Warum wurde Otto I. auch der Große genannt
Mit Otto I. (912- 973) fand das deutsche Königtum zahlreiche Neuerungen und Traditionen. Durch geschicktes militärisches Können und kirchlicher Politik schaffte er es, die Kaiserwürde zu erlangen. Sein Machtausbau und die Anerkennung anderer mittelalterlicher deutscher Herrscher brachten ihm schließlich den Beinamen „der Große“ ein, wodurch er in die Ränge Karl des Großen aufgenommen wurde.
Inhalt
- 1 Kindheit und Jugend Ottos I. waren Ausgangspunkt seiner späteren Herrschaft
- 2 Otto als legitimer Thronfolger
- 3 Otto I. als umstrittener Herrscher
- 4 Vom Thronerben zum König
- 5 Otto I.: Über Hochzeiten zum großen Herrscher
- 6 Der Sieg über die Ungarn führte zum Ruhm Otto I.
- 7 Otto der Große, der neue Kaiser
- 8 Otto I. als Vertreter Christi
- 9 Von unbedeutendem Königssohn zum großen Begründer neuer Herrschaftsmodelle
Kindheit und Jugend Ottos I. waren Ausgangspunkt seiner späteren Herrschaft
Otto I. galt mit seiner Geburt am 23. November 912 als Thronfolgers seines Vaters Heinrich I. Obwohl der Sachsenkönig aus seiner ersten Ehe bereits den Sohn Thankmar hatte, sollte Otto aufgrund der Annullierung der Vermählung sein Nachfolger werden. Bis heute ist jedoch wenig über Ottos Kindheit, Jugend und Erziehung bekannt. Annahmen zufolge dürfte er jedoch militärisch geprägt erzogen worden sein. Zudem sammelte er bereits als Jugendlicher Erfahrung als Heerführer, indem er an der Ostgrenze des Sachenreichs gegen die slawischen Stämme in den Kampf zog.
919 gelang es Heinrich I. nach Tod Konrads I., dem Herzog von Franken und König des Ostfrankenreichs, die Königswürde zu erlangen, in dem er von den Franken und Sachsen gewählt wurde. Dies war ein entscheidender Augenblick für die Herrschaftsgeschichte, da zuvor stets ein Sachse zum König gewählt wurde. Ottos Vater gelang es schließlich, durch geschickte Politik und einer Freundschaftsbindung, die Herzogtümer Schwaben und Bayern an sich zu binden und Lothringen wieder an das Ostfrankenreich anzugliedern. Somit war der Ausgangspunkt für Ottos spätere Herrschaft geboren.
Otto als legitimer Thronfolger
Damit Otto seinem Vater Heinrich auf den Thron der Ostfranken folgen konnte, musste dieser zunächst die alleinige Thronfolge für seinen Sohn sichern. 929 und 930 wurde die Vorentscheidung zugunsten Ottos und seiner alleinigen Thronfolge getroffen. In der „Hausordnung“ von 16. September 929, welche Heinrich an seine Gattin Mathilde richtete, nannte Heinrich urkundlich das Witwengut. Neben seinem Sohn Otto wurden sämtliche Großen des Reichens zur Anerkennung sowie Unterstützung des Testaments aufgerufen.
Infolgedessen wurde Otto bereits in einem Memorialbuch von 929 erstmals als rex beziehungsweise König genannt. Seine Brüder Heinrich und Brun jedoch erhielten diese Bezeichnung nie. Ob Otto bereits als Jugendlicher eine herrschaftliche Tätigkeit nachging, wird jedoch nie angeführt. Für den Zeitraum von 929 bis 936 fehlen Belege sowie eine Nennung von Otto in den Quellen.
Damit Otto als Thronfolger anerkannt wurde, schlossen sich die nicht-sächsischen Thronanwärter sowie Ottos Brüder der Nachfolgeregelung Heinrichs I. an. Die Regelung war äußerst bedeutsam, da Heinrich mit ihr das Prinzip der bisher geltenden Herrschaftsteilung aufgab. Zuvor hatte jedes Mitglied des Königshauses eine Anwartschaft auf den Thron inne. Folglich war nun die Unteilbarkeit des Königtums begründet. Dies sollte ebenfalls durch seine Nachfolger beibehalten werden.
Als rechtmäßiger Thronerbe musste Otto anschließend eine Braut finden und seine Dynastie fortsetzen. Obwohl es bisher unüblich war, Ehen außerhalb des ostfränkischen Reichs zu schließen, wurde am englischen Königshaus nach einer passenden Ehefrau gesucht. Die zwei Halbschwestern des englischen Königs Aethelstan, Edgith und Edgiva, kamen schließlich an den Hof Heinrichs I. Während Edgith als Braut Ottos ausgewählt wurde, heiratete ihre Schwester Karl III. den Einfältigen. Die Ehe Ottos mit Edgith wurde bereits 929 geschlossen. Die junge Monarchin erhielt als Morgengabe Magdeburg.
930 beschloss Heinrich I., seinen Sohn zu Pfingsten als designierten Thronfolger in Aachen und Franken vorzustellen. Dies war ein wichtiger Schritt, um die Zustimmung der Großen der jeweiligen Region einzuholen und die von Heinrich erdachte Thronfolgeregelung zu legitimieren. Als Folge nannten die Lausanner Annalen in den Einträgen von 930 Otto als offiziell gesalbter König. 936 wurde schließlich in Erfurt über den Bestand des Ostfrankenreichs beraten. Im Zuge dieser Beratung empfahl Heinrich I. den Großen erneut eindringlich seinen Sohn als Nachfolger.
Otto I. als umstrittener Herrscher
Als Heinrich I. am 2. Juli 936 starb, wurde Otto innerhalb weniger Wochen als neuer Herrscher anerkannt. Mit 7. August 936 bestieg Otto den Thron und wurde durch die Großen der Reiche, Herzöge und Markgrafen als neuer Herrscher gehuldigt. Durch Ottos Krönung in Aachen im lothringischen Reichsteil sowie der neuen Zugehörigkeit Lothringens zum ostfränkischen Reich war der erste Grundstein zu Ottos Werdegang und späteren Titel „der Große“ gelegt.
Dennoch gestaltete sich der Herrschaftsantritt des jungen Königs nicht einvernehmlich und harmonisch. Ottos Bruder Heinrich beanspruchte gleichfalls die Königswürde, woraufhin sich die Herrscherfamilie zerstritt. Ebenfalls schien das Verhältnis Ottos zu seiner Mutter Mathilde angespannt gewesen zu sein. Mathilde bevorzugte die Thronfolge durch ihren jüngeren Sohn Heinrich. Sowohl Heinrich wie Mathilde waren als Folge nicht bei der Krönung Ottos anwesend.
Vom Thronerben zum König
Das Erbe der Karolinger zeichnete sich bei der Krönung Ottos ab. Nicht nur der Krönungsort Aachen war essenziell für seine Stellung. Bei der Körnungszeremonie trug er fränkische Tracht und nahm anschließend auf den steinernen Thron Karl des Großen Platz. Dieser symbolträchtige Akt sollte ebenso die nachfolgenden Könige beeinflussen, da Aachen ab diesem Zeitpunkt zum Krönungsort wurde.
Der junge Herrscher verstand sich als unmittelbarer Nachfolger Karl des Großen. Obwohl Ottos Herrschaft durch die Thronstreitigkeiten mit seinem älteren Halbbruder Thankmar und seinem jüngeren Bruder überschattet wurde, verfolgte er das Ziel, seine Herrschaft zu festigen und sein Reich zu vergrößern. Sein Königtum unterschied sich hierbei maßgeblich von jenem seines Vaters, was bereits ab dem Zeitpunkt seiner Thronbesteigung ersichtlich war. Mit seinem Regierungsantritt kündigte er die Wiederaufnahme karolingischer Traditionen an. Bis Ottos Krönung wurde das Königtum allein durch die Abstammung legitimiert. Somit hatten Adelige mit entsprechender Abstammung Anspruch auf den Herrscherthron. Durch seine kirchliche Segnung allerdings stellte sich Otto über die anderen mächtigen Reichsfürsten.
Zudem zeigten sich zahlreiche Auseinandersetzungen mit den Herzögen von Franken, Lothringen und Bayern während der ersten Herrschaftsjahre Ottos I. Durch geschickte Taktiken und Verhandlungsmanöver gelang es dem Jungkönig, die Aufstände niederzuschlagen. 939 folgte die Neuordnung des Reiches, indem er Schlüsselpositionen in der Herrschaft mit loyalen Familienangehörigen besetzte. Mit 941 und 942 trat eine ruhigere Phase in der ottonischen Monarchie ein. Da Otto die Herzogtümer Sachsen und Franken noch immer als eigentliches Königsgebiet betrachtete, wählte er eine geschickte Heiratspolitik, um die Gebiete enger an sein Königshaus zu binden. Letztendlich starb nach siebzehnjähriger Ehe Ottos Frau Edgitha im Jahr 946, sodass der Witwer selbst wieder interessant für den Heiratsmarkt wurde.
Otto I.: Über Hochzeiten zum großen Herrscher
Nach Edgithas Tod blieb Otto lange Zeit allein. Das Ostfrankenreich hatte zu diesem Zeitpunkt bereit eine Vormachtstellung im ehemaligen karolingischen Reich inne. 951 zog Otto auf Bitten Adelheids, der Witwe des Langobarden Königs, nach Oberitalien. Sein erster Italienfeldzug führte ihn über die Alpen und sorgte dafür, dass er das Gebiet unter seine Herrschaft bringen konnte. An Weihnachten 951 heiratete er schließlich Adelheid, wodurch er rechtmäßiger Herrscher über Oberitalien wurde. Mit der Königskrönung in Pavia erreichte Otto den Abschluss der Eroberung des langobardisch-italienischen Reiches.
Seine weltliche Macht konnte Otto zwar selbst erweitern. Für den geistlichen Bereich musste er jedoch Vorkehrungen treffen. 953 ernannte er seinen jüngeren Bruder Brun schließlich zum Erzbischof von Köln. Sein unehelich gezeugter Sohn Wilhelm, welcher schon 927 geboren wurde, erhielt den Posten des Erzbischofs von Mainz. Somit besetzte er wichtige geistliche Positionen mit engen Familienangehörigen und erlangte die geistliche Macht in seinem Reich. Dennoch musste Otto noch im Jahr 953 seine letzte große Bedrohung beseitigen. Sein Sohn Liudolf sowie sein Schwiegersohn Herzog Konrad der Rote wagten den Aufstand gegen den Herrscher.
Während Liudolf nach dem Tod Edgithas und der erneuten Vermählung seines Vaters um seine Stellung als Thronfolger besorgt war, fühlten sich er und Heinrich von Bayern, Liudolfs Onkel, von politischen Fragen ausgeschlossen. Es folgten kriegerische Auseinandersetzungen in Mainz und Regensburg, welche durch Otto erfolglos blieben. Dennoch schwenkte die Stimmung im Reich 954 um. Liudolf wurde beschuldigt, mit den eindringenden Ungarn zusammenzuarbeiten, sodass er sich im Herbst selben Jahres seinem Vater unterwarf.
Der Sieg über die Ungarn führte zum Ruhm Otto I.
Obwohl Otto nun die Zustimmung seines Reiches genoss, war er noch nicht als der große Herrscher bekannt. Die Ungarn galten zudem als weitere große Bedrohung. 955 belagerten sich Augsburg, welches durch Bischof Ulrich verteidigt wurde. Schließlich schaffte es Otto, mit der Schlacht auf dem Lechfeld bei Augsburg das zahlenmäßig überlegene Reiterheer am 10. August 955 zu vernichten. Zwei Monate nach der Schlacht bezwang er zudem die Slawen an der Recknitz. Ottos große Erfolgte fanden Anerkennung unter den restlichen Herrschern und Adeligen. Somit wurde er als siegreicher Beschützer der lateinischen Christenheit bekannt, wodurch sein imperialer Charakter unbestritten war.
Otto der Große, der neue Kaiser
Ottos Kriegskönnen, welches an die Herrschaft Karl des Großen erinnerte, sorgte dafür, dass er der Herr über die anderen Könige wurde. Dadurch war er zwar kaisergleich. Im fehlte jedoch der offizielle Titel des „nomen imperatoris“, des Kaisers. Diesen erwarb er sich während seines zweiten Italienfeldzuges 961. Am 2. Februar 962 folgte die Kaiserkrönung Ottos I. durch Papst Johannes XII. Die Krönung fand in der Peterskirche in Rom statt. Nun als der neue Kaiser bekannt, gestaltete sich die Kaiserkrönung Ottos als wesentlicher Einschnitt in der nachfolgenden europäischen Geschichte. Die neuen mittelalterlichen deutschen Könige mussten ab diesem Zeitpunkt ihr Regierungsprogramm auf Romzug, Italienpolitik und Kaiserkrönung durch den Papst auslegen.
Als Kaiser sah Otto sich verpflichtet, sich an der Besetzung des Papstthrons zu beteiligen. Seine kaiserliche Herrschaft gipfelte in Rom an dieser. Er ließ Papst Johannes XII. noch 962 absetzen, da sich dieser mit dem Gegner Ottos, Berengar, verbündete. Die Absetzung erfolgte offiziell vor Gericht. Es folgte Ottos dritter Feldzug, welcher von 966 bis 972 andauerte. Nun traten Spannungen mit dem Byzantinischen Reich auf. Um eine Aussöhnung herbeizuführen, vermählte er seinen Sohn und Nachfolger Otto II. mit Thephanu, der byzantinischen Prinzessin.
Zurück aus Italien erlebte Otto den Höhepunkt seiner Macht. Kurz vor seinem Tod am 7. Mai 973 hielt er in Quedlinburg einen Hoftag ab. Während diesem wurde er als „Haupt der Welt“ gepriesen und durch die Gesandten aus nahezu allen Teilen der Welt, welche zum damaligen Zeitpunkt bekannt war, geehrt. Sein gegründetes Königtum, welches auf den Akt der Salbung beruhte, wurde gleichzeitig Vorbild für sämtliche nachfolgenden Herrscher des Mittelalters. Zugleich erneuerte er das abendländische Kaisertum, welches ab diesem Zeitpunkt mit dem deutschen Königtum verbunden blieb. Als Folge belegte ihn Bischof Otto von Freisingen mit dem Beinamen „der Große“, wodurch er offiziell als „Otto der Große“ Bekanntheit erlang.
Otto I. als Vertreter Christi
Nicht nur in Bezug auf sein militärisches Können wurde Otto als Nachfolger Karl des Großen angesehen. Als Vertreter Christi betrachtete er die Heidenmission als seine kaiserliche Pflicht. Sein Ziel bestand darin, dass Heilige Römische Reich zu schaffen und Europa unter das Zeichen des Kreuzes zu stellen. Dadurch verhalf er der Kirche sowohl zu wirtschaftlicher wie militärischer Macht. Durch die Einbindung der Kirche in das Staatsgefüge sowie der Zuteilung großer Bistümer an die Bischöfe weiterte er seine Macht geschickt aus. Gleichzeitig konnte er durch dieses Vorgehen höhere Abgaben durch Bistümer fordern.
Seine christliche Herrschermission setzte Otto der Große mit der Gründung neuer Bistümer fort. Diese sollten zur Verbreitung des Gottesdienstes beitragen. 968 folgte die Errichtung des Erzbistums Magdeburg, welchem viele Mühen und Rückschläge vorausgingen. Otto veranlasste den Bau eines mächtigen Gotteshauses sowie den Ausbau Magdeburgs zu einem bedeutenden Missionsstützpunkt, welcher bei der Eroberung slawischer Gebiete und der dadurch resultierenden Christianisierung dienen sollte.
Es folgte die Gründung der Bistümer Zeitz, Meißen und Merseburg. 984 wurden zudem die Bistümer Brandenburg und Havelberg ernannte. Mit diesem Vorgehen wollte Otto die Ostgrenze sichern. Gleichzeitig folgte er der Tradition Karl des Großen, welcher Eroberung und Mission vereinte. Obwohl Otto der Große zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr lebte, halfen diese Maßnahmen seinem Sohn und Erben Otto II.
Von unbedeutendem Königssohn zum großen Begründer neuer Herrschaftsmodelle
Mit seiner Geburt stand Otto I. sein Königs- und späteres Kaiserrecht nicht zu. Doch durch geschicktes Vorgehen seines Vaters Heinrich I. gelang es dem jungen Herrscher schließlich, seine Macht kontinuierlich auszubauen. Heiratspolitik, die Anerkennung anderer Herrschaftsbereiche, seine Italienpolitik sowie strategisch gut durchgeführte Kriegszüge sorgten dafür, dass aus dem einstigen König aus alleinigen Mitteln ein Kaiser seines Gleichen wurde. Die Wiederbelebung karolingischer Traditionen, welche seit Karl dem Großen verloren gingen, in Kombination mit neuen Traditionen bezüglich Königskrönung sorgten ebenfalls für Anerkennung im kirchlichen Bereich. Als Ergebnis seiner lebenslangen Bemühungen erhielt Otto noch zu Lebzeiten den Beinamen „der Große“, welcher in die Geschichte eingehen sollte.