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Nervensystem des Menschen: Überblick zur Einteilung, Aufbau, Funktionen


Das Nervensystem (lateinisch Systema nervosum) beschreibt das Zusammenspiel aller Nervenzellen und Gliazellen (andersartige Nervenzellen) im Organismus. Alle Gewebetiere, auch der Mensch, besitzen ein Nervensystem. Bei höheren Lebewesen, den Wirbeltieren, gliedert sich das System in Zentralnervensystem (ZNS) und peripheres Nervensystem (PNS) auf.

Wer hat das Nervensystem entdeckt?

Der deutsche Embryologe und Physiologe Gabriel Gustav Valentin (1810–1883) entdeckte 1836 den Zellkern von Nervenzellen. Da dieser Zellentyp die Grundsubstanz des Nervensystems bildet, gilt dies gleichbedeutend mit der Entdeckung des Nervensystems.

Zwar war den Menschen in früheren Zeiten bereits klar, welche Rolle das Gehirn spielt – jedoch vermochte niemand zu ahnen, wie die Kommunikation zwischen Gehirn, Organen und Muskeln funktioniert. Durch Valentins Entdeckung wurde das Zusammenspiel zwischen Gehirn und Nerven klarer.

Darauf aufbauend veröffentlichten der deutsche Anatom Theodor Schwann und Matthias Schleiden, welcher als Mitbegründer der Zelltheorie gilt, 1939 eine Theorie, dass das zentrale Nervensystem aus Zellen besteht. Außerdem identifizierte Schwann spezifische Nervenzellen im peripheren Nervensystem, welche nach ihm benannt sind (Schwann’sche Zellen).

Wie funktioniert das Nervensystem?

Wie alle Wirbeltiere bestehen auch wir Menschen aus einem in mehrere Untereinheiten eingeteiltes Nervensystem. Nervenzellen sind essentiell für unser Leben. Sie sind nicht nur bei der Ausführung körpereigener Prozesse, wie die Verdauung, den Herzschlag oder die Atmung unentbehrlich. Sondern sie ermöglichen uns auch die Wahrnehmung unserer Umwelt, gedankliche Prozesse, Erinnerungen und Gefühle.

Ohne Nerven könnten wir keine Schmerzen (beziehungsweise überhaupt nichts) fühlen, nicht sehen, schmecken oder riechen. Nicht denken oder uns bewegen. Bei Nerven handelt es sich um Bahnen aus gebündelten Axonen. Sie verbinden das zentrale Nervensystem mit unseren Sinnesorganen, Muskeln und Drüsen.

Axone sind Teile einzelner Nervenzellen, über welche elektrische Impulse an weitere Neuronen oder Muskeln und Drüsen weitergeleitet werden. Unser Gehirn erhält nicht nur Input über die Nervenzellen dieses den Körper durchziehenden Netzwerkes, sondern ist selbst ein Teil davon.

Man kann die Aufgaben und Funktionen des Nervensystems in drei Kategorien einteilen:

  • Reizaufnahme, dessen Integration und Reaktion
  • Koordination von motorischen Leistungen und Bewegungen
  • Regulierung der Organe durch Blut, Hormone oder Botenstoffe
  • Psychische Prozesse

All diese Funktionen und Aufgaben dienen dazu, dass der Organismus geschützt ist, sich entwickelt, sich fortpflanzt, seinen Stoffwechsel aufrecht hält und wächst. (Siehe Kennzeichen des Lebens)

Reizaufnahme, Integration und Reaktion im Nervensystem

Am besten am Beispiel Sehen und Hören. Sehen ist nichts anderes als eine Lichtreflektion. Sonnenlicht wird von einem Objekt, auf welches es trifft, in einer bestimmten Stärke reflektiert. Diese Reflexionsstrahlen treffen auf das Auge. Dort befinden sich hochsensible Rezeptoren auf der Netzhaut, welche durch die einfallende Lichtstrahlung gereizt werden.

Dieser Reiz wird an das Gehirn weitergeleitet und dort übersetzt. Im Gehirn entsteht das Bild. Sehen, durch das Auge, ist somit eine Reizaufnahme. Und die Übersetzung bzw. das Entstehen des Bildes ist die Reizreaktion des Gehirns, als Teil des Zentralnervensystems.

Alle Sinnesorgane (Auge, Ohr, Nase, Haut, Mund) besitzen diese hochsensiblen Rezeptoren, welche den Reiz aufnehmen. Diese leiten ihn, durch die Nervenzellen an das Gehirn weiter, wo der Reiz übersetzt wird und schließlich eine Reaktion erfolgt, welche wir als Hören, Schmecken, Sehen, Riechen oder Tasten erleben.

Koordination der Motorik

Sobald Muskeln bewegt werden, geschieht dies über das periphere Nervensystem. Der Impuls kommt allerdings vom zentralen Nervensystem, speziell aus dem Gehirn. Dort entsteht der Reizimpuls, allerdings nicht unbedingt willkürlich. So kann bereits ein anderer Reiz vorangegangen sein. Beispielsweise siehst du einen freilaufenden Tiger oder Wolf. Die Reizreaktion des Gehirns ist dann nicht nur das Sehen, sondern auch die Angststarre, der Adrenalinausstoß und die Fluchtreaktion.

Das Gehirn, als Schaltzentrale des Zentralnervensystems, sendet einen Impuls über Motoneurone. Dies sind spezielle motorische Neuronen bzw. Nervenzellen, welche die Nervenreize zu den Muskeln tragen. Dort werden diese in Programme übersetzt und ausgeführt.

Regulierung der Organe

Das Zentralnervensystem erhält ebenfalls Reize aus dem Organismus zurück. Es überwacht somit Organe und reguliert deren Zufuhr. Sobald ein innerer oder äußerer Reiz den Organismus gefährdet, werden Gegenmaßnahmen ergriffen. Dies kann die Ausschüttung von Hormonen sein, aber auch das Hochfahren der Immunabwehr. Das Gehirn dient hier als Entscheider und das Rückenmark als Übersetzer. Das periphere System (Muskeln und Drüsen) sind Ausführer und Informationssammler.

Psychische Prozesse

Natürlich haben die Reizaufnahme und Verarbeitung auch Auswirkungen auf das menschliche Verhalten, Erleben und Handeln. Letztlich sind Emotionen wie Angst oder Aggression, welche wir erleben, ebenfalls Schutzmechanismen. Aggression oder Angst dient dem Überleben. Denn durch Schutzmaßnahmen, welche wir aufgrund von Angst treffen, bleibt der Organismus erhalten.

Sicherlich sind heutzutage viele Emotionen nicht mehr zweckgemäß. Doch das Gehirn eines Menschen ist noch das Gleiche, welches der Urmensch hatte. Und die Programme, welche das Gehirn als Reizreaktion abruft, sind immer noch aus der Steinzeit. Das Gehirn ist anpassungsfähig und Menschen lernen dazu. Jedoch sind viele Basisprogramme, welche wir als Gedanken und Gefühle wahrnehmen, darauf ausgerichtet, den Körper vor inneren und äußeren Verletzungen zu schützen.

Somit wird die Psyche zu einem verlängerten Arm und Unterstützer des Nervensystems. Und die Gedanken und Gefühle sind Reize, welche als Programme übersetzt werden. Diese dienen dazu, dass der Organismus geschützt und erhalten bleibt, sich fortpflanzt, wächst und entwickelt. (Siehe Kennzeichen des Lebens)

Input Output Funktion

Allgemein kann man sagen, dass das Nervensystem eine Input Output Funktion folgt. Der Input besteht darin Reize aus der Umwelt oder Informationen aus dem Organismus aufzunehmen. Die Nervenzellen, als Grundbausteine des Nervensystems, leiten diese Informationen ans Gehirn weiter. Dort findet eine Entscheidung statt. Nach der Entscheidung wird ein Output erzeugt, welcher als Reizreaktion an die Nervenzellen zurückgegeben wird. Durch die Neuronen (Nervenzellen) fließen dann die Informationen zurück an Muskeln, Drüsen, Zielorgane bzw. Zielzellen.

Dieser Austausch findet permanent statt und man unterscheidet drei verschiedene Neuronentypen:

  • Sensorische Neuronen sind Nervenzellen, welche von den Sinnesrezeptoren aus Mund, Nase, Haut, Ohren und Augen eine Information an das Gehirn und Rückenmark senden.
  • Motoneurone sind Nervenzellen, welche Informationen vom zentralen Nervensystem an die Muskeln und Drüsen (Periphere Nervensystem) übermitteln.
  • Interneurone sind Nervenzellen des Zentralnervensystems. Diese gewährleisten die interne Kommunikation zwischen sensorischen Input und motorischen Output.

Wie ist das Nervensystem aufgebaut?

nervensystem aufbau

Die Gesamtheit der reizleitenden und reizverarbeitenden Organe wird als Nervensystem bezeichnet. Du kannst es dir als eine Art elektrochemisches Hochgeschwindigkeitsnetz vorstellen, in dem Abermilliarden Nervenzellen in Sekundenbruchteilen miteinander kommunizieren. Dieses Netz durchzieht den gesamten Körper und wird in ein zentrales und ein peripheres Nervensystem unterteilt.

Was das zentrale Nervensystem (kurz ZNS) ist, lässt sich mit nur zwei Begriffen erklären. Denn dabei handelt es sich um das Gehirn und das Rückenmark. Alle anderen Nerven innerhalb des Nervensystems werden der Peripherie zugeordnet. Das periphere Nervensystem (PNS) beinhaltet Neuronen und Motoneuronen, welche das ZNS mit dem restlichen Körper in Verbindung setzen. Auch die Neuronen des autonomen Nervensystems (ANS) gehören zur Peripherie.

Warum gibt 2 Nervensysteme: Aufgaben der Zentrale und der Peripherie

Das Zentralnervensystem, bestehend aus Rückenmark und Gehirn, dient der Steuerung und Entscheidung. Oberstes Entscheidungsorgan ist dabei das Gehirn. Das Rückenmark verbindet den Körper mit dem Gehirn. Mitunter sind Verletzungen am Rückenmark auch sehr gefährlich und führen zu Lähmungen. Dann hat das Gehirn wahrlich die Kontrolle über den Körper verloren.

Das periphere Nervensystem dient der Ausführung und der Informationssammlung. Es empfängt somit Befehle von der Schaltzentrale und setzt diese um. Gleichzeitig sammelt es Informationen über die Befindlichkeiten der Organe und meldet diese an das Zentralnervensystem.

Durch diese Arbeitsteilung und Spezialisierung ist der Organismus flexibler und widerstandsfähiger. Würde es nur ein System geben, wäre dies schnell überlastet und natürlich anfällig. Aber so sind beide Systeme auf ihren Bereich spezialisiert und können entsprechend auf bestimmte Reize genauer, präziser und schneller reagieren.

Das somatische Nervensystem

Das somatische Nervensystem zählt zur Peripherie. Es umfasst alle vom ZNS ausgehenden Nerven, welche die Skelettmuskulatur steuern. Gleichzeitig übertragen sie allerdings auch die somatosensorischen Informationen zurück an Gehirn und Rückenmark. Über dieses System werden unsere willkürlichen Bewegungen gesteuert. Absichtliche motorische Handlungen werden dementsprechend vom somatischen Nervensystem kontrolliert.

Weiterhin ist es für die Registrierung der sensorischen Informationen zuständig, die wir bewusst wahrnehmen können. Mit sensorischen Eindrücken sind sämtliche Reize gemeint, die wir über die Sinnesorgane aufnehmen – also Geräusche, Gerüche oder Licht- und Farbeindrücke.

Das autonom vegetative Nervensystem

Das vegetative Nervensystem wird auch autonomes System bezeichnet, da es sich selbst reguliert. Dies geschieht durch zwei Funktionen, welche entgegengesetzt arbeiten und sich somit selbst regulieren können. Die Rede ist vom Parasympathicus und dem Sympathicus.

Sympathikus und Parasympathikus

Das sympathische Nervensystem wird auch als Sympathikus bezeichnet und hängt mit der Erregungskontrolle zusammen. Seine Aktivierung wirkt auf uns daher aktivitätssteigernd. Das parasympathische Nervensystem (Parasympathikus) hingegen ist das genaue Gegenteil des Sympathikus. Er wirkt aktivitätshemmend und hängt mit der Beruhigung des Organismus zusammen.

Das autonome Nervensystem (ANS) reguliert damit die Funktionen der inneren Organe und Gefäße selbst. Es unterliegt nicht unserer willentlichen Kontrolle.

Das macht sich vor allem in Stresssituationen bemerkbar. Wird das sympathische Nervensystem aktiv, treten die typischen Stressreaktionen auf. Der Herzschlag und die Atemfrequenz steigen an, die Blutgefäße verengen sich und Blutdruck sowie der Blutzucker steigen an. Das Schmerzempfinden sinkt und die Verdauung stellt ihren Dienst ein. Der Körper bereitet sich auf einen potenziellen Kampf oder die Flucht vor. Dabei ist es übrigens egal, ob es sich um die Konfrontation mit einem wütenden Bären handelt oder um eine Prüfungssituation. Beides führt zu den gleichen körperlichen Stresssymptomen.

Ist die bedrohliche Situation ausgestanden, kommt der Parasympathikus zum Zuge. Die Atmung verlangsamt sich und die Herzfrequenz sinkt wieder. Der Blutdruck fällt auf sein Normalmaß zurück und auch die Verdauungsorgane werden wieder besser durchblutet. Dadurch kommt es zu einer besseren Nährstoffaufnahme. Kurzum: Wir entspannen uns langsam.

Hirnnerven und Nerventypen

Es gibt eine Vielzahl an speziellen Nerven im Körper. Ein Beispiel ist der Sehnerv, welcher die Augen mit dem Gehirn verbindet. Dieser Nerv besteht aus mehr als einer Million gebündelter Axone, welche die vom Auge aufgenommenen Reize an das Gehirn weiterleiten. Das Gehirn selbst hat noch elf weitere Hirnnerven, die alle den Kopf- und Halsbereich versorgen.

Eine Ausnahme bildet der Vagusnerv. Dieser innerviert zusätzlich Lunge, Herz und Bauchraum. Die anderen Hirnnerven sind beispielsweise für die Wahrnehmung von Gerüchen, visuellen Eindrücken (der Sehnerv), das Hören, den Gleichgewichtssinn, die Bewegung der Zungenmuskulatur und weitere Funktionen zuständig.

Welche Form von Reizen übertragen wird, hängt von der Art des zuständigen Nervs ab. Unterschieden wird zwischen sensorische Neuronen, Motoneuronen und Interneuronen.

Sensorische Neuronen sind Nervenzellen, welche Reize von den Sinnesrezeptoren an das ZNS weiterleiten. Alle Informationen, die über unsere Sinnesorgane aufgenommen werden, werden über diese Art von Neuronen an Gehirn und Rückenmark übermittelt.

Motoneurone erhalten Informationen vom ZNS und geben diese an die Muskeln weiter. Sie bilden die Grundlage dafür, dass wir unseren Körper bewegen können. Ihre Bedeutung wird im Rahmen bestimmter Erkrankungen deutlich. Bei der Motoneuron-Erkrankung amyotrophe Lateralsklerose (kurz ALS) kommt es zu einer zunehmenden Muskelschwäche, Lähmungen und Artikulationsproblemen. Die Lähmungserscheinungen betreffen ebenfalls die Lunge, was die Atmung erheblich beeinträchtigt.

Interneurone sind für die interne Kommunikation im Gehirn zuständig. Sie übernehmen sozusagen eine Vermittlerrolle. Denn mit ihrer Hilfe werden Informationen zwischen dem sensorischen Input und dem motorischen Output verarbeitet. Diese Art von Neuronen machen den Großteil der Nervenzellen im gesamten System aus. Während es einige Millionen sensorischer und Motoneuronen gibt, existieren im Nervensystem hingegen Abermilliarden Interneurone.

Zusammenfassung

  • Körperfunktionen und psychische Vorgänge hängen vom Nervensystem ab.
  • Das Nervensystem des Menschen und aller anderen Wirbeltiere ist in Subsysteme unterteilt.
  • Das Nervensystem besteht aus dem zentralen Nervensystem (ZNS) und dem peripheren Nervensystem (PNS).
  • Das ZNS beinhaltet das Gehirn und das Rückenmark.
  • Mit PNS sind alle anderen Nervenbahnen gemeint, die den Körper durchziehen. Es wird unterteilt in somatisches Nervensystem (SNS) und autonomes Nervensystem (ANS).
  • Das SNS steuert die Skelettmuskulatur und umfasst alle vom ZNS ausgehenden Nerven. Gleichzeitig ist es jedoch auch für die Weiterleitung der Informationen ans Gehirn zuständig, die von den Sinnesorganen aufgenommen werden.
  • In Sympathikus und Parasympathikus unterteilt wird das ANS. Der Sympathikus ist in Erregungszuständen aktiv, der Parasympathikus ist für Ruhezustände verantwortlich.
  • Verschiedene Nerventypen haben unterschiedliche Aufgaben. Unterschieden werden Interneurone, Motoneurone und sensorische Neuronen. Letztere leiten Reize von den Sinnesrezeptoren an das ZNS weiter. Motoneurone erhalten Reize vom ZNS. Sie geben diese anschließend an die Muskeln weiter. Interneurone vermitteln Verarbeitungsprozesse zwischen dem sensorischen Input und dem motorischen Output.
  • Interneurone stellen die häufigste Neuronenart im gesamten Nervensystem dar.

Literatur

  • David G. Myers: Psychologie (Lehrbuch), Springer Verlag, ISBN 3642407811*
  • Daniel Dierlmeier: Nervensystem in der Osteopathie: Periphere Nerven, Gehirn- und Rückenmarkshäute, Vegetativum, ISBN 3132432881*
  • Armin Grau: Reine Nervensache: Wie das Nervensystem unser Leben bestimmt, ISBN 3406750923
  • Werner Kahle, Michael Frotscher, Frank Schmitz: Taschenatlas Anatomie, Band 3: Nervensystem und Sinnesorgane, ISBN 9783132422667

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