Warum ist die Blutgruppe AB so selten
Beim Menschen treten vier unterschiedliche Blutgruppen auf: A, B, AB und 0. Warum sind diese aber so unterschiedlich verteilt? Zieht man die normale Vererbung von Mutter und Vater auf das Kind in Betracht, so müsste es doch sehr häufig zu der Kombination AB kommen. Studien zeigen jedoch, dass die Blutgruppe AB selten ist. Warum ist dies aber der Fall?
Wie entstehen Blutgruppen
Warum gibt es überhaupt vier unterschiedliche Blutgruppen?
Das System A, B, AB und 0 ist zwar nicht das einzige Klassifikationssystem, aber das gebräuchlichste. Es hat sich seit seiner ersten Beschreibung im Jahre 1900 als sehr effizient erwiesen und ist seit 1929 weltweit gebräuchlich. Die vier Gruppen beschreiben dabei die Oberfläche der Roten Blutkörperchen, die sich in den jeweiligen Gruppen unterscheiden.
Die Oberflächen bilden sogenannte Antigene aus. Das sind Proteine, also kleine Eiweißmoleküle, die jeweils eine bestimmte Form haben. Sie unterscheiden sich zwischen A und B. Diese Antigene verhindern, dass Rote Blutkörperchen anderer Gruppen mit denen der eigenen Gruppe interagieren, also sich austauschen oder in Kontakt treten können. Blut der Gruppe A reagiert also auf Blut der Gruppe B sehr extrem. Es kommt zur Koagulation, bei der das Blut verklumpt. Dies kann lebensbedrohliche Folgen haben. Eine Bluttransfusion oder Organspende von A nach B oder umgekehrt ist deswegen nicht möglich. Aus diesem Grund ist die Kenntnis der eigenen Blutgruppe auch sehr wichtig.
Bei der Blutgruppe AB dagegen weisen die Roten Blutkörperchen die Proteine beider Gruppen auf. Es ist zwar richtig, dass Antigen A gegen Blut B geht und umgekehrt, aber bei AB besitzt die Oberfläche ja beide Proteine, sodass es mit dem Blut von A, B und AB interagieren kann. Es kommt hier zu keiner Verklumpung, denn die jeweiligen Proteine finden stets das richtige Antigen auf der Oberfläche des anderen Roten Blutkörperchens. Die Blutgruppe AB ist dementsprechend diejenige, die sich mit allen Blutgruppen – auch mit der Gruppe 0, verträgt. Sie können also von allen anderen Blut oder Organe bekommen, ohne dass der Körper dabei Abwehrprozesse einleitet.
Und was ist mit der Gruppe 0?
Die Oberfläche der Roten Blutkörperchen der Gruppe 0 besitzt keine Antigen-Proteine, die sich gegen A oder B richten. Das Resultat ist, dass dieses Blut mit allen anderen Blutgruppen kompatibel ist. Blutspender mit dieser Gruppe können also ihr Blut sowohl an A, B als auch AB spenden. Die Oberfläche des 0-Roten Blutkörperchens besitzt allerdings andere Proteine, die nicht selber mit den anderen Blutgruppen interagieren können. Menschen mit Gruppe 0 können deswegen weder Blut noch Organe von Trägern der anderen Gruppen akzeptieren.
Die Schlüssel zur Häufigkeit der Gruppen sind Genetik und Statistik
Die vier menschlichen Blutgruppen A, B, AB und 0 werden vererbt. Die DNA kommt zur Hälfte von der Mutter, die andere Hälfte vom Vater. Dies ist bei der gesamten DNA der Fall. Bei der Vererbung teilt sich der DNA-Strang sowohl bei der Mutter als auch bei dem Vater und die kombiniert sich neu. Deswegen tragen Kinder Merkmale von beiden Elternteilen.
Welche Gene aber von welchem Elternteil kommen, entscheidet sich quasi per Zufall und ist ein Motor der Entwicklung bzw. Evolution. Welches Gen aber im Kind wirklich zur Ausprägung kommt, entscheidet ein anderer Faktor, nämlich die Durchsetzungsfähigkeit eines Gens. Ein Gen kann dominant sein und setzt sich dann durch. Es kann aber auch rezessiv sein und wird überdeckt, es sei denn, es liegt in doppelter Form rezessiv vor.
Dabei liegen die Gene für Blutgruppen A und B dominant vor, das für 0 rezessiv. Dies bedeutet, dass die Blutgruppe A immer dann ausgeprägt vorliegt, wenn mindestens einer der beiden Elternteile die Gruppe A besitzt (und der andere 0). Bei B liegt dasselbe vor. Die Blutgruppe 0 kommt nur zur Ausprägung, wenn beide Elternteile das Gen für 0 an das Kind vererben. Im Falle von AB kommt folgendes zum Tragen: ein Elternteil muss A, das andere B an das Kind weitergeben. Da beide Gene dominant sind, spricht man hier von Kodominanz. Beide Gene werden dann aktiv, sodass das Kind die Gruppe AB ausprägt.
Statistisch gesehen ist die Blutgruppe A die am weitesten verbreitete (zirka 40 %). B dagegen nur mit etwas mehr als 10 %. Es ist also wahrscheinlicher, dass bei der Vererbung das Gen für die Blutgruppe A dominiert. Nur in wenigen Fällen kommt es zu einer Kombination von A und B – und nur dann, wenn die beiden Elternteile entweder selber AB haben oder AA bzw BB: Hat die Mutter AB und der Vater AA, so kann dies zu folgenden Kombinationen führen: AA, AA, BA, BA.
In 50 % der Kombination ergibt es also die Blutgruppe AB. Hat aber ein Elternteil bereits gemischte DNA, zum Beispiel A0, dann ergibt sich folgendes Schema: A0 mit AB ergibt AA, 0A, AB, 0B. Also lediglich in 25 % der Fälle ergibt sich die Gruppe AB, in 25 % B und in 50 % A, denn A ist dominant über 0. Legt man nun noch zu Grunde, dass die Blutgruppen geografisch gesehen unterschiedlich ausgeprägt sind (in Europa kommt A häufiger vor, in Asien die Blutgruppe B), dann versteht man leicht, dass die Kombination AB nicht sehr häufig vorkommen kann. In Deutschland haben lediglich 4 % der Menschen diese Blutgruppe; weltweit sind es wahrscheinlich im Durchschnitt 5 %.