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Wieso ist Aids nicht heilbar: Ursachen und Hintergründe


Seit der Entdeckung von Aids im Jahr 1981 sind etwa 32 Millionen Menschen an der Krankheit verstorben. Dank intensiver Forschung ist Aids heute gut behandelbar und verläuft bei frühzeitiger Diagnose und regelmäßiger Medikamenteneinnahme nur noch selten tödlich. Dennoch ist es bis heute nicht gelungen, an Aids erkrankte Menschen vollständig zu heilen. Woran liegt das? Warum ist Aids bis heute unheilbar?

Häufige Mutationen

Die Krankheit Aids wird durch eine Infektion mit dem HI-Virus (HIV) ausgelöst. Eine Heilung von Aids zielt demnach darauf ab, alle HI-Viren im Körper eines infizierten Patienten zu eliminieren. Da sich das HI-Virus im menschlichen Körper jedoch mit einer sehr hohen Geschwindigkeit vermehrt, ist es zwar möglich, die Viruslast (das heißt, die Zahl der Viren im menschlichen Körper) durch Medikamente zu reduzieren, es ist bislang jedoch nicht möglich, die Viruslast auf Null zu senken.

Je häufiger sich ein Virus vermehrt, desto mehr Mutationen (neue, leicht veränderte Varianten) dieses Virus entstehen. Das HI-Virus ist sogar das Virus mit der höchsten biologischen Mutationsrate, die momentan in der Wissenschaft bekannt ist. Für das Immunsystem und für eine mögliche medikamentöse Behandlung bedeutet diese hohe Mutationsrate folgendes: Wenn das Immunsystem oder ein Medikament das HI-Virus erkannt hat, entwickelt es eine spezifische Immunantwort (das Immunsystem versucht, das Virus zu eliminieren).

Während diese Immunantwort entwickelt wird, haben sich jedoch bereits wieder neue mutierte Varianten des HI-Virus entwickelt, gegen die die gerade gebildete Immunantwort nicht oder nur noch bedingt wirksam ist (dasselbe gilt für etwaige Medikamente). Gegen diese neuen mutierten Varianten müssen dann wieder neue Immunantworten gebildet bzw. neue Medikamente gefunden werden. Währenddessen mutiert das HI-Virus jedoch erneut. Das Immunsystem und die Wirkung des Medikaments ist schlichtweg zu langsam, die Mutationsrate des HI-Virus zu hoch.

T-Zellen

Ein weiteres großes Hindernis bei der Suche nach einer HIV-Heilung ist die Tatsache, dass das HI-Virus die T-Helferzellen (kurz: T-Zellen) angreift.

Das menschliche Immunsystem besteht aus vielen verschiedenen Zellen, die bei der Bekämpfung eines Krankheitserregers zusammenarbeiten. Die T-Zellen spielen bei dieser Zusammenarbeit die wichtigste Rolle, denn nur durch die Stimulation durch die T-Zellen werden die anderen am Immunprozess beteiligten Zellen erst aktiv. HIV greift jedoch speziell die T-Zellen an und attackiert das Immunsystem dort, wo es besonders verwundbar ist. Auf diese Weise kann es dem HI-Virus in extremen Fällen sogar gelingen, das Immunsystem nicht nur zu schwächen, sondern sogar vollkommen zum Erliegen zu bringen.

Latente Infektion

Nicht alle HIV-infizierten Zellen sind gleichzeitig aktiv. In den sehr frühen Stadien der HIV-Infektion produzieren einige der infizierten Zellen keine neuen Kopien des Virus. Infolgedessen können latente (inaktive) HIV-Viruszellen über Monate oder sogar Jahre hinweg im Körper verbleiben. Das Problem daran ist, dass die derzeitigen Behandlungen nicht in der Lage sind, diese latenten Zellen zu eliminieren, da sie nicht im Blut zirkulieren. Dies ist ein Problem für den HIV-Infizierten, da diese Zellen jederzeit aktiv werden können.

Behandlung von AIDS und Medikamente

Die wirksamste Behandlung, die Aids-Patienten momentan zur Verfügung steht, ist die sogenannte antiretrovirale Therapie (ART). ART dient allerdings nicht dazu, das HI-Virus komplett zu eliminieren. Demnach ist ART zwar keine Heilung, dieser Behandlungsmethode gelingt es jedoch, indem sie HIV in einem anderen Stadium seines Replikationszyklus (der Vermehrungsprozess des Virus) angreift, das Fortschreiten von HIV zu AIDS zu stoppen.

Infolgedessen ermöglichen die bestehenden ARTs den HIV-Infizierten ein fast normales Leben mit dem Vorbehalt, dass sie regelmäßig Medikamente einnehmen müssen, während sie mit der Ungewissheit leben, ob HIV wieder auftaucht. Im Wesentlichen haben antiretrovirale Medikamente das, was früher ein Todesurteil war, in ein Lebensurteil verwandelt. Zudem weisen verschiedene Studien darauf, dass die regelmäßige ART-Therapie das Übertragungsrisiko von Aids drastisch reduziert.

Stammzellentherapie: Heilung in Sicht?

Bislang sind weltweit drei Fälle von HIV-infizierten Patienten bekannt, bei denen die Viruslast mittels Stammzellentransplantation auf Null gesenkt werden konnte. Einem HIV-positiven Briten etwa wurde von einem Spender Knochenmark transplantiert, das ihn vor dem HI-Virus schützen sollte. Nach der Transplantation erhielt der Mann für über ein Jahr Medikamente gegen HIV, ehe diese Medikamente abgesetzt werden. Seitdem wurden im Körper des Patienten keine HI-Viren nachgewiesen. Die Ärzte zögern allerdings noch, von einer Heilung zu sprechen, und wollen erst abwarten, ob das Virus auch langfristig nicht wiederkommt.

Gleichwohl kennt die medizinische Forschung tatsächlich einen Patienten, den sogenannten „Berliner Patient“, der im Berliner Krankenhaus Charité mittels Stammzellentherapie langfristig von allen HI-Viren geheilt werden konnte. Bis heute ist es jedoch nicht gelungen, diesen Erfolg bei anderen Patienten zu wiederholen.

Ein Problem bei der Stammzellentherapie besteht in dem hohen Risiko, mit dem diese Behandlungsmethode verbunden ist. Neben dem Auftreten sehr starker Nebenwirkungen kommt es nicht selten vor, dass Patienten aufgrund der Stammzellentransplantation versterben, denn diese Behandlungsform sieht vor, das menschliche Immunsystem vollständig herunterzufahren. Dadurch wird der Betroffene sehr anfällig für alle Arten von Krankheitserregern. Ferner besteht das Risiko, dass das Transplantat das Gewebe des Patienten angreift und irreversible Schäden anrichtet, die bis zum Tod führen können.

Ein anderes Problem, das mit der Stammzellentherapie einhergeht, ist die Suche nach einem geeigneten Spender. Wenn es um die Heilung von HIV geht, wird von Fachleuten vermutet, dass nur ein Bruchteil der Bevölkerung überhaupt als Spender für eine Stammzellentherapie infrage kommt.
Aufgrund des hohen Risikos durch die Stammzellentherapie ziehen die meisten Ärzte und auch der Großteil der Patienten weiterhin die medikamentöse Behandlung vor.

Die medikamentöse Behandlung geht meist nur mit wenigen Nebenwirkungen einher (etwa Verdauungsbeschwerden) und ermöglicht den Betroffenen ein weitgehend normales Leben. Bei regelmäßiger ärztlicher Betreuung und Einnahme der auf den jeweiligen HIV-positiven Patienten abgestimmten Medikation unterscheidet sich die Lebenserwartung HIV-infizierter Menschen nur geringfügig von der normalen Lebenserwartung.

Heilung – eine Definitionsfrage

Wenn man sich mit der Heilung von Aids auseinandersetzt, sollte man sich vor Augen führen, dass in der Wissenschaft drei verschiedene Formen von Heilung diskutiert werden.

Unterschieden wird zum einen zwischen einer sterilen Heilung, bei der die Viruslast tatsächlich auf Null gesenkt wird und keine Spuren der Krankheit zurückbleiben, und einer funktionellen Heilung, bei der nur über einen bestimmten Zeitraum Medikamenten eingenommen werden, die auch nach Absetzung dafür sorgen, dass die Krankheit zwar vorhanden ist, aber nicht zu AIDS fortschreiten oder übertragen werden kann. Zum anderen gibt es auch Stimmen, die die lebenslange ART-Behandlung als Heilung definieren, da auch hier der Ausbruch der Krankheit zuverlässig und lebenslang verhindert werden kann.


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