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Was passiert bei Angst im Gehirn und Körper

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Angstreaktion oder auch umgangssprachlich als Angstzustand bezeichnet, ist ein körpereigenes Schutzprogramm, welches in einer Gefahrensituation gestartet wird. Dabei ruft eine bewusst wahrgenommene Bedrohung in unserem Gehirn bestimmte Reaktionen hervor. Diese bewirken dann, dass der Körper gewisse Defensivprogramme durchläuft.

Dieses Defensivprogramm, welches der Körper automatisch aktiviert, wird dann als Angstzustand erlebt. Wie diese Programme im Körper und Gehirn durchlaufen werden, welchen Anteil das Bewusstsein hat und welche Angstzustände auftreten können – erfährst du im folgenden Artikel.

Angstreaktion: Was passiert bei Angst im Gehirn?

Ein potenziell gefährlicher Reiz geht zwei Wege. In unserem Gehirn befindet sich ein Schaltkreis der Angst, welcher über zwei Wege Informationen an die Amygdala weiterleitet. Die Amygdala ist ein Teil des limbischen Systems und spielt eine bedeutende Rolle bei der Angst. Allerdings ist sie auch bei Aggression aktiv. Das limbische System besteht aus mehreren Strukturen des Gehirns, welche für die Verarbeitung von Emotionen zuständig sind.

Der eine Weg ist zwar sehr schnell, dafür allerdings auch eher grob und daher anfällig für Fehler. Der andere Weg ist zwar langsamer, jedoch durch eine genaue Analyse präziser als der erste Weg. Für beide Wege liegt der Startpunkt beim Thalamus. Dieser ist ein Teil des Zwischenhirns und wird treffenderweise auch als „Tor zum Bewusstsein“ bezeichnet. Er ist sozusagen die Schaltzentrale und verwaltet die eingehenden Reize aus unserer Umwelt.

Einen lauten Knall beispielsweise leitet der Thalamus als einen „groben Entwurf“ direkt an die Amygdala weiter. Hier werden bestimmte Neurone aktiviert, die für die Angst zuständig sind. Daraufhin springen defensive Verhaltensprogramme automatisch an. Diese führen dann zu spezifischen Köperreaktionen, wie beispielsweise Herzrasen.

Am Zustandekommen weiterer Reaktionen sind der Hirnstamm und der Cortex beteiligt. Die Aufgabe des Hirnstamms besteht in einer akuten Gefahrensituation darin, dass wir erstarren, flüchten oder angreifen. Der Cortex beziehungsweise die Großhirnrinde ermöglicht, dass wir Angst auch als Emotion wahrnehmen können. So beginnt hier das Gefühl des Unbehagens und Unwohlseins. Der Körper registriert dieses Gefühl und schüttet Stresshormone aus.

Angst als Abkürzung mit Vor- und Nachteilen

Der kurze Weg von Thalamus zu Amygdala ist zwar eine Abkürzung, neigt allerdings auch zu falschem Alarm.
Denn nicht jedes laute Geräusch birgt eine Gefahr für uns in sich. Auf dem langsameren Weg geht der Reiz nicht direkt vom Thalamus an die Amygdala, sondern nimmt einen Umweg über den Cortex und den Hippocampus. Letzterer ist (wie die Amygdala auch) ein Teil des limbischen Systems.

Hier findet eine Analyse der eingegangenen Informationen statt, was eine detailliertere Einschätzung der potenziellen Gefahr ermöglicht. Außerdem fügt der Hippocampus Erinnerungen an ähnliche Ereignisse hinzu, welche dann eine stärkere oder geringere Aktivierung der Amygdala beeinflussen können.

Du könntest dir den „Weg der Angst“ zum Beispiel so vorstellen: Du gehst im Wald spazieren und siehst beim Blick nach unten plötzlich ein langes und etwas gebogenes Objekt auf dem Boden. Der kurze Weg springt an und dein Thalamus sendet ein unscharfes Bild über den Reiz an deine Amygdala. Diese gibt Alarm: Schlange! Angst! Flucht! Doch über den zweiten Weg findet eine genauere Analyse statt und du erkennst beim zweiten Hinsehen, dass es lediglich ein annähernd schlangenförmiger Zweig ist. Vermutlich kannst du dann sogar über den Fehlalarm schmunzeln, wenn der erste Schreck erst einmal verflogen ist.

Angstreaktion: Was passiert bei Angst im Körper?

Im Zustand der Angst zeigt unser Körper eine Vielfalt an Reaktionen, die von Herzrasen über Zittern bis hin zum Schwitzen reichen.

Der Hypothalamus ist unter anderem für die Aktivierung des Nebennierenmarks zuständig. Haben wir Angst, so schüttet diese die Hormone Noradrenalin, Adrenalin und Cortisol sowie Cortison aus. Unser Körper ist darauf programmiert, zu überleben. Daher kommt es zu körperlichen Reaktionen, die entweder auf eine Flucht oder (sofern keine Möglichkeit zu fliehen besteht) auf einen Kampf vorbereiten.

Dadurch kommt es zu einem Anstieg der Herzschlagrate, die Herzkranzgefäße weiten sich und der Blutdruck steigt. Die Blutgefäße der Haut und der inneren Organe verengen sich, wohingegen die Skelettmuskulatur stärker durchblutet wird. Dies sorgt für Halt und Schutz der inneren Organe, welche überlebensnotwendig sind.

Gleichzeitig weiten sich die Bronchien, um die Muskeln mit mehr Sauerstoff zu versorgen. Die stärkere Durchblutung mit dem mit Sauerstoff angereicherten Blut bereiten die Muskeln auf Bewegung (Kampf oder Flucht) vor. Da es in einer Gefahrensituation zu Verletzungen kommen kann, wird das Blut dicker. Der Blutverlust kann dadurch eingedämmt werden.

Zudem steigen der Blutzuckerspiegel und ebenfalls die Blutfettwerte für die Energieversorgung der Muskeln. Auch unsere Aufmerksamkeit richtet sich nun allein auf die Gefahr, unsere Pupillen weiten sich und wir sind hellwach. Gleichzeitig allerdings auch nervös und unruhig. Die Temperatur im Inneren unseres Körpers steigt an und wir schwitzen. Auch der Stoffwechsel erhöht sich, weshalb unsere Energiereserven in Anspruch genommen werden.

Der Körper fährt in einer akuten Angstsituation also einiges auf, um bestmöglich aus einer gefährlichen Situation wieder herauszukommen. Auf der anderen Seite bleiben jedoch auch andere Körperfunktionen auf der Strecke. Und zwar alle diejenigen, die in einer solchen Situation hinderlich wären.

Dazu gehört etwa der Hunger. Im gleichen Zug verringert sich auch unsere Speichelproduktion. Ohne etwas zu essen, ist diese immerhin gerade nicht so wichtig. Wir haben nicht nur keinen Appetit mehr, sondern unsere Verdauung wird auch eingestellt. Das gilt ebenso für unsere Ausscheidungen. Da eine lebensbedrohliche Gefahrensituation nicht unbedingt die beste Zeit für Romantik ist, werden auch die Genitalien weniger mit Blut versorgt und die Libido verschwindet.

Für die Erholung nach dem Schreck sorgt der Parasympathikus

Für die eben genannten körperlichen Reaktionen ist das sogenannte sympathische Nervensystem zuständig.
Dieses hat einen Konterpart, der nach dem Abklingen der Angst zum Einsatz kommt. Das parasympathische Nervensystem dient der Regeneration. Er bringt uns wieder in einen körperlichen Normalzustand und lässt die Entspannung zurückkehren.

Unsere körperliche Erregung bleibt dennoch eine Weile bestehen. Denn die vom Nebennierenmark ins Blut abgegebenen Stresshormone müssen erst einmal wieder abgebaut werden. Dennoch beruhigt der Herzschlag sich allmählich wieder und auch der Blutdruck sinkt ab. Die Muskeln entspannen sich und die Haut sowie die inneren Organe werden wieder stärker mit Blut versorgt.

Das Blut verdünnt sich langsam und durch die aktivierte Insulinproduktion wird der Blutzuckerspiegel reguliert. Unsere Atmung verlangsamt sich und die Bronchien ziehen sich wieder auf ihr normales Maß zusammen. Sowohl unsere Verdauung als auch unser Appetit und auch die Lust kehren wieder zurück. Da wir wieder Hunger haben, wird unsere Speichelproduktion angekurbelt und wir können unsere beanspruchten Energiereserven mit Nährstoffen auffüllen. Auch der Gang zur Toilette ist nun möglich.

Wieso kommt es zum Angstzustand

Die Menschheit ist evolutionär gesehen immer noch in den Kinderschuhen. Und die Angstprogramme wurden in der Steinzeit angelegt, um den Jäger und Sammler vor wilden Tieren oder anderen Bedrohungen zu schützen. Da der Bedrohungsreiz im Thalamus interpretiert wird, ist es diesem ziemlich egal, wovor er Angst hat.

Die Bedrohung muss demnach nur das Bewusstsein erreichen, um als Gefahr wahrgenommen zu werden. Ängstliche Menschen neigen demnach zu einer höheren Wahrnehmung für Gefahren. Aber heutzutage muss Angst nicht unbedingt das eigene Leben betreffen. Auch Angst vor Armut oder Angst vor dem Verlassenwerden rufen ähnliche Schutzprogramme auf. Das Gehirn kann außerdem nicht unterscheiden, ob es sich um eine tatsächliche Bedrohung (ein wildes Tier) oder eine mögliche Bedrohung (Angst vor Zukunft) handelt. Sobald die Bedrohung wahrgenommen wird, erfolgen die körperlichen und psychischen Reaktionen und Angstzustände breiten sich aus.

Die Angstreaktion ist demnach eine reine Schutzreaktion. Und so sorgt die höhere Durchblutung der Muskeln für eine Panzerung der inneren Organe. Gleichzeitig werden Kräfte freigesetzt, welche entweder für die Flucht oder den Kampf benötigt werden.

Bei einem Schreck kommt es außerdem zu einer Art Schockstarre. Diese würde einen möglichen Angreifer, beispielsweise ein wildes Tier dazu veranlassen, von uns abzulassen. Denn Tiere reagieren auf Bewegung und dadurch, dass der Körper dieses Programm hochfährt, würden die visuellen Reize fehlen, um uns wahrzunehmen.

Eine weitere Angstreaktion können zitternde Hände sein. Je nachdem wie groß die Angst ist bzw. die Bedrohungsstufe eingeschätzt wird, ist auch diese Reaktion nützlich. Denn durch Blutabwanderung aus den Händen beginnt das Zittern. Dieses gewonnene Blut wird nun in den Muskeln und inneren Organen gebraucht, um diese zu schützen bzw. zu mobilisieren. Außerdem sorgt die Abwanderung dafür, dass im Falle einer Verletzung – das Verbluten gebremst bzw. gestoppt wird.


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