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Beziehungsarten und Dreieckstheorie der Liebe | Psychologie


Beziehungen spielen eine immens wichtige Rolle in unserem Leben. Wir definieren uns zu einem großen Teil über sie und werden gleichzeitig maßgeblich von ihnen beeinflusst. Wenn man an Arten von Beziehungen denkt, kommen einem vermutlich zunächst Begriffe wie Ehe, Eltern-Kind-Beziehung, berufliche Beziehungen oder Freundschaften in den Sinn. Und damit liegt man auch nicht daneben.

Doch worin unterscheiden sich diese Beziehungsformen überhaupt?
Nach Sternberg werden Beziehungen vor allem dadurch definiert, zu welchen Anteilen die Aspekte Intimität, Leidenschaft und Verpflichtungen in ihnen ausgeprägt sind. Allerdings gibt es daneben noch andere Beziehungsbeschreibungen, welche sich auf Hierarchie, Freiwilligkeit und den Austausch von Gefallen beziehen.

Wie diese Merkmale und Arten von Beziehungen zusammenhängen und was eine Beziehung im eigentlichen Sinne ist, bringen wir dir in diesem Text näher.

Was sind Beziehungen?

Bevor wir uns mit den einzelnen Formen von Beziehungen befassen, versuchen wir uns vorab mit einer Definition.

Was ist eine Beziehung überhaupt?
Das Thema ist sehr komplex und eine wissenschaftliche Definition daher auch gar nicht so einfach. Prinzipiell kann man sagen, dass Beziehungen immer mit Interdependenz einhergehen. Hiermit ist die wechselseitige Abhängigkeit der Partner gemeint.

Es passiert beispielsweise schnell, dass die schlechte Stimmung des einen Partners auf den anderen übergeht. Allerdings kann es umgekehrt auch der Fall sein, dass der eine den anderen mit seiner positiven Stimmung ansteckt. Die Wechselseitigkeit bezieht sich allerdings nicht nur auf affektives, sondern auch auf kognitives Verhalten. Denn der eine Partner kann dem anderen ebenfalls neue Denkanstöße liefern.

In Beziehungen ist es dabei wichtig, dass die Partner das gegenseitige Interesse füreinander aufrechterhalten und nicht ständig die schlechte Laune am anderen auslassen. Natürlich hat niemand permanent eine super Laune. Doch darum geht es auch eher weniger. Problematische Themen sollten auch mit dem Partner besprochen werden. Liegt dem einen etwas schwer auf dem Herzen sollte er keine Angst haben müssen, seine Sorgen mit dem anderen zu teilen.

Es geht vielmehr darum, den Partner nicht für seine eigenen Probleme verantwortlich zu machen. Stell dir vor, der eine kommt nach einem stressigen Tag nach Hause. Nach einem Streit mit dem Vorgesetzten brodelt es in seinem Inneren. Jetzt kann der kleinste (vermeintlich) Fehltritt des anderen Partners ausreichen, um als Dampfablass herhalten zu müssen. Der daraus entstehende Ärger ist ein recht häufiger Trennungsgrund.

Doch auch Gleichgültigkeit wirkt sich auf eine Beziehung sehr negativ aus. Wenn der eine kein Interesse mehr an den Wünschen, Gedanken oder Gefühlen des anderen mehr zeigt, schleicht sich eine emotionale Distanz ein. Die Partner leben sich auseinander und die Beziehung wird zunehmend liebloser. Bis sie schließlich zerbricht. Kleine Gesten im Alltag helfen allerdings bereits dabei, dem Partner das eigene Interesse zu signalisieren. Das kann selbst die kleine Frage „Wie war dein Tag?“ sein.

Welche Arten von Beziehungen werden unterschieden?

Es gibt in der Sozialpsychologie verschiedene Kategorisierungsansätze, um die Formen von Beziehungen einzuordnen. Ein prominentes Beispiel ist die Dreieckstheorie von Sternberg.

Sternbergs Dreieck der Liebe

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Der US-amerikanische Psychologe Sternberg entwarf die sogenannte Dreieckstheorie der Liebe.
Diese beinhaltet die Punkte Leidenschaft (körperliche Anziehung, sexuelles Begehren), Intimität (Gefühl emotionaler Nähe und Verbundenheit) und Verpflichtung (Entscheidung, zusammen sein zu wollen und das auch in Zukunft zu bleiben). Abhängig von der Ausprägung dieser drei Aspekte ergeben sich insgesamt acht Formen von Beziehungen.

1. Die „Nichtliebe“

Sofern keiner der Punkte vorhanden ist, besteht im Prinzip keine wirkliche Beziehung. Es bestehen weder große Erwartungen und schon gar nicht Intimität oder gar Leidenschaft. Das ist vor allem in alltäglichen Begegnungen der Fall, welche nur sehr oberflächlich ablaufen. Dazu zählen beispielsweise Kontakte zu Menschen, die wir beim Einkaufen treffen oder beim Kontakt mit Geschäftskunden. Man sagt freundlich „Guten Tag“, hält gegebenenfalls noch ein wenig Smalltalk, doch damit hat es sich dann auch.

2. Die vollkommene Beziehung

Das genaue Gegenteil davon ist die sogenannte vollkommene Beziehung. Hier sind alle drei Punkte stark ausgeprägt. Emotionale Nähe, körperliche Anziehung, gemeinsames Pläneschmieden: Die Idealvorstellung einer Liebesbeziehung. Man spricht hier auch von psychologischer Anziehungskraft oder umgangssprachlich vom Traumpartner.

3. Freundschaft

Bei freundschaftlichen Beziehungen sieht es etwas anders aus. Zwar sind hier auch weder Leidenschaft noch Verpflichtungen gegeben. Doch Intimität ist vorhanden. Wir fühlen uns dem anderen nahe, teilen Geheimnisse und können uns auf den anderen verlassen. Zugegebenermaßen lässt dich darüber streiten, ob Freundschaften nicht auch mit einem gewissen an Verpflichtung einhergehen.

4. Kameradschaftliche Liebe

Wie auch bei der freundschaftlichen Liebe kann es in Beziehungen zum Fehlen von Leidenschaft kommen. Vielleicht waren früher einmal alle drei Punkte stark ausgeprägt, doch die Leidenschaft ließ irgendwann nach. Stattdessen wiegen Intimität und Verpflichtung (beispielsweise gemeinsame Kinder) schwerer. Auch wenn kaum noch Leidenschaft in der Partnerschaft vorherrscht, so haben sich beide Partner dennoch für ein gemeinsames Leben entschieden.

Der Unterschied zwischen der kameradschaftlichen Liebe und der Freundschaft bzw. platonischen Liebe liegt in seiner Ursache. Freundschaften wurden geschlossen, um Intimität zu gewähren, Leidenschaft allerdings zu unterlassen. Bei der kameradschaftlichen Liebe stand die Leidenschaft am Anfang im Vordergrund und war wahrscheinlich der Grund, weshalb die Beziehung eingegangen wurde. Irgendwann ließ die leidenschaftliche Liebe allerdings nach und verblasste schließlich vollkommen.

5. Eine leere Beziehung

Sofern nur noch gemeinsame Verpflichtungen bestehen, hält eine Beziehung vielleicht nur noch aus Gewohnheiten zusammen. Zumindest ist es nicht mehr die Liebe zum Partner, denn diesem fühlt man sich mittlerweile fremd. Man hat sich nichts mehr zu sagen und fühlt sich auch in sexueller Hinsicht nicht mehr zueinander hingezogen.

6. Verliebtheit

Wenn zwei Menschen sich ineinander vergucken, bestehen ebenfalls noch keine Verpflichtungen. Intimität muss auch noch nicht zwingend vorherrschen, denn unter Umständen hat man die andere Person noch gar nicht wirklich kennengelernt. Dennoch besteht ein heftiges Gefühl des Verliebtseins, mit welchem der Punkt der Leidenschaft einhergeht.

7. Romantische Liebe

Die romantische Liebe beinhaltet neben der Leidenschaft auch Intimität, doch noch nicht unbedingt Verpflichtungen. Vielleicht ist die Liebe noch zu frisch, um sich an dieser Stelle schon Gedanken über die gemeinsame Zukunft zu machen. Doch man fühlt sich dem Partner emotional nah und empfindet ihn auch körperlich als sehr anziehend.

8. Die Illusion der Liebe

Hierzu kann es kommen, wenn zwar die Punkte Verpflichtung und Leidenschaft gegeben sind, doch keine Intimität vorliegt. Der Beziehung fehlt es an emotionaler Tiefe und Intimität.

Es ist übrigens irrelevant, ob es sich um eine Liebesbeziehung, eine Freundschaft oder eine Beziehung auf familiärer oder beruflicher Basis handelt: Neben den genannten Aspekten finden sich noch weitere in allen Beziehungsformen wieder.

Horizontale vs. vertikale Beziehungen

Hier geht es um die Frage nach Gleichberechtigung oder ein hierarchisches Gefälle.
Bei einer horizontalen Beziehung sind beide Parteien gleichberechtigt. Sie stehen im gegenseitigen Austausch von Unterstützung oder Wissen, sind sich gegenüber offen und zugewandt. Auch der Austausch von Gütern fällt darunter. Ein Beispiel hierfür sind Freundschaften oder aber auch Liebesbeziehungen.

Die vertikale Beziehung hingegen ist – wie der Name schon anklingen lässt – eher hierarchisch aufgebaut. Hier findet kein gegenseitiger Austausch statt, sondern ein einseitiger beziehungsweise ungleicher. Unterstützung, Wissensvermittlung und andere Arten der Zuwendung gehen demnach nur von einer Seite aus. Das ist in der Regel in einer Eltern-Kind-Beziehung der Fall.

Normalerweise gehen Eltern ihrer Verantwortung nach, so dass sie den gebenden und das Kind den empfangenden Part des Beziehungsverhältnisses darstellen. Allerdings kommt es auch vor, dass Kinder eine Art Elternrolle einnehmen. Es findet eine Rollenumkehr statt, bei der das Kind die Unterstützerrolle für einen oder beide Elternteile übernimmt.

Bei der sogenannten Parentifizierung kann es zum Beispiel dazu kommen, dass die Mutter ihre Sorgen beim Kind ablädt, da sie dem Vater eine Affäre unterstellt. Oder es werden andere intime und eheliche Probleme vor dem Kind offengelegt, welches verständlicherweise damit überfordert ist. Das geht nicht nur mit einer emotionalen Belastung für das Kind einher, sondern auch mit einem Gefühl der Ohnmacht. Kinder wollen schließlich, dass es den Eltern gut geht und möchten gern helfen. Allerdings steht das einfach nicht in ihrer Macht und ist auch nicht ihre Aufgabe.

Austauschorientierte vs. gemeinschaftsorientierte Beziehungen

Werden Gefallen freiwillig erbracht oder eine Gegenleistung erwartet?
Neben den horizontalen und vertikalen Beziehungsaspekten gibt es noch die austauschorientierte und die gemeinschaftsorientierte Beziehung.

Bei einer austauschorientierten Beziehung geht es um gegenseitige Gefallen. Diese finden allerdings nur in der Erwartung auf einen Ausgleich statt. Dabei handelt es sich vorzugsweise um berufliche Beziehungen. Wird bei einem Schaden am Haus ein Handwerker gerufen, so fordert der Auftraggeber einen Gefallen in Form der handwerklichen Leistung ein. Der Handwerker hingegen verrichtet seine Arbeit, weil er im Austausch dafür einen Ausgleich in Form von Geld erhält.

Demgegenüber steht die gemeinschaftsorientierte Beziehung, in der jemand dem anderen auch dann einen Gefallen tut, ohne Gegenleistung dafür zu bekommen. Hier steht das Wohl des anderen vor der Gegenleistung. Das ist häufig in Freundschaften der Fall. Wenn ein guter Freund dich um deine Hilfe bei einem Umzug bittet, erwartest du schließlich auch keine Bezahlung dafür.

Beide Formen gehen zwar mit dem Austausch von Gefallen einher, doch neben dem Ausgleich unterscheiden sie sich noch in einem anderen Punkt. In der gemeinschaftsorientierten Beziehung sind die emotionale Nähe und Vertrautheit gegeben. Diese fehlen in der austauschorientierten Beziehung.

Freiwillige vs. unfreiwillige Beziehungen

Manche Beziehungen kann man sich aussuchen, andere nicht.
Um noch einmal auf den Gefallen zurückzukommen: Dieser ist im Falle der Freundschaft mit einer Form der Freiwilligkeit verbunden. Und diese bringt uns zum letzten Punkt auf der Liste der Beziehungsformen. Denn weiterhin werden freiwillige und unfreiwillige Beziehungen unterschieden. Bei der Freundschaft oder auch bei einer Liebesbeziehung handelt es sich um eine freiwillige Art der Beziehung. Es liegt eine enge und stabile Partnerschaft vor, ohne dass es formelle Bindungen gäbe.

Anders sieht es bei der unfreiwilligen Beziehung aus. Hier besteht eine formelle Bindung in Form von sozialen Strukturen oder auch eine biologische Verbindung. Das kann eine Zwangsheirat sein, ebenso wie die Beziehung zwischen Eltern und Kindern. Die Beziehung wurde hier nicht aus freien Stücken gewählt, sondern (im Falle der Zwangsheirat) von sozialen Gegebenheiten oder dem (biologisch) Zufall bestimmt. Kinder suchen sich die Familien schließlich nicht aus, in welche sie hineingeboren werden.

Die Sonderstellung der Freundschaft

Die Freundschaft nimmt übrigens eine ganz besondere Stellung im Bereich der freiwilligen Beziehungen ein.
Denn sie ist die erste freiwillige Beziehungsform, die Kinder außerhalb ihres familiären Umfeldes kennenlernen. Indem Kinder sich mit anderen Kindern anfreunden, erwerben sie soziale Kompetenzen. Sie lernen, wie Probleme gelöst werden und entwickeln Empathie für andere.

Doch auch im Erwachsenenalter spielt die Freundschaft für uns noch eine sehr wichtige Rolle für unser Wohlbefinden. Immerhin erfüllt sie gleich mehrere Funktionen. Einerseits können wir darauf vertrauen, dass wir Hilfe bekommen, wenn wir sie brauchen und auch Gesellschaft haben sowie ein zuverlässiges Bündnis zu einer anderen Person.

Hinzu kommt noch emotionale Nähe und Sicherheit sowie eine Validierung des eigenen Selbst. Damit ist gemeint, dass die mit uns befreundete Person uns in unseren Werten bestätigt. Dieser Umstand hängt wiederum damit zusammen, dass wir und mit Menschen anfreunden, die uns ähneln. Denn was uns ähnelt, das ist uns vertraut und wir entwickeln Sympathie.

Zusammenfassung

  • Beziehungen gehen mit einer wechselseitigen Abhängigkeit und Beeinflussung der jeweiligen Beziehungspartner einher.
  • Es findet en Austausch von Emotionen und Gedanken statt, welche die Partner beschäftigen. Das kann sowohl positive als auch negative Folgen nach sich ziehen. Gegenseitiges Interesse und die Wahrnehmung der Bedürfnisse des anderen sind wichtig für die Aufrechterhaltung einer Beziehung. Gleichgültigkeit hingegen führt häufig zur Trennung.
  • Beziehungen werden in der Dreieckstheorie von Sternberg durch die Ausprägung der drei Punkte Intimität, Leidenschaft und Verpflichtung beschrieben. Sind alle drei Aspekte erfüllt, ist von einer vollkommenen Beziehung die Rede. Doch auch Freundschaften oder oberflächliche Beziehung werden durch die individuelle Ausprägung dieser Punkte abgedeckt.
  • Die Freundschaft hat eine Sonderstellung in Beziehungen inne. Denn sie ist die erste Form der Beziehung, die wir im Kindesalter außerhalb unserer Familie aufbauen. Sie zählt zu den freiwilligen Beziehungsformen.
  • Daneben gibt es noch unfreiwillige Beziehungen, horizontale und vertikale sowie austauschorientierte und gemeinschaftsorientierte Beziehungen.

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