Was ist der Leitindex: Definition und Bedeutung
Unter einem Leitindex versteht man den wichtigsten Aktienindex eines Staates oder einer geographisch zusammenhängenden Region, beispielsweise Europa oder Skandinavien. Als Aktienindex (Plural: Aktienindizes) bezeichnet man dabei einen von offizieller Stelle ausgegebenen Korb an verschiedenen Aktien mit jeweils unterschiedlicher Gewichtung.
Die Wertentwicklung dieser im Index gebündelten Aktien werden über einen Zahlenwert, dem sogenannten Zähler- oder Punktestand, angegeben. Es gibt in den meisten Ländern verschiedene solcher Aktienindizes, oftmals mit unterschiedlichen Aufnahmekriterien und Berechnungsmethoden. Der Leitindex ist definiert als der relevanteste Index eines Landes, da er in der Regel die Aktien der bedeutendsten und größten Unternehmen umfasst. Hier in Deutschland trägt der Leitindex den Namen DAX. Weitere bekannte Leitindizes sind der Dow Jones, der S&P 500 und der NASDAQ 100 in den USA oder der EURO STOXX 50 für Unternehmen der Euro-Währungszone. Indizes existieren auch für Rohstoffe, Kryptowährungen oder Währungen.
Inhalt
Aufbau und Zusammensetzung des Leitindexes
Anhand des heimischen DAX soll der Aufbau und die Berechnung eines Leitindexes beispielhaft erläutert werden. Im DAX befinden sich seit seiner Reform im Jahr 2021 die 40 größten börsennotierten deutschen Unternehmen. Das Industrieunternehmen Bosch würde, gemessen an seinem Umsatz, zwar auch zu den größten Konzernen in Deutschland gehören, allerdings befinden sich die Firmenanteile im Privatbesitz der Eigentümerfamilie und sind somit nicht börslich handelbar. Daher ist Bosch kein Mitglied des DAX.
Das entscheidende Aufnahmekriterium für den DAX ist die sogenannte Streubesitz-Marktkapitalisierung. Als Streubesitz bezeichnet man diejenigen über eine Börse handelbaren Aktien eines Unternehmens, die nicht von Großaktionären (solche besitzen mehr als fünf Prozent aller Aktien eines Unternehmens) gehalten werden. Bei Volkswagen sind z. B. die Eigentümerfamilien und das Bundesland Niedersachsen Großaktionäre.
Unter dem Begriff Marktkapitalisierung versteht man den gesamten Börsenwert eines Unternehmens. Er ergibt sich, indem man die Anzahl aller ausgegebenen Aktien mit dem Stückpreis je Aktie multipliziert. Beispiel: Wenn die Aktie eines Unternehmens 20 € kostet und 1.000.000 Aktien existieren, beträgt die Marktkapitalisierung 20.000.000 €. Somit ist die Streubesitz-Marktkapitalisierung der Wert aller Aktien außerhalb des Besitzes von Großaktionären.
Anhand dieses Kriteriums werden die einzelnen Unternehmen im DAX gewichtet. Laut aktuellem Stand zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Artikels haben die Unternehmen Linde (Industriegase, ca. 11,1 %), SAP (Software, ca. 9,3 %) und Siemens (Industrie, ca. 8,0 %) den größten Einfluss auf den DAX, da sie prozentual die größte Marktkapitalisierung im Streubesitz besitzen. Da sich bei Volkswagen ein Großteil der Aktien, wie bereits erwähnt, in den Händen von Großaktionären befinden, belegt der Wolfsburger Autokonzern nur den 15. Rang im DAX. Und das, obwohl VW gemessen am gesamten Börsenwert aller Aktien das drittgrößte deutsche Unternehmen wäre.
Zur Aufnahme in den DAX müssen Unternehmen allerdings noch diverse weitere formale Kriterien erfüllen; unter anderem besteht eine Pflicht zur quartalsweisen Veröffentlichung von Finanzergebnissen. Wichtig: Die konkreten Aufnahmekriterien einzelner Leitindizes unterscheiden sich zum Teil signifikant voneinander.
Wie wird der Leitindex berechnet
Der DAX existiert seit dem Jahre 1988, damals waren noch 30 Unternehmen vertreten. Zu diesem Zeitpunkt wurde der erste Punktestand des Indexes willkürlich auf den Wert 1.000 festgelegt. Seitdem ist der Wert um mehr als das vierzehnfache angestiegen. Der Punktwert des DAX steigt, wenn auch die Aktienkurse der Unternehmen, aus denen sich der DAX zusammensetzt, ansteigt. Denn mit zunehmendem Aktienkurswert steigt auch die Marktkapitalisierung des Streubesitzes im Wert.
Eine weitere Besonderheit des DAX im Vergleich mit anderen Leitindizes besteht darin, dass es sich beim deutschen Börsenbarometer um einen sogenannten Performance-Index handelt. Beim DAX erhöhen nämlich nicht nur die Kursgewinne der einzelnen Aktien, sondern auch die vom Kursverlauf unabhängigen und direkt an Anleger ausgeschütteten Unternehmensgewinne (welche auch Dividenden genannt werden) den Punktestand. Von einigen Experten wird dies kritisiert, da dadurch der Punktestand verfälscht werden würde. Anleger müssen nämlich auf erhaltene Dividenden Steuerabgaben entrichten, wohingegen für den DAX-Punktestand die Dividende vor dem Abzug von Steuern berücksichtigt wird.
Bei den meisten anderen Leitindizes wie dem S&P 500 zählen hingegen nur die reinen Kursgewinne. Indizes mit dieser Art der Berechnungsgrundlage werden auch Kursindizes bzw. im Singular Kursindex genannt.
Die Bedeutung von Leitindizes für den Kapitalmarkt
Ein Leitindex erfüllt vielfältige, wichtige Funktionen. Zum einen bietet die in einem solchen Index gebündelte Kursperformance verschiedener Aktien einen guten Anhaltspunkt für die volkswirtschaftliche Entwicklung eines Staates oder eines Wirtschaftsraums. Leitindizes setzen sich nämlich in der Regel aus Unternehmen unterschiedlichster Branchen zusammen. Somit sind sie repräsentativ für die gesamte Wirtschaft eines Staates.
Im DAX dominieren primär Automobilkonzerne und Industrieunternehmen den Index. Der S&P 500 ist hingegen geprägt durch die bekannten großen Technologiekonzerne wie Amazon oder Microsoft (dazu später mehr). In Zeiten von Rezessionen, also einem Rückgang der weltweiten oder regionalen Wirtschaftsleistung, war dies auch an den Punkteständen der Leitindizes sichtbar. Im Zuge der Pleite der US-Bank Lehman Brothers sanken beispielsweise die Indizes weltweit um (teilweise) über 50 %.
Zum anderen ermöglicht es der durch den Verwalter eines Indexes berechnete und bereitgestellte Zählerstand den Anlegern, sich über Finanzprodukte an der Wertentwicklung dieses Indexes zu beteiligen. Durch solche Finanzprodukte müssen Anleger nicht aufwendig alle Einzelwerte des DAX oder des S&P 500 nachkaufen, um diesen abzubilden.
Die bekanntesten solcher Finanzprodukte sind sogenannte ETFs (Exchange Traded Funds). Durch die Investition in einen ETF auf einen Leitindex erhalten Anleger automatisch eine breite Diversifizierung ihrer Geldanlage, da ein solcher Index, wie bereits beschrieben, viele verschiedene Aktien unterschiedlichster Branchen bündelt.
Welche Leitindizes existieren weltweit
Das deutsche Börsenleitbarometer ist der bereits vorgestellte DAX (Abkürzung für deutscher Aktienindex).
Frankreich
Der CAC 40 Kursindex umfasst die 40 größten französischen Unternehmen. Neben dem Börsenwert des Streubesitzes hat auch die gesamte Marktkapitalisierung Einfluss auf die prozentuale Indexgewichtung. Die drei größten Unternehmen sind das Luxus-Konglomerat LVMH (Moët Hennessy – Louis Vuitton SE), der Konsumgüter- und Kosmetikhersteller L’Oréal und der Erdölkonzern Total.
Europa
Der 1998 eingeführte Kursindex EURO STOXX 50 ist der Leitindex des Euroraums. Seine größten Unternehmen sind ASML (Niederlande, Maschinenhersteller für den Bau von Halbleitern), LVMH und Linde. Nicht zu verwechseln ist er mit dem STOXX Europe 50, der beispielsweise auch Unternehmen aus Großbritannien und der Schweiz enthält.
Japan
Japan gehört noch immer zu den größten Wirtschaftsnationen der Welt. Der Leitindex des ostasiatischen Staates ist der Nikkei 225. Ähnlich wie der US-amerikanische Dow Jones sind beim Nikkei diejenigen Unternehmen mit dem teuersten Aktienkurs am höchsten gewichtet, was zu einem gewissen Grad verzerrend wirkt. Denn diese Berechnungsmethode sorgt dafür, dass die Marktkapitalisierung, die der beste Indikator für den Wert eines Unternehmens ist, keinen Einfluss auf die Indexgewichtung hat, und somit vermeintlich kleinere und für die Gesamtwirtschaft unwichtigere Unternehmen überrepräsentiert sind.
China
Im Reich der Mitte gibt es zwei relevante Aktienindizes, nämlich den Hang Seng Index an der Börse Hongkong und den CSI 100 Index, der in Shanghai und Shenzhen gelistete Unternehmen enthält. Während die Aktien der Unternehmen des Hang Seng auch von Ausländern gekauft werden dürfen, ist der Handel mit Unternehmen des CSI 100 ausschließlich chinesischen Staatsbürgern vorbehalten.
USA
Die USA sind der relevanteste Börsenstandort der Welt. Dementsprechend befinden sich in den Vereinigten Staaten gleich drei Leitindizes, denen die Investoren besondere Relevanz beimessen. Der Dow Jones beinhalt 30 Unternehmen aus überwiegend klassischen Wirtschaftszweigen wie der Industrie sowie dem Banken– und Versicherungssektor. Alphabet (dem Mutterkonzern von Google) und Amazon fehlen als zwei der größten Unternehmen der Welt im Dow Jones. Der S&P 500 hingegen gilt als repräsentativster Index für die US-Wirtschaft, da er rund 75 % der gesamten Marktkapitalisierung aller börsennotierten US-Unternehmen abbildet.
Im Gegensatz zum Dow Jones orientiert sich der S&P 500 bei der Berechnung des Punktestands an der Marktkapitalisierung. Die fünf größten Mitglieder des Kursindexes sind Apple, Microsoft, Amazon, Alphabet und Tesla. Der dritte große Leitindex ist der NASDAQ-100. Er setzt sich aus den 100 größten Unternehmen zusammen, die an dem gleichnamigen Börsenplatz Nasdaq gelistet sind. Hierzu zählen übrigens nicht nur US-Firmen, sondern beispielsweise auch das chinesische Amazon-Pendant Alibaba. Der NASDAQ-100 bildet hauptsächlich Unternehmen aus dem Technologie- und Internetsektor ab.