Kaiserkrönung Otto I. des Großen in Rom (962) und dessen Kaiserreich
Otto I. der Große wurde viermal in den Rang eines Monarchen und Herrschers erhoben: Er war Herzog von Sachsen, König des Ostfrankenreiches, König von Italien und römisch-deutscher Kaiser.
Inhalt
Otto der Große mit dem Anspruch auf 4 Herrschertitel
Otto I. wurde am 23. November 912 geboren und starb am 7. Mai 973 im sächsischen Ort Memleben. Er war ein Adeliger aus dem Geschlecht der Liudolfinger. Sein Vater Heinrich I. „der Vogler“ war Herzog von Sachsen und Regent des Ostfrankenreiches.
Anders als zur damaligen Zeit üblich machte Heinrich seinen Sohn Otto zum Alleinerben des Reiches. Das brüskierte zwei von Ottos Brüdern, ein dritter war in die Kirche eingetreten und beteiligte sich nicht an den Erbstreitigkeiten.
Ottos Herrschaft war von einem Auf und Ab geprägt. Zunächst wurde er von anderen Adelshäusern schwer angegriffen, seine Mutter rebellierte gegen das Vermächtnis ihres verstorbenen Gatten Heinrich I. und schließlich rebellierte auch Ottos erster Sohn Liudolf gegen ihn. Trotzdem ging Otto aus allen Disputen, Angriffen, Intrigen und Aufständen als Sieger hervor. Durch eine große Schlacht gegen den gesamtdeutschen Feind Ungarn auf dem Lechfeld bei Augsburg wurde Ottos Überlegenheit schließlich auch in eigenen Reihen anerkannt.
Durch seine Verdienste um die italienische Nation, den Schutz des römisch-katholischen Christentums und die Ehe mit seiner zweiten Frau wurde er zum König von Italien und schließlich zum Kaiser. Otto gilt heute als einer der wichtigsten Herrscher des frühen Mittelalters und als Urvater der deutschen Nation.
Ottos Krönung zum König des Ostfrankenreiches
Nach dem Tod Heinrichs I. am 2. Juli 936 und dessen Erbschaftsbestimmungen ging der Titel des Herzogs von Sachsen und des Königs des Ostfrankenreiches automatisch an Otto. Obwohl die ungewöhnliche Regelung der Erbfolge zunächst für einen Aufschrei unter anderen Herzögen, Königen und Ritter sorgte, setzte sich Otto durch.
Schließlich gelang es ihm einige treue Adelige aus Franken und Sachsen um sich zu versammeln und ließ sich von ihnen zum Oberhaupt „elegit sibi in principem“ wählen. Als Krönungsort wählte er die Pfalz Aachen und dessen Münster, wo Ottos großes Vorbild Karl der Große begraben wurde.
Die Krönung erfolgte am 7. August936 durch den Mainzer Erzbischof Hildebert von Mainz und Wichfried von Köln. Das Ritual der Krönung bestand in mehreren sakralen Salbungsakten sowie der Übergabe der Königs-Insignien.
Krönung zum italienischen König
Nachdem die italienischen Könige Hugo und sein Sohn Lothar II. in kurzem Abstand zueinander ums Leben gekommen waren, griff ein wenig edler und politisch gefährlicher Nachfolger nach der italienischen Krone. Um die an sich zu bringen, setzte der langobardische Aufständische Berengar die Königswitwe Adelheid in einer Burg fest und wollte sie zur Heirat zwingen.
Adelheid gelang es, König Otto I. ein Hilfsgesuch zu übersenden. Sie bot ihm die Heirat und die Krone Italiens an. Otto willigte auch des politischen Friedens willen ein. Seine erste Frau Edgitha war vier Jahre zuvor verstorben und Otto Witwer. Zunächst sandte er einen seiner Herzöge, Heinrich, nach Italien, um Adelheid aus ihrer Fluchtburg Canossa zu befreien und nach Pavia zu bringen. Dort traf sie im Spätherbst 951 auf Otto und vermählte sich zu Weihnachten mit ihm.
Die italienische Königswürde übernahm er wohl, ohne dass es einen weiteren Erhebungsakt gegeben hat oder er wurde nicht überliefert. Damit war Otto König der Franken und Langobarden „rex Francorum et Langobardorum“ und König der Franken und Italiener „rex Francorum et Italicorum“.
Kaiserkrönung von Otto I.
Nach der siegreichen Schlacht auf dem Lechfeld im Jahr 955 hatte Otto einen der schlimmsten Feinde des christlichen Abendlandes besiegt. Das Volk der Magyaren entspricht in etwa den heutigen Ungarn und hatte Jahrhunderte lang abwechselnd mit Hunnen und anderen östlichen Reitervölkern das Reich der Christenheit terrorisiert.
Aufgrund dieser Verdienste und durch weitere militärische und politische Interventionen zum Schutz von Italien und Rom wurde Otto am 2. Februar 962 von Papst Johannes XII. zum Kaiser gekrönt. Mit Ottos Kaiserkrönung wurde die Tradition aller weiterer Kaiserkrönungen des Mittelalters und das Heilige Römische Reich Deutscher Nation begründet.
Otto ließ sich zudem das Recht verleihen, Bistümer zu gründen sowie Bischöfe zu erheben und zu entlassen. Selbst den Papst, der ihn zum Kaiser gemacht hatte, ließ Otto nur ein Jahr nach seiner Erhebung absetzen. Papst Johannes XII. hatte sich angeblich mit einem von Ottos Erzfeinden eingelassen. Als Kaiser gründete Otto unter anderem das Erzbistum Magdeburg und den Merseburger Bischofssitz.
Wie wurde Otto I. zum Kaiser
Zu Zeiten Ottos waren Ländergrenzen, Reiche und Adelshäuser alles andere als stabile Systeme. Es gab kaum feste Grenzen und gesicherte Stände. Viele Königreiche und Herzogtümer hatten noch nicht einmal eine richtige Hauptstadt.
Ständig wechselten Adelige und Herrscher, Revolten, Auseinandersetzungen, Kriege und die Versuche einzelner, mehr Macht an sich zu bringen, prägten das politische Gefüge. Zwar hatte auch Otto die Absicht, Macht zu übernehmen, er galt jedoch als ein sehr besonnener Herrscher mit hohen moralischen Ansprüchen. Sein Ziel war es, Reiche zum Vorteil aller zu vereinen und nicht nur, materielle Güter und Ansehen an sich zu bringen.
Nachdem Tod des italienischen Königs versuchten Aufständische die Herrschaft an sich zu reißen. Otto I. kam der Königswitwe Adelheid im Jahr 951 zur Hilfe und heiratete sie in zweiter Ehe. Dadurch wurde er zum König von Italien und verhinderte eine Destabilisierung der Beziehungen zu Italien und bis nach Rom.
954 einte Otto I. erstmals die deutschen Adeligen und zog mit ihnen im gegen die ständig ins fränkische und bayerische Reich einfallenden Magyaren. Nach dem Sieg gegen die heidnischen Völker galt Otto als ein Hüter der christlichen Völker und Zivilisation.
Nach einer weiteren Auseinandersetzung mit seinem Sohn Luitdolf wurde Otto sehr krank. Diesen Aspekt nutzen Widersacher in Italien, um Ottos Regentschaft infrage zu stellen.
Nach seiner Genesung Sohn Otto im August 961 von Augsburg nach Italien. Alleine Ottos Anwesenheit brachte seinen Lehensverwalter und heimlichen Widersacher Berengar zum Rückzug.
Otto zog mit seinem Heer weiter nach Rom. Dort wurde er zum Dank für seine Verdienste um das italienische Reich und die Christenheit am 2. Februar 962 von Papst Johannes XII. zum Kaiser gekrönt.
Auch Adelheid erhielt eine Salbung und Krönung und war damit offizielle Kaiserin.
Dies gilt in der Geschichte als ein Novum: Keine einzige Gemahlin eines Karolingers (Adelsgeschlecht Karl des Großen) war je zur Kaiserin gekrönt worden.
Für das Papsttum in Rom hatte Ottos Krönung einen entscheidenden Vorteil: Der Papst wurde als damals herrschendes Oberhaupt über die einst mächtigste Stadt der Welt häufig bedrängt. In Otto fand er einen starken Beschützer und sicherte seinen eigenen Stand.
Otto ließ sich im Gegenzug etliche Kirchenrechte übertragen. So gab ihm der Papst die Erlaubnis, Bistümer zu gründen und selbst in die Papstwahl einzugreifen.
Nur ein Jahr nach seiner Kaiserkrönung setze Otto Papst Johannes Paul XII. ab, da dieser sich mit Ottos Widersacher Berengar eingelassen hatte.
Nach Erhalt der Kaiserwürde etablierte Otto das Heilige Römische Reich Deutscher Nation. Das deutsche und später österreichische Kaisertum gilt als eine Erfolgsgeschichte und endete in Deutschland 1918 mit Kaiser Wilhelm II.
Das Kaisertum von Otto I.
Das mittelalterliche Kaisertum nahm die Traditionen des einstigen Römischen Reiches wieder auf. In der Spätantike wandelte sich Rom von einem Königreich in ein Kaiserreich. Die Kaiser sahen sich als Gesamtherrscher über große Reiche und als Vertreter des Göttlichen auf Erden.
Roms große Kaiser sind bis heute große Namen der Geschichte. Aus dem Imperium Romanum ging ab 395 n. Chr. das Weströmische Reich und das Oströmische Reich (später das Byzantinische Reich) hervor. Als Westrom im Jahr 476 zusammenbrach, gab es dort lange Zeit keinen Nachfolger. In Byzanz herrschte das Kaisertum bis 1453 über ein einst sehr großes (ganze östliche Mittelmeerküste, Ägypten, Kleinasien) und schließlich immer kleiner (nur noch Konstantinopel) werdenden Reich.
Nach dem Fall Westroms war Rom eine vergleichsweise unbedeutende Stadt geworden. Bis sich dort das Papsttum bildete und Rom zum Zentrum der abendländischen römisch-katholischen Christenheit wurde.
Der Papst verfügte zwar auch über ein kleines Heer, war aber auch auf Hilfe und Schutz von außen angewiesen. Im Laufe der Jahrhunderte hatte die Kirche immer größere Reichtümer und Ländereien in ihren Besitz gebracht. Damit waren der Papst und sein Sitz im Rom ein Ziel für Angriffe von nicht-christlichen Völkern und Stämmen oder Aufständischen.
Die mitteleuropäische Christenheit und Monarchie schätze und ehrte zum einen die ehemalige Weltstadt Rom und das Zentrum der Christenheit.
Als die fränkischen Karolinger unter Karl dem Großen weite Teile Europas unter sich vereinten, beschloss der damalige Papst, die lange nicht mehr verliehene Kaiserwürde an einen weltlichen Beschützer und Herrscher zu übertragen. Im Jahr 800 wurde Karl der Große der erste westliche Kaiser nach dem Untergang Westroms im 5. Jahrhundert. Die Kaiserwürde wurde noch an einige Nachfolger Karls des Großen übertragen und endete 888 mit Karl III.
Die Herrscher in Ostrom erkannten sowohl Karl den Großen als auch Otto den Großen als Kaiser an. Schließlich profitierte auch das Byzantinische Reich von der Stabilität im Westen unter starken Führern. Der Titel „Imperator Romanorum“ blieb aber den Herrschern in Konstantinopel vorbehalten.
Nach den Ottonen führten die Salier und Staufer die Kaiserwürde in Mitteleuropa fort. Mit dem Titel war keine staatsrechtliche Macht verbunden, vielmehr handelte es sich um eine geistige Größe. Der Kaiser hatte keine Befugnis über andere Könige zu regieren und die Kaiserwürde verlieh auch keine Eingriffsrechte in die Souveränität der übrigen Königreiche des Abendlandes.
Mit dem Titel Kaiser war eine Ideologie verbunden, die mitteleuropäische Adelige in die direkte Nachfolge der berühmten römischen Herrscher der Antike versetze. Außerdem wurde die Kaiserkrone mit der weltlichen Vertretung Jesus Christus in Verbindung gebracht.
Vom Stauferkaiser Friedrich II. (1212 bis 1250) stammt dieses Zitat zum Thema Kaisertitel: „Alles auf Erden verliert seine Bedeutung gegen die Hoheit, den Glanz und die Herrlichkeit des Kaisertums“.