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Drogen: Neuronale Wirkung und psychische Folgen


Drogen im ursprünglichen Gebrauch waren pflanzliche Heilmittel, welche als Pulver verabreicht wurden. Im modernen Sprachgebrauch sind Drogen ein Sammelbegriff für alle chemischen Substanzen mit zentralnervöser Wirkung.

Drogenkonsum und neuronalen Netze

Diese Substanzen wirken sich auf das Zentralnervensystem (zentralnervöser) und auch auf menschliches Verhalten und Denken aus. Doch warum haben verschiedene Drogen einen unterschiedlichen Einfluss auf unsere Psyche? Um das zu verstehen, sollte man sich zunächst die Funktionsweise von Nervenzellen bewusst machen. Die Zellen – auch Neuronen genannt – bilden nicht nur die Grundbausteine unseres Nervensystems, sondern auch unser Gehirn. Damit wir denken, sprechen, unsere Umwelt wahrnehmen oder uns bewegen können, müssen Reize über die Neuronen weitergeleitet und vom Gehirn verarbeitet werden.

Diese Weiterleitung geschieht anhand von elektrischen Impulsen, die von den Neuronen an andere Nervenzellen weitergegeben werden oder auch an Muskeln und Drüsen. Diese Impulse setzen innerhalb der Neuronen verschiedene Prozesse in Gang: Neurotransmitter werden freigesetzt und docken an den entsprechenden Rezeptoren an. Hier setzen sie entweder eine erregende oder hemmende Wirkung frei. Manche körperfremden Substanzen können allerdings auch an diesen Rezeptoren andocken und einiges durcheinanderbringen.

Die Weiterleitung von Informationen zwischen den Neuronen geht folgendermaßen vonstatten: Gehen wir zunächst einmal von nur zwei Neuronen aus. Ein Neuron besteht aus einem Zellkörper (Soma), Dendriten, einem Axon und axonalen Endigungen. Die Dendriten sehen aus wie kleine Zweige. Diese fangen die eingehenden Impulse auf und leiten sie über das Axon weiter.

Das Axon ist zur schnelleren Übertragung der Informationen mit einer fetthaltigen Hülle ummantelt. Diese wird auch als Myelinschicht bezeichnet. Allerdings ist diese Schicht nicht durchgängig, sondern durch „Knoten“ in mehrere Abschnitte unterteilt. Diese „Knoten“ heißen auch Ranvier-Schnürringe. Am Ende des Axons befinden sich die axonalen Endigungen. Sie bilden die Verbindungsstelle zu weiteren Neuronen.

Die Funktion von Synapsen

Bei der Verbindungsstelle zwischen zwei Neuronen handelt es sich um eine Synapse. Diese besteht aus der Präsynapse (axonale Endigungen des vorgeschalteten Neurons) und einer Postsynapse (Dendriten oder Zellkörper der nachgeschalteten Nervenzelle). Zwischen Prä- und Postsynapse befindet sich eine kleine Lücke: der synaptische Spalt. Trifft ein elektrischer Impuls die vorgeschaltete Nervenzelle, werden von der Präsynapse Transmitter freigesetzt.

Dabei handelt es sich um chemische Botenstoffe, welche die Reizweiterleitung entweder hemmen oder anregen. Die Transmitter verteilen sich im synaptischen Spalt und docken an den Rezeptoren in der Zellmembran der Postsynapse an. Diese leitet den Impuls dementsprechend an die nächste Nervenzelle weiter.

Wenn dein Gehirn also deinen Beinen den Befehl „Laufen“ gibt, werden entsprechende Reize von den Nerven bis an die Muskeln herangetragen. Diese setzen sich dann in Bewegung. Dank der neuronalen Übertragung bist du also in der Lage, willentliche Bewegungen auszuführen. Doch auch unwillkürliche Bewegungen werden durch diese Kommunikationsprozesse angestoßen sowie auch mentale Vorgänge wie das Denken und Fühlen.

Wieso machen Drogen süchtig

Die neuronale Übertragung kann durch Substanzgebrauch erheblich beeinflusst werden. Neben Neurotransmittern können nämlich auch Bestandteile von Drogen an Rezeptoren abdocken oder diese blockieren. Zu unterscheiden ist dabei zwischen Agonisten und Antagonisten. Agonisten ahmen die Wirkung eines Neurotransmitters nach, während Antagonisten die Wirkung des Transmitters und dessen Agonisten blockiert.

Nehmen wir als Beispiel den Neurotransmitter Acetylcholin (kurz ACh). Dieser hat eine erregende Wirkung – er wirkt also exzitatorisch. An den entsprechenden Rezeptoren für ACh kann allerdings auch Nikotin andocken. Auch dieser Stoff wirkt exzitatorisch und ist daher ein Agonist. Nikotin ist das Gift der Tabakpflanze und es wirkt wie ACh.

Allerdings wird es nicht von dem Enzym abgebaut, welches ACh wieder aus dem synaptischen Spalt entfernt. Es kommt daher zu einer länger anhaltenden Erregung der Postsynapse. So entfaltet Nikotin seine erregungsfördernde und stimulierende Wirkung. Da es durch den Konsum von Nikotin gleichzeitig zu einer Ausschüttung von Dopamin (dem „Belohnungshormon“) kommt, entwickelt sich leicht eine Sucht.

Curare beispielsweise wirkt inhibitorisch, also hemmend und bildet einen Antagonisten zu ACh. Bei Curare handelt es sich um ein Pflanzengift, welches von Indio-Völkern Südamerikas für Giftpfeile genutzt wird. Curare ist ein Nervengift, das die ACh-Rezeptoren für die Muskulatur blockiert. Dadurch kommt es zu Lähmungen der Muskeln und somit auch zur Atemlähmung.

Weitere Nervengifte

Neben Nikotin und Curare gibt es noch weitere Substanzen, die Chaos in unsere neuronale Kommunikation bringen. Atropin ist ebenfalls ein Beispiel dafür. Das Gift der Tollkirsche blockiert die ACh-Rezeptoren in den Synapsen des Herzens, der inneren Organe und der Irismuskeln im Auge. Eine Vergiftung endet mit einem Herzstillstand.

Wie wir alle wissen, sollte man keine Fliegenpilze essen. Doch warum eigentlich? Das darin enthaltene Muscarin ist ein ACh-Agonist. Es wirkt also wie Acetylcholin, wird jedoch (wie Nikotin) nicht von der Acetylcholinesterase (dem ACh-abbauenden Enzym) beseitigt. Durch eine Vergiftung mit Muscarin kommt es zu Tobsuchtsanfällen, Pupillenverengung und Atemlähmung.

Zu einer Atemlähmung kann es auch durch eine Vergiftung mit Botulin kommen. Dieses Gift entsteht beispielsweise in unsachgemäß verarbeiteten Konserven und hemmt die Freisetzung von ACh in der Präsynapse. Die Neurotransmitter gelangen also gar nicht erst in den synaptischen Spalt. Die Weiterleitung der Impulse wird blockiert und Muskelkontraktionen bleiben aus.

Sind die Nervenzellen vom Zwerchfell und Rippenmuskulatur blockiert, kommt es zu einer tödlichen Atemlähmung. Bereits eine Dosis von 0,01 Milligramm ist tödlich, weshalb Botulin zu den stärksten Giften gehört. Nichtsdestotrotz ist es in der Schönheitschirurgie sehr beliebt und wird als Botox in geringen Mengen zum Glätten von Falten injiziert. Botox lähmt die Muskulatur unter den Falten, wodurch die Haut glatter erscheint.

Hinter der Bezeichnung E605 verbirgt sich eine Phosphorverbindung, die als Insektizid bei der Schädlingsbekämpfung eingesetzt wird. Es blockiert die Ausschüttung der Acetylcholinesterase dauerhaft, so dass ACh nicht mehr abgebaut werden kann. Es kommt zu einem ACh-Überschuss und in der Folge zu einer ständigen Erregung der Muskeln, was zu schweren Krämpfen und ebenfalls in einer Atemlähmung enden kann.

Wie wirken Drogen auf das Nervensystem und die Psyche?

Bei Drogen ist zwischen legalen und illegalen Substanzen zu unterscheiden. Diese Kategorisierung sagt allerdings noch nichts über das Suchtpotenzial einer Droge aus. Schließlich sind Alkohol, Nikotin und viele Medikamente ohne große Probleme zu haben und ständig verfügbar. Sehen wir uns daher einmal an, wie die genannten legalen Substanzen auf unsere Psyche wirken.

Legale Drogen

Alkohol und Nikotin gehören wohl zu den verbreitetsten Alltagsdrogen. Die Wirkung von Nikotin haben wir weiter oben bereits besprochen, daher gehen wir nun etwas mehr auf die Wirkung von Alkohol ein. Anders als Nikotin wirkt dieser nämlich nicht exzitatorisch, sondern inhibitorisch. Er hat demnach eine hemmende Wirkung auf bestimmte Rezeptoren. Das wiederum führt zu einer ganzen Reihe von Nebeneffekten. Der Konsum von Alkohol beeinflusst die Wahrnehmung: Die Sehleistung nimmt ab.

Auch nehmen wir soziale Situationen anders wahr, da sowohl unser Urteils- als auch Kritikvermögen sinken. Das kann sich negativ auf unser Verhalten auswirken. Da auch unsere Emotionen beeinflusst werden, kann es schnell zum Kontrollverlust in Streitsituationen kommen. Doch auch Reaktions- und Konzentrationsvermögen werden erheblich eingeschränkt, die Aufmerksamkeit schwindet ebenfalls. Neben den genannten Funktionseinschränkungen und Veränderungen in Emotionen und Verhalten kann es im Rauschzustand zudem noch zu Verwirrtheit und Orientierungslosigkeit kommen.

Körperliche Nebeneffekte des Alkoholkonsums sind kurzzeitig Übelkeit und Erbrechen, da Alkohol die Magenschleimhaut reizt. Bei einer Alkoholvergiftung kann es zudem zu Bewusstlosigkeit, Koma und Tod durch Atemhemmung beziehungsweise -lähmung kommen. Langzeitfolgen eines chronischen Konsums sind hirnorganische Schäden, psychische Erkrankungen (beispielsweise Psychosen oder Depressionen) sowie Schädigung von Leber, Herz oder Bauchspeicheldrüse.

Eine Abhängigkeit von Medikamenten entwickelt sich meist im Rahmen einer ärztlichen Behandlung. Vor allem psychoaktiv wirkende Medikamente können in die Abhängigkeit führen. Dazu gehören Schlaf- und Beruhigungsmittel sowie Schmerzmittel oder Stimulanzien. Das höchste Abhängigkeitspotenzial geht von Beruhigungsmitteln aus. Diese wirken hemmend und gleichzeitig leicht stimmungsaufhellend.

Zusätzlich sind die krampf- und angstlösend sowie schlaffördernd und muskelentspannend. Eine chronische Einnahme kann sich allerdings nicht nur körperlich in Form von Appetitlosigkeit niederschlagen. Die Psyche durchlebt ebenfalls einen Wandel. Nicht selten kommt es zu Vergesslichkeit und Gleichgültigkeit. Jedoch leiden Betroffene häufig auch unter dem Gefühl, ständig überfordert zu sein.

Illegale Drogen

Werfen wir zum Schluss noch einen Blick auf die Wirkung einiger illegaler Drogen. Kokain wirkt stark stimulierend auf das Nervensystem. Die erregende Wirkung zeigt sich einerseits in der höheren Ausschüttung der Neurotransmitter Dopamin und Noradrenalin und andererseits in der Hemmung von deren Wiederaufnahme in die Präsynapse. Die Transmitter sammeln sich so im synaptischen Spalt an und es kommt zu einem Überfluss. Eine überhöhte Aktivität ist die Folge.

Gleichzeitig wird der Adrenalinabbau im Blut verhindert: Herzfrequenz und Blutdruck steigen an, die Pupillen erweitern sich und die Schmerzrezeptoren werden gehemmt. Psychische Effekte zeigen sich in einem fehlenden Hunger- und Müdigkeitsgefühl. Nach der Rauschphase treten Müdigkeit und Erschöpfung umso stärker auf und es kann zu Depressionen kommen. Langzeitfolgen zeigen sich ebenfalls auf körperlicher uns psychischer Ebene. Es können sowohl Leberschäden als auch Krampfanfälle auftreten sowie Psychosen.

Opiate, Heroin und Morphium docken an den Rezeptoren an, die eigentlich den körpereigenen Endorphinen vorbehalten sind. Es stellt sich ein Rausch ein, bei dem Schmerzen weniger wahrgenommen werden. Es entsteht ein Gefühl innerer Ruhe und Ausgeglichenheit sowie eine leichte Euphorie. Diese Stoffe sind allerdings nicht nur sehr stark süchtig machend, sondern können auch zu einer Atemdepression führen. Dabei kommt es zu einer Abflachung der Atmung, die zu einer Sauerstoffunterversorgung und zum Tod führen kann.

MDMA (Ecstasy) führt zu einer erhöhten Konzentration von Serotonin im synaptischen Spalt. Es kommt zur Stimmungsaufhellung und Euphorie. Auch das Dopamin-Neurotransmittersystem wird angekurbelt. Die Nebenwirkungen des Rauschs beschränken sich vor allem auf die Psyche. Besteht eine entsprechende genetische Veranlagung, können psychische Störungen ausgelöst werden.

Außerdem sind visuelle Halluzinationen möglich, die sich teilweise über Tage halten können. Beim dauerhaften Konsum stellen sich verschiedene Verhaltensauffälligkeiten ein. Realitätsverlust, Panikattacken, Depressionen und Psychosen sind weitere Nebenwirkungen.

Zusammenfassung

  • Unser Denken und das Ausführen von Handlungen funktionieren mit Hilfe von einer reibungslosen Übertragung von Reizen innerhalb unseres Nervensystems und Gehirns.
  • Ein Impuls wird von der einen Nervenzelle an die nächste weitergeleitet. Die Verbindungsstellen werden als Synapsen bezeichnet und bestehen aus Prä- und Postsynapse. Diese sind durch einen synaptischen Spalt getrennt, durch den die Neurotransmitter der Präsynapse an die Postsynapse weitergegeben werden. Hier docken die Transmitter an entsprechenden Rezeptoren an, um den Impuls an die nächste Nervenzelle zu übertragen.
  • Bestimmte Substanzen stören allerdings den normalen Ablauf bei der neuronalen Impulsübertragung. So können bestimmte Drogen hemmend oder anregend wirken.
  • Agonisten haben eine ähnliche Wirkung wie bestimmte Neurotransmitter. Nikotin ist beispielsweise ein Agonist von ACh.
  • Antagonisten hemmen oder blockieren die Wirkung von Transmittern und Agonisten.
  • Die Wirkstoffe von Drogen oder Nervengiften können an die Rezeptoren der Transmitter andocken und so für einen Überfluss an chemischen Botenstoffen im synaptischen Spalt sorgen. Sie können jedoch auch die Ausschüttung der Neurotransmitter verhindern.
  • Beispiele für Nervengifte sind etwa Atropin, Nikotin oder Botulin.
  • Bei Drogen wird zwischen legalen und illegalen unterschieden. Doch unabhängig davon haben sie alle eine bestimmte Wirkung auf das Nervensystem.
  • Alkohol etwa wirkt hemmend und kann zu verschiedenen körperlichen und psychischen Schäden führen.
  • Schädigend auf beiden Ebenen sind auch illegale Drogen wie Kokain, welches eine stark anregende Wirkung hat.
  • Oder auch Opiate, welche die Rezeptoren der Endorphine besetzen.

Literatur

  • Markus Berger: Psychoaktive Drogen: Substanzkunde für mündige Menschen, ISBN 3037885149*
  • Norbert Scherbaum: Das Drogentaschenbuch, ISBN 3132431826*
  • Burkhard Voß: Psychopharmaka und Drogen: Fakten und Mythen in Frage und Antwort, ISBN 317037074X*
  • Helmut Kuntz: Drogen & Sucht: Alles, was Sie wissen müssen, ISBN 3407864019*

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