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Altruismus Egoismus Debatte: Warum helfen Menschen anderen Menschen


Die Altruismus Egoismus Debatte ist ein Streitpunkt in der Psychologie und Sozialforschung, welcher das Hilfeverhalten von Menschen erklären versucht.

Wieso?
Jeder hat andere Gründe dafür, warum er anderen Menschen hilft. Vielleicht aus Mitgefühl. Vielleicht, um sich selbst besser zu fühlen. Für Lob oder Anerkennung. Oder aus Solidarität. All diese und weitere Beweggründe lassen sich hauptsächlich zwei Hauptmotiven zuordnen: Altruismus und Egoismus.

Beide wirken zunächst sehr gegensätzlich, können jedoch zum selben Ergebnis führen. Man könnte sich also die Frage stellen, ob es überhaupt wichtig ist, welches Motiv dem Hilfeverhalten zugrunde liegt. Schließlich ist Hilfe immer etwas Gutes oder?

Allerdings können die Motive sich jeweils anders auf die Wahrscheinlichkeit des Helfens auswirken. Welche Auswirkungen das sind und welche Theorien sich in der Altruismus-Egoismus-Debatte gegenüberstehen, wollen wir uns nun anschauen. Außerdem erfährst du etwas über die Schwierigkeiten bezüglich der Definition dessen, was Altruismus eigentlich ist und wie sich die jeweiligen Theorien auf dem Prüfstand behaupten konnten.

Prosoziales Verhalten aus Empathie, Altruismus oder Egoismus heraus

Unter prosozialem Verhalten versteht man, dass wir ein für andere Menschen nützliches Handeln an den Tag legen.
Sowohl Empathie als auch Altruismus sind Faktoren, die hierbei eine große Rolle spielen. Mit Empathie ist die Erfahrung gemeint, den emotionalen Zustand eines anderen zu verstehen und „mitzufühlen“. Wenn wir jemanden leiden sehen und empathisch sind, wollen wir dieser Person in der Regel helfen.

Die Empathie wiederum ist ein wichtiger Bestandteil des Altruismus. Hierbei handelt es sich um ein Verhalten zum Nutzen anderer, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Wenn wir altruistisch handeln, erwarten wir also keine Belohnung, Anerkennung oder Dank. Wir helfen einfach. Die Empathie ist hier das alleinige Motiv, was ein altruistisches Hilfeverhalten zu einem selbstlosen Akt werden lässt.

Doch Altruismus ist an die klare Trennung von Selbst und anderen Personen gekoppelt. Da jedoch das Konstrukt des Selbst nicht unumstritten ist, kann auch eine rein altruistische Tat in Frage gestellt werden. Werden wir also in unserem Hilfeverhalten doch von egoistischen Motiven gelenkt?

Altruismus und Egoismus können beide zu prosozialem Verhalten führen

Prosoziales Verhalten ist geprägt von Empathie, Hilfeverhalten und Altruismus.
Doch auch Egoismus kann ein Motiv hinter dem Ausführen von prosozialem Verhalten darstellen. Das Ziel kann also von verschiedenen Startpunkten aus erreicht werden. Doch welche Beweggründe stecken hinter den beiden gegensätzlichen Motivationen?

Es wurden internationale Umfragen durchgeführt, welche diese Frage beantworten sollten. Die zu beantworteten Fragen zeigten nach der Auswertung bestimmte Faktoren, die die egoistische und die altruistische Motivation in sich vereinen.

Egoistische Motive für Hilfeverhalten

Zu den egoistischen Motiven gehören die sinnvolle Nutzung der Zeit, die persönliche Befriedigung, Geselligkeit und neue Erfahrungen.

Einige Menschen leisten beispielsweise Freiwilligenarbeit, weil sie ihrer Freizeit einen tieferen Sinn geben wollen. Auch bietet diese Form des prosozialen Verhaltens die Chance, neue Menschen kennenzulernen und neue Erfahrungen zu machen. Sofern man sich zusammen mit anderen in einer Organisation für einen wohltätigen Zweck engagiert, kann auch das eigene Bedürfnis nach Kontakt und dem Zusammensein mit anderen Menschen befriedigt werden.

Auch Lob als Gegenleistung zu erfahren, wäre demnach ein egoistisches Ziel – welches sich durch ehrenamtliche Arbeit oder prosozialem Verhalten erreichen lässt. Viele Prominente spenden Geld und erfahren daraufhin Anerkennung. Falls die Geldspende dann ebenfalls den Zweck erfüllen soll, dass der Promi eine mediale Aufmerksamkeit, Anerkennung oder Lob erfährt – wäre dies ebenfalls eine egoistische Motivation – welche zu einem prosozialen Verhalten führt.

Obwohl diese Motive eher dem eigenen Selbst nutzen, ist das Ergebnis doch ein sehr prosoziales und zum Nutzen anderer. Daher sind egoistische Motive hier auch nicht unbedingt als etwas Negatives anzusehen.

Hoffnung, Mitgefühl und Solidarität als altruistische Faktoren

Die altruistischen Motive weisen andere Aspekte auf. Hier spielen Solidarität und Mitgefühl eine zentrale Rolle.
Doch auch Religiosität kann Menschen zu einem prosozialen Handeln veranlassen. Gleiches gilt für die Fähigkeit, sich mit der anderen Person identifizieren zu können. All das steigert unser empathisches Empfinden und macht ein Hilfeverhalten wahrscheinlicher.

Viele Menschen gaben in den Umfragen auch Hoffnung als Beweggrund an sowie das Bestreben, die Würde der Benachteiligten wahren beziehungsweise wiederherstellen zu wollen.

Unterschiedliche Motivation – gleiches Ziel: Eine theoretische Herausforderung

Wie soll man nun ermitteln, ob altruistische oder doch eher egoistische Motive hinter dem Hilfeverhalten stecken?
Das ganze Thema stellt Psychologen in der Tat vor theoretische und auch methodische Herausforderungen. Denn wie kann man die zugrundeliegenden Motive am besten erfassen?

In der sogenannten Altruismus-Egoismus-Debatte taten sich vor allem zwei Theorien hervor

Bei der einen handelt es sich um die Empathie-Altruismus-Hypothese von Batson.
Hier wird angenommen, dass Hilfeverhalten durchaus altruistisch motiviert sein kann. Allerdings werden auch andere Motive dahinter nicht ausgeschlossen.

Altruismus ist demnach nur eine mögliche Ursache, welche von Empathie ausgelöst wird. Die Theorie beinhaltet die Annahme, dass sowohl das Empathiegefühl als auch die Motivation sowie die Möglichkeit zur Flucht die Reaktion bestimmen. Flucht meint hier, dass die Beobachter sich aus der Notsituation entfernen und dementsprechend nicht helfen. Das bedeutet, dass die Beobachter nicht aus der Notsituation des Anderen fliehen konnten und sich deshalb gezwungen sahen, zu helfen.

Ein starkes Empathiegefühl ist der Ausgangspunkt für eine altruistische Motivation. Dabei ist es nicht wichtig, ob es Fluchtmöglichkeiten gibt oder nicht. Es wird in jedem Fall geholfen.

Ist die Empathie hingegen schwach ausgeprägt, so stellt sich eher ein egoistisches Motiv ein. Bei diesem entscheiden die Fluchtmöglichkeiten über die Reaktion. Besteht die Möglichkeit zu fliehen, so wird diese auch wahrgenommen. Es kommt also nicht zum Hilfeverhalten. Sollte sich unter einer egoistischen Motivation keine Fluchtmöglichkeit bieten, wird der anderen Person geholfen.

Helfen wir nur, um unsere Stimmung zu verbessern?

Dem gegenüber steht das Modell des Abbaus negativer Stimmung durch Hilfeverhalten.
Dahinter steckt die Annahme, dass der Anblick eines Hilfebedürftigen ein unangenehmes Gefühl in uns auslöst. Um diese Empfindung abzubauen, sind wir zum Helfen motiviert. Es steht also nicht das Wohl des anderen im Fokus, sondern der Abbau unserer negativen Stimmung.

Somit besteht ein Eigeninteresse, da die eigene Laune durch das Hilfeverhalten wieder angehoben werden kann. Eine aus dieser Theorie abgeleiteten Hypothese besagt, dass mit zunehmender Empathie auch die Stimmung in einem größeren Ausmaß negativ beeinflusst wird. Die schlechte Stimmung sollte daher die Wahrscheinlichkeit für eine Hilfeleistung steigern. Allerdings konnte diese Annahme in Untersuchungen nicht bestätigt werden.

Experiment zur Empathie-Altruismus-Hypothese

Auch zu Batsons Theorie wurden Experimente durchgeführt.
So füllten die Versuchsteilnehmer Persönlichkeitsfragebögen aus und sahen anschließend zu, wie einer vermeintlich anderen Teilnehmerin leichte Stromstöße im Rahmen des Experiments verabreicht wurden. Bei der Frau handelte es sich allerdings um eine Vertraute des Versuchsleiters und sie erhielt auch nicht in Wirklichkeit elektrische Schläge.

Bevor die Probanden die Frau allerdings sahen, wurde ihnen ein fingierter Persönlichkeitsfragebogen von ihr vorgelegt. Die vermeintlichen Antworten der Frau wurden den Antworten der echten Teilnehmer angepasst. Diese bekamen dann entweder einen Fragebogen, in dem die Frau ihnen in ihrer eigenen Persönlichkeit zu ähneln schien oder nicht.

Die Ähnlichkeitsmanipulation diente dem Zweck, Empathie in den Teilnehmenden zu wecken. Je ähnlicher uns jemand ist, desto mehr Empathie bringen wir dieser Person entgegen.

Geringe Empathie und Fluchtmöglichkeiten senken das prosoziale Verhalten

Als sie dann die Frau unter den Stromstößen leiden sahen, dachten die, dass diese ihnen ähnelt oder eben in ihrer Persönlichkeit von ihnen unterscheidet.

Zudem wurden den Versuchsteilnehmern zwei Schwierigkeitsgrade der Flucht aus dieser Situation geboten: Entweder sollten sie alle zehn Durchgänge des Experiments beobachten oder nur zwei Durchläufe. Außerdem wurden sie nach ihrer Bereitschaft gefragt, den Platz der Frau einzunehmen. Dadurch würden sie deren Leid lindern, indem sie selbst die Stromstöße auf sich nehmen.

Die Teilnehmer zeigten das größte Fluchtverhalten, wenn die Flucht einfach war (nur zwei Durchläufe) und die Frau ihnen nicht ähnelte. In den anderen drei Bedingungen (schwierige Flucht und geringe Ähnlichkeit, schwierige Flucht und große Ähnlichkeit, einfache Flucht und große Ähnlichkeit) waren die Teilnehmer eher bereit, den Platz der Frau einzunehmen.

Weitere Motive hinter prosozialem Verhalten

Was kann sonst noch ursächlich für Hilfeleistung sein?
Die eben beschriebene Studie konnte zeigen, dass ein hohes Maß an Empathie eher zu prosozialem Verhalten führt als ein geringes. Zumindest dann, wenn dem Beobachter die Möglichkeit offensteht, die Situation zu verlassen.

Doch nicht nur Altruismus und Egoismus können der Grund für prosoziales Verhalten sein. Auch Die strenge Orientierung an Prinzipien und Kollektivismus sind mögliche Ursachen für ein prosoziales Handeln. Beim Kollektivismus handelt es sich um ein Wertesystem, bei dem die Interessen des Individuums im Hintergrund stehen. Im Mittelpunkt ist hierbei das Wohl der Gemeinschaft. Ein Hilfeverhalten ist hier auch deshalb wahrscheinlicher, weil egoistische Motive weniger präsent sind.

Zusammenfassung

  • Prosoziales Verhalten beinhaltet Hilfeverhalten, welches durch Altruismus oder Egoismus angetrieben werden kann.
  • Hinter beiden Motiven stecken verschiedene Auslöser. Empathie ist der bedeutendste Antreiber hinter einem altruistischen Hilfemotiv und sorgt auch dann für ein prosoziales Verhalten, wenn man einer Notsituation leicht entfliehen könnte.
  • Diese Annahme ist Teil der Empathie-Altruismus-Hypothese.
  • In der Altruismus-Egoismus-Debatte stand ihr das Modell des Abbaus negativer Stimmung durch Hilfeverhalten gegenüber.
  • Die Theorie des Abbaus negativer Stimmung geht davon aus, dass unser prosoziales Verhalten das Ergebnis einer negativen Spannung ist. Diese entsteht durch den Anblick einer leidenden Person und durch Hilfeverhalten versuchen wir, diese unangenehme Anspannung in uns wieder abzubauen. Es handelt sich hier um einen Ansatz, der ein egoistisches Motiv als Ursprung für prosoziales Verhalten vermutet.

  • Allerdings konnte sich diese Theorie nicht halten und wurde in Experimenten wiederlegt.

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