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4 Ziele der wissenschaftlichen Psychologie


Hast du dich schon einmal gefragt, welche Ziele die wissenschaftliche Psychologie überhaupt verfolgt?
Die psychologische Forschung geht vier bestimmten Aufgaben nach, welche du in den folgenden Zeilen besser kennenlernst. Da die Theorie immer ein wenig abstrakt ist, findest du weiter unten auch ein Beispiel, an dem die Bedeutung der Ziele hoffentlich klarer wird.

Überblick über die Ziele der Psychologie

Die wissenschaftliche Psychologie hat sich zur Aufgabe gemacht, das menschliche Erleben und Verhalten zu erforschen.

Diese Aufgabe beinhaltet verschiedene Ziele:

  1. Beschreiben,
  2. erklären,
  3. vorhersagen
  4. und verändern.

Was ist mit diesen einzelnen Zielen gemeint und warum sind sie von Bedeutung?
Diese vier Ziele bauen hierarchisch aufeinander auf. Daher ist jeder Schritt die Voraussetzung für den nächsten. Echt spannend, oder?

Das erste Ziel ist das Beschreiben vom Erleben und Verhalten.
Die Psychologie beobachtet oder testet diese Vorgänge und versucht durch die gemachten Beobachtungen nicht nur psychische Prozesse und Verhaltensweisen zu beschreiben, sondern auch zu erklären.

Dieses zweite Ziel wird mit Hilfe von Theorien in Angriff genommen. Aufgrund dieser theoretischen Erklärungen sollen Vorhersagen getroffen werden.

Um dieses dritte Ziel umsetzen zu können, bedient sich die wissenschaftliche Psychologie der Statistik. Dabei handelt es sich um eine methodische Grundlage der empirischen Forschung. Diese Methode erlaubt es, einen systematischen Zusammenhang zwischen den Beobachtungen und den Erklärungen herzustellen. Doch auch Vorhersagen können durch statistische Methoden gemacht werden, welche mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit eintreffen werden.

Diese drei Ziele sind die Basis für das letzte Ziel: Das Verändern des menschlichen Erlebens und Verhaltens. Dabei geht es nicht um Gedankenkontrolle, sondern um die gezielte Verbesserung von Beratungs- und Behandlungsangeboten. Die Psychologie möchte also dazu beitragen, Menschen mit psychischen Problemen zu helfen und auch die Lebensqualität allgemein zu verbessern.

Um das Ganze etwas greifbarer zu machen, lies dir das folgende Beispiel durch.
Angenommen, du leidest unter großem Stress. Die Aufgaben in der Schule, der Uni oder im Job wachsen dir über den Kopf. Auch zu Hause kommst du nicht zur Ruhe und du fühlst dich mit der Zeit immer erschöpfter. Du merkst auch immer mehr, wie dein Körper sich bemerkbar macht. Ständig hast du Kopf- oder Rückenschmerzen oder dein Magen macht dir ständig zu schaffen.

  • Welche Faktoren sind es genau, die dich so auslaugen?
  • Warum wirkt sich deine momentane Situation so stark auf deinen Körper aus?
  • Und was kannst du tun, um deine Energiereserven wieder aufzufüllen?

Okay, schauen wir uns das Beispiel aus Sichtweise der wissenschaftlichen Psychologie genauer an.

Ziel 1: Die wissenschaftliche Psychologie will Beschreiben

Deinen derzeitigen Zustand würde die Psychologie im ersten Schritt zunächst einmal beschreiben.
Dein Erleben und Verhalten wird erfasst und beobachtet. Du könntest zum Beispiel einen Fragebogen ausfüllen, der deinen Gemütszustand abfragt.

Oder dir werden Fallbeispiele vorgelegt.
Darin wird eine Situation beschrieben und du sollst nach dem Lesen beurteilen, wie du dich in dieser Situation verhalten würdest. Deine Ergebnisse würden anschließend festgehalten und statistisch ausgewertet werden.

Ziel 2: Die wissenschaftliche Psychologie will Erklären

In diesem Schritt werden Zusammenhänge zwischen deinem gestressten Zustand und möglichen Ursachen und Folgen gesucht.

Vielleicht kommt bei dem Fragebogen heraus, dass du es anderen Leuten immer recht machen willst und daher nicht auf deine eigenen Grenzen achtest. Oder es stellt sich heraus, dass du einen starken Hang zum Perfektionismus hast und deshalb übertrieben hohe Ansprüche an dich selbst stellst.

Vielleicht fehlen dir auch einfach Möglichkeiten, dich selbst wieder zur Ruhe zu bringen. Du hast bisher nicht gelernt, wie du am besten mit stressigen Situationen umgehst. Daher kommt auch ein Gefühl von Hilflosigkeit auf und du fühlst dich der Situation ausgeliefert.

Der Dauerstress sorgt dafür, dass dein Körper ständig im Alarmzustand ist.
Du bist durchweg in einem Fight-or-Flight-Modus. Das heißt, dein Körper schüttet Hormone aus, die dich entweder zum Kämpfen oder Flüchten ausrichten. Dein Herzschlag beschleunigt sich, ebenso deine Atmung.

Deine Muskeln sind stetig angespannt, da sie schnell reagieren können müssen. Auf der anderen Seite fahren Körperfunktionen ihren Betrieb herunter, die in diesem Zustand nicht dienlich sind. Dazu gehören körpereigene Regenerationsprozesse, aber auch die Verdauung oder die Fortpflanzung. Das Dauerfeuer an Stresshormonen macht deinem Körper verständlicherweise zu schaffen.

Ziel 3: Die wissenschaftliche Psychologie will eine Vorhersage treffen

Wenn sich dein Stresszustand nicht ändert, werden die körperlichen Beschwerden zunehmen.

Dauerstress ist sehr gesundheitsschädlich und kann unter Umständen auch zum Tod führen. Um es nicht so weit kommen zu lassen, versucht die Psychologie den weiteren Verlauf vorherzusagen. Dazu zählen in diesem Beispiel die körperlichen Beschwerden, welche sich verschlimmern könnten.

Aber es werden auch Aspekte einbezogen, die deine Situation verbessern können. So könnte bereits ein anderes Denken über deine Aufgaben zu einer Linderung führen. Es ist in Ordnung, etwas nicht perfekt zu machen oder dir Auszeiten zu nehmen. Verschiedene Beratungs- oder Therapieangebote können dir helfen, dein Verhalten so anzupassen, dass es in deinem Leben wieder entspannter zugeht.

Die Psychologie trifft somit eine Voraussage über deinen zukünftigen Zustand, aber auch über die Erfolgschancen eines möglichen Therapieverfahrens.

Ziel 4. Die wissenschaftliche Psychologie will eine Veränderung bewirken

Ziel dieses Schrittes ist es, dir deine Lebensqualität zurückzugeben.

Mit Hilfe von bestimmten Angeboten kann es dir gelingen, dein Denken und Verhalten zu verändern.
Du kannst in einer Therapie lernen, mit dir selbst weniger hart ins Gericht zu gehen, wenn du nicht allen äußeren Anforderungen nachkommst.

Oder du kannst auch innerhalb eines Beratungsangebots herausfinden, über welche Ressourcen du verfügst. Diese kannst du anschließend ausbauen und nutzen, um mehr Balance in dein Leben zu bringen. Auch das Erlernen von Entspannungsmethoden kann dir bei der Bewältigung von Stress helfen.

Fazit

Dieses Beispiel ist natürlich stark vereinfacht.
Vielleicht hilft es dir aber zu verstehen, warum die einzelnen Ziele der Psychologie wichtig sind und alle durchlaufen werden müssen. Die Umsetzung der Ziele findet auch nicht wie im Beispiel an einer einzelnen Person statt.

Stattdessen verfügt die wissenschaftliche Psychologie über eine Vielzahl an Theorien, Forschungsergebnissen und Daten, anhand derer bereits viele verschiedene Behandlungs-, Beratungs- und Therapieformen entwickelt werden konnten.


Literatur

  • Hermann Hobmair, Sophia Altenthan, Sylvia Betscher-Ott, Wilfried Gotthardt: Psychologie: Schülerband, ISBN 3427050300*
  • Kurt Sokolowski: Allgemeine Psychologie für Studium und Beruf, ISBN 3868942106*
  • Richard J. Gerrig: Psychologie mit E-Learning „MyLab | Psychologie“, ISBN 9783868943238*
  • Richard J. Gerrig: Psychologie – Das Übungsbuch, ISBN 3868943722*
  • Richard J. Gerrig: PSychologie Value Pack, Übungsbuch + Lehrbuch, ISBN 3868943730*

Weitere Buchempfehlungen findest du in unserem Literaturverzeichnis für Psychologie.

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