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Chronologie (Geschichte): Definition, Bedeutung, Aufgaben, Methodik


Der Begriff Chronologie kommt aus dem Altgriechischen. Chrónos bedeutet Zeit, lógos bedeutet Lehre. Chronologie ist also die Lehre über die Zeit, die „Zeitrechnungskunde“. Die historische Chronologie ist ein spezieller Teil der Chronologie und befasst sich damit, wie der Mensch sich im Laufe der Geschichte mit dem Thema Zeit auseinandergesetzt hat. Außerdem beschäftigt sich die historischen Chronologie mit der Entwicklung des Kalenders und der verschiedenen Kalendersysteme.

Allgemein gesagt….
Es geht bei der historischen Chronologie um das Kalenderwesen, um die Ausarbeitung von Jahreszahlen und den entsprechenden geschichtlichen Ereignissen.

Historische Chronologie: Definition und Bedeutung

Historische Chronologie und deren Methoden sind eine Hilfswissenschaft der Geschichtswissenschaft. Sie organisiert die richtige Reihenfolge von historischen Ereignissen und setzt diese in Bezug. Dabei wird zunächst versucht, Geschichtsquellen einem bestimmten Datum zuzuordnen. Darüber hinaus werden die Ereignisse bzw. die Quellen, welche auf das Ereignis hindeuten, nach ihrem Zeitverlauf geordnet. So entsteht eine chronologische Reihenfolge von Ereignissen.

Teilbereiche der Chronologie

Es gibt neben der historischen Chronologie weitere Teilbereiche der Chronologie, beispielsweise die astronomische oder die technische Chronologie. Dabei werden überlieferte astronomische Ereignisse berechnet und zeitlich fixiert. Neben der Kalenderberechnung mittels astronomischer Beobachtungen gibt es andere Methoden der Datierung:

  • archäologische Funde der Vorgeschichte ermöglichen eine anthropologische Chronologie, also eine Zeitrechnung anhand kultureller Hinterlassenschaften
  • paläonotologische Funde, das sind Fossilien ausgestorbener Tier- und Pflanzenarten, bilden die Basis einer Zeitrechnung anhand biologischer Überbleibsel der Vergangenheit
  • geologische Funde, Gesteine, Minerale und geologische Schichten, bilden die Grundlage einer Geochronologie
  • die Entwicklung chemischer Elemente, anhand der sich die Entwicklung der Sterne und ganzen Sternsystemen nachvollziehen lässt, ermöglicht eine kosmologische Chronologie

Die Aufgaben der historischen Chronologie

Es geht um die zeitliche Einordnung von Fossilien, archäologischen Funden, Dokumenten oder von Ereignissen. Dazu bedarf es einer Zeitskala. Ohne ein Zeitmaß ist es nicht möglich, eine zeitliche Abfolge darzustellen. Eine Zeitskala kann quantitative oder qualitative Bedeutung haben.

Unter einer quantitativen Zeitmessung ist eine strenge Berechnung und Fixierung einer Beobachtung oder einer Sache auf der Zeitachse gemeint. Es werden exakte Zeitpunkte festgelegt. Zum Beispiel Datum A und Datum B.

Eine qualitative Zeitmessung ist weitaus weniger streng, vielmehr relativ. Eine qualitative Zeitskala ist dann sinnvoll, wenn es nicht um bestimmte Zeitpunkte geht, sondern um die Aufeinanderfolge bestimmter Ereignisse oder Phänomene. Das ist beispielsweise bei Herrscherabfolgen der Fall, wenn keine Zeitangaben zur Verfügung stehen. Oder die chronologische Reihenfolge von Filmen oder Büchern, anhand ihrer Erscheinung. Der Zeitrahmen wird dann von der Reihenfolge der Herrscher bzw. Erscheinungstermins bestimmt und nicht von abstrakten Jahreszahlen.

Prinzipiell arbeitet jeder Historiker chronologisch, denn er muss die Ergebnisse seiner Forschungen zeitlich einordnen. Wie er dabei vorgehen kann, hängt von seinem Forschungsgegenstand ab. Oftmals existiert ein Kalender mit Jahresangaben oder Monatslängen. Beispielsweise hatten die Kulturen vor der Zeitenwende, also vor Christi Geburt, andere Zeitrechnungen und Kalendersysteme. Mit diesen Unwägbarkeiten müssen sich Historiker auseinandersetzen und zu einer chronologischen Ordnung gelangen:

  • Die qualitative Zeitrechnung ermöglicht eine relative Chronologie. Es werden lediglich zeitliche Abfolgen aufgezeigt.
  • Die Verwendung eines Kalenders oder eines anderen festgelegten Zeitmaßstabs ermöglicht eine quantitative Zeitrechnung und die Festlegung von konkreten Zeitpunkten.
  • Die absolute Datierung ist dann möglich, wenn sie einen eindeutigen Bezug zur Gegenwart hat, der Bezugspunkt also in der Gegenwart liegt. Die Datierung der frühen Phänomene braucht einen konkreten und exakten Bezugspunkt, damit der betreffende Zeitpunkt zurückberechnet werden kann. Dafür eignen sich ungewöhnliche oder seltene astronomische Phänomene wie Sonnenfinsternisse oder bestimmte Planeten-Konstellationen.

Einflüsse auf die historische Chronologie

Wenn ein Historiker seinen Forschungsgegenstand zeitlich einordnen möchte, also chronologisch tätig wird, muss er sich über die kulturellen Aspekte des zu untersuchenden Zeitraums bewusst sein. Die Einteilung der Zeit, das Kalenderwesen, die Zeitrechnung unterliegen auch heute noch ideologischen Einflüssen – und zwar sowohl politischer als auch philosophischer Art. Beispiele für die kulturell-ideologischen Einflüsse auf die Zeitrechnung gibt es viele, auch aktuelle:

  • die Sommerzeit-Diskussion in der EU
  • das Ignorieren von Zeitzonen und das Überstülpen der Hauptstadt(zonen)zeit auf alle Zeitzonen des Landes, wie etwa im heutigen China
  • die Festlegung des Beginns einer Zeitrechnung, zum Beispiel der „Zeitpunkt“ der Erschaffung der Welt oder Christi Geburt
  • Festkalender können an bestimmten kirchlichen Feiertagen ausgerichtet sein, beispielsweise Ostern, Pfingsten oder Weihnachten in der christlichen Welt
  • zeitliche Bezugspunkte auf einer Zeitskala können auch sekuläre Festtage sein, wie zum Beispiel der Muttertag oder der Tag der Deutschen Einheit
  • der Beginn einer Epoche kann ganz gezielt auf einen „Epochentag“ festgelegt werden. Ein solcher Tag war beispielsweise die sagenhafte Gründung Roms 753 v. Chr., die Hidschra, also die Flucht Mohammeds von Mekka nach Medina im Jahr 622, der französische Revolutionskalender beginnt mit seiner Zählung im November 1792. Die faschistische Zeitrechnung in Italien beginnt mit der Machtübernahme Mussolinis, mit dem sogenannten Marsch auf Rom im Oktober 1922
  • oftmals existieren verschieden Kalender gleichzeitig, sodass Datumsangaben sich auf verschiedene Zeitrechnungen beziehen können. Im Mittelalter gab es zum Beispiel den römischen Kalender und zugleich den christlichen Heiligenkalender. In solchen Fällen müssen Zeitpunkte synchronisiert werden

Zeitliche Bezugspunkte für die Zeitrechnung

Um konkrete Zeitpunkte auf einer Zeitskala festlegen zu können, braucht es einen fixen Referenz- oder Bezugspunkt. Von diesem Referenzpunkt aus kann dann in der Zeit vorwärts oder rückwärts gerechnet werden. In unserem westlichen Zeitsystem ist es Christi Geburt, das Jahr 0. Siehe Artikel: Wie Jahre vor Christus gezählt wurden.

Die Zählung von Stunden, Tagen und Wochen

Wenn es um die Stundenzählung geht, ist häufig der Sonnenaufgang, der Sonnenuntergang, der Mittag oder Mitternacht der zeitliche Bezugspunkt. Der Zählungsbeginn, der sich an dem Lauf der Sonne ausrichtet, ist der naheliegendste.

Die Stundenzählung teilt den Tag in insgesamt 24 Stunden ein, unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt der Zählungsbeginn festgelegt wurde. Weltweit ist der Tag, also der Sonnentag, der von einer Stundenzählung bis zum Beginn der nächsten Stundenzählung andauert, gleich lang. Es ist ein grenz-, kultur- und epochenübergreifendes einheitliches Zeitmaß. Nirgendwo dauert ein Tag 23 oder 25 Stunden.

Bei der Länge der Wochen gibt es unterschiedliche Zählweisen. Eine Woche konnte in früherer Zeit fünf, sieben oder zehn Tage lang sein. Die Sieben-Tage-Woche wie wir sie kennen wurde im Jahr 321 von dem römischen Kaiser Konstantin, auch Konstantin der Große genannt, eingeführt.

Die Zählung von Monaten und Jahren

Neben der Sonne ist der Mond ein natürlicher Zeitmesser. Er ist immer da und ebenso wie bei der Sonne konnten die Menschen früher Kulturen schnell eine Regelmäßigkeit bei seinem Umlauf erkennen. Ein Mondmonat dauert zwischen knapp 27⅓ und gut 29½ Tagen. Es ist die Zeit, innerhalb der der Mond die Erde einmal umkreist. Seine verschiedenen Lichtgestalten werden dabei als Neumond, zunehmender Mond, Vollmond und abnehmender Mond von der Erde aus beobachtet.

Aufgrund der unterschiedlichen Monatslängen kommt es im Verlauf des Jahres zu zeitlichen Verschiebungen. Die Länge der Monate passt nicht zur Gesamtzahl der Sonnentage eines Jahres. Es fehlen einige Tage. In vielen frühen Kulturen existierten trotzdem beide Kalender nebeneinander, der Sonnenkalender für den alltäglichen Gebrauch, der Mondkalender für religiöse Zwecke.

Es gab aber auch Mischformen, solche Kalender werden als Lunisolarkalender bezeichnet. Bei diesem Kalendersystem wird durchschnittlich alle drei Jahre ein Mondmonat eingeschoben, ein Schaltmonat. Dadurch wurde der Mondkalender mit dem Sonnenkalender regelmäßig gleichgeschaltet. Immer genauere Beobachtungen haben dazu geführt, dass im Laufe der Jahrhunderte weltweit immer wieder Kalenderreformen durchgeführt werden mussten.

Heutzutage ist der weltweit am weitesten verbreitete Kalender der sogenannte Gregorianische Kalender. Er wurde 1582 von Papst Gregor XIII. verordnet.

Je nach Bezugspunkt hat auch das Jahr verschiedene Längen. Für den normalen Gebrauch sind die Unterschiede aber so gering, dass sie für den Alltag der Menschen völlig unbedeutend sind. Es gibt aufgrund der unterschiedlichen Längenberechnungen verschiedene Arten von Jahren. Die folgende Auflistung sind Jahresarten wie wir sie in der westlichen Welt kennen:

  • Das Tropische Jahr umfasst den Zeitraum zwischen zwei Zeitpunkten im Ablauf der Jahreszeiten. Es reicht beispielsweise von einer Wintersonnenwende zur nächsten.
  • Das Siderische Jahr umfasst den Zeitraum, in dem die Sonne in Bezug auf einen Fixstern wieder die gleiche Position am Himmel einnimmt, von der Erde aus betrachtet.
  • Das Julianische Jahr dauert 365 Tage und sechs Stunden. Jedes vierte Jahr ist ein Schaltjahr, in das ein Tag eingeschoben wird.
  • Das Kalenderjahr wird auch als bürgerliches Jahr bezeichnet und ist 365 Tage lang. Wenn es sich um ein Schaltjahr handelt ist es 366 Tage lang.
  • Das römisch-katholische und auch das evangelische Kirchenjahr ist ein christlicher Festzyklus von 364 Tagen. Es beginnt am 1. Advent und endet wieder am Vortag des nächsten 1. Advent.

Die Bedeutung von Ären für die Zeitrechnung

Die Einführung von Ären erfolgt immer rückwirkend. Ären ermöglichen es, größere Zeitabschnitte zu erfassen. Der Beginn einer Ära ist immer durch ein herausragendes Ereignis gekennzeichnet, zum Beispiel durch die Weltschöpfung oder die Gründung eines Reiches.

Die Einteilung der altägyptischen Geschichte in ein Altes Reich, Mittleres Reich und Neues Reich erfolgte erst in der Neuzeit. Die Ägypter selbst führten Annalen, Königslisten mit der Abfolge der Herrscher. Solche Annalen waren im gesamten vorderasiatischen Raum üblich. Es gab bei diesen Kulturen keinen fixen Zeitpunkt, der den Beginn einer besonderen Ära gekennzeichnet hätte. Es gab einen mythischen ersten König, auf den alle anderen folgten. Die Könige bildeten die zeitliche Bezugsskala einer einzigen, kontinuierlich andauernden Ära.

Erst sehr viel später begannen die Griechen, vermutlich im 4. Jahrhundert v. Chr., mit der Jahreszählung nach Olympiaden. Eine Olympiade war ein Zeitraum von vier Jahren. Die erste Olympiade begann mit dem Jahr 776 v. Chr.

Wendepunkte der historischen Chronologie

Was die Chronologie betrifft, können Wendepunkte nur die Ereignisse sein, die die Zeitrechnung beeinflussen. Ein Wendepunkt ist also immer die Einführung eines neuen Kalenders. Selbst Naturkatastrophen oder Kriege können die Zeitrechnung nicht beeinflussen, wenn in der Folge nicht eine nachhaltig wirkende Kalenderreform durchgeführt wird. Für die historische Chronologie in Europa sind die folgenden Kalendersysteme und Ären von besonderer Bedeutung

  • der Jüdische Kalender mit seinem Zählungsbeginn ab dem Jahr 3761 v. Chr.
  • die Babylonischen Ära ab dem Schöpfungsdatum etwa 5000 v. Chr.
  • die Ära das Claudius Ptolemäus, die mit dem Regierungsantritt des babylonischen Königs Nabonasser 747 v. Chr. beginnt
  • die Römische Ära ab der Gründung Roms am 21. April 753 v. Chr.
  • die Christliche Ära, die mit der Geburt Jesu Christi beginnt
  • die Islamische Ära, die mit der Hidschra im Jahr 622 beginnt, der Flucht Mohammeds aus Mekka
  • das Byzantinische Reich ab der Erschaffung der Welt 5508 v. Chr.
  • der Julianische Kalender, der von Gaius Julius Caesar im Jahr 45 v. Chr. eingeführt wurde
  • der Gregorianische Kalender, der 1582 den Julianischen Kalender ablöste

Die vergleichende Chronologie

Die Umrechnung zwischen den verschiedenen Zeitskalen, ihre Synchronisation, ist eine der wichtigsten Aufgaben der historischen Chronologie. Dazu ist nicht nur ein astronomisches Wissen notwendig, sondern auch ein akkurates Quellenstudium. Alle Quellen aus den Zeiten, in denen neue Kalendersysteme und Zeitberechnungen eingeführt wurden, müssen gründlich untersucht werden: komplexe historische Zusammenhänge, astronomische Beobachtungen, mythische Rückbezüge, Glaubensfragen und vieles mehr muss als solches identifiziert und analysiert werden. Um diese Datenmengen verarbeiten zu können, sind spezielle Computerprogramme notwendig.

Quellen ohne oder mit nur vagen Zeitangaben stellen die historische Chronologie vor Herausforderungen. Herrscherfolgen könnten unvollständig sein. Königslisten könnten absichtsvoll manipuliert worden sein. Dem Urheber eines Dokumentes könnten Fehler unterlaufen und Jahreszahlen falsch notiert worden sein. Ohne eine gründliche Quellenanalyse sind keine zuverlässigen Aussagen möglich.

Die historische Chronologie ist eine ausgesprochen anspruchsvolle Wissenschaft. Sie befasst sich beispielsweise mit der Wechselwirkung gleichzeitig vorhandener Kalendersysteme, wie etwa des römischen Kalenders mit dem französischen Revolutionskalender oder des mittelalterlichen Festkalenders.

Faszinierend ist die Erforschung alter Reiseberichte und ihre Synchronisation mit dem Kalendersystem der bereisten oder eroberten Länder, wie etwa die Berichte der Spanier von ihrer Eroberung Mexikos. Kalendersysteme gibt es in allen Kulturen, zu allen Zeiten auf der ganzen Welt. Das Forschungsgebiet der historischen Chronologie ist in jeder Hinsicht grenzenlos.

Zusammenfassung

  • Die historische Chronologie befasst sich mit der Zeitrechnung, den Kalendersystemen und dem historischen Kalenderwesen im Allgemeinen.
  • Sie arbeitet vergleichend, wenn verschiedene, gleichzeitig existierende Zeitrechnungen „übereinandergelegt“ und synchronisiert werden müssen.
  • Sie arbeitet analysierend, wenn es um die kulturell-ideologische Einordnung der Quellen geht.
  • Sie arbeitet interdisziplinär, wenn es um astronomische Beobachtungen oder um frühe Schriftquellen geht, beispielsweise beim Vergleich hieroglyphischer Texte mit Keilschrifttexten.
  • Es ist die Aufgabe der historischen Chronologie Zeitskalen zu erforschen, die eine zeitliche Einordnung überlieferter Daten ermöglichen.
  • Ob Ereignisse, archäologische Funde oder Schriftstücke, alles wird erst dann für die Wissenschaft wertvoll, wenn sie sich zeitlich fixieren lassen.
  • Eine historische Quelle ist weitaus weniger bedeutsam, wenn unklar ist in welches Jahrhundert oder unter welchen Herrscher sie einzuordnen ist.

Literatur

  • Stefan Jordan: Theorien und Methoden der Geschichtswissenschaft, utB GmbH, ISBN 3825250059
  • Stefan Jordan: Lexikon Geschichtswissenschaft: Hundert Grundbegriffe (Reclams Universal-Bibliothek), ISBN 3150005035
  • Mike Sandbothe, Walther Ch. Zimmerli: Klassiker der modernen Zeitphilosophie, ISBN 3534120132

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