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6 Gründe, warum Arbeitsteilung die Wohlfahrt in einer Volkswirtschaft erhöhen kann


Arbeitsteilung ist das grundlegende Prinzip einer modernen Gesellschaft. Ein Blick darauf, wie sie historisch entstanden ist, hilft, ihre Bedeutung zu verstehen. Denn die Teilung von bestimmten Arbeitsschritten und Güterproduktionen bewirkt:

  • einen höheren Versorgungsgrad einer Gesellschaft,
  • Zeit- und Kostenvorteile,
  • Spezialisierungen und bessere Produkte,
  • Produktvielfalt steigt,
  • Bildungsgerechtigkeit, soziale Gerechtigkeit und Rechtsprechung entstehen
  • Kultur, Wissenschaft und Weiterentwicklung werden möglich

Kurzum…
Die Wohlfahrtfunktion einer Volkswirtschaft wird insgesamt erhöht.

Was bedeutet Arbeitsteilung?

Angenommen, du stellst in Subsistenzwirtschaft (also als Selbstererhalter) alles, was du zum Leben brauchst, selbst her.

  • Du baust deine eigenen Lebensmittel an
  • Du produzierst selbst Kleidung, Möbel, Geschirr und Kochutensilien.
  • Auch deine Behausung hast du mit eigenen Händen gebaut.

Irgendwann stellst du fest…
Vielleicht bist du aufgrund eines besonderen Talents oder einfach, weil es dir Spaß macht, besonders gut im Weben von Stoffen und im Nähen deiner Kleidung. Deine Kartoffelernte oder dein täglicher Ziegenmilch-Ertrag wird dafür eher mittelmäßig oder sogar schlecht ausfallen. Wäre es da nicht viel sinnvoller, wenn du nur Kleidung herstellen würdest? Und zwar nicht nur für dich, sondern für alle, die in deinem Dorf welche brauchen?

Diese Kleidung könntest du dann gegen Lebensmittel oder Kochgeschirr tauschen, du könntest dir dafür ein Häuschen bauen lassen oder jemandem dein Vieh zum Hüten geben. Auch die Person, die für das ganze Dorf Kartoffeln anbaut, kann das mit einem besseren Ertrag machen, weil sie keine Zeit mehr für die Herstellung ihrer Kleidung aufwenden muss.

Diese soziale Übereinkunft ist überhaupt die Grundlage für das, was wir „Wirtschaft“ nennen: Eine Gemeinschaft von Personen, deren Wohlstand von den jeweils anderen abhängig ist. In einer solchen Gemeinschaft entwickeln sich schnell spezielle Berufe und bald auch so etwas wie Geld, also ein universelles Tauschmittel – denn womöglich braucht der Kartoffelbauer gerade keine Kleidung, wenn du Kartoffeln brauchst.

Seine Überproduktion an Kartoffeln tauscht er dann nicht in Kleidung, sondern in Geld ein. Dieses kann er verwahren und später in Kleidung zurücktauschen. Geld ist demnach ein Tauschmittel, welches es ermöglicht, den Zeitpunkt des Tausches frei zu bestimmen. Gleichzeitig ist Geld universell einsetzbar und kann gegen jede andere Ware eingetauscht werden. Es ermöglicht somit den Tauschgrund, die Tauschware und den Tauschzeitpunkt frei zu bestimmen.

Durch Arbeitsteilung wird es demnach möglich:

  • bessere Produkte einzuführen
  • bessere Arbeitsbedingungen zu schaffen, um diese Produkte herzustellen
  • Überproduktionen zu handeln
  • Geld als Tauschmittel zu verwenden, welches den Direkttausch zeitlich verlagert
  • Wohlstand im Sinne von ausreichender Versorgung zu garantieren

Arbeitsteilung und die Wohlfahrt einer Volkswirtschaft

Je mehr Teilnehmer, desto komplizierter wird das Spiel. Eine moderne Volkswirtschaft ist natürlich ungleich größer und verästelter als das kleine Dorf aus unserem Gedankenexperiment. In einem so großen System meint „Arbeitsteilung“, dass viele Menschen an der Herstellung eines Produkts (eines Dings oder auch einer Dienstleistung) beteiligt sind.

Man unterscheidet dabei Arbeitsteilung nach Menge und nach Art, also danach, ob sehr viele Menschen ein Hemd nach dem gleichen Muster herstellen (Mengenteilung) oder ob es einen Weber und eine Schneiderin (Artteilung) gibt. In einer großen Volkswirtschaft ist die Nachfrage nach Kleidung so groß, dass es möglich wäre, dass du nun nicht mehr Kleidung für alle herstellst, sondern jeden Tag acht Stunden lang nur Taschen auf Jeanshosen aufnähst.

Auch dies erzeugt Wohlstand, aufgrund der Möglichkeit einer Überproduktion und den damit verbundenen Tauschhandel. Dieser Wohlstand ist dann allerdings kein individueller, sondern ein kultureller. Man spricht von Wohlstand für alle oder Wohlfahrt einer Volkswirtschaft.

Wie erhöht die Arbeitsteilung die Wohlfahrt einer Volkswirtschaft?

Der Grundstein der Arbeitsteilung liegt in der neolithischen Revolution, welche circa 5500 v. Christus in Mesopotamien begann und sich dann nach Europa ausbreitete. Man spricht heute von einer Revolution, da sich die Möglichkeiten des Menschen drastisch änderten. Der Steinzeitmensch war Jäger und Sammler. Er lebte von der Natur.

Zur Zeit der neolithischen Revolution gingen die Menschen zu Ackerbau und Viehzucht über. Sie lebten fortan nicht mehr mit der Natur, sondern von der Natur. Alles was wir heute als Menschsein betrachten, hat seine Grundlage in diesem Übergang. Denn es wurden Überproduktionen an Vieh und Ackerprodukten möglich. Diese konnten gehandelt und getauscht werden. Arbeitsteilung entstand in Folge dieser Überproduktion und ermöglichte noch mehr Überproduktionen.

1. Arbeitsteilung sorgt für Überproduktion und schließt Knappheit aus

Durch den Übergang zu Ackerbau und Viehzucht entstand zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte eine Form von Wohlstand. Denn der moderne Mensch war nicht mehr darauf angewiesen, ob er Jagdwild oder Beeren findet. Stattdessen war er sesshaft geworden und konnte Nahrung anbauen. So konnte er Überproduktionen anhäufen und für schlechte Zeiten aufheben.

Gleichzeitig entstand Handel, da der Mensch erkannte – dass er wohlmöglich seine Überproduktionen nicht selbst braucht. Und stattdessen könnte er diese Produkte gegen andere Güter eintauschen. Der Mensch musste zum ersten Mal nicht für alles selbst sorgen und wurde stattdessen gesellschaftlich versorgt.

Es kam somit zum ersten Versorgungsausgleich der Menschheitsgeschichte. Denn Menschen mit schlechteren Ackerflächen konnten Getreide bekommen und im Gegenzug gaben sie Kleidung oder Waffen als Tauschware ab. Somit entstand eine frühe Gerechtigkeit, da der Mensch nicht weiter auf seine unmittelbaren oder „gottgegebenen“ Ressourcen angewiesen war. Später entstand Geld als Tauschware, welches den zeitlich bedingten Tausch aussetzen konnte. Außerdem musste der Mensch nicht mehr direkt tauschen und konnte die Tauschgüter selbst bestimmen.

2. Arbeitsteilung sorgt für Zeitvorteile und Spezialisierungsgrade

Durch die Arbeitsteilung ergeben sich Zeitvorteile in der Produktion. Denn durch wiederkehrende Tätigkeiten ergeben sich Erfahrungen bei Arbeit. Die Mitarbeiter lernen dazu und werden zu Spezialisten in ihrem Job. Irgendwann schaffen die gleichen Arbeiter und Arbeiterinnen mehr Produkte in der gleichen Zeit.

Dadurch können wenige Arbeiter eine ganze Gesellschaft mit bestimmten Produkten versorgen, welche durch den Erfahrungsgewinn zudem qualitativ immer besser werden. Andere Teilnehmer einer Gesellschaft oder einer Volkswirtschaft stellen andere Güter her und bringen so ihren Beitrag für das Gemeinwohl.

Dies sorgt letztendlich dafür, dass eine ganze Gesellschaft mit verschiedensten Produkten versorgt werden kann, was ohne Arbeitsteilung nicht möglich wäre. Arbeitsteilung wirkt somit einer Knappheit an bestimmten Produkten entgegen und sorgt zugleich für eine Vielfalt an Produkten. Dies ist alles möglich, da durch Arbeitsteilung und wiederkehrende Tätigkeiten der Spezialisierungsgrad erhöht wird. In der Menschheitsgeschichte entstanden dadurch verschiedene Berufe mit unterschiedlichen Qualifikationen.

3. Arbeitsteilung als Grundlage eines Sozialwesens

Unser Sozialstaat basiert darauf, dass die arbeitende Bevölkerung bestimmte Abgaben zahlt, um schwächeren Teilen der Gesellschaft einen gewissen Lebensstandard zu bieten. So bezahlen Arbeitnehmer gewisse Abgaben an Rentensysteme, Arbeitslosenfonds usw.

In einer Welt ohne Arbeitsteilung würde dies nicht möglich sein. Denn es würde keine Berufe geben und jedes Mitglied einer Gesellschaft müsste demnach sein Haus allein bauen, seine Lebensmittel allein anbauen oder seine Kleidung herstellen. Niemand würde dann für ältere oder kranke Personen einer Gesellschaft aufkommen.

Aber durch die Überproduktion an Gemeinschaftsware und den damit verbundenen Tauschhandel mit Geld, entstehen Geldreserven in jedem einzelnen Haushalt. Diese Reserven können dann genutzt werden, um alten und schwachen Menschen zu helfen. Die Bevölkerung, welche diese Geldreserven produziert, erhält gleichzeitig das Versprechen, dass ihnen im Alter oder bei Krankheit ebenfalls geholfen wird.

4. Arbeitsteilung sorgt für Bildungschancen

Dieser soziale Ausgleich sorgt für Chancengleichheit. Ohne Arbeitsteilung und der damit verbundenen Überproduktion hätten schwächere Mitglieder keine Chance am Sozialleben teilzunehmen. Sie hätten keine Chance auf Bildung, da sie selbst gebildet sein müssten – um ihre Kinder zu bilden.

Aber dadurch, dass nur einige Bevölkerungsanteile gebildet sein müssen und diese gesellschaftliche Aufgabe erfüllen können -reicht dies aus, um sämtliche Teilnehmer einer Gesellschaft zu bilden. Dies sorgt dann für späteren Wohlstand der Gesellschaft.

5. Arbeitsteilung macht Wissenschaft und Kultur erst möglich

Wenn nicht jeder Teilnehmer eines Staates oder einer Gesellschaft für Nahrung, Sicherheit oder andere Grundbedürfnisse arbeiten muss – ergeben sich zeitliche Ressourcen. So können bestimmte Menschen anderen Dingen nachgehen, wodurch sich eine Gesellschaft weiterentwickelt.

Das bedeute…
Künstler, Bildhauer, Musiker, Schauspieler oder Profisportler können ihrer Tätigkeit nur nachgehen, weil andere Mitglieder der Menschheit für sie Nahrung anbauen. Ohne diese Arbeitsteilung wäre weder Kultur entstanden, noch technologischer Fortschritt oder wissenschaftliche Erkenntnisse.

6. Arbeitsteilung liefert den Grundstein für ein Rechtwesen

Wenn nur einzelne Teile der Menschheit dafür sorgen, dass Nahrung für die gesamte Bevölkerung bereitsteht. Oder wenn bestimmte Bevölkerungsgruppen dafür Sorge leisten, dass die restlichen in Sicherheit leben können – dann hat die Allgemeinheit ein Interesse daran – diese Grundbedürfnisse (Nahrung, Sicherheit) zu schützen.

Deshalb kristallisierte sich schon früh in der Menschheitsgeschichte ein Rechtswesen heraus, welches die Verteilung für Land und Boden regelt. Dieses schützt somit Landwirte und deren Besitz. Weiterhin werden gewisse Rechte und Werte geschützt, welche die Gesellschaft benötigt – um die Arbeitsteilung und deren Vorteile weiter aufrechtzuhalten. Es wurden also Regeln und Verträge festgelegt, wie in einer Gesellschaft zu verfahren ist. Heutzutage regeln dies schriftliche Gesetze.

Hat Arbeitsteilung demnach nur Vorteile?

Nein, Arbeitsteilung bringt auch Nachteile mit sich. Denn jeder aufgezählte Punkt ist ein Vorteil und Nachteil zugleich.

Wie?
Durch die Einführung bestimmter Spezialberufe, ergaben sich Berufsklassen. Diese wurden danach bezahlt, wie groß ihr Beitrag für das Allgemeinwohl ist. Demnach wurden Ärzte besonders gut bezahlt und ihnen wurde eine höhere Wertschätzung entgegengebracht, als normalen Arbeitern. Somit führt Arbeitsteilung sehr wohl zu einer sozialen Gerechtigkeit – wie oben beschrieben – bewirkt aber gleichzeitig eine größere Ungerechtigkeit.

Im Marxismus wird von einer Entkoppelung zwischen Mensch und Arbeit gesprochen. Das bedeutet, dass Menschen sich in ihrer Arbeit nicht mehr wiederfinden. Aufgrund der Arbeitsteilung und der Zerlegung in immer kleinere Arbeitsschritte erkennen die Menschen ihren persönlichen Beitrag im Produkt nicht wieder.

Dies wiederum führt dazu, dass ihre persönlich empfundene Wertschätzung zu gering ausfällt. Und dadurch wird die Arbeit zu einer Tätigkeit, welche der Einzelne nur nachgeht, damit er entlohnt wird. Und dies ist sicherlich keine tolle Lebensaufgabe. Denn eigentlich ist die Hauptaufgabe der Arbeit, einen Beitrag für die Gesellschaft zu erbringen. Und weil die Gesellschaft diesen Beitrag wertschätzt, entlohnt sie die Firma und somit den Arbeiter. Diesen gesellschaftlichen Beitrag erkennen die Menschen allerdings in der heutigen Arbeitsteilung nicht mehr.


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