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Die Steinzeit in England erklärt an 13 Höhlen und Fundstätten


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Panoramablick auf den Steinkreis von Avebury, einem 5000 Jahre alten Henge-Monument, welches zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, in Wiltshire (England)


Die Steinzeit in England ist gekennzeichnet durch mehrere Besiedlungsphasen der Britischen Inseln während der Altsteinzeit, welche bis in die Mittelsteinzeit andauerten. In der Jungsteinzeit entstanden in England die berühmten Steinkreise und Henge-Anlagen wie Stonehenge.

Altsteinzeit in England

Die Steinzeit begann vor 2,5 Mio. Jahren und gehört erdgeschichtlich weitestgehend ins Pleistozän. Charakteristisch für das Pleistozän war der Wechsel von Warmzeiten und Eiszeiten, wodurch sich Vegetation und Lebensräume stark änderten.

Auf den Britischen Inseln bezeichnet man die Vereisungsphase als Devensian glaciation (Devensische Vereisung) und die Warmzeit davor als Ipswichian interglacial.

Menschliche Spuren im Gebiet des heutigen Großbritannien reichen bis vor 1 Mio. Jahren zurück. Allerdings wurden die Regionen, aufgrund der klimatischen Wechsel, mindestens 9 mal bevölkert und dann wieder verlassen.

Erst 8500 v.Chr. stieg der Meeresspiegel – durch die Eisschmelze der letzten Eiszeit so stark an, dass sich die Insel Britannien bildete. Zuvor war Großbritannien eine Halbinsel und der Ärmelkanal – welcher heute die Insel vom europäischen Festland trennt – war damals lediglich ein Fluss, aus dem die Seine in Frankreich und die Themse in England hervorgingen. (siehe auch Hauptartikel: Steinzeit in Europa)

Frühe Besiedlung von Happisburgh durch Homo erectus

In Happisburgh, im Westen Großbritanniens, wurden 2010 diverse Steinwerkzeuge gefunden, die etwa 700.000 Jahre alt sind und belegen, dass Homo erectus die damalige Halbinsel bevölkerte. Im Jahr 2013 wurden durch eine Sturmflut auch Fußspuren in Happisburgh freigelegt, welche als älteste menschliche Fußspuren außerhalb von Afrika bezeichnet werden.

Frühe Besiedlung in Boxgrove durch Homo heidelbergensis

Boxgrove in Sussex ist ein Dorf mit weniger als 1000 Einwohner. In einer Kiesgrube unweit des Dorfes, welche als Boxgrove-Quarry bezeichnet wird, wurden zwischen 1983 und 1996 zahlreiche Steinwerkzeuge, hauptsächlich Faustkeile, gefunden.

Ab dem Dezember 1993 fand man auch Skelettteile, welche wohlmöglich vom Homo heidelbergensis stammen könnten. Aber eine hundertprozentige Aussage dazu, kann nicht getroffen werden.

Kents Cavern als älteste Höhlenwohnung Englands

Kents Cavern ist eine Höhle, welche sich in der Stadt Torquay – im Süden Englands – befindet. Vor etwa 60.000 Jahren haben sich dort Neandertaler zurückgezogen. Im Jahr 1927 fand man dort den Oberkiefer eines modernen Menschen, welcher etwa 44.000 Jahre alt ist. Dadurch würde das Fossil eines der ältesten Nachweise von Homo sapiens in Europa darstellen.

Red Lady of Paviland

Auch sehr alt ist ein fast vollständig erhaltenes Skelett eines männlichen Homo sapiens, welches man 1823 in der Goats Höhle in Südwales fand. Eine Datierung ergab ein Alter von 30.000 Jahren – wodurch die „Red Lady“ an zweiter Stelle hinter dem Homo sapiens Exemplar aus Kents Cave avanciert.

Da das Skelett mit Ockerfarben eingefärbt war und Perlenschmuck als Grabbeigabe mitgegeben wurden, hielt es deren Finder für eine Frau – weshalb der Name „Red Lady“ entstand.

Der Piltdown-Mensch als englischer Elitemensch

Dass die Menschheit aus Afrika stammen könnte, war für den englischen Hochadel nicht ganz so einfach zu akzeptieren. In der Wissenschaft und Forschung Englands hielt man daran fest, dass der Geburtsort der Menschheit in Europa liegen müsse. Und deshalb wurden von englischen Wissenschaftlern auch diverse Australopithecus-Funde aus Afrika, wie bspw. das „Kind von Taung“ (1924) als Affen abgetan und nicht als Vorreiter der Menschheit.

In England versuchte man unterdessen, eine eigene Stammesgeschichte für die Menschheit zu finden und entdeckte 1912 in einer Kiesgrube in Südostengland die Fragmente eines Schädels und eines Unterkieferknochens. Der Fund wurde nach dem Finder Charles Dawson benannt und erhielt den wissenschaftlichen Artnamen: Eoanthropus dawsoni, was übersetzt bedeutet: „Dawsons Mensch der Morgenröte“.

Da man nun einen Beweis hatte, wurde die Evolution nach englischen Maßgaben neu gedichtet und interpretiert. So wurde dem Fund ein Alter von 500.000 Jahren zugeschrieben. Die Datierung wurde unterstützt durch die Gelehrten des Natural History Museums in London. Damit wäre der Piltdown Mensch weitaus älter als der Neandertaler.

Schnell war man dabei, den Menschen von Piltdown als Mosaikform beim Übergang vom Menschenaffen zum Menschen zu interpretieren. Auch in Amerika wurde diese Ansicht geteilt.

Im Jahr 1938 errichteten die Engländer ein Denkmal in Piltdown. Und zwar an der Stelle – wo der erste Mensch gefunden wurde. Doch 1953 entwickelte der britische Geologe und Anthropologe Kenneth Page Oakley ein neues Verfahren zur Altersbestimmung von Knochenfunden. Dieses basierte auf dem Fluor-Gehalt im Knochen. Schnell stellte er fest, dass die Knochen des Piltdown-Menschen lediglich einige hundert Jahre alt waren.

Dawson, welcher bereits 1916 gestorben war, konnte zur Fälschung nicht mehr befragt werden. Somit musste der Schwindel rekonstruiert werden. Es kam dabei heraus, dass die Piltdown-Fossilie eine zusammengesetzte Fälschung war. Die Knochen stammten sowohl von einem Menschen, welcher einige hundert Jahre tot war und von einem Orang-Utan.

Um die Knochen älter erscheinen zu lassen, wurden sie mit einer Eisenlösung und einem Kaliumsalz eingefärbt. Ob der Finder Charles Dawson zugleich der Fälscher war oder ob man ihm einen Streich gespielt hatte, wurde nie aufgeklärt.

Mittelsteinzeit in England

Nach dem Ausklingen der Eiszeit kehrten in ganz Europa die Wälder zurück und die Kältesteppen verschwanden auch in Großbritannien. Das Klima begünstigte den Wuchs von Birken, Erlen und Kiefern (Pinus).

Da das Großwild der Eiszeit verschwand, musste das Standwild – welches ein festes Revier bewohnt – fortan bejagt werden. Primär bejagte Wildtiere waren Wildschweine, Hirsche, Elche und Auerochsen. (siehe Hauptartikel: Tiere der Steinzeit)

Man geht davon aus, dass die Menschen sich bereits in der Alt- und Mittelsteinzeit saisonal niederließen. So wurde bspw. ein Haus in Northumberland entdeckt, welches mehr als 9600 Jahre alt war und ein Durchmesser von 6 Metern hat.

Als das Klima noch wärmer wurde, verschwanden die Nadelwälder und wurden zunehmend durch Laubwälder ersetzt.

Fundplatz Star Carr

An der Ostküste Englands konnte man seit 1949 einen Fundplatz erschließen, welcher auf die primär dänische Klosterlund-Kultur zurückzuführen ist. Auf einer Siedlungsfläche im Star Carr fand man Padeln, Harpunen, Speerspitzen, Widerhaken, Pfeile und Beile. Außerdem wurden Knochen von Hirschen, Rehen, Elchen, Wildschweinen und Auerochsen gefunden.

Der Cheddar Man als Symbol der dauerhaften Besiedlung Britanniens

Cheddar ist eine Kleinstadt in Somerset im Südwesten Englands. Bekannt ist das Dorf für seinen Käse und seinen englischen Vorfahren.

Unweit des Dorfes befindet sich die größte Felsschlucht Großbritanniens, welche als Cheddar Gorge bezeichnet wird. Dort gibt es zahlreiche Höhlen, wie die Gough’s Höhle. In dieser Höhle fand man 1903 das Skelett eines modernen Menschen, dessen Alter auf 10.000 Jahre datiert wurde.

Diese 10.000 Jahre sollen die jüngste Neubesiedlung Englands nach der letzten Eiszeit markieren. Demnach steht der Cheddar Man als Symbol für den ältesten Vorfahre der heutigen Engländer. Und tatsächlich wurde 2019 in der Fachzeitschrift Nature Ecology & Evolution ein Bericht veröffentlich, wonach einige Briten eine genetische Verwandtschaft zur Population aufweisen, welche der Cheddar-Man angehörte.

Ausgestellt wird das Skelett des mittelsteinzeitlichen Cheddar-Man im Natural History Museum in London.

Jungsteinzeit in England

Der Übergang zur Jungsteinzeit fand in England etwa 3900 v.Chr. statt. Ob Einwanderer vom europäischen Festland diesen Prozess anstießen oder beschleunigten, wird noch diskutiert. Fakt ist, dass die Glockenbecherkultur – die in Mitteleuropa bereits in der Jungsteinzeit einsetzte, in England erst in der Bronzezeit einen Einfluss nahm.

Die Neolithische Revolution und der Übergang zu Ackerbau und Viehzucht erbrachte einen Überschuss an Nahrungsmitteln, wodurch es zu einen Bevölkerungsanstieg in Großbritannien kam. Durch die Zunahme von Ackerbau und Viehhaltung wurden Waldlandschaften abgeholzt und gerodet. Das Transportwesen und die damit verbundene Infrastruktur wurden ausgebaut. So entstanden Wege über Moorlandschaften hinweg.

Durch den Bevölkerungsanstieg in der Jungsteinzeit konnten Arbeitskräfte generiert werden, wodurch eine einmalige Kultur von Megalith-Anlagen, wie Steinkreise, Kultplätze und Grabhügel entstanden.

Belmarsh Trackway

Der Belmarsh Trackway ist ein Holzweg, welcher etwa 4000 v.Chr. in London angelegt wurde und erst 2009 wiederentdeckt wurde. Er gilt als ältester Moorweg Londons.

Silbury Hill

Silbury Hill ist ein 40 Meter hoher künstlich angelegter Hügel im Süden Englands. Er gilt als größter Hügel Europas, welcher von Menschen während der Vorgeschichte angelegt worden war und wurde deshalb in die Liste für das Weltkurerbe der UNESCO aufgenommen.

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Neolithische Stätte von Silbury Hill in der Nähe von Avebury in Wiltshire, Großbritannien


Der Zweck des Hügels ist nicht endgültig geklärt. Eine Datierung ergab, dass dieser etwa 2.400 v.Chr. angelegt wurde. Dass es sich beim Hügel um ein Grab handelt, wird weitestgehend ausgeschlossen – da weder Grabbeigaben noch menschliche Überreste darin gefunden wurden.

Steinkreis von Avebury

Etwa 1 km nördlich vom Silbury Hill befindet sich der Steinkreis von Avebury, benannt nach einem Dorf, welches unmittelbar angrenzt.

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Avebury Village und neolithischer Steinkreis, Wiltshire, England, Großbritannien


Die Steinkreis-Siedlung besteht aus drei Reihen, welche zwischen 2.600 und 2.500 v.Chr. angelegt worden. Die Sandsteine der Kreise, welche mitunter 5,5 Meter hoch waren und bis zu 40 Tonnen wogen, stammen aus einem Gebiet, welches zwei Kilometer entfernt liegt. Der Durchmesser der Kreise beträgt 420 m.

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Avebury Stone Circle an einem bewölkten Tag


Die Steinkreise sind zum Teil heute noch erhalten. Einige Steine wurden allerdings als Sicherheitsmaßnahme umgestürzt. Dennoch sind die Steinkreise heute für Besucher frei begehbar.

Megalithanlage von West Kennet Long Barrow

Der West Kennet Long Barrow ist ein Grabhügel in Wiltshire, jener Grafschaft – in der sich auch der Steinkreis von Avebury, der Silbury Hill und auch Stonehenge befinden. Die Megalithanlage West Kennet Long Barrow zählt zu den größten und am besten erhaltenen Stätten dieser Art. Erbaut wurde diese 5.500 v.Chr.

West Kennet Long Barrow jungsteinzeit england

Der West Kennet Long Barrow ist Teil des neolithischen Avebury-Komplexes in Wiltshire, England. Es ist eine der größten und beeindruckendsten Begräbnisstätten Großbritanniens


Neben Skeletten, welche wohlmöglich aus rituellen Gründen umgebettet wurden, finden sich auch Anzeichen von Brandbestattungen. Die religiösen Hintergründe der Anlage sind nicht vollständig geklärt.

Stonehenge und andere Henge-Stätten

Stonehenge ist ein sogenanntes Henge-Monument. Der Name „Henge“ wurde im Jahr 1932 durch Sir Thomas D. Kendrick eingeführt und ist von Stonehenge, deren Name schon feststand, abgeleitet wurden. Stonehenge gilt als atypisches Henge, da der Graben außerhalb des Walls verläuft.

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Stonehenge von der Seite


Neben Stonehenge bei Amesbury existieren viele weitere Henge in England. Die bekanntesten sind der Steinkreis von Avebury, Durrington Walls, Marden Henge – welche sich allesamt – wie auch Stonehenge – im Südwesten Englands in der Grafschaft Wiltshire befinden. Weitere Superhenges sind Mount Pleasant in Dorset und in Waulud’s Bank in Bedfortshire.


Allein im Süden Englands wurden während der Jungsteinzeit 120 dieser Erdstätten aufgestellt, die bis in die Bronzezeit genutzt wurden. Es wird darüber spekuliert, welchen Zweck Stonehenge und die anderen Stätten erfüllen sollten. Das Marden Henge ist das größte Henge in Großbritannien mit einem Durchmesser von 450 Meter, in dessen Innerem auch Häuser standen.

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Luftaufnahme von Stonehenge im Sommer


Stongehenge wurde ab 3.000 v.Chr. in mehreren Versionen errichtet. Die zum Teil 50 Tonnen schwere Blausteine stammen aus Wales. In Experimenten von 2013 und 2016 wurde nachgewiesen, dass die kleineren Steine über steinzeitliche Schifffahrt durchaus transportiert werden konnten. Die größeren Steine wurden wohlmöglich über eine Landtrasse transportiert.

Feuersteinmine Cissbury

Cissbury befindet sich in West-Sussex, im Süden England. Dort befindet sich eine Mine, in welcher während der Jungsteinzeit der begehrte Feuerstein als Baurohstoff abgebaut wurde. Aus Feuerstein wurden Waffen, Pfeilspitzen und Werkzeuge gefertigt, indem der Stein einseitig oder zweiseitig beschlagen wurde.

Die Mine in Cissbury wurden mit Hacken aus Geweihen von Hirschen gegraben. Diese hinterließen Spuren an den Wänden der Mine. Die Schächte der Mine hatten einen Durchmesser bis zu 3 Metern und waren bis zu 5 Metern tief. (Siehe Hauptartikel: Werkzeuge der Steinzeit)


Weitere Artikel zur Steinzeit, findest du auf unsere Übersichtsseite. Außerdem werden dort die wichtigsten Fragen und Antworten zur Steinzeit beschrieben.


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