der Wahlfreiheit, der eigenen schöpferischen Fähigkeiten und die persönliche Verantwortung für das eigene Handeln sollen dem Patienten neue Perspektiven aufzeigen, mit denen er an sich selbst arbeiten kann.

Biopsychologie heute bedeutet, Wechselwirkung von Körper und Geist

Die Biopsychologie ermöglicht es, den körperlichen Ursachen für psychische Probleme auf den Grund zu gehen.

Durch die Erforschung an den Zusammenhängen von Psyche und biologischen Mechanismen können bestimmte Verhaltensweisen erklärt und somit auch Behandlungsformen entwickelt werden. Besteht eine chemische oder hormonelle Imbalance im Gehirn, kann mit Medikamenten gearbeitet werden.

Doch auch andere Therapieformen können sich auf die Biologie auswirken. Kann das Denken durch etwa eine Verhaltenstherapie verändert werden, entsteht in bestimmten Situationen weniger Stress. Diese abgemilderte Stressreaktion wiederum hat einen geringeren Einfluss auf die Ausschüttung von Stresshormonen, welche sich auf die körperlichen Reaktionen auswirken. Bleiben die Körperreaktionen aus, registriert das Gehirn „alles ist in Ordnung“. So kommt es zu keiner Rückkopplung, welche die Stressreaktion aufrechterhalten würde.


Literatur

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