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So funktionieren Nervenzellen als neuronales Netz


Die Psychologie befasst sich mit dem menschlichen Denken und Verhalten. Dieses unterliegt einer Reihe von unterschiedlichen Einflüssen. Seien es sozialkulturelle, persönlichkeitsbezogene oder eben biologische. Zum letzten Aspekt gehört beispielsweise die Auswirkung von gewissen Substanzen (zum Beispiel Nikotin oder Alkohol) auf unsere Wahrnehmung und unser Verhalten. Doch auch hormonelle Veränderungen in unserem Körper oder ein Ungleichgewicht der Neurotransmitter (körpereigene Botenstoffe) können unsere Psyche beeinflussen.

Damit überhaupt erst einmal so etwas wie eine Psyche zustande kommt, benötigen wir vor allem eins: einen Körper. Für die Psychologie sind in diesem Zusammenhang besonders Nervensystem und Gehirn von großer Bedeutung. Hier findet die Übertragung von Informationen zwischen Nervenzellen statt, wodurch uns überhaupt erst eine Wahrnehmung der Umweltreize oder das Empfinden von Schmerz ermöglicht wird. Doch auch das Denken, unser Verstand oder (allgemeiner gefasst) unsere Psyche wäre ohne das Gehirn und die darin stattfindende neuronale Kommunikation nicht möglich.

Was ist ein Neuron?

Wir sind mit einem komplexen Informationssystem ausgestattet. Dieses besteht aus einem gigantischen Netzwerk aus Abermilliarden Nervenzellen, welche auch als Neuronen bezeichnet werden. Ein Neuron ist demnach ein Baustein in diesem Informationsnetz, bei dem es sich um unser Nervensystem handelt. Diese Zellen sind dafür verantwortlich, dass wir unsere Umwelt wahrnehmen, Gedanken haben oder Handlungen ausführen können. Neurone tauschen untereinander Informationen in Form von elektrischen Impulsen aus.

Es gibt nicht nur einen Typ von Nervenzellen, sondern verschiedene. Dennoch basieren alle mehr oder weniger auf demselben Konstruktionsplan: Soma, Axon, Dendrit und synaptische Endigungen. Der Zellkörper wird alternativ auch Soma genannt. Dabei handelt es sich sozusagen um die Versorgungszentrale des Neurons. Denn im Inneren des Somas befinden sich Zellbestandteile, die die Funktionsweise des Neurons aufrechterhalten.

Dendriten, Soma und Axon

Vom Soma aus gehen die sogenannten Dendriten ab, welche für die Aufnahme und Weitergabe von Informationen an den Zellkörper zuständig sind.

Dendriten kannst du dir wie kleine Zweige mit vielen Verästelungen vorstellen. Diese Zweige „fangen“ Impulse auf und geben sie an das Soma weiter. Von dort aus gelangen die Informationen über Axone an weitere Neurone. Allerdings werden die elektrischen Impulse nicht immer nur an andere Nervenzellen weitergegeben, sondern auch an Muskeln oder Drüsen.

Neuronal weitergeleitete Botschaften können daher auch dazu führen, dass eine bestimmte Muskelpartie aktiviert wird oder Drüsen die Produktion von bestimmten Hormonen einstellen oder in Gang setzen. Die Axone schließen mit den synaptischen Endigungen ab. Was das Längenverhältnis angeht, so sind Axone um ein Vielfaches länger als die Dendriten. Sie erstrecken sich teilweise durch große Körperbereiche.

Dendriten nehmen Impulse auf, Axone geben sie weiter

Du kannst dir ein Neuron wie eine Art Telefonhörer vorstellen: Die Dendriten sind die Hörmuschel und die Axone die Sprechmuschel der Nervenzelle.

Damit die Informationsübertragung besser funktioniert, sind die Axone von einer Fettschicht umgeben. Diese Hülle wird als Myelinschicht bezeichnet und umspannt die Axone in mehreren Abschnitten. Diese Abschnitte werden von einem Knoten beziehungsweise Ranvier-Schnürring unterteilt, durch welche die Infoübermittlung schneller vonstattengeht. Denn die Informationen „hüpfen“ sozusagen von einem Ranvier-Schnürring zum nächsten.

Folgenschwerer Fettabbau

In den ersten 25 Lebensjahren wird die Myelinschicht stetig aufgebaut. Sie spielt eine wichtige Rolle bei den unterschiedlichsten Funktionen. Denn mit ihrer Hilfe steht und fällt unsere Kontrollfähigkeit und unsere Fähigkeit zur Bewertung von eingehenden Reizen. Wie bei so vielen Dingen, wird uns die große Bedeutung der Myelinschicht erst dann bewusst, wenn sie plötzlich nicht mehr da ist.

Die Erkrankung multiple Sklerose geht mit dem Rückgang der Myelinschicht einher. Das hat fatale Auswirkungen: Wir können die Bewegungen unserer Muskeln nur noch langsam steuern. Diese Verlangsamung geht bis zum kompletten Kontrollverlust über die eignen Muskeln. Frauen erkranken meistens in einem Alter von 25 Jahren, Männer hingegen mit 30. Außerdem tritt diese Erkrankung bei Frauen häufiger auf.

Das Verhältnis zwischen Frauen und Männern liegt bei multipler Sklerose etwa bei 2:1. Als Ursache für die Erkrankung werden bestimmte Bakterien vermutet, die diese entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems auslösen. Doch auch die genetische Vorbelastung spielt eine bedeutende Rolle.

Wie werden Impulse übertragen?

Neurone leiten Informationen weiter. Diese Informationen oder Impulse werden durch eingehende Reize angestoßen. Zum Beispiel durch visuelle Eindrücke, Gerüche oder Geräusche. Über die Rezeptoren der Sinneszellen werden Reize aufgefangen und als Impuls über die Nervenbahnen weitergeleitet. Dabei wandern Impulse (auch Aktionspotenziale genannt) das Axon eines Neurons entlang.

Bei einem Aktionspotenzial handelt es sich um eine elektrische Ladung, die mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten durch unseren Körper strömt. Es hängt von der Gewebeart ab, ob ein Impuls mit drei Kilometern pro Stunde durch das Nervensystem „schleicht“ oder es auf Spitzengeschwindigkeiten von bis zu etwa 290 Stundenkilometern schafft.

Was nun jedoch wahnsinnig schnell klingt, muss allerdings ins Verhältnis gesetzt werden. Denn selbst die schnellste neuronale Weiterleitung von elektrischen Impulsen ist immer noch fast drei Millionen Mal langsamer als das, was an Elektrizität durch das Stromnetz rast.

Vielleicht etwas langsam, dafür jedoch stetig

Interessanterweise beeinflusst die Größe eines Lebewesens, wie lange die Übertragung eines Reizes ans Gehirn dauert. Spürt beispielsweise ein Elefant einen Schmerz an seinem Schwanz, dauert es rund hundert Mal länger als bei einer Maus bis der Impuls vom Schwanz bis zum Gehirn gelangt ist.

Je kleiner ein Tier ist, desto kürzer ist dementsprechend auch die Entfernung, die ein Impuls bis zum Gehirn zurücklegen muss. Zwar sind Aktionspotenziale nicht so schnell wie die Elektrizität im Stromnetz. Doch sie bleiben auch auf langen Strecken erhalten, ohne dabei an Stärke zu verlieren. Es dauert also manchmal zwar länger, bis eine Information ankommt. Dennoch entspricht diese Information immer noch dem Eingangssignal.

Wie entsteht Elektrizität in den Neuronen?

Vielleicht fragst du dich jetzt, wie der Strom überhaupt in unseren Körper kommt. Die Antwort darauf ist: Die Neurone produzieren ihn selbst. Und zwar anhand von chemischen Prozessen. Dabei findet ein Austausch von Ionen statt, bei denen es sich um elektrisch geladene Atome handelt.

Das Aktionspotenzial hast du bereits kennen gelernt. Hier soll es nun um das Ruhepotenzial gehen. Dieses liegt dann vor, wenn eine bestimmte Verteilung der Ionen im Inneren der Nervenzelle und um sie herum besteht. Im Ruhezustand befinden sich im Zellinneren mehr negativ geladene.

Außerhalb des Neurons besteht eine Überzahl von positiv geladenen Ionen. In diesem Ruhezustand bleiben die Ionen auch in dieser Verteilung bestehen. Das Neuron verfügt über Kanäle, durch welche die Ionen eindringen oder austreten können. Liegt ein Ruhepotenzial vor, bleiben diese Kanäle zu. Sie öffnen sich erst, wenn ein Impuls das Neuron stimuliert.

Ungleichgewicht in der Ionenverteilung führt zu Aktionspotenzial

Durch einen eingehenden Impuls öffnen sich die Kanäle des Axons und lassen die positiv geladenen Ionen hinein. Da es sich bei den entsprechenden Ionen um Natrium- und Kalium-Ionen handelt, werden die Kanäle auch als Natrium-Kalium-Kanäle bezeichnet. Es entsteht ein Ungleichgewicht im Zellinneren, wodurch sich dementsprechend auch die elektrische Ladung des Neurons ändert.

Sofern diese Ladungsänderung groß genug ist, findet eine Depolarisierung statt – das Neuron „feuert“. Das löst ein Aktionspotenzial aus. Anschließend befördert die Natrium-Kalium-Pumpe die positiv geladenen Natriumionen wieder aus der Nervenzelle hinaus. Der entsprechende Teil des Axons gelangt schließlich wieder zu seiner ursprünglichen negativen Ladung und somit zum Ruhepotenzial zurück. Dieser Vorgang pflanzt sich von einem Axonabschnitt zum nächsten fort.

Da eine Information an den Dendriten eingeht, bewegt sich der Impuls entlang des Axons von Dendriten und Zellkörper ausgehend in Richtung der axonalen Endigungen.

Das neuronale Prinzip lautet “alles oder nichts“

Damit ein Impuls jedoch überhaupt erst weitergeleitet wird, muss ein gewisser Schwellenwert überschritten werden. Ein Neuron feuert demnach nicht bei jedem beliebigen Reiz. Dieser muss stark genug sein, also eine Mindestintensität erreichen. Ansonsten reagiert das Neuron nicht darauf. Es ist also nicht so, dass ein Neuron bei schwachen Reizen nur ein bisschen und bei stärkeren „aus allen Rohren feuert“. Nervenzellen folgen eher dem Prinzip: alles oder nichts.

Doch warum spüren wir manche Dinge dann intensiver als andere?
Das liegt daran, dass ein starker Reiz eine größere Anzahl an Neuronen zum Feuern bewegen kann und auch in einer häufigeren Abfolge. Doch die Reizintensität hat keinen Einfluss darauf, wie stark oder schnell das Aktionspotenzial von einer Nervenzelle auf die andere übertragen wird.

Damit es überhaupt erst zu einer Übertragung von Impulsen zwischen den einzelnen Neuronen kommt, sind wir auf die Synapsen angewiesen. Das sind die Verbindungsstellen zwischen den Nervenzellen gemeint. Eine Synapse besteht aus einer axonalen Endigung des einen und dem Dendriten des nachgeschalteten Neurons. Zwischen diesen befindet sich jedoch keine direkte Verbindung, sondern ein winziger Spalt. Hier findet ein Austausch von Informationen in Form von Neurotransmittern (chemischen Botenstoffen) statt.

Zusammenfassung

  • Das Gehirn ist das wichtigste Organ in der Psychologie. Hier entsteht unser Denken, befindet sich unsere Persönlichkeit und werden Erinnerungen abgespeichert. Doch damit das möglich ist, sind weit kleinere Bestandteile nötig: die Neuronen und deren Kommunikation untereinander.
  • Nervenzellen bestehen aus einem Zellkörper, Dendriten und Axonen. Dendriten sind für die Aufnahme von Informationen zuständig. Axone leiten diese an andere Neurone, Muskeln oder Drüsen weiter.
  • Aktionspotenziale sind elektrische Impulse. Sie wandern am Axon entlang und weiter zur nächsten Nervenzelle. Das Axon ist mit einer Fettschicht ummantelt. Diese nennt man Myelinschicht und sie ist für eine schnelle Übertragungsgeschwindigkeit zuständig. Ein Abbau dieser Schicht führt zur Krankheit multiple Sklerose. Die Kontrolle über die eigenen Muskeln nimmt dabei stetig ab und geht irgendwann völlig verloren.
  • Elektrische Impulse bewegen sich mit Geschwindigkeiten von bis zu 290 Stundenkilometern durch unseren Körper. Sie entstehen aufgrund von chemischen Prozessen in beziehungsweise um die Nervenzellen herum.
  • Im Ruhezustand ist das Innere eines Neurons negativ geladen und dessen Umgebung positiv.
  • Bei einem eingehenden Reiz werden die Ionenkanäle in der Zellmembran geöffnet. Daraufhin strömen positiv geladene Ionen ins Zellinnere und verursachen ein Ungleichgewicht. Dieses löst ein Aktionspotential aus, welches sich in die Richtung des nächsten Neurons bewegt.
  • Die Nervenzellen sind durch Synapsen verbunden. Bei der Kommunikation zwischen den Neuronen kommt es zum Austausch von Neurotransmittern.

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