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Kognitive Fähigkeiten, Prozesse und Funktionen an Beispielen erklärt


Die Aufnahme, Verarbeitung und Speicherung von Informationen sowie deren Abruf und Weiterverwendung bilden kognitive Prozesse ab. Für diese Vorgänge ist ein Zusammenspiel von intakten Sinnesorganen und Gehirnfunktionen notwendig.

Obwohl einigen Hirnbereichen bestimmte kognitive Funktionen zugeordnet werden können, so basieren die gesamte Wahrnehmung und das Erkennen dennoch auf einem komplizierten Zusammenwirken von verschiedenen Gehirnstrukturen. Schädigungen der beteiligten Areale können zu erheblichen kognitiven Einschränkungen führen.

Was bedeutet Kognition?

Mit Kognitionen sind alle Prozesse gemeint, die sich auf das Erkennen und Wahrnehmen beziehen.
Dazu zählen allerdings unter anderem die Sprache, Problemlösefähigkeiten, Lernen, das Gedächtnis, Planung, Urteilsbildung und Orientierung sowie Kreativität oder Aufmerksamkeit.

Kognitionen bestehen aus bewussten und unbewussten Gedächtnisinhalten. Allerdings spielen Emotionen ebenfalls eine Rolle. Mit Kognitionen sind sämtliche psychischen Prozesse gemeint, die zur Aufnahme, Verarbeitung und Speicherung von Informationen nötig sind. Allerdings ebenso für den Abruf und die Wiederverwendung dieser gespeicherten Inhalte.

Biologische Grundlagen kognitiver Fähigkeiten

Der Mensch nimmt seine Umwelt über seine Sinnesorgane wahr.
Dazu gehören neben den üblichen fünf Sinnen noch ein paar andere. Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen sind jeweils an verschiedene Sinnesorgane gekoppelt.

So müssen beispielsweise alle anatomischen Beschaffenheiten des Auges intakt sein, um ein fehlerfreies Sehen zu ermöglichen. Doch das allein reicht noch nicht aus. Wir sehen nämlich nicht direkt mit den Augen, sondern diese nehmen lediglich die visuellen Reize auf. Die Informationen werden anschließend ans Gehirn weitergeleitet, wo sie verarbeitet und zu einem sinnvollen Bild zusammengesetzt werden.

Die gesehenen Informationen werden verarbeitet, bewertet und abgespeichert. Das gilt selbstverständlich auch für die Reize, die von den übrigen Sinnesorganen aufgenommen werden. Damit eine erfolgreiche Integration von Sinneseindrücken und anderen Informationen ins Gedächtnis gelingen kann und ein Abruf der gespeicherten Inhalte möglich ist, sind verschiedene Prozesse vorausgesetzt.

Damit kognitive Abläufe funktionieren, ist ein komplexes Zusammenspiel aus Wahrnehmungsprozessen und Gedächtnisleistungen nötig. Weiter unten gehen wir auf die Funktionen verschiedener Bereiche des Gehirns ein, die an kognitiven Prozessen beteiligt sind.

Welche Rolle spielt das Großhirn bei kognitiven Fähigkeiten

Das Großhirn ist der Teil des Gehirns, der für das Bewusstsein zuständig ist.
Es setzt sich aus Milliarden von Nervenzellen zusammen und ist äußerlich in zwei Hemisphären unterteilt. Hier ist auch von der rechten und linken Gehirnhälfte die Rede. Charakteristisch sind die vielen Windungen (Gyri) und Furchen (Sulci), die dem Großhirn seine – an eine Walnuss erinnernde – Form verleihen.

Unterteilt ist jede Hirnhälfte in vier Hirnlappen. Dazu zählen der Temporal-, der Okzipital-, der Parietal- und der Frontallappen. Diesen haben jeweils unterschiedliche Aufgaben inne.

Persönlichkeit und Bewegungsplanung

Der Frontallappen ist unter anderem für die Planung und die Ausführung von willkürlichen Bewegungen zuständig.

Doch die Persönlichkeit scheint hier ebenfalls ihren Sitz zu haben. Daher führen Verletzungen des Frontallappens nicht nur zu motorischen Störungen, sondern es können auch Persönlichkeitsveränderungen eintreten.

Der vordere Bereich (präfrontaler Cortex) wird mit verschiedenen Kognitionen in Zusammenhang gebracht. Denn er ist für die Aufmerksamkeit ebenso verantwortlich wie für das Nachdenken, Planen und das Treffen von Entscheidungen. Interessant ist, dass dieser Bereich des Gehirns die längste Entwicklungsdauer aufweist: Erst im Alter von etwa 25 Jahren verfügt der Mensch über einen vollständig entwickelten präfrontalen Cortex.

Wahrnehmung des eigenen Körpers und der Umwelt

Im Parietallappen hingegen ist die Somatosensorik verortet.
Bei dieser geht es ums Fühlen: Typische Empfindungen der Haut (zum Beispiel Druck, Schmerz oder Hitze) werden in diesem Teil des Gehirns verarbeitet. Doch ebenso die Lage des Körpers im Raum sowie etwa die Stellung der Muskeln und Gelenke gehören zur Somatosensorik.

Doch nicht nur unser Körperbild entsteht hier, sondern auch die Wahrnehmung unserer Umwelt. Dazu werden verschiedene Informationen -beispielsweise visuelle und auditive – im Paritallappen verarbeitet. Hier kommt zudem deine Einschätzung von Abständen zustande.

Eine Schädigung des Pariatallappens kann zum Neglect führen. Dieses Symptom äußert sich darin, dass der Patient nur noch die Hälfte seiner Umgebung wahrnimmt. Liegt die Verletzung auf der rechten Hemisphäre vor, zeichnet der Patient zum Beispiel nur die linke Hälfte einer Uhr oder isst nur die linke Hälfte seines Tellers leer. Es kann allerdings auch dazu führen, dass der Patient nur noch eine Hälfte seines Körpers wahrnimmt und routinierte Bewegungen nicht mehr ausführen kann.

Warum man trotz gesunder Augen blind sein kann

Im Okzipitallappen befindet sind das Sehzentrum.
Das Sehen ist ein bedeutender Teil in unserer Wahrnehmung. Daher befindet sich für jeden Punkt auf der Netzhaut des Auges ein entsprechender Teil im Okzipitallappen. Das hat allerdings auch zur Folge, dass Verletzungen dieses Bereichs Sehstörungen verursachen können.

Es kann sogar zur Erblindung kommen, obwohl Sehnerven und Augen des Betroffenen vollkommen in Ordnung sind. Da der Okzipitallappen alternativ als Sehrinde bezeichnet wird, spricht man in so einem Fall von der sogenannten Rindenblindheit. Allerdings können Schädigungen auch dazu führen, dass Patienten keine Gesichter, Formen oder Farben mehr erkennen oder zuordnen können.

Sprechen, Riechen und mehr

Während sich der Okzipitallappen vornehmlich dem Sehen widmet, ist der Temporallappen als multimodal zu bezeichnen.

Er ist dementsprechend an verschiedenen Wahrnehmungsprozessen beteiligt. So zählen zu seinen Funktionen etwa das Riechen und Hören. Allerdings ist er auch am Verstehen, Sprechen, dem Gedächtnis und am visuellen Erkennen beteiligt. Daher kann es bei Schädigungen dieses Bereichs beispielsweise zu Sprachstörungen kommen oder zu einem fehlerhaften Schriftverständnis.

Welche Rolle spielt das Limbische System für die Kognition

Das Limbische System galt lange als Sitz der Emotionen.
Mittlerweile weiß man allerdings, dass es nicht nur die Gefühle steuert. Zusätzlich spielt es eine Rolle beim Gedächtnis und dem Antrieb.

Die Bezeichnung „limbisches System“ ist jedoch nicht so klar abgegrenzt wie andere Hirnregionen. So beinhaltet es verschiedene Hirnstrukturen, die alle an der Verarbeitung von Gedächtnisprozessen und Emotionen beteiligt sind. Meistens werden jedoch der Hippocampus, die Amygdala sowie der Gyrus cinguli zu diesem System gezählt.

Der Hippocampus ist für das Gedächtnis unerlässlich

Der Hippocampus gilt als Zentrum für Gedächtnis- und Lernprozesse.
Er befindet sich unter dem Temporallappen und ist für das Abspeichern neuer Informationen zuständig. Seine Relevanz beim Gedächtnis wird besonders dann deutlich, wenn er verletzt wird.

Schäden können bewirken, dass der Betroffene sich keine neuen Informationen mehr merken kann. Er bleibt sozusagen im aktuellen Moment stehen. Zwar kann er sich an seine Vergangenheit erinnern, doch sein Gedächtnis reicht nur noch bis zu dem Zeitpunkt der Verletzung zurück.

Ein bekannter Fall ist der des Patienten H.M., der ebenfalls nach der Schädigung des Hippocampus an einer solchen anterograden Amnesie litt. Diese bezog sich allerdings nur auf das deklarative Gedächtnis, nicht auf das motorische. Damit ist gemeint, dass sich H.M. sich keine neuen Informationen über sich und die Welt um ihn herum merken konnte. Doch wenn er neue Bewegungsabläufe erlernte, konnte er diese auch künftig ausführen. Das motorische Gedächtnis scheint demnach nicht zu den Aufgaben des Hippocampus zu gehören.

Angstfrei durch eine defekte Amygdala

Die Amygdala spielt eine Rolle bei den Emotionen Angst und Wut.
Da Emotionen an viele Gedächtnisinhalte gekoppelt sind, ist die ebenfalls an Kognitionen beteiligt. Ihre Relevanz für unser Gefühlsleben wird deutlich, wenn sie nicht mehr funktioniert.

Ohne Amygdala fehlt das Furchtempfinden. Doch sind zudem Emotionen generell flacher und es stellen sich beispielsweise keine Aggressionen mehr ein. Selbst wenn sich so mancher vielleicht ein Leben ohne Angst wünscht, erstrebenswert ist so ein Zustand nicht. Immerhin hat Angst eine wichtige Schutzfunktion. Ohne sie würden wir uns Gefahren leichtfertiger aussetzen und nicht sonderlich alt werden.

Aus der Forschungsliteratur ist zudem bekannt, dass die Amygdala beim Erkennen von Emotionen in den Gesichtern unserer Mitmenschen wichtig ist. Ohne Amygdala fällt die Interpretation der menschlichen Mimik sehr schwer, was zu Problemen im Sozialverhalten führen kann. In Bezug auf das Gedächtnis erinnern sich Menschen mit einer intakten Amygdala besonders stark an emotionale Inhalte. Das ist bei Patienten mit einer geschädigten Amygdala nicht der Fall.

Verringerte Aufmerksamkeit und fehlender Antrieb

Der Gyrus cinguli wird vor allem mit Aufmerksamkeit und Konzentration in Zusammenhang gebracht.
Zusätzlich ist er für die Wahrnehmung und Verarbeitung von Schmerzen und der Regulation von Emotionen verantwortlich.

Das zeigt sich beispielsweise bei der Schädigung dieser Region. Betroffene weisen nur noch sehr abgeflachte Emotionen auf. Sie scheinen gefühlsmäßig abgestumpft zu sein und haben generell wenig Antrieb. Damit geht ein Bewegungsmangel und eine verringerte Sprachbereitschaft einher. Die Aufmerksamkeit leidet ebenfalls unter der Schädigung.

Welche Rolle spielt der Hirnstamm bei der Ausführung kognitiver Funktionen?

Der Hirnstamm ist vornehmlich für die Regulierung der lebenswichtigen Funktionen zuständig. Die Kontrolle von Herzfrequenz, Blutdruck und Atmung sowie die Regulation des Schlafes scheinen zunächst erst einmal wenig mit Wahrnehmung beziehungsweise Kognitionen allgemein zu tun zu haben.

Indirekt kann er dennoch die Kognitionen beeinflussen. Im Hirnstamm befinden sich zehn der zwölf Gehirnnerven, die unter anderem für die Übertragung von Sinneseindrücken zu den zuständigen Hirnarealen verantwortlich sind oder das Gleichgewicht regulieren.

Sowohl das Gleichgewicht als auch das Körpergefühl (welches wir im Abschnitt über den Parietallappen angesprochen haben), sind ein Bestandteil der Wahrnehmung und beeinflussen diese.

Schädigungen des Hirnstamms können die Wahrnehmung daher insofern beeinflussen, als dass es zu Lähmungen in bestimmten Körperpartien kommt oder zu unwillkürlichen Bewegungen. Im schlimmsten Fall haben Verletzungen des Hirnstamms allerdings drastischere Folgen als nur eine eingeschränkte Wahrnehmung und Bewegungssteuerung – nämlich Atem- und Herzstillstand.

Welche Rolle spielen Neuronenverbindungen bei der Kognition?

Ohne neuronale Verbindungen kämen die Informationen nicht bei den zuständigen Gehirnarealen an.

Die Sinneszellen von Augen, Ohren und weiteren Sinnesorganen leiten die aufgenommenen Reize über Nervenbahnen an das Gehirn weiter. Allerdings werden die Inhalte nicht automatisch an die jeweiligen Zentren weitergereicht, sondern durchlaufen zunächst den Thalamus.

Dieser wird oft als „Tor zum Bewusstsein“ bezeichnet und sortiert die eingehenden Informationen vorher. In ihm laufen verschiedene Nervenbahnen zusammen. Dazu zählen beispielsweise die Sehbahn oder die Hörbahn.

Über sie gelangen alle Reize in den Thalamus, welcher sie dann an die verantwortlichen Hirnareale versendet. Die Informationen werden zwischen einzelnen Bereichen des Gehirns hin und her geschickt. Daher beeinflussen sich bestimmte Areale gegenseitig in ihren Funktionsweisen.

Der schnelle und der langsame Weg der Angst

Sehen wir uns einmal die neuronalen Verbindungen zwischen Amygdala und Hippocampus an.
Diese beiden Strukturen hast du weiter oben im Text bereits kennen gelernt. Sehen wir zum Beispiel eine Schlange (oder ein schlangenförmiges Objekt), kann dieser visuelle Reiz zwei Wege nehmen.

Der schnellere Weg verläuft subkortikal. Das bedeutet, das Großhirn wird nicht in die Bewertung des Reizes einbezogen. Stattdessen geht die Information direkt zum Thalamus und zur Amygdala. Es folgt eine direkte Reaktion in Form von Angst und einem Aufschrecken.

Dieser Weg ist allerdings nicht nur schnell, sondern auch ungenau. So kann es leicht zu Fehlinterpretationen kommen. Der Weg vom Thalamus über die Sehrinde und dann erst zur Amygdala nimmt zwar einen Umweg, ist jedoch genauer. In dem Falle bleibt der Schreck aus, weil wir die vermeintliche Schlange doch als einen gebogenen Zweig erkennen.

Rolle der Linken und rechten Gehirnhälfte beim Ausführungen kognitiver Funktionen

Das Broca-Areal steuert die Sprachmotorik und ist nur in einer Hirnhälfte im Frontallappen zu finden.
Bei Rechtshändern sitzt es üblicherweise in der linken Hemisphäre und umgekehrt. Doch generell scheinen sich die beiden Hirnhälften in ihren Funktionen zu unterscheiden.

So werden der rechten Hirnhälfte beispielsweise das Erkennen von Gesichtern und Mustern zugeschrieben sowie das Erkennen emotionaler Inhalte.

Die linke Hemisphäre hingegen ist für Sprache, das mathematische Verständnis und logisches Vorgehen zuständig. Während die Arbeitsweise des Bewusstseins in der rechten Gehirnhälfte eher intuitiv, non-verbal und emotional gestaltet ist, geht es in der linken Hälfte analytischer, logischer und zielorientierter zu.

Diese Funktionen können allerdings nicht vollkommen isoliert voneinander betrachtet werden, da sie in der Regel erst durch ein Zusammenspiel der beiden Hemisphären entstehen. Welche Hälfte welche Aufgaben im Bereich der Kognitionen übernimmt, ist nicht in Stein gemeißelt. So entsteht einerseits eine Spezialisierung der jeweiligen Hirnhälften im Laufe der körperlichen Entwicklung beziehungsweise mit zunehmendem Alter.

Andererseits können bestimmte Areale die Funktionen von anderen übernehmen, wenn es in diesen zu Verletzungen oder anderen Schädigungen kommt.


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