Was ist das Bruttoinlandsprodukt, Wie wird es berechnet
Das Bruttoinlandsprodukt gilt als einer der wichtigsten Maßstäbe für die Politik, um die wirtschaftliche Leistung eines Landes zu bewerten und Veränderungen frühzeitig zu bemerken. In jedem Quartal wird das BIP vom Statistischen Bundesamt durch die Zusammenrechnung des Werts aller in Deutschland produzierten Waren berechnet und anschließend als ganze Zahl und pro Einwohner veröffentlicht. Trotz der enormen Wichtigkeit gibt es zunehmend kritische Stimmen, ob das BIP ein geeigneter Indikator unserer Zeit ist.
Inhalt
Was ist das Bruttoinlandsprodukt: Definition und Bedeutung
Das Bruttoinlandsprodukt, oftmals abgekürzt als BIP, zeigt die Gesamtleistung der Wirtschaft eines Landes innerhalb einer bestimmten Zeitperiode, das heißt, das BIP zeigt, wie es der Wirtschaft innerhalb dieses Zeitraums geht. Es ist der Gesamtwert aller produzierten Güter, aller Dienstleistungen, und aller Waren, die hergestellt wurden, nachdem alle Vorleistungen, also die Kosten, die nötig waren, um diese Waren und Güter herzustellen, abgezogen wurden.
Das BIP wird national, also für jedes einzelne Land, gemessen und berechnet. Der betrachtete Zeitraum ist normalerweise ein Kalenderjahr. Ferner spielt es keine Rolle, wer die Waren, Güter und Dienstleistungen erwirtschaftet hat, solange sie innerhalb der Landesgrenzen erwirtschaftet werden, was bedeutet, dass Ausländer, die in Deutschland produzieren, auch Teil des BIPs sind, aber deutsche Staatsbürger oder deutsche Firmen, die außerhalb von Deutschland produzieren nicht dazuzählen.
Wer berechnet das BIP, und warum
In Deutschland ist das Statistische Bundesamt dafür zuständig, das Bruttoinlandsprodukt zu berechnen. Dies geschieht vierteljährlich, also zu jedem Quartal. Die ersten vorläufigen Zahlen veröffentlicht das Statistische Bundesamt immer 30 Tage nach Quartalsende, die endgültigen Ergebnisse werden in der Regel 55 Tage nach Quartalsende veröffentlicht. Der Grund für die Berechnung ist es, sich die wirtschaftliche Leistung eines Landes genauer anzusehen.
Durch die Berechnung aller Güter zeigt das BIP, wie viel in der Bundesrepublik produziert wird und ist daher ein Produktionsmaß. Als Daumenregel kann davon ausgegangen werden, dass es einer Wirtschaft umso besser geht, je mehr in ihr produziert wird. Das BIP kann auch zeigen, wie groß die Nachfrage der Konsumenten ist, das heißt, wie viel die Menschen bereit sind, Geld auszugeben und zu kaufen.
Trotz einiger Kritikpunkte, auf die wir später zu sprechen kommen, kann das BIP also anzeigen, ob die deutsche Wirtschaft gesund ist. Besonders interessant ist auch, die Veränderungsrate zu beobachten, also das BIP von einem Quartal mit dem BIP des nächsten Quartals zu vergleichen. Bei gesunkener Produktion oder Nachfrage, sinkt auch das BIP, und umgekehrt bei gestiegener Produktion oder Nachfrage steigt das BIP.
Wie wird das Bruttoninlandsprodukt berechnet
Die eigentliche Rechnung des BIP ist eine komplexe Formel, doch lässt sich vereinfacht sagen, dass es den Wert von allen zusammengerechneten Waren ergibt. Dabei geht es ausschließlich um Endprodukte, eine Schraube, die in eine Maschine eingesetzt wird, gehört also nicht in die Berechnung, eine Schraube, die im Baumarkt einzeln verkauft wird, allerdings schon.
Es gibt zwei Möglichkeiten, das BIP genau zu berechnen: mit der sogenannten Entstehungsrechnung und der sogenannten Verwendungsrechnung. Beginnen wir mit der Entstehungsrechnung, welche in drei Schritten vollzogen wird.
BIP Berechnung über die Entstehungsrechnung
Bei der Entstehungsrechnung geht es um die Berechnung des Werts der Güter. Dabei wird zuerst der Produktionswert ermittelt, das heißt die Summe des Wert aller Güter, die innerhalb von Deutschland produziert wurden. Davon werden alle Vorleistungen, das heißt Kosten, um diese Waren zu produzieren, abgezogen. Diese Zahl ist dann die Bruttowertschätzung, also vor Abzug aller Steuern.
Um davon das BIP zu errechnen, müssen Steuern, die auf Güter gezahlt werden, hinzugefügt werden, und Subventionen, also Hilfsgelder vom Staat, abgezogen werden. Dieses Ergebnis ist dann das Bruttoinlandsprodukt.
Es müssen demnach drei Schritte vollzogen und zwei Zwischenergebnisse gebildet werden, um das BIP zu berechnen. Schauen wir uns das genauer an und beginnen mit dem Produktionswert (Schritt 1).
Produktionswert ermitteln
Okay, wie berechnet man nun den Produktionswert?
- Zuerst wird die Summe aller verkauften Waren und Dienstleistungen einer Volkswirtschaft innerhalb einer Periode (Jahr) ermittelt. Dazu zählen auch Mieten und Pachten, sowie der Eigenverbrauch von Unternehmern.
- Auf diese Summe wird die Bestandsänderung an allen Halb- und Fertigerzeugnissen der Periode aufaddiert. Es handelt sich demnach um Erzeugnisse, welche in diesem Zeitraum zwar produziert worden, aber noch nicht verkauft worden.
- Auf diesen Wert wird dann der Bestandswert aller selbsterstellten Anlagen zugerechnet.
Das Ergebnis ist der Produktionswert einer Periode bzw. eines Wirtschaftsjahres. In diesem Wert sind keine Mehrwertsteuer bzw. Umsatzsteuer enthalten. Hier die Gleichung als Bild.
Wieso hat der Produktionswert keine Mehrwertsteuer?
Im Produktionswert sind Rohstoffe enthalten, welche beim Einkauf bereits versteuert worden. Falls man jetzt mit den Bruttowerten (+ Steuer) rechnen würde, könnte es passieren, dass die Steuer doppelt einfließt.
Hier ein Beispiel…
Angenommen du bist Betreiber eines Restaurants. Ist zwar keine ganze Volkswirtschaft, aber immerhin ein Teil davon. :- )
In diesem Restaurant bestellst du Rohstoffe, wie Nahrungsmittel – um damit die Speisen für deine Gäste zuzubereiten. Außerdem wirst du kein eigenes Bier und keine Limonade herstellen. Somit bestellst du dies ebenfalls. Auf diese Waren bzw. Rohstoffe entfällt die Mehrwertsteuer, welche du beim Einkauf bezahlst.
Nun stellst du Waren bzw. Speisen her und verkaufst diese. Deine Kunden bezahlen ebenfalls Mehrwertsteuer und somit würde dieser Wert zweimal enthalten sein. Einmal bei deinem Einkauf und dann bei deinem Verkauf. Das gleiche gilt für Fertigerzeugnisse. So kann es sein, dass du im Restaurant, den Bierbestand nicht sofort verkaufen kannst und diese im Lager fürs nächste Geschäftsjahr aufbewahrst. Auch hier hast du bereits Steuern bezahlt, welche nun doppelt eingerechnet werden würden.
Also halten wir fest: Der Produktionswert wird ohne Steuern angegeben.
Bruttowertschöpfung ermitteln
Vom Produktionswert werden nun sämtliche Vorleistungen bzw. Kosten abgezogen, wodurch sich eine Bruttowertschöpfung ergibt. In diesem Wert sind nun die Rohstoffe und ähnliches nicht mehr enthalten. Man kann auch sagen, dass dieser Wert auch die Eigenleistung einer Volkswirtschaft widerspiegelt, da die bezogenen Fremdleistungen nicht mehr enthalten sind.
Hier das Beispiel….
Das Restaurant hat Kosten für Bierbestellung, Nahrungsmitteleinkauf usw. Gleichzeitig erzielt es einen Umsatz für den Verkauf der Speisen und Getränke. Die Differenz zwischen beiden ergibt eine Wertschöpfung, welche innerhalb einer ganzen Volkswirtschaft als Bruttowertschöpfung bezeichnet wird.
Wichtig ist, dass dieser Wert ebenfalls ohne Mehrwertsteuer ausgegeben wird. Alle Steuern werden erst im letzten Schritt dazugerechnet.
Bruttoinlandsprodukt ermitteln
Nun werden auf die Bruttowertschöpfung alle Steuern, welche als Güter- oder Verbrauchssteuern anfallen – hinzuaddiert. Die Subventionen, welche der Staat vielleicht vergeben hat, werden abgezogen. Denn diese sind Leistungen des Staates und nicht der Volkswirtschaft. Hier die Gleichung.
Das BIP mit Verwendungsrechnung ermitteln
Bei der Verwendungsrechnung läuft die Berechnung über die Konsumentenseite. Dazu werden alle privaten Konsumausgaben, also alles, was die Verbraucher kaufen, alle Konsumausgaben des Staates, alle Bruttoinvestitionen und alle Exporte zusammengerechnet. Bruttoinvestitionen sind der Wertzuwachs von allen Sachgütern in Deutschland, wie zum Beispiel Lagerbestände oder Gebäude. Von diesem Wert werden alle Importe abgezogen, daraus ergibt sich dann das Bruttoinlandsprodukt.
Das BIP pro Kopf
In der Regel macht in Sinn, die wirtschaftliche Leistung unterschiedlicher Regionen oder Länder miteinander zu vergleichen. Dies kann aber nicht mit dem normalen BIP gemacht werden, da die Einwohnerzahl in jedem Land oder Region voneinander abweicht. Aus diesem Grund wird das BIP durch die Anzahl der Einwohner in jedem Land geteilt und zeigt so das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf. So können beispielsweise die EU-Länder jedes Jahr direkt miteinander vergleichen werden und schwächende Wirtschaften innerhalb der Union werden rechtzeitig erkannt.
Kann das BIP alles zeigen bzw. nachweisen
Das Bruttoinlandsprodukt ist einer der wichtigsten Kennzahlen der Wirtschaft und wird jedes Quartal von der Politik genutzt, um wirtschaftliche Entscheidungen treffen zu können. Allerdings gibt es auch zunehmend Kritik an diesem Maßstab, da das Wohlbefinden eines Landes nicht nur aus Produktionssicht berechnet werden kann.
Ein wichtiger Kritikpunkt ist, dass viele Dienstleistungen unentgeltlich vonstatten gehen, insbesondere im familiären Bereich, zum Beispiel Kinderbetreuung oder Altenpflege. Gleiches gilt für den gesamten ehrenamtlichen Bereich. Diese Faktoren werden im BIP überhaupt nicht berücksichtigt, obwohl sie wesentlich zum Wohlbefinden einer Gesellschaft beitragen.
Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass der Bildungssektor nur als Ausgabe angesehen wird, jedoch nicht als Investition in spätere Zeiten oder Generationen, das Gleiche wird oftmals für das Thema Nachhaltigkeit angeführt.
Letztlich muss auch überdacht werden, ob Wirtschaftswachstum überhaupt der wichtigste Maßstab für die Politik sein sollte in Zeiten des Klimawandels.
Mehr zum Bruttoinlandsprodukt erfährst du auf unserer Übersichtsseite.
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