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Weshalb ist die Aussagekraft des Bruttoinlandsproduktes begrenzt: Ursachen, Gründe


Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) gibt den Wert aller Waren und Dienstleistungen an, die innerhalb eines Jahres innerhalb der Landesgrenzen einer Volkswirtschaft durch bezahlte Arbeit hergestellt wurden. Die Zunahme des BIP, ausgedrückt in Prozent, wird als Wirtschaftswachstum bezeichnet. Das BIP ist der wirtschaftliche Teilaspekt des Wohlstands oder Glücks, nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Was ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP)

Sinn und Zweck der Wirtschaft ist die Produktion von Gütern und deren Verteilung. Denn die Menschen benötigen zum Leben Güter. Der Begriff Güter umfasst Sachgüter (Waren) und Dienstleistungen. Die Wirtschaftsleistung einer Periode besteht in der Menge der in dieser Periode produzierten Güter.

Man kann allerdings die Mengen verschiedener Güter nicht addieren. Um trotzdem die Wirtschaftsleistung zu messen, werden die Mengen der Güter mit ihren Preisen bewertet. Die bewerteten Gütermengen kann man addieren. Das Ergebnis ist das Bruttoinlandsprodukt in jeweiligen Preisen (BIP). Es bemisst den Wert der innerhalb eines Zeitraumes im Inland produzierten Waren und Dienstleistungen – die Wertschöpfung -, und zwar ohne Vorleistungen.

Was dabei konkret gemessen wird, sei am Beispiel eines Unternehmens erläutert. Ein Möbelunternehmen produziert im Jahr 10.000 Schränke. Sie werden für 2000 Euro je Stück verkauft. Der Umsatz beträgt somit 20 Millionen Euro. Für seine Produktion hat das Unternehmen von anderen Unternehmen Material, wie zum Beispiel Holz, für 13 Millionen Euro eingekauft. Das sind Vorleistungen, die andere Unternehmen erbracht haben. Die Wertschöpfung des Möbelunternehmens selbst beläuft sich auf 7 Millionen Euro (Umsatz abzüglich Vorleistungen). Dies ist der Betrag des Unternehmens zum BIP. Das BIP erfasst die Wertschöpfung der Unternehmen.

Im BIP werden auch die vom Staat produzierten Güter erfasst (Schulunterricht, Sicherheit durch Polizei usw.). Da diese Güter kostenlos bereitgestellt werden und keine Marktpreise bestehen, werden sie mit ihren Kosten bewertet.

Im Jahr 2009 erzielte Deutschland ein BIP von 2409 Milliarden Euro. Das war also der Wert der Wirtschaftsleistung in Deutschland in diesem Jahr. Das Pro-Kopf-Einkommen ist das BIP je Einwohner (29.424 Euro), die Arbeitsproduktivität ist das BIP je Erwerbstätigen (59.831 Euro).

Was bedeutet der Begriff Bruttoinlandsprodukt

  • Produkt: steht für Produktion, Gütermenge, Gütervolumen
  • Inland: steht für im Inland produziert
  • Brutto: Der bei der Produktion auftretende Verschleiß von Maschinen (Abschreibungen) ist nicht abgezogen. Das BIP abzüglich der Abschreibungen ergäbe das Nettoinlandsprodukt.

Eingeschränkte Aussagekraft des Bruttoinlandsprodukts

Je höher das BIP, umso größer ist das Produktionsvolumen, umso größer sind Beschäftigung (Produktion erfordert Beschäftigung) und Einkommen (mit der Produktion entsteht Einkommen).

Das BIP gibt das Güterangebot aus inländischer Produktion an. Dem steht die Gesamtnachfrage nach Gütern gegenüber (Konsum, Investitionen, Exporte). Zieht man davon die Importe (Güter als ausländischer Produktion) ab, erhält man die Nachfrage nach Gütern aus inländischer Produktion. Exporte abzüglich Importen ergeben den Außenbeitrag. Die Gleichung zeigt dies für 2009:

  • BIP = Konsumausgaben + Bruttoinvestitionen + Exporte – Importe
  • 2409 = 1884 + 412 + 979 – 866

Das BIP kann als Wohlstandsindikator verwendet werden. Je höher BIP und damit Güterproduktion, Beschäftigung, Einkommen sind, umso höher wird der Wohlstand sein. Allerdings ist die Aussagekraft des BIP als Wohlstandsindikator eingeschränkt. Denn das BIP erfasst nicht die gesamte Produktion einer Volkswirtschaft. Nicht einbezogen ist die Dienstleistungsproduktion privater Haushalte für den Eigenbedarf, wie zum Beispiel Erziehung, Essen kochen, Renovierung, Wohnungsreinigung, Gartenarbeit, da diese nicht über Märkte in die Wirtschaft fließt. Doch machen diese Dienstleistungen einen Teil der Lebensqualität und damit des Wohlstands aus.

Mit der Güterproduktion verbundene negative Effekte wie Belastungen von Luft, Wasser, Boden schmälern den Wohlstand. Die Wahrnehmung von Wohlstand hängt von der Verteilung der Einkommen ab (fair oder ungerecht?). Bei gegebenem BIP ändert sich der Wohlstand, wenn sich die Einkommensverteilung verschiebt. Wohlstand ist auch eine Frage des Vermögens, welches das BIP nicht erfasst.

Wohlstand, heute sagt man immer häufiger Glück, reflektiert zudem nicht nur ökonomische, sondern auch andere Aspekte: soziale Beziehungen, Sicherheit, politische Partizipationsrechte. Veränderungen des BIP können auf Änderungen der Produktionsmengen oder der zur Bewertung herangezogenen Preise beruhen. Beides ist auseinanderzuhalten. Die Statistiker liefern uns das BIP daher in zwei Versionen:

  • BIP in jeweiligen Preisen: gibt die Mengen- und Preisänderungen wieder.
  • BIP preisbereinigt: gibt nur Mengenänderungen wieder.

Will man sich über die Wirtschaftsleistung eines bestimmten Jahres informieren, ist das BIP in jeweiligen Preisen, also das nominale BIP, relevant, welches den Wert der Güterproduktion in Euro angibt. Will man hingegen wissen, wie sich die Wirtschaftsleistung, genauer: die Güterproduktion, im Zeitverlauf entwickelt, ist das BIP preisbereinigt, das reale BIP, interessant. Wachstum und Konjunktur lassen sich daher am realen BIP am besten betrachten.

Zusammenfassung

  • Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) gibt die Wirtschaftsleistung einer Volkswirtschaft für einen bestimmten Zeitraum an.
  • Das BIP dient als Wohlstandsindex, um die Wohlfahrt einer Volkswirtschaft zu beurteilen.
  • In dieser Größe sind keine Dienstleistungen, wie Bildung, Erziehung oder Ähnliches enthalten – welche zum Wohlstand einer Bevölkerung beitragen.
  • Weiterhin fließen soziale Ungerechtigkeit und ähnliche Werte nicht in das BIP ein.
  • Umweltverschmutzung und Belastungen für zukünftige Generationen sind ebenfalls nicht abgebildet.
  • Aus diesem Grund wird das BIP als Wohlstandsgröße nur unzureichend betrachtet. Die Aussagekraft ist beschränkt bzw. relativiert werden.

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