Vor- und Nachteile von Teamarbeit aus psychologischer Sicht
Im Laufe der Geschichte der Arbeits- und Organisationspsychologie rückte das Streben danach immer mehr in den Fokus, die Arbeitsbedingungen im Sinne der Humankriterien zu gestalten. Diese Kriterien stellen einen Grundgedanken der Arbeitspsychologie dar und besagen, dass Arbeitstätigkeiten ausführbar und schädigungslos sein sollten sowie frei von Beeinträchtigungen und zusätzlich persönlichkeitsfördernd.
Persönlichkeitsfördernd kann Arbeit unter anderem dann sein, wenn Arbeitnehmer sich im Austausch mit Kollegen befinden. In einem Team oder einer Gruppe können Erfahrungen ausgetauscht und Probleme in Zusammenarbeit bewältigt werden. Auch die soziale Unterstützung ist ein wertvoller Aspekt, den Teamarbeit zu leisten vermag.
Doch wie alles hat auch die Teamarbeit ihre Stärken und Schwächen. So können manche Faktoren hemmend (jedoch auch förderlich) auf die Leistung wirken und ohne Konflikte läuft Zusammenarbeit auch nicht immer ab. Welche Vor- und Nachteile das sind und wie potenzielle Konflikte gelöst werden können, sind nur einige Fragestellungen in der arbeits- und organisationspsychologischen Forschung.
Inhalt
Vor- und Nachteile von Teamarbeit
Teamarbeit hat viele Stärken, jedoch auch einige Schwächen.
Ein Vorteil ist beispielsweise die Möglichkeit, die Arbeit unter den Teammitgliedern aufzuteilen. Auf diese Weise können große Mengen an Informationen besser verarbeitet werden. Auch eine Spezialisierung einzelner Teammitglieder auf einen bestimmten Aufgabenbereich ist hier sinnvoll.
Zugleich geht mit der Arbeit in einem Team eine gewisse Fehlerkontrolle einher. Die anderen Mitglieder können immer wieder ein Auge auf die eigene Arbeit werfen und gegebenenfalls Unterstützung leisten.
Vorteile der Teamarbeit: Aufgabenteilung, Unterstützung und Motivation
Durch die Interaktion mit anderen ergeben sich auch Lerngelegenheiten.
Schließlich können sich die Teammitglieder mit der jeweiligen Erfahrung gegenseitig neue Einsichten liefern. Hierbei ist auch die Rede von einem transaktiven Gedächtnis. Es findet ein ständiger Austausch von individuellen Erkenntnissen und Erfahrungen statt. Meist wissen die Teammitglieder auch ganz genau, an welches Mitglied sie sich bei welchen Fragen wenden können.
Auch auf die Motivation kann Teamarbeit einen positiven Effekt haben. Menschen haben ein grundlegendes Bedürfnis nach Zugehörigkeit, Geselligkeit und Einflussnahme. Diese Aspekte werden im Rahmen von Teamarbeit erfüllt, was die Motivation zur Aufgabenerfüllung erhöhen kann.
Allerdings ist dieser Effekt nicht bei allen Arbeitnehmern zu beobachten, da die Ausprägung dieser Bedürfnisse bei jedem unterschiedlich stark ist. Während manche Menschen also bei der Arbeit im Team zu Höchstleistungen auflaufen, empfinden andere diese Arbeitsweise als kräftezehrend und ablenkend. So erledigen manche ihre Aufgaben im Alleingang wesentlich effizienter als in einer Gruppe.
Team- und Gruppenarbeit kann die Leistung steigern
Allerdings können Großraumbüros für manche ein Graus sein.
Die Persönlichkeit des Einzelnen spielt hierbei immer noch eine Rolle. Der Mere-Presence-Effekt besagt zwar, dass die bloße Anwesenheit von Zuschauern mit einem Leistungsanstieg einher geht. Durch die ständige Anwesenheit von Kollegen kann die Arbeitsleistung also ansteigen. Muss sie allerdings nicht.
Denn die Kehrseite der Medaille liegt ebenfalls im Mere-Presence-Effekt begründet: Der Leistungsanstieg ist nur dann zu verzeichnen, wenn es sich bei der zu bearbeiteten Aufgabe um eine leichte Tätigkeit handelt und eine gewisse Selbstdarstellung mit der erfolgreichen Bewältigung möglich ist.
Bei schwierigen Aufgaben hingegen macht die Anwesenheit anderer eher nervös und schmälert die Leistung aufgrund der Angst vor negativen Bewertungen. Zudem ist auch der Geräuschpegel in Großraumbüros nicht unbedingt förderlich für die Konzentration und die ständigen Unterbrechungen wirken sich ebenfalls bei vielen negativ auf die Leistung aus.
Neben so vielen Vorteilen von Teamarbeit können also gewisse Nachteile nicht außer Acht gelassen werden.
Leistungsfördernde Effekte der Teamarbeit
Die bereits genannten Vorteile können gleichzeitig als leistungsfördernde Effekte angesehen werden.
Des Weiteren sind Vorteile von Teamarbeit auch von manueller Natur. Bei körperlichen Arbeiten, welche das Transportieren und Heben schwerer Lasten beinhalten, sind mehrere Hände nie verkehrt. Je mehr anpacken, desto schneller ist eine Aufgabe erledigt.
Was hier gilt, trifft auch auf „Kopfarbeit“ zu. Die bereits genannten motivationalen Vorteile können noch um den Aspekt der Ideenfindung ergänzt werden. Die Informationsverarbeitung findet in mehreren Köpfen statt, welche zusammen auch mehr Ideenpotenzial generieren können.
Hinzu kommt, dass einige Teammitglieder die Defizite anderer kompensieren. Bei diesem Prozess ist allerdings auch relevant, dass die Mehrarbeit des einen von der restlichen Gruppe wahrgenommen wird. Ansonsten macht sich häufig sehr schnell ein Motivationsverlust bemerkbar. Der Umstand, dass diese Kompensation überhaupt stattfindet, bringt uns zur folgenden Frage.
Warum leisten manche Gruppenmitglieder mehr als sie eigentlich müssten?
Dafür gibt es verschiedene Ursachen.
Ein Aspekt ist sicherlich eine altruistische Motivation. Viele helfen anderen einfach gern. Wenn sie bemerken, dass ein leistungsschwächeres Mitglied im eigenen Team nicht hinterherkommt, greifen sie gern helfend ein.
Doch auch die Selbstdarstellung spielt oft eine Rolle. Schließlich ist mit einem höheren Ansehen zu rechnen, wenn die anderen Teammitglieder (und auch Führungskräfte) das eigene Engagement bemerken. Zwischen diesen beiden Polen der (Un-)Eigennützigkeit liegt noch die Identifikation mit der eigenen Gruppe. Fällt das eigene Team aufgrund eines leistungsschwächeren Mitglieds in seiner Effizienz zurück, so könnte es bei den Vorgesetzten in ein negatives Licht rücken. Um das zu verhindern, engagiert sich der Einzelne stärker.
Doch hinter diesem (teilweise) altruistischen Akt, verbirgt sich zudem der Schutz vor der Bedrohung der eigenen Identität. Identifiziert man sich selbst stark mit einer Gruppe, so wird sie zu einem Teil des eigenen Selbst. Um dieses zu schützen, zeigen wir zusätzliche Leistungen. Auf diese Weise bleibt das positive Bild des eigenen Teams sowohl bei den Vorgesetzten als auch bei uns erhalten.
Dieser Mechanismus greift allerdings nicht unbegrenzt. Es kann sich auch der Fall ergeben, dass der kompensierende Mitarbeiter statt Anerkennung nur noch mehr Arbeit erntet. Schließlich könnten die anderen Teammitglieder sich mit dem Gedanken zurücklehnen, dass betreffender Kollege ohnehin scheinbar gern mehr erledigt. Warum sollte man sich selbst dann noch übermäßig anstrengen? Diese Dynamik hat dann zur Folge, dass der „Kompensierer“ protestiert und gegebenenfalls ebenfalls seine Leistung einstellt. In diesem Fall hat die gesamte Gruppe ein Problem.
Dies ist dann die Schattenseite des Helfersyndroms. Dann stellt sich nämlich heraus, ob die Motivation gänzlich altruistisch ist oder doch nur eine Selbstdarstellung. Missglückt das selbststellende Verhalten des Helfenden und wird von den anderen Gruppenmitgliedern nicht angemessen gewürdigt, führt dies mitunter zu Stress auf beiden Seiten und kann sogar zu gesundheitliche Schäden des Helfers führen.
Nachteile von Teamarbeit
Neben dem einseitigen Hervorheben einzelner Mitglieder, welche sich vor- und nachteilig auswirken kann – existieren weitere Nachteile in der Teamarbeit, welche leistungshemmend auf die Gruppe wirken. Das aus der Sozialpsychologie stammendes Konzept des Gruppendenkens kann in Teams zu einseitigem Handeln und mehr Fehlern führen.
Bei Groupthink liegt eine zu hohe Gruppenkohäsion vor. Ein starkes Wir-Gefühl ist zunächst einmal nichts Schlechtes. Es erfüllt das Bedürfnis nach Zugehörigkeit, was sich positiv auf Motivation und Leistung auswirken kann. Allerdings führt ein zu starkes Kohäsionsgefühl in einem Team sowohl zu strukturellen als auch situationalen Fehlern, welche gewisse Folgen mit sich bringen.
Solche Teams streben nach Einmütigkeit. Der gedankliche Konsens in der Gruppe soll unbedingt beibehalten werden. Das hat zur Folge, dass die Gruppenmitglieder auf ihren Einstellungen verharren. Das kann einerseits durch einen sehr ähnlichen sozialen Hintergrund der Teammitglieder ausgelöst worden sein als auch eine Abschottung nach außen bewirken. Ein eingespieltes Team nimmt dementsprechend auch ungern neue Mitglieder auf und der Blick nach außen geht zunehmend verloren.
Groupthink bzw. Gruppendenken vernebelt den Blick nach außen und verursacht schlechte Entscheidungen
Neben einer zu hohen Homogenität in der Gruppe und einem eventuell autoritären Führungsstil können auch situationale Faktoren, wie Stress oder Zeitmangel sowie frühere Fehlschläge, die Entstehung von Groupthink begünstigen.
Ein Zusammenspiel dieser unterschiedlichen Faktoren kann zu den typischen Symptomen von Gruppendenken führen. Dazu zählen beispielsweise Engstirnigkeit und Uniformitätsdruck (alle gleich sein). Weicht ein Teammitglied vom Gruppendenken ab, wird Druck auf es ausgeübt.
Auch geht Groupthink mit einer Selbstüberschätzung der Mitglieder einher. Sie glauben einerseits unfehlbar zu sein und begehen zudem einen Annahmefehler: Die Gruppenmitglieder gehen davon aus, dass alle anderen im Team genauso denken wie sie selbst. Daher ist die Einstimmigkeit innerhalb der Gruppe auch eher eine Illusion als Realität.
Daraus ergeben sich verschiedene Konsequenzen. Neue Informationen werden ignoriert, wenn sie dem einen Denken widersprechen. Andererseits wird nur nach bestätigenden Informationen gesucht. Generell nimmt die Fähigkeit ab, gute Entscheidungen zu treffen. Das liegt zusätzlich zur selektiven Informationsaufnahme daran, dass die Zielreflektion und das Erwägen von alternativen Lösungen aus dem Blickfeld geraten.
Um Groupthink auszubremsen, können von Zeit zu Zeit neue Mitglieder in ein eingespieltes Team gebracht werden. Diese können mit dem Auftrag eingeschleust werden, verstärkt die negativen Konsequenzen der verhärteten Lösungsansätze des Teams hinzuweisen oder auch ganz einfach neue Sichtweisen einbringen. Allerdings sei gesagt, dass Neuankömmlinge es in einer von Groupthink betroffenen Gruppe zunächst nicht einfach haben.
Neben Goupthink existieren weitere Nachteile von Teamarbeit
Zum einen kann sie zum sozialen Müßiggang einladen.
Damit ist ein unbewusstes Herunterfahren der eigenen Leistungen gemeint. Dabei handelt es sich nicht um eine böse Absicht und die betreffenden Teammitglieder sehen ihre eigene Leistung auch als angemessen an. Allerdings kann dieses Phänomen bereits durch eine Leistungsbeurteilung durch Kollegen oder Vorgesetzte ausgebremst werden.
Beim Trittbrettfahren greifen andere Mechanismen. Hier besteht eine durchaus bewusste Entscheidung zur Leistungsminderung. Eine mögliche Ursache ist die Annahme, die eigene Leistung sei ohnehin nicht relevant für das Ergebnis. Mit zunehmender Gruppengröße steigt auch die Wahrscheinlichkeit für das Trittbrettfahren. Eine Steigerung des eigenen Verantwortungsbewusstseins und die verpflichtende Transparentmachung der eigenen Leistung senken dieses Phänomen.
Sowohl auf Trittbrettfahren als auch auf den sozialen Müßiggang kann sich allerdings der sogenannte Sucker-Effekt einstellen. Hierbei soll Gleiches mit Gleichem vergolten werden. Bemerkt ein Gruppenmitglied die Leistungsverweigerung eines anderen, verringert es selbst den eigenen Beitrag.
Anders ist es im Fall von sozialer Angst. Hier hat die verminderte Leistung weniger mit böser Absicht zu tun, sondern basiert auf der Furcht vor negativer Bewertung durch andere. Verstärkt wird sie durch die Beobachtung durch andere Personen bei der Erfüllung schwieriger Aufgaben.
Teamarbeit führt unweigerlich zu Konflikten
Wo mehrere Menschen zusammenkommen, besteht immer Konfliktpotenzial.
So sind Konflikte und Streitigkeiten auch im Arbeitsleben nicht zu vermeiden. Allerdings muss hier zwischen Konflikten und Spannungen unterschieden werden. Denn nicht jede Spannung oder Meinungsverschiedenheit stellt direkt einen Konflikt dar.
Bei Spannungen handelt es sich nach einer Definition von Glasl um Interaktionen zwischen verschiedenen Parteien, bei denen es sich um Einzelpersonen, Gruppen oder auch ganze Organisationen handeln kann. Zwischen diesen liegen Unvereinbarkeiten vor, welche sich auf das Denken, die Wahrnehmung, das Wollen und das Fühlen der jeweiligen Beteiligten auswirkt. Diese Unvereinbarkeit liegt vor, weil sich zwei oder mehr Beteiligte in ihrem Denken, Fühlen und Wollen unterscheiden. Das wiederum kann vom Gegenüber als beeinträchtigend empfunden werden.
Solche Unvereinbarkeiten im Denken (etwa unterschiedliche Sichtweisen auf einen bestimmten Umstand) oder im Fühlen (beispielsweise das eigene Lieblingsessen) stellen daher noch keine Konflikte dar. Diese entstehen allerdings häufig dann, wenn bereits vor einem Streit gewisse Konfliktpotenziale vorhanden waren. Das können bestimmte Verhaltensweisen einiger Teammitglieder sein sowie gewisse Strukturen eines Unternehmens, welche manche Mitarbeiter benachteiligen.
Nachdem ein Konflikt eskaliert ist, kommt es auf den Konfliktprozess an, welche Folgen daraus erwachsen. Glasl (2004) hat dazu ein Modell mit neun Eskalationsstufen entwickelt, welches von der Lösung des Problems durch Gespräche über Drohgebärden bis hin zu Erpressung und mutwilliger Schädigung des Konfliktgegners reicht, bei welchem auch die Vernichtung der eigenen Person in Kauf genommen werden. Auf der höchsten Stufe ist die Absicht so groß, dem anderem eins auszuwischen, dass man selbst weder berufliche noch juristische Folgen beachtet.
Wie können Konflikte im Team gelöst werden?
Bevor jemand seinen Gegner und sich selbst in den Abgrund stürzt, sollte interveniert werden.
Zur Lösung von Konflikten kann zum Beispiel das Havard-Konzept für Verhandlungen genutzt werden. Dieses beinhaltet die Trennung zwischen Interessen und der Person, die diese vertritt.
Dabei verschiebt sich der Fokus nämlich auf die eigentlichen Interessen und liegt nicht mehr auf der Person selbst. Dadurch wird die Thematik weniger persönlich und auf eine sachlichere Ebene verlagert. Zudem sollten mehrere Entscheidungsoptionen gegeben werden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die Beteiligten jeweils nur auf eine einzige Möglichkeit bestehen und sich daran festklammern.
Außerdem sollten objektive Kriterien zur Beurteilung festgelegt werden, mit denen Lösungsvorschläge bewertet werden können. Im besten Fall finden die Beteiligten auf diese Weise zu einem gemeinsamen Konsens und legen die Streitigkeiten beiseite.
Zusammenfassung
- Ein Team verfolgt systematisch ein Ziel. Daher ist ein Team zwar immer eine Gruppe, doch nicht jede Gruppe zwingend ein Team.
- Teamarbeit bringt viele Vorteile im Arbeitsleben mit sich. Gegenseitige Hilfestellung, mehr Ideen, gesteigerte Arbeitsmotivation und die Erfüllung des Bedürfnisses nach Zugehörigkeit sind nur einige davon.
- Diese Aspekte können sich positiv auf die Leistung auswirken. Selbst wenn ein Teammitglied weniger leistungsstark ist als die anderen, können diese dessen Defizite ausgleichen.
- Das kann allerdings auch ins Negative kippen. Nutzen Teammitglieder gezielt das Engagement der anderen aus, so ergeben sich Spannungen im Team.
- Konflikte können beispielsweise mittels des Havard-Konzepts bewältigt werden. Allerdings sind nicht nur Konflikte ein potenzieller Nachteil von Teamarbeit, sondern auch Phänomene wie Groupthink oder Trittbrettfahren.
- Wie gut Teamarbeit für den Einzelnen funktioniert, ist persönlichkeitsabhängig.
- Bei allen Vor- und Nachteilen sollten Unternehmen gut abwägen, ob die Einführung von Teamarbeit für ihre Organisation geeignet ist.