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Ägäische Kultur: Chronologie der ägäischen Bronzezeit


Die Ägäis, auch als Ägäische Kultur bzw. Ägäische Bronzezeit bezeichnet, umfasst den Zeitraum zwischen 3000 und 1200 v. Chr. Sie beschreibt den Kulturraum um das Nebenmeer Ägäis, welches ein Teil des Mittelmeeres ist. Der Begriff gilt als veraltet, da er sich auf die Dorische Wanderung stützt, welche nach heutigem Forschungsstand so nicht stattgefunden hat.

Was bedeutet Ägäis

Die Ägäis ist ein Nebenmeer des Mittelmeers. Sie wird deshalb auch als Ägäisches Meer bezeichnet. Zur Ägäis gehört der Nordosten des Mittelmeeres. Im Westen und Norden wird sie durch Griechenland und im Osten durch die Türkei begrenzt. Diese beiden Länder sind die einzigen Anrainerstaaten des Nebenmeeres. Im Süden endet die Ägäis durch mehrere griechische Inseln.

Das Nebenmeer teilt sich in fünf Meeresteile: das Thrakische, Myrtoische, Kretische, Karpathische und Ikarische Meer. Es existieren außerdem sechs Meerengen, welche „Straßen“ heißen, und die Ägäis mit dem Mittelmeer verbinden. Die Straße von Rhodos, welche ganz im Osten der Ägäis liegt, bildet gleichzeitig die heutige Staatsgrenze zwischen Griechenland und der Türkei.

Aigeus als Namensgeber für die Ägäis

Aigeus war ein mythischer König von Attika, einer griechischen Halbinsel, auf der auch Athen liegt. Nach ihm soll das Nebenmeer seinen Namen erhalten haben.

Aigeus befragte das Orakel von Delphi, um herauszufinden, wie er einen Sohn und Erben erhalten sollte. Als Antwort bekam er einen rätselhaften Spruch, den sein Freund, König Pittheus von Troizen, entschlüsselte. So sollte Aigeus sich davor hüten, sich zu betrinken, da er ansonsten einen gramvollen Tod sterben würde.

Pittheus fasste den Entschluss, Aigeus zu hintergehen. Er machte ihn betrunken, weil er hoffte, dass Aigeus so nie zu seinem Erben kommen würde. Auf diese Weise hätten seine eigenen Söhne eine Chance auf Attika gehabt. Daher erlaubte er dem betrunkenen Aigeus, mit seiner Tochter Aithra zu schlafen. Dabei zeugte Aigeus seinen Sohn Theseus.

Dieser wollte den Minotauros von Kreta erschlagen und versprach seinem Vater, bei seiner siegreichen Rückkehr weiße Segel zu hissen. Theseus vergaß dieses Versprechen jedoch. So kehrte seine Flotte mit schwarzen Segeln zurück. Aigeus, in der Annahme, sein Sohn sei gestorben, sprang ins Meer und ertrank.

Das Ägäische Meer bekam vermutlich in Anlehnung an diese mythologische Geschichte seinen Namen.

Epochen der Ägäischen Kultur: Chronologie

Die Ägäische Kultur reicht von etwa 3000 bis 1200 v. Chr. Sie umfasst damit die Zeit von der späten Jungsteinzeit bis weit in die Bronzezeit. Ihren Namen prägte der Kunsthistoriker Reinhold von Lichtenberg.

Mittlerweile wird dieser Begriff kaum noch genutzt. Er gilt als veraltet, da er sich auf die Annahme stützt, die Dorer seien im Anschluss an die Ägäische Kultur in diesen Raum eingewandert (Dorische Wanderung).

Die späte Jungsteinzeit

Die Jungsteinzeit reichte von etwa 6200 bis 2800 v. Chr. Sie spielt also nur noch wenig in die Zeit der ägäischen Kultur herein. Ein wichtiger Aspekt, der auch die Ägäis prägte, war die Keramik, welche in dieser Zeit entwickelt wurde.

Außerdem legte die Jungsteinzeit den Grundstein für die nun folgende Lebensweise: Die Menschen wurden sesshaft und begannen, Handel zu treiben.

Die Bronzezeit auf Kreta – das Minoikum

Die Bronzezeit wird, bezogen auf Kreta, auch Minoikum genannt. Alle anderen Inseln und das griechische Festland sind davon ausgenommen.

Die Bronzezeit lässt sich auf Kreta in Früh-, Mittel- und Spätminoikum unterteilen. Mit dem Beginn der Bronzezeit erlebte die Landwirtschaft einen Aufschwung. Die verbesserten Werkzeuge aus Bronze waren dafür verantwortlich. Das führte gleichzeitig auch zu einem Wachstum der Bevölkerung. Im Frühminotikum, von etwa 2800 bis 2000 v. Chr., kam es außerdem vermutlich zu größeren Einwanderungen von Anatolien nach Kreta.

Das Stadtbild war geprägt durch rote Häuser aus Lehmziegeln. Auch ihre Höfe pflasterten die Menschen nun vermehrt. Ihre Toten setzten sie in großen Kuppelgräbern bei, um die sie zum Schutz Mauern zogen oder durch natürliche Felsen abriegelten. Dieser Schutz war notwendig, da großzügige Grabbeigaben üblich waren, welche ansonsten von Grabräubern gestohlen worden wären.

Die meisten Menschen waren Selbstversorger. Handel gab es dennoch schon. Besonders Keramik und Schmuck wechselte auf diese Weise den Besitzer. Ägypten, Libyen und Kleinasien waren Handelspartner.

Mit Beginn des Mittelminoikum um 2000 v. Chr. entstanden erste Paläste auf Kreta. Die Insel profitierte von dem regen Austausch mit anderen Kulturen, sodass besonders dort der Wandel in der Architektur sichtbar wurde. Knossos, Malia und Phaistos sind Beispiele für Städte auf Kreta, die früh eigene Paläste besaßen.

Diese Paläste waren typischerweise unbefestigt und somit feindlichen Angriffen schutzlos ausgeliefert. Dennoch war es über mehrere Jahrhunderte üblich, sie so zu bauen. Das lässt darauf schließen, dass das Leben auf Kreta viele Jahre friedlich verlief. Es ist auch gut möglich, dass die Menschen sich auf ihre starke Flotte verließen. Diese würde die Angreifer abwehren, noch bevor sie in die Paläste eindringen könnten.

Um einen offenen Innenhof lag der mehrstöckige Palast mit vielen Wohn- und Lagerräumen. In den Palast gelangte man über ein großes Eingangstor, die Propylaia.

Um 1700 v. Chr. wurden die Paläste zerstört. Ob Naturkatastrophen wie Erdbeben dafür verantwortlich waren, ist nicht eindeutig geklärt. Es ist auch möglich, dass Kreta erfolgreich angegriffen wurde und die Angreifer die unbefestigten Paläste zerstörten. Anschließend an ihre Zerstörung wurden sie jedoch wieder aufgebaut.

Palastbesitzer ließen sich oftmals einen Zweitwohnsitz in Form von großen Herrenhäusern errichten. Auch andere angesehene und reiche Personen konnten sich diese Lebensform leisten.

Ihre Religion übten die Menschen zu dieser Zeit noch nicht in großen Tempeln aus. Sie wählten dafür eher natürliche Orte, die eine mystische Ausstrahlung haben. Grotten sind ein Beispiel dafür. Auffallend ist, dass weibliche Gottheiten dominierten. Es kam außerdem gelegentlich zu Menschenopfern.

An der Spitze der Bevölkerung stand der König. Dieser war gleichzeitig ein Priester und beriet somit auch in religiösen Fragen. Was in seinem Reich passierte, wurde auf Tontafeln festgehalten. Die Schrift, eine kaum überlieferte Hieroglyphenschrift, ist zum Teil noch nicht entziffert.

Die Keramik dieser Zeit veränderte sich. Der Kamares-Stil entstand. Ihn kennzeichnen ein schwarzer Hintergrund, auf den weiße und rote Linien und Wirbel gezeichnet wurden.

Das Spätminoikum begann um 1580 v. Chr. An seinem Anfang stand auf Kreta der Wiederaufbau zerstörter Paläste. Außerdem wurde der Handel ausgeweitet und umfasste nun den gesamten Mittelmeerraum. Das führte zu mehr Wohlstand in der Bevölkerung, wodurch auch die neu aufgebauten Paläste reicher und prachtvoller wurden.

Die Keramik veränderte sich erneut. Der Palast-Stil löste den Kamares-Stil ab. Ihn zeichnen geometrische, abstrakte Figuren aus. Dieser Stil kam fast ausschließlich auf Knossos vor. Daneben bildeten sich der Meeresstil und der Florastil. Dabei finden sich Abbildungen von Blüten, Blättern, Boote oder Tintenfischen auf den Vasen.

Das Spätminoikum endet mit der erneuten Zerstörung der Paläste auf Kreta. Wie genau es dazu kam, ist nicht bekannt. Gegen ein Zusammenspiel aus verschiedenen Naturkatastrophen sprechen archäologische Funde. Es gab definitiv einen Vulkanausbruch auf der Insel Thera. Dieser könnte durch ein vorangegangenes Erdbeben entstanden sein. Auch Überschwemmungen sind daher möglich.

Allerdings konnten Archäologen keine Keramik im Palast-Stil auf Thera finden. Das bedeutet, dass der Vulkan vor dem Spätminoikum ausgebrochen sein muss und demnach Kreta nicht zerstört haben kann.

Als weitere Möglichkeiten gelten Aufstände und eine Invasion der Achaier. Diese waren die Bewohner der Landschaft Achaia im Nordwesten der Peloponnes.

Letztere kamen in jedem Fall später nach Kreta und eroberten die geschwächte Insel. So könnte außerdem der Mythos um den Minotauros und Theseus entstanden sein.

Von diesem Schlag erholte sich die Palastkultur nicht mehr. Die Paläste wurden nur noch vereinfacht neu erbaut. Auch in der Kunst setzte sich die Vereinfachung durch. Kretas Seehandel verebbte ebenfalls. Die Phönizier übernahmen die Vormachtstellung in diesem Gebiet.

Die Bronzezeit auf dem griechischen Festland – das Helladikum

Zu Beginn der Bronzezeit lebten auf dem griechischen Festland keine Griechen. Vermutlich waren es Einwanderer aus Anatolien, welche das Land zu dieser Zeit besiedelten.

Die Häuser in den Städten standen nicht einzeln, sondern teilten sich meistens eine Mauer. Erst um 2200 v. Chr. bauten die Menschen vermehrt frei stehende Häuser. Dabei bevorzugten sie die Apsidenform, bei der eine Hauswand wie eine Halbkugel hervorstand. Belegt ist diese Bauweise beispielsweise in Olympia und Lerna.

In der Regel waren nur Städte in Küstennähe von einer Mauer umschlossen. Alle anderen waren größtenteils unbefestigt.

Die meisten Menschen lebten vom Ackerbau, der Viehzucht oder Fischerei. Größerer Handel erfolgte außerdem mit Obsidian.

Die Keramik des Frühhelladikum war einfacher als die von Kreta. Hauptsächlich gab es sogenannte Schnabelkannen. Darauf folgte ein plötzlicher Wandel, der vermutlich auf neue Einwanderer zurückzuführen ist. Dabei wurden die Formen und Verzierungen komplizierter.

Um 2000 v. Chr. wanderten Indogermanen ins griechische Festland ein. Diese waren die „ersten Griechen“ und ihr Erscheinen läutet das Mittelhelladikum ein.

Die ersten Griechen bauten ihre Siedlungen um eine Königsburg. Hauptsächlich sind Überreste solcher Städte in der Argolis, einer Landschaft im Nordosten der Peloponnes, zu finden.

Auch die Indogermanen gaben ihren Toten Grabbeigaben mit. Diese bestanden aus Keramik, Waffen und Schmuck. Außerdem waren sie die ersten Reiter in Griechenland.

Als um 1580 neue Einwanderer, Achaier und Aitoler, in ihre Siedlungsgebiete eindrangen, begann das Späthelladium. Diese Zeit wird auch Mykenikum genannt, da nun die Mykenische Kultur entstand.

Die Mykenische Kultur auf dem Festland ist quasi das Gegenstück zur Minoischen Kultur Kretas. Auch außerhalb der Insel entstanden jetzt Paläste. Die Argolis blieb wichtigster Siedlungsort.

Während dieser Zeit intensivierten die Mykener die Seefahrt. Kreta verlor an Macht, sodass dieser Platz für die Mykener frei wurde.

Die reichen Grabbeigaben der Mykener beweisen, dass diese über weite Strecken hinweg Handel betrieben haben müssen. Auch erfolgreiche Kriegszüge können eine Erklärung sein. Vermutlich handelt es sich um eine Mischung aus beidem.

Auch die Mykener verehrten weiterhin hauptsächlich weibliche Gottheiten. An ihrer Spitze stand eine Muttergottheit, die auch auf Schmuckstücken wie Siegelringen zu finden ist. Daneben stellten die Mykener noch von Kreta inspirierte Keramik, Elfenbeinschnitzereien und allerhand Goldschmuck her.

Das Ende der Mykenischen Kultur wurde vermutlich durch den Trojanischen Krieg ausgelöst. Die Bevölkerung rebellierte, was die Städte weiter schwächte.

Die Dorische Wanderung

Die Dorische Wanderung bezeichnet die Völkerwanderung des griechischen Stammes der Dorer. Diese Wanderung soll um 1200 v. Chr. stattgefunden haben. Die Dorer nahmen dabei nach und nach die Argolis, Lakonien und Messenien ein. Außerdem eroberten sie die Burgen von Mykene und Tiryns.

In der Forschung nahm man lange an, dass die Dorische Wanderung die Mykenische Kultur beendet hat. Mittlerweile gilt diese These als veraltet.

Der Sage nach wurden die Dorer von den drei Söhnen des Herakles angeführt. Diese überquerten mit ihnen den Golf von Korinth. Sie ließen den bisherigen Bewohnern Griechenland das Gebiet Achaia, in welchem die Achaier lebten. Den Rest teilten die Söhne des Herakles unter sich auf. Die Griechen nannten diese Wanderung daher auch die „Rückkehr der Herakliden“. Mit diesem Begriff berufen sie sich auf ihre Abstammung von Herakles. Diese Bezeichnung ist allerdings erst gut 600 Jahre später belegt. Es ist daher anzunehmen, dass sie nicht sofort geläufig war.

Tatsächlich fand diese Wanderung vermutlich nie so geschlossen statt. Eher war es eine über viele Jahre andauernde, kleinere Einwanderung.

Die Mykener waren zu dieser Zeit bereits geschwächt. Dass die Dorer sie gewaltsam entmachtet haben, ist unwahrscheinlich. Es gibt kaum archäologische Hinweise von ihnen aus dieser Zeit. Es ist außerdem gut möglich, dass diese Einwanderung nur teilweise kriegerisch verlief.

Viel eher haben die Griechen diese geschlossene Wanderung ihrer Vorfahren, angeführt von den Herakliden, erfunden, um sich selbst eine ruhmreiche Geschichte zu geben.


Quellen

  • Karl-Wilhelm Welwei: Die griechische Frühzeit: 2000 bis 500 v.Chr., ISBN 978-3406736513*
  • J. L. Fitton, T. Ohlsen: Die Minoer, ISBN 978-3806218626*
  • Kurt Roeske, Patrick Schollmeyer: Von Troja bis Halikarnassos: Kleinasiens ägäische Küste im Spiegel antiker Zeugnisse von Homer bis zum Apostel Paulus. Ein kulturhistorischer Reiseführer, ISBN 978-3826070501*
  • Angelos Chaniotis: Das antike Kreta, ISBN 978-3406508509*
  • Sigrid Deger-Jalkotzy, Dieter Hertel: Das mykenische Griechenland: Geschichte, Kultur, Stätten, ISBN 978-3406727269*
  • Josef Fischer: Mykenische Paläste: Kunst und Kultur, ISBN 978-3805349635*

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