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Was ist das Messiasgeheimnis: Definition und Bedeutung


Das Messiasgeheimnis ist eine Theorie von William Wrede. Im Markusevangelium scheint Jesus seine Identität als Messias geheimhalten zu wollen. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass Markus den Fokus von den Wundern auf die Wiederauferstehung lenken wollte.

Was ist das Messiasgeheimnis

Das Messiasgeheimnis ist ein zentrales Thema im Markusevangelium. Es besagt, dass Jesus seine Identität als Messias und Sohn Gottes geheim hält. Dafür hält er auch seine Jünger an, nichts über durch ihn gewirkte Wunder zu offenbaren.

Erst nach seinem Tod am Kreuz und Wiederauferstehung darf seine wahre Identität an die Öffentlichkeit gelangen. Das liegt laut Markus daran, dass die Kreuzigung zu seinem Weg dazugehört. Vorher hätten die Menschen Jesus für einen Wunderheiler gehalten. Das war in der damaligen Zeit nichts Besonderes.

Damit das nicht passiert, musste sein göttlicher Auftrag geheim bleiben, bis er abgeschlossen war. Erst Kreuzigung und Wiederauferstehung machen Jesus unmissverständlich zum Messias.

Ursprung der Theorie

Die Theorie des Messiasgeheimnis stammt von William Wrede, einem deutschen Theologen, der von 1859 bis 1906 lebte.
Wrede wurde am 10. Mai geboren. Sein Vater war erst als Rektor tätig, wirkte anschließend, seit Wrede drei Jahre alt war, als Pfarrer.

Wrede war Vertreter der kritischen Exegese. Dabei werden biblische Schriften in ihren historischen Kontext gestellt. Wrede untersuchte also nicht nur Bibeltexte, sondern verglich sie mit anderen Quellen aus dieser Zeit. Diese Methode der „historisch-kritischen Exegese“ ist heute gängige Praxis.

Wrede studierte zunächst Evangelische Theologie in Göttingen. 1887 wurde er Pfarrer. Sein Interesse für die wissenschaftliche Betrachtung der Bibel war jedoch größer als die rein theologische. 1891 selbst begann er selbst zu lehren.

1893 wurde er außerordentlicher Professor in Breslau. Dort hielt er Vorlesungen bis kurz vor seinem Tod. Um Pfingsten 1906 litt Wrede an einer Lungenentzündung. Von der Erkrankung erholte er sich nicht mehr. Er starb am 23. November 1906 an den Folgen der Lungenentzündung.

Seine Theorie des Messiasgeheimnis stieß auf wenig Zuspruch. Laut Wrede lässt sich das Markusevangelium so verstehen, dass Jesus sich selbst nicht als Messias gesehen habe. Seine wahre Identität erschließt sich seinen Jüngern erst nach und nach. Am Ende wird diese erst durch die Verschriftlichung im Evangelium deutlich.

Beispiele der Geheimhaltung in der Bibel

Im Markusevangelium finden sich viele Stellen, die sich passend zum Messiasgeheimnis auslegen lassen. Als Erstes schreibt Markus davon, wie Jesus einen Dämon aus einem Mann vertreibt.

Direkt wird deutlich, dass der Dämon um die Messianität, also die Identität als Messias, Jesu weiß. Er teilt dieses Wissen sofort lautstark mit, sodass alle Umstehenden es hören können. Jesus befielt ihm, still zu sein und er gehorcht. Diese Macht, die Jesus über den Dämon hat, führt dazu, dass das, was der Dämon zuvor sagt, unbeachtet bleibt.

Da diese Wundertat in der Öffentlichkeit stattfand, wird Jesus anschließend von Hilfesuchenden aufgesucht. Wenn er ihnen ihre Wünsche erfüllt, tut er dies jedoch immer hinter verschlossenen Türen oder an wenig besuchten Orten. Heilt er Krankheiten, trägt er den Menschen anschließend auf, niemandem von dem Wunder zu erzählen.

Auch alle seine anderen übermenschlichen Taten sollen geheim bleiben. Das wirft die Frage auf, warum Jesus die Wunder im Markusevangelium überhaupt vollbringt. Es scheint so, als wären sie nicht Teil seiner Messianität. Man muss von ihnen nicht wissen, um Jesus nach seinem Tod als Sohn Gottes zu verstehen.

Die Strategie geht nicht auf, denn die Menschen verbreiten seine Wundertaten trotz seines Verbotes. Niemand wird dafür je bestraft. Das lässt den Schluss zu, dass die Geheimhaltung genau dem gegenteiligen Zweck diente. Nicht umsonst heißt es, dass sich Geheimnisse am besten verbreiten.

Nicht, nur wenn Jesus Wunder wirkt, auch wenn er die Frohe Botschaft, das nahende Reich Gottes, verkündet, findet sich bei Markus das Messiasgeheimnis. Am deutlichsten wird das in der Verleugnung des Petrus. Dabei sagt Jesus Petrus voraus, dass dieser ihn dreimal verleugnen wird, noch bevor der Hahn zweimal kräht. Petrus reagiert bestürzt und antwortet, dass er das niemals tun würde.

Während Jesus gefangen genommen wird, folgt Petrus ihm bis in den Hof des Hohepriesters. Dort wird er von einer Magd erkannt. Auf ihre Bemerkung, dass er mit Jesus gereist sei, erwidert Petrus jedoch, dass er nicht wisse, wovon sie spreche.
In ähnlicher Form wiederholt er die Verleugnung noch zweimal. Allerdings findet sich die Verleugnung des Petrus in allen vier Evangelien.

Markus, Matthäus und Johannes stellen Petrus dabei ähnlich dar. Sie alle schreiben davon, wie Petrus, als ihm klar wird, dass die Weissagung wahr geworden ist, in Tränen ausbricht. Auch bei Lukas weint Petrus. Er verzichtet außerdem auf Flüche, die Petrus in den drei anderen Evangelien während der Verleugnung ausspricht.

Zudem betont Lukas das Verhältnis zwischen Petrus und Jesus. Bei ihm dreht sich Jesus nach der dritten Verleugnung zu Petrus um. Erst in dem Moment bemerkt Petrus, dass die Weissagung wahr geworden ist.

Fraglich ist, inwieweit dieser Teil des Markusevangelium zum Messiasgeheimnis gezählt werden kann. Die Verleugnung kommt auch in allen anderen Evangelien vor. Die zusätzliche Kontaktaufnahme durch Jesus gibt es nur bei Lukas. Er gibt keine Hinweise darauf, welche Emotionen Jesus hatte, als er hörte, wie Petrus ihn verleugnete.

Zuvor, als Jesus mit seinen Jüngern über seine Identität als Messias spricht, glauben diese ihm nicht, bzw. können es nicht begreifen. Sie fürchten sich an manchen Stellen sogar, Nachfragen zu stellen. Man könnte sagen, das Messiasgeheimnis existiert in allen Evangelien. Nur überträgt lediglich Markus es auch auf die Wunder und belässt es nicht bei der Verkündung der Frohen Botschaft.

Auffällig bei Markus ist außerdem, dass die Personen, die die Messianität Jesu nicht weitererzählen sollen, ihr Wissen sofort verbreiten. Seine Jünger, denen er seine Gestalt offenbart, glauben ihm nicht.

Dadurch wird deutlich, dass die Messianität nur dann begriffen werden kann, wenn Jesus am Kreuz gestorben ist. Die Personen, die nach einem Wunder von Jesus erzählen, verstehen ihn als Wunderheiler. Hätte er ihnen seine wahre Identität offenbart, hätten sie ihm vermutlich ebenfalls nicht geglaubt.

Sinn des Messiasgeheimnisses

Warum Markus ein Geheimnis aus der Messianität Jesu macht, erklären weder Wrede noch andere Theologen eindeutig. Es könnte schlicht an der Persönlichkeit Jesu gelegen haben, die Markus hervorheben möchte. Das Messiasgeheimnis könnte für Bescheidenheit sprechen. Gleichzeit ist aber auch möglich, dass Jesus nicht dem Bild eines Messias entsprach. In dem Fall musste er damit rechnen, dass ihm niemand glauben würde.

Vermutlich verfolgte Markus aber ein anderes Ziel. Jesus versucht, durch das Evangelium hindurch seine Jünger darauf vorzubereiten, dass er leiden würde. Das Leid und letztendlich der Tod am Kreuz ist essenziell für seine Identität als Messias. Seine Messianität muss ans Kreuz führen, weil nur durch den Tod seine Auferstehung möglich ist. Erst jetzt werden den Menschen ihre Sünden vergeben und sie erwartet das ewige Leben im Reich Gottes.

Jesus ist also kein Messias, der Erlösung durch Wunder vollbringt, sondern durch seinen Tod. Daher sollen sich nicht seine Wundertaten verbreiten, weil durch diese seine tatsächliche Aufgabe nicht verstanden werden kann.

Zusammenfassung

  • Das Messiasgeheimnis stammt aus dem Markusevangelium.
  • Im Markusevangelium möchte Jesus seine Messianität geheim halten.
  • Die Theorie geht auf William Wrede zurück, einen Theologen des 19. Jahrhunderts.
  • Wrede stellte untersuchte Bibelstellen in ihren historischen Kontext (historisch-kritischen Exegese).
  • Ausgetriebene Dämonen wissen um die wahre Identität Jesu, werden von ihm aber zum Schweigen gebracht.
  • Umstehende Personen beachten nur die Machtdemonstration und verbreiten das Gesehene, obwohl Jesus sie um Geheimhaltung bittet.
  • Wundertaten vollbringt Jesus häufig hinter verschlossenen Türen, um wenig Publikum zu haben.
  • Die Verleugnung des Petrus könnte Teil des Messiasgeheimnis sein, findet sich aber in allen Evangelien.
  • Das Messiasgeheimnis sagt aus, dass man die Messianität Jesu erst nach seinem Tod am Kreuz und der Wiederauferstehung begreifen kann.
  • Möglicherweise hat Markus das Messiasgeheimnis eingefügt, um zu verdeutlichen, dass die Messianität Jesu im Leid und nicht in seinen Wundern liegt.

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