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Carl Gustav Jung: Studium und Erkenntnisse durch die Arbeit mit Helene Preiswerk


In den Jahren zwischen 1895 und 1900 absolvierte Carl Gustav Jung ein Studium zur Medizin an der Universität von Basel. In diesen Jahren gewann Jung wichtige Erkenntnisse zur Dynamik der Psyche, bezog dabei esoterische Prozesse mit ein und erkannte erste Funktionsweisen des Unbewussten, welches er später konzeptualisieren sollte.

C. G. Jungs Studentenzeit 1895 bis 1900

Im Alter von 20 Jahren begann Jungs Studium zur Medizin. Dabei bemerkte er, dass ihn die naturwissenschaftlich-medizinischen Fächer kaum faszinierten. Viel spannender empfand er die psychologischen Themen, welche lediglich am Rand behandelt wurden.

In der Studentenverbindung „Zofingia“ hält Jung diverse Vorträge zur Theologie und Psychologie. Einige spätere Autoren und Biographen Jungs sehen hier die Keimzelle für die von ihm entwickelte analytische Psychologie. Denn bereits in dieser Zeit lassen sich Hinweise auf spätere Theorien finden, welche zu diesem Zeitpunkt allerdings weder ausgearbeitet noch konzeptualisiert worden sind.

Während seiner Studienzeit nimmt Jung an spiritistischen Sitzungen teil. Diese Sitzungen beinhalten das Erzeugen von Trance-Zuständen, dem Sprechen mit Verstorbenen und Kraftsitzungen mit Mandalas. Als sogenanntes Medium fungiert hier Jungs Cousine mütterlicherseits: Helene Preiswerk.

Die damals 16-Jährige lässt sich in Trancezustände versetzen und produziert in diesen Zuständen diverse Fantasien. Jung erkennt anhand der Änderungen, welche seine Cousine – während der Trance – einnimmt, dass die Psyche über mehrere Dimensionen verfügen muss. Der bewusst erlebbare Teil der menschlichen Psyche ist demnach nur ein Teil des Ganzen und schöpft somit nicht das ganze Potential des Menschen aus.

An den Bewusstseinsänderungen seine Cousine konnte Jung die Phänomene sehr gut feststellen. So war Helene im Wachzustand ein pubertierendes Mädchen, welches unreif und unsicher wirkte. Im Zustand der Trance, als das Bewusstsein heruntergefahren wurde, wirkte Helene viel reifer, kreativer und ausgeglichener.

Ein späterer Aspekt Jungs Arbeit besteht darin, dass die menschliche Psyche eine sogenannte Individuation anstrebt. Gemeint ist damit eine Selbstverwirklichung des Menschen, welche erreicht wird – sobald unbewusste Teile sichtbar gemacht bzw. erschlossen werden. In Helene erkannte Jung, dass Selbstverwirklichung ein innerer Prozess ist, den unbewussten Anteil zu erschließen, um so zu reifen.

Weiterhin erkannte Jung, dass es gewisse Persönlichkeitsaspekte im Trancezustand gibt, welche im bewussten Zustand abgespalten sind und nur noch als Projektion auftreten. Dieses Konzept sollte später als sogenannter Schatten in Jungs Arbeit auftauchen.

Ebenfalls überliefert sind erste Gedanken zur psychischen Energie, welche später als Libido konzeptualisiert wurde. Jung erkannte im Zustand seiner Cousine, dass Potential und die Wirksamkeit gewisser Kräfte. Daraus schlussfolgerte er später, dass die Ursache für Wachstum, Kreativität und Reife ebenfalls in der Psyche vorhanden sein muss.

Die Erkenntnisse der damaligen Studentenzeit weisen bereits auf die spätere Individuationsidee hin, wonach die menschliche Psyche eine Selbstverwirklichung anstrebt. In Jungs Dissertation von 1902, welche den Titel: „Zur Psychologie und Pathologie sogenannter occulter Phänomene“ trägt, fließen die Erkenntnisse ebenfalls ein.

Im Zuge seiner Doktorarbeit beobachtete und protokollierte Jung die Trancezustände seiner Cousine Helene und zog daraus objektive Aufschlüsse über die Funktionsweise der Psyche. Das spätere Konzept zur Dynamik der Psyche, wodurch die Entwicklung durch Energieflüsse stets verändert, angepasst und sublimiert (auf höhere Stufen bzw. Reife) wird – fand hier den Ursprung.

Als sich später die Offenbarungen von Helene einstellten, versuchte diese mit Tricks ihren Status zu behalten. So brachte sie Gegenstände zu den Sitzungen mit, welche ihr angeblich von Geistern überreicht worden. Irgendwann wurden diese Manipulationsversuche allerdings durchschaut, was zum Karriereende von Helene als Medium führte.

Für Jung war allerdings die Faszination der menschlichen Psyche und besonders der unbewusste Teil bereits geweckt. So beendete er sein Medizinstudium im Jahr 1900. Sofort danach begann er seine Ausbildung zum Facharzt für Psychiatrie, nahm dazu eine Assistentenstelle in der Züricher Universitätsklinik „Burghölzli“ an und schrieb 1902 seine Dissertation.

Aus Sicht einiger Biographen Jungs wurde die Ursache für die Faszination an der menschlichen Psyche in seiner Kindheit gelegt. Durch den Konflikt mit den religiösen Eltern entstand eine Art innerliche Abgrenzung, wodurch sich Jung in sein inneres Seelenleben zurückzog, seine Gedanken reflektierte und erste Sinnesfragen aufwarf.

In seiner Berufung als Psychiater zu arbeiten, wurde er von den Errungenschaften seines Großvaters beflügelt. Den letzten Anstoß lieferten die Studentenjahre und die Arbeit mit seiner Cousine Helene Preiswerk.


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