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Ernährung und Psyche: Welche Ernährung bei Depression und Ängsten hilfreich ist


Welchen Einfluss hat die Ernährung auf die Psyche?
Auf den ersten Blick keinen. Doch ganz so einfach ist es nicht. Spätestens, wenn jemandem das Glücksgefühl einfällt, dass eine Tafel Schokolade oder ein heißer Kakao auslösen, ändert sich das. Und schon sind wir beim Thema.

Essen kann glücklicher machen. Der Grund dafür sind bestimmte Inhaltsstoffe. Im Fall der Schokolade ist das die Aminosäure Tryptophan. Diese wird im Organismus in das „Glückshormon“ Serotonin umgebaut. Außerdem sind Anandamid und Phenylethylamin als „Gute-Laune-Macher“ und Koffein und Theobromin als anregend wirkende Stimulanzien enthalten. Ungesundes Essen kann im Umkehrschluss depressiv machen. Es kann Angsterkrankungen begünstigen.

Schulmediziner haben der Ernährungsmedizin bisher kaum Aufmerksamkeit gewidmet. Das ändert sich aber mittlerweile. Forscher und Mediziner beschäftigen sich zunehmend mit den Zusammenhängen zwischen dem sogenannten Bauchhirn, der Darmflora und unserer seelischen Stimmung. Sie erforschen die Bedeutung von bestimmten Botenstoffen – sogenannten Neurotransmittern – im Zusammenhang mit einer lang anhaltenden Fehlernährung.

Die Frage hinter all dem lautet: Kann eine bestimmte Ernährungsweise dazu beitragen, unsere Seele im Gleichgewicht halten? Können bestimmte Nährstoffe sogar eine psychische Erkrankung bessern oder verhindern?

Warum nimmt unsere Ernährung Einfluss auf die Psyche?

Unsere Nahrung enthält im Idealfall alle vom Körper benötigten Nährstoffe. In diesem Fall leistet das Essen nicht nur auf der organischen Ebene einen Beitrag zum Gesunderhalt. Auch die seelische Befindlichkeit profitiert von einer guten Nährstofflage.

Wie jeder weiß, ernähren Menschen in Industriestaaten sich aber trotz – oder gerade wegen – eines Nahrungsüberflusses nicht gesund. Wir belasten den Stoffwechsel mit unnützen, nicht verwertbaren oder gar schädlichen Substanzen. Zu nennen sind beispielsweise Phosphate, synthetische Aromen und Pestizide. Dazu kommen Antibiotika aus der Massentierhaltung, jede Menge Weißmehl, gehärtete Fette oder Industriezucker aus stark verarbeiteter Kost.

Die heutzutage aufgenommene Nahrung ist deutlich wertloser als früher. Ihr Nährwert ist durch einen hohen Verarbeitungsgrad, zu frühe Ernten, überdüngte oder ausgelaugte Böden vergleichsweise klein. Dafür nehmen wir häufig mehr Kalorien als Energielieferanten auf, als wir verbrauchen. Durch solche kalorischen Überschüsse nehmen wir an Körpergewicht zu. Wir fühlen uns jedoch nicht energiegeladener. Um den Energiemangel auszugleichen, nehmen viele Menschen größere Mengen koffeinhaltiger Genussmittel wie Kaffee und gesüßte Energy-Drinks zu sich.

Die Stimmungslage vieler Menschen wird künstlich verbessert. Um sich besser zu fühlen, essen beispielsweise viele Menschen unvernünftig. Als Folge werden immer mehr Menschen adipös. Glücklicher sind sie dadurch nicht. Der Versuch, der Psyche durch Essen Auftrieb zu geben, scheitert häufig durch Unwissenheit. Wir verstehen den menschlichen Stoffwechsel und seine automatische Anpassung an unser Essverhalten nicht.

Wir traktieren die Darmflora mit Nahrung, die die „schlechten“ Darmbakterien explosionsartig vermehrt. Die anschließend entstehende Depression schreiben wir äußeren Ursachen zu. Folglich essen wir oft noch mehr fetthaltiges, süßes oder hochkalorisches Frustessen. Ein Teufelskreis entsteht. Mit vitalstoffreicher Ernährung aus frisch zubereiteten Zutaten könnten die psychischen Folgen unseres ungesunden Essverhaltens ausgebügelt werden.

Doch wer isst schon Möhren und Pellkartoffeln, wenn Döner und Pommes mit Mayonaise so viel besser gegen Frust und Stress zu wirken scheinen? Dass diese Nahrungsmittel der Psyche tatsächlich helfen, ist allerdings ein Trugschluss. Hingegen können gesunde Lebensmittel wie Bananen, Nüsse, Avocados oder Karotten die Dopamin-Produktion tatsächlich ankurbeln. Denn mit Pellkartoffeln, Spinat, Mandeln, Kürbiskernen, Fenchel oder frischen Feigen könnte einem Serotoninmangel jedoch abgeholfen werden.

Noradrenalin ist in Äpfeln, Bananen, Hafer oder grünen Gemüsen enthalten. Alle genannten Lebensmittel haben gemeinsam, dass bei der Herstellung wichtiger Botenstoffe gebraucht werden. Botenstoffe übernehmen wichtige Aufgaben auf der organischen und auf der Stimmungsebene. Fehlen sie jedoch, weil bevorzugt industriell hergestellte Nahrungsmittel gegessen werden, werden nach neuen Erkenntnissen psychische Erkrankungen wie Depressionen, Angsterkrankungen oder seelische Labilität begünstigt. Das bestätigen Forschungen eines neuen wissenschaftlichen Zweiges: der „Nutritional Psychology“.

Was sind die psychischen Auswirkungen einseitiger Ernährung?

Einseitige Ernährung macht auf Dauer krank. Einseitigkeit ist beispielsweise gegeben, wenn jemand bevorzugt Fast Food, Imbiss-Essen, Cola und Kuchen zu seiner Nahrung wählt. Viele Jahre geht das scheinbar gut. Dann aber kommt es zu immer mehr Übergewicht. Der Stoffwechsel entgleist und die Energiebilanz verschiebt sich.

Aber auch das Seelenleben leidet. So besteht beispielsweise ein erhöhtes Depressionsrisiko. Der Grund dafür: Wichtige Nährstoffe wie Folsäure oder Omega-3-Fettsäuren fehlen.

Chronische Vitamin- und Mineralstoffmängel sowie fehlende Spurenelemente treiben die Zahlen psychisch erkrankter Menschen in die Höhe. Dabei ist ganz klar: Einer einseitigen Ernährungsweise mangelt es an bestimmten Stoffen. Diese bräuchte das Gehirn dringlich, um Botenstoffe herzustellen.

Zugleich verändert sich die Darmflora. Denn auch diese hat einen erheblichen Einfluss auf das individuelle Stimmungsbild. Der Darm wird auch „Bauchhirn“ genannt, weil er ein Eigenleben führt. Er steuert nicht nur Verdauungs- und Entgiftungsvorgänge oder die Nährstoffverteilung, sondern überraschenderweise auch unsere Stimmungen.

Da im Darmbiom ein Großteil des menschlichen Immunsystems liegt, ist auch dieses von anhaltenden Nährstoffdefiziten betroffen. Das wiederum nimmt modernen Forschungsergebnissen zufolge unmittelbar Einfluss auf das im Hirn liegende Gefühlszentrum. Der aktuelle Forschungsstand bezüglich dieses Zusammenhangs wurde im Buch „Das zweite Gehirn“ von Emeran Mayer, einem deutschstämmigen US-Forscher und Gastroenterologen, niedergelegt.

In den Jahren 2018 und 2019 wurden diverse Studien zum Zusammenhang zwischen mangelnder Nährstoffaufnahme und der Seelenlage durchgeführt. In allen erweist sich, dass es nachweisbare Zusammenhänge zwischen psychischer Gestimmtheit und der Ernährungsweise gibt. Wie diese Zusammenhänge im Einzelnen erklärbar sind, bedarf aber weiterer Forschungsvorhaben.

Auswirkungen von kohlenhydratreicher Ernährung auf die Psyche

Zucker, Weißmehl oder damit hergestellte Lebensmittel stecken voller Kohlenhydrate. Dies liefern durch die enthaltenen Zuckermoleküle schnelle Energie. „Leere“ Kohlenhydrate in größeren Mengen zu essen, bleibt nicht ohne Folgen.

Unter leeren Kohlenhydraten verstehen die Mediziner Kohlenhydrate, die besonders schnell in Blut gehen. Diese Kohlenhydrate erhöhen rasant die Blutzucker. Sie haben keinen weiteren Nährwert und nur einen geringen Sättigungswert.

Im Unterschied dazu haben komplexe Kohlenhydrate Vorteile. Vollkornbrot enthält zum Beispiel Ballaststoffe. Diese hindern die Zuckermoleküle an der schnellen Freisetzung. Zudem nützen Ballaststoffe und unverdauliche Faserbestandteile dem Darmbiom. Erwiesen ist, dass eine monatelang durchgeführte strenge Low-Carb-Diät – wegen des anhaltenden Mangels an ausreichend Kohlenhydraten – Ängste und depressive Stimmungslagen auslösen kann . Das legte eine Studie der „University of South Australia“ nahe.

Im Umkehrschluss kann also eine kohlenhydrathaltige Ernährung die Anfälligkeit für solche psychischen Erkrankungen verhindern.

Auswirkungen von ketogener Ernährung auf die Psyche

Unter ketogener Ernährung ist eine spezielle Ernährungsweise zu verstehen, welche auf auf einem weitgehenden Verzicht auf Kohlenhydrate basiert. Dafür werden mehr Fette als Energiespender aufgenommen. Die ketogene Ernährung wird in der Medizin als anerkannte Therapie bei bestimmten kindlichen Epilepsien durchgeführt.

Eine klassische ketogene Diät enthält höchstens vier Prozent Kohlenhydrate. Das sind etwa 20 Gramm Kohlenhydrate täglich. Normalerweise sollte man die Hälfte des Tagesbedarfs an Lebensmitteln mit Kohlenhydrat-Trägern decken.

In der ketogenen Diät werden die Kohlenhydrate weitgehend durch Eiweiß und Fett-Träger ersetzt – und zwar im Verhältnis von 8 zu 90 Prozent. Statt aus Kohlenhydraten muss der Körper nun aus Fetten Energie gewinnen. Dadurch entleeren sich die körpereigenen Glykogen-Speicher, die sich in Muskeln und Leber befinden.

Der Stoffwechsel stellt sich auf einen Zustand um, der Ketose genannt wird. Die Leber spaltet die Nahrungsfette in Ketonkörper auf. Diese stellen die Energie bereit, die als Energie-Treibstoff für Gehirn, Muskeln und Organe benötigt wird.

In Eigenregie durchgeführt, kann die ketogene Ernährung zu gefährliche Schieflagen und psychischen Erkrankungen führen. Durchgeführt wird die ketogene Ernährung von vielen Menschen aber gerade, um ihre Ernährung vermeintlich auf gesündere Beine zu stellen.

Ohne medizinische Betreuung sollte jedoch niemand die ketogene Ernährung durchführen. Die Langzeiteffekte dieser Ernährungsweise auf die Psyche sind unabsehbar.

Auswirkungen von veganer Ernährung auf die Psyche

Über die vegane Ernährung wird viel geredet. Was davon richtig, was falsch ist, kann kein Laie wirklich beurteilen. Fakt ist, dass ein Mangel an Vitamin B 12 und Eisen – durch das Fehlen tierischer Nahrungsmittel – entsteht. Nur in diesen ist Vitamin B 12 in nennenswerten Mengen enthalten.

Der Nährstoffmangel muss bei Veganern über Nahrungsergänzungsmittel ausgeglichen werden. Fehlen Nährstoffe wie das Depotvitamin B 12 dauerhaft, und liegen außerdem erhöhte Omega-6-Fettsäure-Werte vor, kann das eine erhöhte Entzündungsneigung nach sich ziehen. Außerdem wird die Produktion von Neurotransmittern (Botenstoffen) im Gehirn davon beeinflusst. Das hat auch Auswirkungen auf die psychische Befindlichkeit. Veganer, die sich sinnvoll und mit Kenntnis dieser Zusammenhänge ernähren, leben gesund.

Der dauerhafte Verzicht auf tierische Lebensmittel soll jedoch Depressionen begünstigen können. Forscher am „National Institute on Alcohol Abuse and Alcoholism“ sind dieser Frage gemeinsam mit Medizinern der „University of Bristol“ in einer Beobachtungsstudie nachgegangen. Demnach hatte etwa die Hälfte aller untersuchten Veganer Defizite beim Vitamin B 12. Bei einem anhaltenden Mangel an Vitamin B 12 kann es zu Erschöpfung, Konzentrationsschwäche, depressiven Verstimmungen und Psychosen kommen.

Ähnliche Folgen hat aber auch ein Eisenmangel. Eisen hilft bei der Produktion von Botenstoffen – etwa Dopamin und Serotonin – mit. Genau konnten die Forscher nicht festmachen, welcher der beiden Mängel bei Veganern für eine erhöhte Gefahr von depressiven Episoden und Psychosen verantwortlich ist. Dafür sind weitere Studien notwendig.

Dass die vegane Ernährungsweise auf lange Sicht psychische Folgen haben kann, wenn Du nicht für eine ausgewogene Nährstoffaufnahme sorgst, scheint aber gesichert zu sein. Unklar ist noch, ob bei den untersuchten Probanden bereits VOR der Entscheidung zum Veganismus eine erhöhte Anfälligkeit für psychische Erkrankungen bestanden hat. In der Summe gilt die vegane Ernährungsweise als sinnvoll und gesund, wenn die Mängel an Eisen und Vitamin B 12 von Beginn an ausgeglichen werden.

Was wäre für die Psyche eine gesunde Ernährung?

Eine gesunde Ernährung liefert alle benötigten Mikronährstoffe. Doch einige von diesen Nährstoffen sind offensichtlich unverzichtbar für die Stimmungslage und die psychische Gesundheit. Sie werden im Gehirn-Stoffwechsel benötigt.

Depressive Verstimmungen können beispielsweise durch den Verzehr von Fisch, frisch zubereitetem Gemüse, Olivenöl als Zutat und Vollkorn-Getreide abgemildert werden. Die wichtigen und Therapie-unterstützenden Nährstoffe gegen psychische Probleme sind

  • die Serotonin-Vorstufen Tryptophan und 5HTP
  • alle Nährstoffe, die Botenstoffe unterstützen wie Omega-3-Fettsäuren oder S-Adenosyl-Methionin
  • einige Vitamine, z. B. die B-Vitamine oder Vitamin D3
  • bestimmte Mineralstoffe wie Eisen, Zink, Magnesium oder Selen, die im Gehirnstoffwechsel eine wichtige Rolle spielen
  • sowie Pro- und Präbiotika, die das Darmbiom bzw. das Bauchgehirn ebenso unterstützen, wie das richtige Gehirn.

Bekannt ist heutzutage, dass eine Behandlung mit Antidepressiva effektiver ist, wenn diese mit ernährungsmedizinischer Unterstützung durchgeführt wird. Du solltest jedoch nicht in Eigenregie entscheiden, welche Nahrungsergänzungsmittel Du zu Dir nimmst.

Denn bei bestimmten Antidepressiva dürfen zum Beispiel keine Nahrungsergänzungs-Präparate eingenommen werden, die den Serotoninspiegel erhöhen. Hier müsstest Du beispielsweise auf die zusätzliche Einnahme von Tryptophan, 5-HTP, S-Adenosyl-Methionin oder stimmungsaufhellende Johanniskraut-Präparate verzichten.

Forscher untersuchen, ob eine Neigung für psychische Erkrankungen durch eine ausgewogene Nährstoffversorgung verbessert werden könnte. Sie möchten auch wissen, ob sie bereits bestehende psychische Probleme damit verbessern oder gar heilen könnten.

Problematisch ist dabei die multikausale Verursachung solcher Erkrankungen. Sie haben also meist mehrere Ursachen – beispielsweise genetische Vorbelastungen, Nährstoff-Defizite und unverarbeitete traumatische Erlebnisse. Dazu können sich noch körperliche Probleme wie

  • Hormonschwankungen
  • Schilddrüsen-Unterfunktion
  • Diabetes
  • Nahrungsmittelunverträglichkeiten
  • oder Suchterkrankungen

sowie seelische Einflussnehmer wie Dauerstress, Liebeskummer, Trauer oder Einsamkeit addieren. Diese Faktoren können sich sogar gegenseitig verstärken.

Daher ist wahrscheinlich eine Kombinationsbehandlung aus Psychotherapie, vorübergehender medikamentöser Unterstützung und Nährstoffversorgung zielführend. Bei leichten depressiven Verstimmungen könnte eine Ernährungstherapie ohne medikamentöse Begleitung hilfreich sein.

Bei einer klinischen Depression würde das nicht ausreichen. Dennoch kann eine nährstoffreiche, gesunde Ernährungsweise auch die Behandlung von klinischen Depressionen oder Angsterkrankungen unterstützen.


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