Skip to main content

3 Gründe, warum Archäologie wichtig ist


Archäologie ist die Wissenschaft vom Auffinden, Ausgraben, Restaurieren und Bereitstellen von historischen Material und Artefakten. Das Interesse an der Vergangenheit ist kein modernes Phänomen. Denn schon im alten Ägypten besuchten Einheimische die Stätten ihrer Vorfahren und hinterließen sogar Besucherinschriften an den Bauwerken, die sie besichtigten.

In der Pyramidenanlage des Königs Djoser beispielsweise finden sich Graffiti von Besuchern der Grabstätte aus viel späteren Zeiten. Die Djoser-Pyramide wurde etwa 2700 v. Chr. errichtet. 1200 Jahre später verewigten sich die ersten Besucher. Das letzte bekannte Graffito stammt aus der Zeit um 600 v. Chr.

Die Djoser-Pyramide war für die Menschen im alten Ägypten von außerordentlicher Bedeutung. Sie ist der erste aus Stein gebaute Monumentalbau und die erste und damit älteste Pyramide Ägyptens. Diese Tatsachen waren den Menschen bekannt. Sie pilgerten zu dieser bedeutenden Stätte ihrer Vergangenheit, um sie mit eigenen Augen sehen und um ihrer eigenen Geschichte nah sein zu können.

Es müssen bestimmte äußere Bedingungen erfüllt sein, damit Menschen Zeit und Muße finden, sich mit der Vergangenheit zu beschäftigen. Dazu braucht es Bildung, einen gewissen Wohlstand, der über das Überlebensnotwendige hinausgeht und ein vor staatlichen Übergriffen sicheres Umfeld. Das ist heute so und das war früher nicht anders.

Der Mensch möchte wissen, woher er kommt und vom wem er abstammt. Geschichte ist identitätsstiftend. Wer weiß, dass er einer bestimmten Gruppe angehört, kann sich als Angehöriger einer Familie, eines Clans, einer Dynastie oder eines Staates fühlen.

1. Archäologie schenkt uns den Blick zurück

Geschichtswissen existiert auch ohne Archäologie. Es ist aber die Archäologie, die Bücherwissen verifizieren, also beweisen kann. Was schriftlich überliefert wurde, muss nicht richtig sein. Schon immer nutzte der Mensch die Möglichkeit der Manipulation zu seinen Gunsten. Es gibt unzählige und gravierende Beispiele von Herrschern, die gelogen haben oder Gelehrte, die ihre Meinungen als Fakten ausgegeben haben.

Pharao Ramses II. beispielsweise ließ in seinen Tempeln seinen angeblichen Triumph in der Schlacht bei Kadesch im heutigen Syrien in Stein meißeln. Archäologen haben aber herausgefunden, dass diese Schilderung falsch ist. Ramses II. ging nicht als Sieger aus der Schlacht hervor. Das Ziel, Kadesch zu erobern, schlug fehl. Die Schlacht endete in einer Patt-Situation. Die Propaganda zeigte aber Wirkung. Ramses II. ging als großer Kriegsherr in die Geschichte ein.

Ein anderes Beispiel dafür, wie wichtig der korrigierende, archäologische Blick in die Vergangenheit ist, ist die Evolutionstheorie. Bevor Charles Darwin die wissenschaftliche Bühne betrat, waren sich die Gelehrten einig, dass Gott den Menschen und alles Leben erschaffen hat. Archäologen konnten aber beweisen, dass die Entstehungsgeschichte des Menschen, der Tiere und Pflanzen Millionen Jahre zurückreicht. Dennoch gibt es auch noch heute sogenannte Kreationisten, die an die göttliche Schöpfung glauben und die Evolutionstheorie verleugnen.

Behauptungen sind ohne Beweise nicht viel wert. Wissenschaftler, die lediglich Ergebnisse veröffentlichen, arbeiten nicht seriös. Nur wenn die Ergebnisse zum Beispiel durch die Wiederholbarkeit eines Experiments oder durch das Ausgraben eines Beweises verifiziert werden können, sind sie glaubwürdig. Archäologie ist also eine beweisführende Wissenschaft.

2. Archäologie lässt uns aus der Vergangenheit lernen

Immer wieder ist die Rede davon, dass man die Vergangenheit kennen muss, damit man Fehler nicht wiederholt. Im Prinzip ist diese Aussage richtig, aber nur theoretisch. Denn tatsächlich lernt der Mensch kaum etwas aus seinen Fehlern. Wäre es anders, gäbe es zum Beispiel längst keine Kriege mehr. Der Mensch kennt die Folgen eines Krieges seit Jahrtausenden, dennoch hört er nicht auf damit. Auch Archäologen können an diesem Umstand leider nichts ändern.

Die Archäologie trägt weniger dazu bei, dass Menschen aus der Vergangenheit lernen als vielmehr dazu, dass sie ihre Vergangenheit kennenlernen. Wer die Vergangenheit kennt, erkennt Entwicklungen. Wer die Welt mit all ihren Erscheinungen verstehen möchte, muss sich also mit ihrer Vergangenheit beschäftigen. Alles, was existiert, hat seine Geschichte. Diese nachzuvollziehen und eine rote Linie zu finden, von den Ursprüngen bis zum heutigen Ist-Zustand, ist eine Aufgabe der Archäologie.

Auch für Archäologen ist es nicht immer einfach, ihre Daten und Funde richtig zu interpretieren. Sie können dies nur im Rahmen ihres jeweils aktuellen Forschungsstandes. Dass frühe archäologische Funde aus dem 19. Jahrhundert heute anders bewertet werden als damals, ergibt sich aus der Sache. Auch Wissenschaftler lernen unentwegt dazu. Neue Daten sind neue Informationen, die alten widersprechen, sie belegen oder sie ergänzen.

Die Archäologie kann wie viele alle anderen Wissenschaften auch, von Machthabern für ihre Zwecke missbraucht werden. Archäologie in Diktaturen ist häufig ein Mittel zum Zweck. In Deutschland kennen wir diese Situation aus dem Dritten Reich. Unter Hitler wurde bis in die Vor- und Frühgeschichte zurückreichend nach Beweisen für die Überlegenheit der arischen Rasse gesucht – und angeblich auch gefunden. Diese „Beweise“ sind längst widerlegt und korrigiert. Aber dieses Beispiel zeigt, wie mächtig Archäologie sein kann – im Guten wie im Bösen.

3. Archäologie für alle

Ausgrabungen gibt es schon seit Jahrhunderten. Systematische, nach wissenschaftlichen Kriterien durchgeführte Ausgrabung aber erst seit dem Ende des 18. Jahrhunderts. 1762 veröffentlichte Johann Joachim Winckelmann die erste archäologische Schrift. Er gilt damit als der Begründer der wissenschaftlichen Archäologie.

Danach folgte ein Meilenstein nach dem anderen: 1822 entzifferte Jean François Champollion die Hieroglyphen. 1859 veröffentlichte Charles Darwin sein bahnbrechendes Buch „Über die Entstehung der Arten“. 1870 entdeckte Heinrich Schliemann Troja anhand einer zeitgenössischen, antiken Quelle: der Odyssee von Homer.

All diese Entdeckungen blieben sehr lange Zeit für die nicht akademisch gebildeten Menschen unbedeutend. Die Archäologie war bis zu dem Medienrummel rund um die Entdeckung des Grabes von Tutanchamun durch Howard Carter 1922 eine von der Allgemeinheit wenig wahrgenommene Wissenschaft. Im gleichen Jahr wurde Ägypten von England unabhängig. Nach dem Zweiten Weltkrieg endeten praktisch überall auf der Welt die Kolonialherrschaften. Weltweit begannen die nun nicht mehr fremdbeherrschten Staaten, sich ihrer eigenen Geschichte bewusst zu werden.

Die Archäologie war bis zum Ende der Kolonialzeit eine europäisch-amerikanisch dominierte Wissenschaft. Aus diesem Grund haben Deutsche, Engländer oder Franzosen bis heute noch eine weitaus größere Beziehung zum alten Ägypten als die Ägypter selbst. Ein Großteil der Indianer Nord- und Südamerikas, der Asiaten, Araber und Afrikaner sind bis heute von ihrer eigenen, Jahrtausende alten Geschichte abgeschnitten.

Heutzutage graben aber auch einheimische Archäologen in ihrer Heimat nach ihren Wurzeln. So vergeht beispielsweise kein Monat, in dem die ägyptische Antikenbehörde nicht über eine neue Entdeckung ihrer Archäologen berichtet. Archäologie wurde zur Staatswissenschaft vieler ehemaliger Kolonialstaaten. Es geht um Identität und Legitimation, also um einen selbstbewussten Umgang mit der eigenen Geschichte und dem daraus resultierenden Herrschaftsanspruch über den eigenen Staat.


Über den Autor

wissen
Folge Sciodoo und bleibe stets auf dem Laufenden. Schließ dich uns an und abonniere unseren Instagram-Kanal ein. Wir stellen täglich neue Artikel für dich rein.
Weiter zum Kanal>>>
     

Ähnliche Beiträge